Zu zweit allein unterwegs in Afrika. Voll abhängig von unserem Allrad-Fahrzeug mit dem Dachzelt. Wir würden durch das Reich der Elefanten, Flusspferde, Zebras, Giraffen und Gnus fahren. Die nächsten Wochen mit ihnen Leben. Zwischen ihnen übernachten. Allein durch menschenleere Regionen auf schwierigen Pisten fahren. Orte und Regionen, die ich bisher nur aus dem Fernsehen kenne, schießen mir durch den Kopf: das Okavango Delta, die Makadikadi-Salzpfannen, die Victoria Fälle, der Chobe River, der Moremi Nationalpark. Ich kann kaum glauben, dass wir jetzt auf dem Weg dorthin sind: auf dem Weg, Afrika nun zum ersten mal selbst, hautnah zu erleben. Welchen Gefahren würden wir ausgesetzt sein? Welche Abenteuer bestehen müssen? Wird der Diesel reichen? Wie wird die Lebensmittel-Versorgung klappen? Wird das Auto halten? Werden wir alle schwierigen Passagen meistern? Flüsse? Schlamm? Tiefsand?
„Du bist auf der falschen Seite!!“ – Diana holt mich unsanft aus meinen Gedanken. Ich reiße das Lenkrad nach links während ich ein erbostes Hupen mit Dopplereffekt höre. Gerade eben haben wir unser 4x4 Allradfahrzeug mit Dachzelt bei dem Vermieter abgeholt. Mit dem Fahrzeug werden wir die nächsten Wochen durch Südafrika und vor allem Botswana fahren. Nun aber befinden wir uns noch in einem Vorort von Johannesburg – und ich mich zum ersten Mal in meinem Leben mitten drin im schönsten Linksverkehr.
Schon in den ersten 10 Minuten bleibt mir nichts erspart – ich muss das komplette Programm durchexerzieren. Kreisverkehre, Auf- und Ausfahrten, Kreuzungen. Mit extremer Konzentration geht es. Aber wehe, die Gedanken schweifen ab. Schwupp landet man beim linksabbiegen auf der rechten Straßenseite. So wie eben. Die Konzentration zu halten, immer die richtige Straßenseite zu erwischen und korrekt abzubiegen ist das eine. Das bekomme ich recht flott in den Griff. Dass jeder geplante Blinkvorgang allerdings zu einer Betätigung des Scheibenwischers führt, ist aber richtig ätzend. Das soll auch noch ein paar Tage meine ständige kleine Nervensäge bleiben… Naja, wenigstens haben wir so immer saubere Scheiben. :-/
Eine kleine Erholungspause gewährt mir der Stopp an einem riesigen Einkaufszentrum, in dem wir uns mit dem Notwendigen für die «Wildnis» eindecken. In den nächsten Wochen werden wir nicht so oft die Gelegenheit haben, einzukaufen. Und wenn, dann nur sehr eingeschränkt.
Natürlich möchte ich hier in einem Vorort von Johannesburg eigentlich nicht unser Auto mit allem drin alleine stehen lassen. Wäre ja eher unangenehm, wenn das gleich am ersten Tag aufgebrochen würde. Meiner Paranoia entgegen sprechen zum Glück die Stahltür und der massive Riegel mit Schloss, mit dem unser Hilux hinten verschlossen wird. Also packen wir unsere Rücksäcke und alles Gepäck dort hinein und schließen ab. Ein ein bisschen mulmiges Gefühl bleibt. Dann schnappen wir uns jeder einen Einkaufswagen und marschieren in das riesige Shopping-Center. „Dank“ Globalisierung gibt es hier wirklich alles. Mit zwei randvollen Einkaufswagen verlassen wir ca. 1 Std. später den Laden, der bestimmt doppelt so groß ist, wie der größte Supermarkt, den ich aus Deutschland kenne.
«On the road again» geht es auf gut ausgebauter Straße nun nach Norden zum Pilanesberg Nationalpark, in dem wir die erste Nacht auf einem Campingplatz verbringen wollen. Direkt nach dem Abbiegen von der Hauptstraße, kurz vor dem Parkeingang sehen wir die ersten Impala-Antilopen. Das ist vielleicht ein ungewohntes Bild. Afrikas Tiere – die wir bisher nur aus Tierfilmen kennen – hier, einfach neben der Straße! Sofort halte ich auf einem kleinen Parkplatz neben einem Busch an. Beim Aussteigen spüre ich einen stechenden Schmerz in meinem rechten Ohr und stelle fest, dass ich festhänge. Bei dem Busch handelt es sich um eine Akazie mit 5 Zentimeter langen nadelscharfen Dornen, von denen einer meint, mir ein Piercing verpassen zu müssen.
Aua. Ich hänge fest und versuche erstmal mich nicht zu bewegen und den Dorn vorsichtig zu entfernen. Na, das geht ja gut los. Später würde ich die Giraffen um so mehr bewundern, die es geschickt verstehen mit ihrer Zunge die Blättchen zwischen diesen wirklich heimtückischen Dornen herauszupflücken. Und natürlich auch die Reifen unseres Hilux. Zu diesem Zeitpunkt ahne ich natürlich noch nicht, wieviele von diesen Dornen ich da noch rausziehen würde.
Viel Zeit nehme ich mir jetzt aber nicht, um das Blut mit einem Taschentuch von meinem Ohr abzutupfen, denn ich muss jetzt schnell die Impalas fotografieren, die unruhig geworden sind, seit ich aus dem Auto ausgestiegen bin. Ist das doch die Gelegenheit, um einen ersten „Echttest“ mit meinem neuen „dicken“ Objektiv, dem Nikon 300 f/2.8 zu machen. Raus die Kamera und wir haben unsere ersten Tieraufnahmen im Kasten.
Kurz vor dem Parkeingang befindet sich der Campingplatz. Es ist Ostern und dementsprechend viel los. Südafrika hat Ferien, und so sieht es hier aus – wie Pfingsten bei uns an der Ostsee.
Also das ist jetzt noch nicht ganz die Wildnis, die wir uns vorgestellt hatten… Vorne im Swimmingpool und auf der Hüpfburg toben die Kinder und überall brennen die Grills.
Wir suchen uns also erstmal einen Platz möglichst abseits, am Rand des Camping-Platzes und fangen an, den Wagen um/einzuräumen.
Lange sind wir damit noch nicht beschäftigt, da kommen schon zwei Angstellte des Platzes und sagen, dass wir hier nicht stehen bleiben könnten. Zum Glück finden wir gemeinsam mit ihnen ein noch besseres Plätzchen, noch etwas weiter abseits – «ihr wollt doch sicher ein wenig Ruhe haben» – sagt der eine mit einem Augenzwinkern. Jepp… ;-)
Nachdem wir uns eingerichtet haben, nutzen wir noch das schöne Abendlicht für einen kleinen Spaziergang, bei dem wir weitere Impalas sowie die ersten Zebras und Warzenschweine bei tollstem Licht erleben dürfen.
Die Zeit des Abendlichts ist dann aber auch sehr schnell vorbei. Die Dämmerung beginnt um kurz nach 18:00 und innerhalb kurzer Zeit ist es dunkel. Als wir zurückgehen, ist die Luft aus der Hüpfburg abgelassen und die Kinder sind weg. Stattdessen hat eine Affenfamilie sie für sich erobert und Diana macht ein sehr schönes Foto.
Abends freue ich mich dann so richtig auf ein kühles Bierchen aus unserer immerkalten Kühlbox, die über 12V betrieben wird. Ich reiße also eine der Dosen auf, von denen wir in Jo’burg (so nennen die Südafrikaner Johannesburg) wohlweislich gleich eine ganze Palette gekauft haben. Man weiß ja nicht, wann mal wieder die Gelegenheit dazu kommt…
Dann der erste, kühle Schluck dieses leckeren Getränks… Hmm… ??? #%&#§# Bähh.… Was ist das denn??? Das Bier schmeckt hier aber irgendwie überhaupt nicht nach Bier.
Ich schaue mir die Dose mal genauer an. Da steht was von «Cider» – oh nein – Offenbar habe ich statt Bier Apfelwein gekauft, und habe davon jetzt eine riesige Palette im Auto stehen! Ich schwöre, die Dosen sahen haar-genauso aus wie Bier!
Tja – was tun?
Wegschmeißen kommt natürlich auch nicht in Frage. Aber ich habe eine Idee: Ich jubel’ Diana einfach den Cider unter, sie trinkt ja eh immer gerne Alster und anderes süßes Zeug, das ist doch fast das selbe…
Ich drücke ihr also eine von den Dosen in die Hand und beobachte sie. Zu meiner Enttäuschung verzieht sie das Gesicht genau wie ich.
„Was ist das denn?“
…will sie wissen. Soviel also zu meinem Plan. Sie mag das Zeug auch nicht. Na gut, dann müssen wir da jetzt gemeinsam durch. Der Durst treibt die kalte Plörre rein und nach dem zweiten schmeckt er gar nicht mehr so übel. ;-)
Weiterlesen:
Afrika Hautnah – Folge 2 – Tierbegegnungen im Pilanesberg Nationalpark
Der Pilanesberg Nationalpark in Südafrika ist für Reisende nach Botswana ein willkommener Zwischenstopp. Zwar gibt es hier noch nicht die Ruhe und Einsamkeit, die man sich von den weiteren Stationen der Reise erhofft, aber eine erste Begegnung mit Afrikas Tierwelt ist garantiert und die Landschaft ist sehr, sehr schön. Ganz früh fahren wir also in den […]
Hat Dir der Artikel gefallen?
Dann melde Dich doch bitte zu meinem kostenlosen Newsletter an. Dann bekommst Du eine Nachricht bei neuen Artikeln und Du wirst auch exklusiv als erstes über neue Workshops und Reisen informiert! Außerdem gibt es dort auch immer wieder Hintergrund-Infos, die so nicht im Blog stehen.
Natürlich freue ich mich auch sehr, wenn Du mir bei YouTube, Instagram und Facebook folgst.
Alle Inhalte © Gunther Wegner
*) Mit einem Stern gekennzeichnete Links sind externe Partner-Links. Ihr unterstützt mich, wenn ihr darüber bestellt. Alternativ könnt ihr auch über folgende Direktlinks in die Shops wechseln:
Amazon.de, Amazon.at, Amazon.com, Foto Koch, Augenblicke-Eingefangen, camforpro.com.
Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!
Klasse Bilder!!!
Auch wir sind von Afrika begeistert.
Macht Ihr Vorträge?
Gruß Walter
Nein, Vorträge schaffe ich aus Zeitgründen leider nicht auch noch…
Es macht wirklich viel Spass an euren Reiseberichten teilzuhaben und ich bin gerade dabei mir die Serie «Afrika Hautnah» einzuverleiben.Es ist beste Unterhaltung.
Was die Erfahrungen mit den Kameras und Objektiven ausmacht,nun gut, die liegen alle aus meiner Reichweite und sind für mich nicht so relevant.Aber wirklich nur für mich.
Ich habe meine ersten Erfahrungen mit dem Linksverkehr in Irland gesammelt, aber die waren bestimmt nicht so nervig wie deine in Jo´Burg, denn dort sind die Straßen (außerhalb)so schmal, da gibts kein links und rechts mehr. .;-)
HAHAHAHAHA
Bei dem Cider schreibt ihr entwerder vom Savanna oder Hunters, das ist absolut mein Lieblings «Bier» in Südafrika! Was würde ich dafür geben den Südafrikanischen Cider in Deutschland zu trinken :-)
Nice Story and beautiful pics! :)
..ja cool, freu mich auch auf die Fortsetzung…Die brennendste Frage wie habt ihr Euren ganzen Stuff geladen etc.? Hatte das Auto mehr als eine kräftige Batterie?…Gruß dave PS: Prost
Hi Dave, ja, das Auto hatte eine 2. Versorgerbatterie, die über die LiMa mitgeladen wurde. Darüber lief dann z.B. die Kühlbox. Unser ganzes Equipment haben wir dann mit so einem Teil angeschlossen und geladen… Dazu aber im weiteren Verlauf der Geschichte noch mehr…
Hallo Gunther,
tolle Fotos, besonders gelungen finde ich das Zebra Bild,
einfach nur genial.
An welcher Kamera hast Du denn das 300mm f2.8 gehabt?
Mich würde ja mal ein Bild in voller Auflösung interessieren, ist das machbar?
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung Deines Berichtes.
Gruß,
Gabi
Hi Gabi und alle anderen, dankeschön für Euer liebes Feedback!
Das 300er hatte ich meist an der D7000, da die den größeren Sucher hat. Funktioniert an der D5100 aber natürlich genauso und macht auch da top Bilder.
VLG
Gunther
Echt toll.Hast einen guten Schreibstiel.Kann es kaum erwarten mehr von eurer Reise zu höhren.Gruß von Lothar aus dem Sauerland.…
Hallo Gunther,
super tolle Fotos und eine schöne Beschreibung. Ich denke gerade an unsere Namibia-Reise vor ein paar Jahren zurück, und bin mal gespannt wie Du die Erlebnisse im Chobe Park (… dort hingen wir fest) und an den Victoria Fällen beschreibst.
Hmmm … ich muss da wieder hin.
Danke für den tollen Bericht, ich kann kaum erwarten wie es weiter geht.
Hallo Gunther,
toll, dass du uns an eurer Reise teilhaben lässt. Dein Schreibstil macht Lust auf mehr und man fühlt sich wirklich, als wäre man dabei. Bin total gespannt, wie es weitergeht. :-)
Gruß,
Patricia
Ich fühlte mich gerade, als wäre ich voll dabei. Danke für diese 5min…
Hallo Gunther,
schöner Bericht und tolle Fotos.
Bin gespannt wie es weiter geht…ich war auch mal vor ca. 15 Jahren da…noch mit einer Porst von meinem Vater und sogar einem Vivitar Zoom bewaffnet ;) …am imposantesten fand ich damals die Nashörner…
ahoi