Von Manaus fliegen wir nach São Luís an der Küste ganz im Nordosten. São Luís soll uns als Sprungbrett nach Barreirinhas dienen, von wo aus wir die Lençois Maranhenses besuchen wollen, die einzige Wüste der Welt, in der es genau so viel Wasser gibt, wie Sanddünen!
Dort hin zu kommen sollte sich allerdings als gar nicht so einfach erweisen.
Laut unserem Reiseführer müssten wir nach unserer Landung in São Luís einfach zur Rodoviária fahren und dort in den Bus nach Barreirinhas steigen, der um 23:00 abführe und morgens früh da sei.
Unseren ursprünglichen Plan, erstmal 2 Tage mit der Besichtigung von São Luís zu verbringen, haben wir kurzfristig, während unseres Aufenthalts im Amazonas, verworfen. Nach der beschaulichen Zeit dort sind wir irgendwie gerade nicht in der Stimmung auf Großstadt. Wir beschließen also, São Luís erstmal auszulassen. Nach unserem Besuch in den Lençois Maranhenses müssen wir ja sowieso noch einmal nach São Luís zurück, um unseren Weiterflug nach Fortaleza zu bekommen. Eventuell haben wir dann ja Zeit und Lust auf eine Stadtbesichtigung.
Vielleicht noch ein paar Worte zu unserer weiteren Reiseroute, so wie wir sie derzeit geplant haben und den Überlegungen, die dazu geführt haben.
Ursprünglich hatten wir angedacht, die Nordostküste auf dem Landweg zu bereisen. Es hätte uns wirklich unheimlich gereizt, die Strecke von São Luís nach Fortaleza auf eigene Faust mit Bussen und Jeeps zurückzulegen, da es sich bei dieser Region um eins der am wenigsten besiedelten Gebiete Brasiliens handelt. Das Abenteuer, eine Strecke von weit über 1.000 km über Sandpisten an der Küste entlang bis Fortaleza vorbei an all den Traumständen und malerischen Orten wie Jericoacoara zurückzulegen, hätten wir uns wirklich gerne gegönnt.
Leider haben unsere Recherchen im Vorfeld uns relativ schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, denn genau das Abenteuer, das uns gereizt hätte, könnte für uns aufgrund unseres festen Rückflugtermins zu einem Problem werden. Direkt an der Küste fahren keine Busse – die Sandpisten sind für sie nicht befahrbar – und selbst mit dem Auto soll das Durchkommen ein echtes Abenteuer sein. Der Reiseführer spricht von einem Zeitbedarf von mehr als einer Woche und einem kaum kalkulierbarem Risiko, diesen Zeitrahmen nicht einzuhalten.
Einerseits wäre dieses Abenteuer also natürlich genau in unserem Sinne gewesen, auf der anderen Seite können wir es uns leider nicht erlauben, unseren Rückflug nach Deutschland zu verpassen. Das Risiko, dass bei einer solchen Tour etwas Unvorhergesehenes passiert und wir diesen nicht schaffen, ist uns einfach zu hoch.
Schweren Herzens haben wir uns daher dafür entschieden, Barreirinhas von São Luís aus mit dem Bus anzusteuern und im Anschluss wieder nach São Luís zurückzukehren und mit dem Flieger nach Fortaleza weiter zu reisen. Von dort aus könnten wir dann an den letzten Tagen noch einen Abstecher an die nördlichen Strände unternehmen und evtl. sogar noch die Gelegenheit finden, Kitesurfen zu gehen.
Dass das alles ganz anders kommen sollte, konnten wir zum jetzigen Zeitpunkt ja noch nicht wissen.
Aber erstmal zurück nach São Luís.
Wir machen uns also auf den Weg zur Rodoviária und kommen kurz von sieben Uhr abends dort an. Genug Zeit also, um Tickets zu kaufen, etwas zu essen und dann den Bus zu nehmen.
Die Rodoviária ist – wie die meisten dieser großen Busbahnhöfe – etwas außerhalb. Die beste Gegend ist das hier jedenfalls nicht, wie wir feststellen. Hinter der Rodoviária sehen wir einige ziemlich heruntergekommene Hütten und Etablissements. Eine Pousada verkündet mit wenig vertrauenserweckenden roten Leuchtbuchstaben, dass hier Tia (=Tante) Lucia die Gäste empfange. Die Rodoviária selbst ist eingezäunt, so dass man nur vorne hinein kommt und hinten direkt in die Busse einsteigt.
Zum Glück, denken wir, ist die Umgebung hier für uns ja nicht so relevant, wir wollen ja nur schnell in den Bus und uns dann morgen in Barreirinhas eine gemütliche Pousada suchen, um von dort aus die Lençois Maranhenses zu erkunden.
Drinnen ist natürlich mal wieder, wie in allen brasilianischen Rodoviárias, die Hölle los.
Die Rodoviárias sind die Hauptverkehrsknotenpunkte des Landes. Hunderte Busse stehen hier und fast eben so viele Busgesellschaften bieten ihre Tickets in kleinen Countern an. Jede Gesellschaft agiert autonom und schreibt die Ziele, die sie anfährt, draußen auf den Counter.
Die Counter haben oft völlig unterschiedliche Öffnungszeiten weil die meisten Gesellschaften erst jeweils 2 Stunden vor Abfahrt des jeweiligen Busses aufmachen, um ihre Tickets zu verkaufen. Dann bilden sich große Schlangen und manche Busse sind auch sehr schnell ausverkauft. In so einem Fall muss man dann wohl oder übel auf den nächsten Bus warten. Der kann am nächsten Tag fahren, oder auch nächste Woche, je nachdem, für welche Route man sich interessiert.
Wenn man das alles vermeiden möchte, empfiehlt es sich, seine Tickets möglichst einen oder mehrere Tage vorher zu kaufen, so hatten wir das in Salvador ja auch gemacht.
Heute allerdings können wir nur hoffen, dass wir gerade noch rechtzeitig dran sind und noch Tickets bekommen.
Nachdem wir unseren Counter gefunden haben, hat dieser zwar auf und die Schlange ist auch nicht besonders groß, aber laut Aushang fährt der Bus leider nicht, wie in unserem Reiseführer angegeben, um 23 Uhr, sondern schon um 19 Uhr.
Also in zehn Minuten.
Viel Hoffnung haben wir nicht, aber Fragen kostet ja nichts.
Bringt aber in diesem Fall leider nicht viel, denn die Moça am Schalter erklärt uns sehr bestimmt, dass kein Platz mehr zu haben sei, heute kein weitere Bus mehr führe und der nächste erst morgen früh um 6 Uhr ginge.
Na toll. Das heißt, wir müssen übernachten. Nur wo, ist die Frage.
Nach kurzer Beratung kaufen wir erstmal die Tickets. Ich nutze die Gelegenheit und frage sie, ob sie eine Übernachtungsmöglichkeit empfehlen könne.
Im Zentrum gäbe es einige Hotels und Pousadas erklärt sie. Da wir weder Lust haben bei Dunkelheit durch die unbekannte Stadt zu laufen, noch für die paar Stunden Übernachtung das Geld für 2 Taxi-Touren auszugeben, frage ich sie, was denn mit der Pousada gegenüber sei und deute auf Tia Lucia’s rote Leuchtbuchstaben.
Die Moça vom Schalter schaut etwas komisch, fast angewiedert, guckt uns abschätzend an und sagt dann, ja, da könnten wir natürlich auch hin, für eine Nacht werde es wohl gehen.
Was meinst Du, sage ich zu Diana, sollen wir es wagen?
Nach einer kurzen Betrachtung der Alternativen, insbesonderer der, die Nacht auf dem Busbahnhof zu verbringen, entscheiden wir uns dafür, unser Glück bei Tia Lucia zu versuchen.
Um zu ihr zu kommen, müssen wir hinten durch die Absperrung, die eigentlich nur für Passagiere ist. Und schon wieder werden wir komisch angeguckt, als wir sagen, dass wir dort hin wollen, diesmal von den Kontrolleuren. Was soll’s, wer das Abenteuer sucht, der findet es auch. Da müssen wir jetzt durch.
Weiterlesen: Tia Lucia
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