Heute fahren wir zum «Poço Encantado» und zum «Poço Azul», zwei unterirdische Seen, von denen wir schon viel gehört haben. Zu dieser Jahreszeit soll dort ein ganz besonderes Naturschauspiel stattfinden.
Schon die Hinfahrt ist ein Ereignis. Über staubige Pisten, vorbei an Viehherden und freilaufenden Eseln und dann noch eine abenteuerliche Flussüberquerung mit einer handgezogenen Fähre. Aber dann sind wir da, am Poço Encantado, dem verwunschenen See.
Der «Poço Encantado»
Der Poço Encantado liegt in einer Höhle. Das Besondere an diesem See ist, dass es nur eine kleine Öffnung schräg oben gibt, durch die Licht einfällt. Dadurch ist er keinerlei direktem Regen oder Laub oder sonstigen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Das Einzige, dem er ausgesetzt ist, ist Kalk, welcher von der Decke herunterfällt bzw. mit dem austretenden Wasser heruntertropft. Auf festem Boden würde dieser Kalk Stalagmiten bilden.Die Reinheit des Wassers und der im Wasser gebundene Kalk geben dem See die einzigartige blaue Farbe. Als der See entdeckt wurde, nahmen die Entdecker zunächst an, das Wasser sei wirklich blau. Erst nach Entnahme einer Probe und deren Begutachtung außerhalb der Höhle, stellten sie fest, dass dies nicht so ist.
Man kann kaum glauben, dass der See 65 Meter tief ist und man trotzdem bis auf den Grund sehen kann. Auf dem Foto (bitte draufklicken um es groß zu sehen) ist es schön zu sehen: In der linken unteren Hälfte sieht man die Spiegelung der Höhlendecke und in dem Bereich darüber sieht man den Grund des Sees. Wir sind fasziniert.
Der Poço Azul
Der «blaue See» liegt in einer etwas kleineren Höhle und ist lange nicht so blau wie der Poço Encantado – warum die Seen nicht genau umgekehrt benannt wurden, wissen wohl nur die Namensgeber selbst.Uns jedenfalls erscheint uns der Poço Azul eigentlich auch als der «verzaubertere» der beiden Seen. Als wir nämlich unten sind, werden wir Zeuge eines ganz besonderen Naturschauspiels: Zu dieser Jahreszeit (April) steht die Sonne in einem Winkel, der sie genau durch die Öffnung in der Höhlendecke einstrahlen lässt. Die ansonsten dunkle Höhle und der darin liegende 30 bis 40 Meter tiefe See wird also von dem Sonnenstrahl durchflutet. Ein atemberaubender Anblick.
Wir stehen auf einer kleinen Plattform am Rand des Sees und bestaunen das Spektakel. Der Sonnenstrahl fällt von rechts oben durch die Höhlendecke ein und trifft auf den See, wo er gebrochen und gebeugt wird (wir erinnern uns an deutlich unspektakulärere Experimente im Physik-Unterricht) und am Ende auf dem Grund des Sees noch einmal aufleuchtend reflektiert wird. Zusätzlich gibt es natürlich auch einen Anteil des Strahls, der von der Oberfläche an die Höhlenwand reflektiert wird. Der Physiklehrer hatte also in der Theorie recht.
Wahnsinn. Zunächst stehen wir nur da und können es kaum glauben. Dann wird die Kamera ausgepackt. Ich habe das Stativ mit und diesemal sogar vollständig, mit Kopf. Wenn die Holzplattform nur nicht so schwingen würde…
Die Minuten vergehen und der Lichtstrahl verändert sich. Plötzlich sind es drei Strahlen. Dann – ganz unvermittelt – ist er auf einmal weg. Da hat sich offenbar eine Wolke vor die Sonne geschoben. Wir hoffen inständig, dass er noch einmal wieder kommt, bevor die eine Stunde um ist, in der das Spektakel zu sehen ist. Wir wollen doch auch noch zwischen den Sonnenstrahlen Schnorcheln gehen!
Nach einigen Minuten geht plötzlich das «Flutlicht» wieder an. Wow! Damit wir auch ein paar Fotos von uns im Wasser machen können, ziehen wir Schwimmwesten an, sonst wäre es unmöglich, die 2 Sekunden, die hier belichtet werden muss, im Wasser ruhig zu halten. Es ist trotzdem nicht einfach, aber einige schöne Bilder sind dabei. Das Wasser ist erstaunlich warm dafür, dass es fast vollständig in der Dunkelheit einer Höhle liegt.
Wir haben auch unsere Masken und Schnorchel dabei, und es kaum beschreibbar, wie es ist, in einem solchen See zu tauchen. Das glasklare Wasser mit der unbeschreiblichen Sichweite und den Sonnenstrahlen, die das Dunkel zerteilen und immer wieder reflektiert werden.
Ein paar Monate später, wieder in Deutschland, bleiben wir beim durchzappen im Fernsehen bei einer Reportage hängen wo es auch über einen unterirdischen See geht. Es geht um ein Riesenfaultier. Erst wollen wir schnell wegschalten, weil das prähistorische Faultier als Animation dargestellt wird, und das recht billig gemacht wirkt. Dann aber kommt uns die Höhle plötzlich sehr bekannt vor. Als wir die Männer dann portugiesisch reden hören, manifestiert sich bei uns der Verdacht, dass es sich genau um die Höhle handelt, in der wir geschwommen sind, den Poço Azul. Und in der Tat: hier wurde das besterhaltene Skelett eines Riesenfaultiers aus dem Wasser geborgen, das jemals entdeckt wurde. Diese Tiere sind vor über 10.000 Jahren ausgestorben und konnten so groß wie Elefanten werden! Leider wissen wir nicht, ob der Fund vor oder nach unserem Besuch stattfand – aber mächtig beeindruckt hat uns das schon!
Nach ungefähr einer Stunde ist dann das Schauspiel vorbei, die Sonne ist weiter gezogen und die Höhle wieder dunkel. Wir trocknen uns ab und gehen wieder nach oben, der Sonne hinterher.
Die Helligkeit und die Farben blenden erstmal und die warme Sonne tut gut. Oben ist eine kleine Restauration, in der eine Mamma uns Essen anbietet. Sie führt uns gleich in ihre Küche, wo sie uns den Inhalt ihrer Töpfe zeigt. Erst jetzt merken wir, dass wir total hungrig sind – es ist ja mittlerweile schon Nachmittag und wir haben seit dem Frühstück nichts mehr gegessen! Mann, das sieht ja alles total lecker aus! Gekochter Kaktus, Kürbisgemüse, Papaya Gemüse, Maniok Wurzeln, Schwarze Bohnen, Reis, Hühnchen, Rindfleisch dazu noch Salat und als Nachtisch kandierte Bananen und eine Art Süße Pinie. Wir können uns gar nicht entscheiden, also entscheidet Mamma: Von jedem etwas. Wir können so viel essen, wie wir wollen, für 10 R$. Gesagt, getan. Wir hauen uns erstmal die Bäuche mit den leckeren Sachen voll. Besonders der gekochte Kaktus ist echt klasse und auch die Süßen Pinien zum Nachtisch haben wir auch noch nie vorher gegessen, richtig lecker.
Abends wieder in Lençois gehen wir noch einmal in die Pizzaria, sind aber noch so satt, dass wir es zu zweit kaum schaffen, uns eine Pizza zu teilen. Wir lassen die Ereignisse und Bilder des Tages noch einmal revue passieren. Hier eine kleine Multimedia Diashow…
Weiter gehts…
Und da ist es schon wieder, das Thema mit der Weiterreise. Etwas traurig realisieren wir, dass es jetzt bald heißt, Abschied zu nehmen. Wir müssen diese schöne Gegend wieder verlassen. In der Chapada Diamantina hat es uns wirklich außerordentlich gut gefallen! Die Ruhe, die Natur, die Farben, Wärme – und nicht zuletzt – die netten Menschen. Eine echte Empfehlung!
Tja, wie geht es weiter? Für morgen früh haben wir uns ein Busticket besorgt. Um 7:30 soll es los gehen, diesmal tagsüber. Eine Pousada in der Nähe des Flughafens konnten wir leider nicht mehr organisieren, zugegebenermaßen haben wir uns auch nicht so doll angestrengt, das hinzubekommen. Dafür war die Nega Maluca in Salvador auch einfach zu nett und da haben wir ja auch schon mündlich reserviert für die nächste Nacht. Etwas wehmütig gehen wir heute abend ins Bett – aber: es geht weiter – und darauf freuen wir uns! Noch ein kurzer Zwischenstopp in Salvador und dann geht es nach Manaus und in den Amazonas – wenn wir daran denken, ist aller Wehmut vergessen!
Weiterlesen: Ist das wirklich ein Taxifahrer?
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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hallo gunther!
sehr beeindruckende und schöne bilder zu einem gelungenen bericht. wir waren im september selbst in bahia und ich habe vorher auch mit viel interesse deinen bericht über brasilien gelesen und vor allem die bilder angeschaut. dadurch bin ich überhaupt auch erst auf die chapada gestossen. vielen dank dafür, wir hatten eine sehr schöne zeit da, die landschaft ist wirklich sehr beeindruckend.
viele grüsse aus dresden!
stephan
Hallo Stefan, ich freue mich immer sehr, wenn jemand auf unsere Empfehlung hin eine Gegend bereist und dann so positives Feedback gibt! Klasse, dass ihr eine schöne Zeit hattet! Ich hoffe, Du bleibst uns als Leser noch lange erhalten, denn die nächsten Ziele kommen bestimmt… :-)
Grüße, Gunther
Hallo liebe Abenteurer,
die Höhlenbilder kannte ich noch nicht in dieser Vollständigkeit. Man bekommt Lust, dorthin zu reisen. Fantastisch die Farben und eindrucksvoll die Beschreibung. Bin gespannt auf Eure weiteren Berichte und sende liebe Grüße.