Shootout im High-ISO Bereich! – für meine Nachtaufnahmen und Zeitraffer wollte ich es wissen – gibt es eine Kamera, die im Bereich der hohen ISO-Zahlen noch besser ist, als die Nikon D600/D610? Berichte über das großartige Rauschverhalten der Canon 6D ließen mir keine Ruhe. Hier mein Praxis-Test…
Über die Nikon D600 und D610 kann man denken was man will – dass ich von der Kamera als solches kein großer Fan bin, darüber habe ich ja schon mehrfach geschrieben – aber sie hat derzeit (Stand Ende 2013) den besten Sensor aller Nikons und ließ eine Zeitlang auch Nachtfotografen, die normalerweise mit anderen Systemen fotografieren, zumindest neidisch gucken. Auch ich habe mir extra für unsere Afrika Nachtaufnahmen dann zum zweiten Mal eine D600 angeschafft und bin mit den Ergebnissen nach wie vor sehr glücklich. Nun sollte die Canon 6D zeigen, ob sie da noch eine Schippe drauflegen kann.
Also bestellte ich eine. Und dazu passend einen Adapter für meine Nikon Objektive – nein, ich erwäge keinen Systemwechsel. Auch nicht nach dem Test – soviel vorab! ;-)
In meiner in der Fototasche hatte ich für den Test also:
- Die Canon 6D mit dem Novoflex-Adapter,
- mein geliebtes 14–24 f/2.8
- die Nikon D800,
- die Nikon D610 (also eigentlich einer der letzten D600 mit dem Verschluss der 3. Generation, also bezeichne ich sie mal als D610),
- sowie die Nikon D7100, als Vertreterin der Crop-Kameras stellvertretend für ihre Schwestern mit den gleichen Sensoren: der Nikon D5200 und der Nikon D5300.
So ausgestattet machte ich mich auf den Weg nach Hamburg, zu einem meiner Lieblingsplätze in der Speicherstadt, an dem ich schon sehr oft fotografiert habe. Wie gesagt – mich interessieren Aufnahmen von echten «Dunkel»-Situationen, nicht von irgendwelchen Testkisten.
Als Stativ habe ich ganz neu das Manfrotto 055CXPRO3, ein sehr schönes Stativ – aber dazu in Kürze mehr…
Heute ging es ja erstmal um die Kameras.
Schon ein paarmal habe ich ja das Rauschverhalten der Nikons verglichen, die Rangfolge ist da ziemlich klar: Die D600 hat die Krone auf, danach kommt die D800, dann die Crop Kameras, D7100, D7000, D5300, D5200, D5100. Die Letzteren alle ziemlich auf gleichem Level.
Noch ein Wort zum Nikon Flaggschiff, der D4 – auch sie kann der D600 in Punkt Rauschverhalten nicht ganz das Wasser reichen, ist aber gemessen an ihrem Alter recht gut.
Nun also die Canon 6D – ich war sehr gespannt. Seit analogen Zeiten die erste Canon mit der ich unterwegs war…
Der Testaufbau
…war eigentlich recht einfach. Kamera auf Stativ, Bildausschnitt gewählt – Schatten und Lichter gab es genügend, die Belichtungszeit habe ich manuell einmalig eingestellt. Alle Aufnahmen mit Blende 8. Bei den Aufnahmen mit der Canon, musste ich die Blende durch etwas Probieren einstellen, da durch den Adapter, natürlich weder Blende noch Autofokus funktionieren. Allerdings bringt der Novoflex-Adapter eine mechanische Verstellmöglichkeit für die Blende mit, so dass ich bei bekannter Belichtungszeit und ISO, durch Ausprobieren und Vergleich mit dem Histogramm des Bildes auf einer der anderen Kameras, für diese Versuchsaufbau auch dort ca. Blende 8 einstellen konnte. Sobald das einmal vorbereitet war, war es einfach.
Bei ISO 3200 belichtete ich eine Sekunde lang. Bei ISO 6400 dann entsprechend 1/2 Sekunde und bei ISO 12800 mit 1/4 Sekunde.Mehr war dann nicht einzustellen. Fokussiert habe ich mit allen Kameras manuell im Liveview in der 1:1 Ansicht.
Um bei den Aufnahmen mit der APS‑C (DX) Kamera, der D7100 den gleichen Bildausschnitt zu bekommen, wie bei den anderen drei Vollformatigen, habe ich die Aufnahmen mit der D7100 bei einer Brennweite von 14mm aufgenommen, und die mit den anderen Kameras bei 23mm.
Alle Aufnahmen erfolgten im RAW-Format. Den Weißabgleich habe ich dann in Lightroom manuell eingestellt, so dass die Bilder von der Farbtemperatur ungefähr gleich aussehen. Ansonsten keine Bearbeitungen. Dann habe ich alle Bilder als Tiff auf eine einheitliche Größe exportiert, das heißt, ich habe sie alle auf die 20 MP der 6D verkleinert. Zur Info, die D600 und D7100 haben 24MP, die D800 gar 36.
Nun konnte ich gleichgroße Ausschnitte daraus ausschneiden, die ihr dann weiter unten im Vergleich in einer Matrix seht.
Die Ergebnisse
Hier also zunächst mal die Totale des Versuchs, also die unbeschnittenen Bilder. Klickt bitte darauf und blättert dann durch. Die Bilder sind hier in voller 20MP Größe als JPG in 90% Qualität hinterlegt, gerne könnt ihr sie auch speichern, um sie Euch noch größer ansehen zu können.
Ihr seht, in Web-Größe sind da keine riesigen Unterschiede zu sehen. Wenn ihr darauf klickt, dann schon eher.
Daher kommen nun ein paar Ausschnitte, und zwar in folgender Größe:
Hier zunächst mal der Ausschnitt hinten bei der Brücke, wo man als Betrachter zunächst hinschaut.
Bitte klickt das Bild groß, dann rechte Maustaste, Bild anzeigen, und dann ggf. noch einmal draufklicken, um auf 1:1 zu zoomen. Ansonsten skalieren die Browser die Bilder eher schlecht…
Falls die Schrift auf Eurem Monitor mangels Auflösung zu kein erscheint hier die Legende:
Von Links nach Rechts: ISO 1600, 3200, ISO 6.400, ISO 12.800
Von oben nach untern: Nikon D7100, Nikon D800, Nikon D600, Canon 6D.
Und nun die Schattenbereiche. Wenn ihr nichts seht, solltet ihr dringend Euren Monitor kalibirieren!
Und nochmal nur Schatten:
Mitteltöne – das Wasser und die Reflexionen darauf
Und zu guter Letzt die Details in den Backsteinen
Ich habe mal den gleichen Ausschnitt der unterschiedlichen Kameras in unterschiedlichen ISO-Stufen nebeneinander gestellt:
Von links nach rechts sind die Kameras also ca. jeweils eine 3/4 Blendenstufe empfindlicher. Zwischen der D7100 und der D800 liegt sogar 1 Blendenstufe.
Interessant ist es aber auch, hier mal zu sehen, wie dicht diese Kameras (gerade auch die Crop-Kamera!) im Bereich bis ISO 3200 zusammen liegen! Sprich, wie gut eigentlich auch die Nikon D7100 hier abschneidet! – aber die Tatsache, dass es nicht unbedingt Vollformat sein muss, habe ich ja schon oft genug hingewiesen… :-)
Mein Fazit
Tja, ob wir Nikon User es nun wahr haben wollen, oder nicht. Canon hat bei dem Sensor der 6D im Bereich der Hohen ISO zahlen wirklich gute Arbeit geleistet, das muss man einfach neidlos anerkennen. Allerdings löst er natürlich im gegensatz zu den anderen Kameras auch geringer auf.
Bis ISO 6.400 sind die Bilder fast ohne Einschränkungen nutzbar. Bei ISO 12.800 nimmt die Dynamik ab, das Rauschen ist immer noch verhältnismäßig gering. Selbst bei ISO 25.600 liefert sie noch Ergebnisse, die okay sind.
Für meine ganz spezielle Art der Nacht- und Zeitraffer-Fotografie wird die Canon 6D also in Zukunft meine Nikon D600/D610 (die ich auch nur für genau diesen Zweck angeschafft habe) ergänzen. Neben der höheren ISO-Leistung hat sie für mich auch den Vorteil, dass ich mit dem Novoflex-Adapter die Blende manuell einstellen kann. Dies ermöglicht es mir, Zeitraffer auch abgeblendet aufzunehmen, ohne den berüchtigten Flicker-Effekt zu bekommen. Automatiken, Autofokus etc. sind für diese Art der Fotografie hinderlich, deswegen schaltet ich sie ohnehin ab. Weiterhin kommen die «nur» 20 Megapixel dem Zeitraffer-Fotografen natürlich auch in Punkto Speicherbedarf entgegen. Gerade im wichtigen ISO Bereich von 3.200 bis 6.400 liefert sie doch noch einen Tick mehr an Details ab. Die höheren ISO-Zahlen im Vergleich zu sehen ist interessant, aber für die Praxis sind sie eher nicht so relevant.
Wohlgemerkt, das ist ein ganz spezielles Einsatzgebiet, das es für mich rechtfertigt, eine Kamera, nur wegen ihres Sensors zu kaufen. Bitte schließt aus diesem Ergebnis nicht auf die generelle Performance der Kameras unter «normalen» Bedingungen.
Leider ist die Kehrseite der Medaille bei der Canon 6D (und auch bei den anderen Canons) der gegenüber den Nikon Sensoren doch erheblich eingeschränkte Dynamikumfang. Selbst die Nikon D5300 mit dem APS‑C Sensor schlägt die 6D hier um Längen. Bei einer D800/D810 liegen hier trotz der höheren Auflösung von 36 MP Welten dazwischen!
Dazu vielleicht in Kürze in einem anderen Artikel mehr.
Zum normalen «Fotografie-Erlebnis» gehört also weit mehr, als nur eine gute Performance in den hohen ISO Bereichen. Bevor ihr also jetzt alle eure Nikon Objektive bei EBay-Kleinanzeigen verscherbelt, wartet mal noch meinen zweiten Bericht ab, in dem ich den Systemvergleich mache: was hat die 6D sonst noch so zu bieten, und wie «fühlt» sie sich an, im Vergleich zu den Nikons . Demnächst in diesem Theater… ;-)
Hier geht es weiter mit meinen Bericht über die 6D:
Canon 6D Review – Teil 2 – das Menü und meine Empfehlungen für Grundeinstellungen
Die 6D hat es als erste Canon in meine Fototasche geschafft. Nach einer entsprechenden Eingewöhnung, aber vor allem nach Wahl der richtigen Menüeinstellungen fotografiere ich mit ihr nun (fast :-)) genauso gerne wie mit meinen Nikons. Bei den Canons muss man ein bisschen mehr konfigurieren, als bei Nikon und die Menüs sind recht komplex und […]
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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