Wir tauchen ein in den Nationalpark. Im Osten schlagen die Wellen des karibischen Meeres gegen den weißen Sandstrand. Nach Süden und Westen erstreckt sich der Regenwald des Nationalparks Cahuita im Süd-Östlichen Costa Rica.
Wir bewegen uns unter einer Kuppel von ufernahem Wald nach Süden. Plötzlich bleibt Diana stehen:
«Guck mal, da liegt eine Muschel oben im Baum!»
In der Tat: ein großer Einsiedlerkrebs mit einer tollen Muschel als Haus liegt zwischen ein paar Ästen. Wir warten einen Moment und plötzlich kommt er aus seinem Haus und kletter am Stamm des Baumes empor. Wir hatten schon ein paar dieser interessanten Tiere gesehen, aber noch keinen so großen und schon gar keinen mit so ausgeprägten Kletterfähigkeiten!
Nicht nur die Einsiedlerkrebse – von denen wir noch mehr treffen sollten – gefallen uns. Nach ungefähr einer halben Stunde erreichen wir einen Fluss, der hier ins Meer mündet. Wir ziehen die Schuhe aus und waten durch das hüfttiefe Wasser. Nun wird der Pfad schmaler und wir treffen kaum noch auf andere Menschen. Die meisten Besucher kehren offenbar an dem Fluss um oder vergnügen sich an dem angrenzenden – zugegebenermaßen sehr schönen – Strand.
Plötzlich hören wir die typischen Geräusche von Affen in den Bäumen. Sie scheinen gar nicht weit entfernt zu sein. Diana legt einen Finger an die Lippen und wir gehen – so leise wir können – weiter in Richtung des Geräusches. Wir haben ja die 4 Affenarten bereits kennen gelernt, die in Costa Rica existierten: Brüllaffen, Klammeraffen, Kapuzineraffen und Eichhörnchenaffen. Ich frag mich, mit welcher Spezies wir es hier zu tun haben? Sie gebärden sich jedenfalls recht lebhaft!
Der Pfad macht eine Biegung und dann stehen wir direkt vor der Familie. Ohne große Scheu sitzt eine Brüllaffenfamilie in dem niedrigen Baum- und Buschwerk direkt neben unserem Pfad und genießt die frischen Blätter und jungen Triebe, die dort wachsen.
Besonders interessant an den männlichen Brüllaffen findet Diana ein bestimmtes Körperteil, dass sich weithin weiß leuchtend von dem schwarzen Fell absetzt. Ein großes Männchen sitzt recht dicht an unserem Standort und ist offenbar mächtig stolz auf seine «Cochones», die er stolz zur Schau stellt.
Eine ganze Weile beobachten wir das rege Treiben und sind einmal wieder erstaunt, wie sehr das Verhalten der Affen sich doch mit unserem menschlichen ähnelt. :-)
Wir gehen weiter und ich sage zu Diana:
«Wow! Das war fantastisch. Aus dieser Entfernung und mit gutem Licht die Brüllaffen sehen und fotografieren zu können ist echt ein Geschenk! Jetzt noch ein Faultier, das wäre toll!»
«Jetzt sei doch mal zufrieden mit Deinen Affenbildern!»
«Bin ich ja – aber ein Faultier wäre trotzdem toll ;-)»
«Das hast Du doch schon im Amazonas so toll fotografiert…»
Wir erinnern uns:
«Ja, stimmt, das war echt cool ;-)»
Schweigend und möchlichst leise gehen wir weiter. Ständig durchstreift unser Blick die Vegetation neben und über uns auf der Suche nach Tieren.
Die Anzahl der Tiere, die wir zu Gesicht bekommen wird nun leider weniger. Vermutlich liegt es an der schon fortgeschrittenen Tageszeit. Irgendwann sage ich zu Diana:
«Wir müssen den ganzen Weg auch noch zurück, bevor es dunkel wird!»
«Ach lass uns doch noch ein bisschen weiter gehen, vielleicht sehen wir ja doch noch ein Faultier!»
«Meinst Du? Na gut…»
Ich gehe jetzt etwas vor, Diana sucht den Wald mit ihren Blicken noch sorgfältiger ab und fällt etwas zurück.
Plötzlich höre ich ein Rascheln vor mir. Gespannt schaue ich den Weg weiter – aber es ist nur eine Frau, die uns entgegenkommt.
«Have you seen the sloth?» (Habt ihr das Faultier gesehen?) fragt sie auf Englisch.
«Faultier?! Wo?»
Ich vermute es da, wo sie herkommt – aber sie zeigt in die Richtung, aus der ich gerade gekommen bin.
«Da komme ich gerade her, da habe ich keines gesehen!»
«Doch – » sagt sie «ganz oben im Baum.»
Mittlerweile ist Diana zu uns gestoßen.
«Hast Du das Faultier gesehen?» frage ich sie.
«Neee – wo soll das sein?»
«Kommt – » sagt die Frau. Ich zeige es Euch.
Wir folgen ihr. Ich bin erstaunt, denn wir hatten doch so sorgfältig geschaut. Aber die Einheimischen hier sagen, es gäbe in den Wäldern weit mehr Faultiere als Affen. Nur würden sie sich so gut tarnen, das man sie nur sehr selten zu Gesicht bekäme.
Kaum 50 Meter von der Stelle, wo wir uns getroffen haben deutet die Frau nach oben und sagt:
«Bitteschön! ;-)»
Und in der Tat. Ganz oben im Wipfel eines kahlen Baumes hängt ein Fellknäul. Unglaublich, dass wir das nicht gesehen haben. Was haben wir wohl noch so alles übersehen? Es ist ohne geschultes Auge wirklich nicht einfach, all die versteckten Zauber zu entdecken, die die Wälder hier zu bieten haben. Komisch – immer, wenn wir mit einem Guide unterwegs sind, haben wir hinterher den Eindruck, dass in der betreffenden Region viel mehr Tiere sind, als in Regionen, die wir alleine durchstreifen… Unser Auge ist einfach nicht geschult genug.
Nun aber zu unserem Faultier. Es hängt bestimmt 20 Meter über uns in dem Baumwipfel und ist nur schwer zu erkennen, da der helle Himmel dahinter einen sehr großen Kontrast bildet.
Ich schatte mit einer Hand die Augen ab und beobachte dann, wie das Faultier in den dünnen Ästen herumklettert.
«Hat es ein Junges dabei?» frage ich Diana – mir ist so, als ob ich etwas am Bauch des Faultiers gesehen hätte.
«Kann ich nicht sagen…» sagt sie. Ich bin mir auch nicht sicher, wahrscheinlich habe ich mich verguckt. Es ist einfach zu weit entfernt. Später, beim Sichten der Fotos sollten wir feststellen, dass ich recht hatte! Es ist eine Faultier-Mama mit einem Kleinen.
(Bitte auf die Bilder klicken, um sie groß zu sehen!)
Vor dem Hintergrund erscheinen die waghalsgen Klettermanöver, die sie dort oben vollzieht um die wenigen an diesem Baum verbliebenen Blätter zu erhaschen, noch todesmutiger. Mehr als einmal halten wir den Atem an, weil wir sicher sind, dass der Ast an den sie sich gerade hängen will das auf gar keinen Fall aushalten wird. Aber sie halten. Alle. Unglaublich.
Wir fotografieren trotz der schwierigen Lichtsituation. Lange stehen wir da und beobachten das Faultier. Nach einer halben Stunde beschließen wir dann, dass es jetzt wirklich Zeit für den Rückweg wird. Wir müssen die ganze Strecke noch zurück laufen und wollen nicht unbedingt in die Dunkelheit kommen.
Wieder überqueren wir den kleinen Fluss und dann ist es nicht mehr weit bis Cahuita und zu unserer Pousada.
Ich hoffe, die Bilder gefallen Euch! Wir freuen uns wie immer, über Eure Kommentare. Ich könnt Euch schonmal auf nächste Woche freuen, da gibt es dann das Video zu diesen Impressionen – mit den Brüllaffen, den waghalsigen Kletterkünsten der Faultier-Mama, unseren Freunden, den Einsiedlerkrebsen und viel mehr…
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!
Hallo Ihr beiden,
auch diesen Bericht genieße ich sehr und freue mich über die vielen Bilder und alles,was Ihr so lebendig und anschaulich beschreibt.Ich verstehe Eure Freude darüber,Tiere zu entdecken,geht es mir doch genau so bei uns im Wald.
Herzlichen Dank auch für diesen gelungenen Reisebericht und liebe Grüße,Hedi.
Hallo Diana und Gunther,
durch Euch lerne ich die Fauna und Flora Südamerikas kennen.
Bin überwältigt von der Schönheit Eurer sehr gelungenen Fotos.
Eure Sensibilität Pflanzen und Tiere zu entdecken ist schon
zu bewundern. Vielen Dank. E.