Keine D3/D4 in Gunthers Fototasche, warum?
Michael: Ich fotografiere hauptsächlich auf Reisen und beim Sport. Ich habe eine betagte D300 und habe irgendwann beschlossen, wegen dem Rauschverhalten, auf das Vollformat zu wechseln. Also fängt man an zu Träumen und spart auf eine D3 bzw. inzwischen auf die D4. Diese Kameraklasse kommt glaube ich in Deiner Fototasche garnicht vor. :-)) Warum? Weil sie preislich jenseits von Gut und Böse ist? Oder weil sie für dich keine Vorteile bringt?
Gunther: Der Preis ist für mich nicht das schlagende Argument, wenn ich mir wirklich Vorteile erhoffe, bin ich in der Regel auch bereit, für eine Sache Geld auszugeben. Die D3/D4 sind sicherlich geniale Kameras. Sie haben aber keinen besseren Sensor, also z.B. die D600 oder die D800. Es bleibt also auch hier vor allem der Vorteil einer ergonomischeren Bedienung und vor allem einer höheren Serienbildgeschwindigkeit. Professionelle Sportfotografen, die 10 Bilder/Sek. haben wollen, kaufen sich eine D4 (und natürlich alle anderen, die aus welchen Gründen auch immer meinen, sie zu brauchen ;-)). Mir persönlich bringt sie für ihr Geld kaum einen Mehrwert – im Gegenteil – sowohl auf Reisen als auch im Alltag wäre sie mir viel zu groß, zu schwer und zu auffällig.
Kein Standard-Zoom in Gunthers Fototasche, warum?
Michael: In Deiner Fototasche ist mir aufgefallen, dass Du zw. 24mm und 70–200mm nur Festbrennweiten aufführst. Ist das Zufall? Benutzt du kein Zoom wie z.B. 24–70 f2.8 oder vergleichbarem? Ich habe z. B. das Objektiv DX 17–55mm / 2.8 und mache 90% meiner Bilder damit. Und genau das ist es, was mich stört. Ich frage mich manchmal scherzhaft warum ich Wechselobjektive habe. :-)) Ich glaube fast, durch dieses Objektiv mutiert man zum «Knipser».
Gunther: Du hast das schon ganz gut erkannt. Im «Normalbereich» bin ich kein Freund eines Zooms. In diesem Brennweitenbereich arbeite ich gerne offenblendig und nutze daher meist das 50er bzw. bei an einer Crop-Kamera das 35er. Oft gehe ich auch nur mit diesem Objektiv los – eine tolle Erfahrung, weil ich mich dann nur auf diese Brennweite konzentriere und mir meine Motive damit erarbeite. Das empfehle ich übrigens auch allen meinen Workshop-Teilnehmern: keep it simple. Bei Crop Kameras, das 35mm f/1.8, bei Vollformat das 50mm f/1.8. Damit lernt man Fotografieren und klasse Bilder machen. Ein 17–55 (Crop) oder 24–70 (Vollformat) nutze ich nicht und brauche ich auch nicht.
Belichtungskorrektur – wann und warum?
Timo: habe mir Deine tollen Bilder und die Metadaten einmal genauer angeschaut um zu sehen, mit welchen Einstellungen Du die Bilder aufnimmst. Dabei fiel mir auf, dass Du auch verstärkt die Belichtungskorrektur verwendest. Kannst Du mir bitte verraten, nach welchen Maßstäben und in Abhängigkeit welche Voraussetzungen Du die Belichtungskorrektur einsetzt?
Gunther: Ich arbeite meist im A‑Modus, das heißt, ich wähle die Blende als wichtigstes Gestaltungsmittel und lasse die Kamera einen Vorschlag für die Belichtungszeit machen. Ggf. stimmt dieser «Vorschlag» nicht, z.B. bei der Nachtfotografie. Hier würde die Kamera überbelichten, also korrigiere ich mit der Belichtungskorrektur. Die Stärke ermittle ich durch einen Blick auf das Histogramm oder Probeaufnahmen. Der Vorteil bei dieser Vorgehensweise ist gegenüber dem M Modus, dass die Korrektur dann für die nächste Zeit – gerade bei solchen Situationen – konstant bleiben kann, auch wenn die Szene heller oder dunkler ist. Man muss nur darauf achten, die Korrektur dann auch wieder rauszunehmen.
Was zeigt uns das Histogramm?
Timo: Eine kurze Frage noch zum Histogramm: Gibt es ein Referenz-Histogramm oder eine Empfehlung, wie es aussehen sollte?
Gunther: Das hängt natürlich immer von dem Motiv ab. Wenn es rechts «abgeschnitten» ist, gibt es überbelichtete Bereiche, wenn es links abgeschnitten ist, versinken Bereiche im Schwarz. Ersteres ist schlimmer, da ausgefressene Lichter nicht «zurückgeholt» werden können.
Objektiv für die Produktfotografie gesucht
Olli: Ich suche ein Objektiv für Produktbilder (Schuhe und Schmuck), benötige ich da schon ein Makro/Micro?
Gunther: Nein, hier reicht das 50mm f/1.8 in der Regel völlig aus.
Unterschiede bei den Brennweiten an Crop/Vollformat
Thomas: ich habe mir Heute das Nikon AF‑S 50 mm 1 : 1,8G gekauft und an meine D5200 getan. Zu meiner Überraschung ist jedoch der Bild Ausschnitt identisch mit der 50mm Einstellung meines DX 18–55 mm. Sollte das 50mm Vollformat nicht an der D5200 eine ca. 75mm Brennweite haben ?
Gunther: Du machst da einen Denkfehler: 50mm sind 50mm – egal ob an DX oder FX. Es ist auch egal, ob auf dem FX oder auf dem DX Objektiv 50mm draufsteht. Die Brennweite ist eine physikalische Eigenschaft des Objektivs. Und das Objektiv weiß erstmal nichts davon, wie groß der Sensor ist, der hinten an der Kamera ist. Beim «kleinen» DX Sensor wird dann halt nur der mittlere Bereich «ausgeschnitten» -> daher «Crop» – und das Bild «wirkt» näher dran. Im Sinne der Brennweite ist es das aber nicht. Die Verwirrung kommt daher, dass man sag «50mm FX wirken an Crop-Kameras wir 75mm» – in Wirklichkeit stimmt das nur zum Teil – leiglich der Bildausschnitt ist ungefähr so. Also: Bei beiden Objektiven, die Du hast bringen 50mm den gleichen Bildausschnitt. Und zwar denjenigen, den 75mm an einer Vollformat bringen würden. Trotzdem würde ich das 50er f/1.8 behalten, es wird dir – bei richtiger Handhabung – viel bessere Ergebnisse bescheren, als das 18–55. Für ein bischen mehr Tele empfehle ich Dir das Nikon 85mm f/1.8.
Umstieg auf Vollformat?
Roman: Ich habe mir vor einem Jahr die D5100 als erste Spiegelreflex die ich jemals hatte gekauft, zusammen mit dem Objektiv AF‑S DX VR Ⅱ 18–200mm, f/3.5–5.6 G ED.
Seit dem bin ich extrem begeistert vom fotografieren und hab auch sehr vieles schon gelernt.
Nun will ich eigentlich auf eine „bessere“ (Vollformat) umsteigen, gerade auch wegen der ganzen Bedienung, Funktionalität und Qualität.
Bin ich da mit einer D800 gut dabei, oder ist diese schon zu professionell und ich sollte eher nach der D600 Ausschau halten? Oder würdest du mir viel mehr empfehlen auf andere, bessere Objektive zu wechseln, aber bei der D5100 zu bleiben?
Gunther: zum Thema Vollformat vs. Crop habe ich ja schon viel geschrieben, gehe doch einfach mal über die Suche (ganz oben) nach «Vollformat».
Die D600 vs. D800 habe ich auch verglichen. Vollformat erfordert die Investition in teurere Objektive und Du hast deutlich mehr zu schleppen, das musst Du Dir überlegen.
Wenn es Dir um die Haptik geht, dann ist sicherlich auch eine D7000 interessant, oder ihr Nachfolger, wann-immer er kommen mag.
Nur deswegen auf Vollformat zu gehen, macht dann aber eigentlich auch nur mit der D800 Sinn, da die Haptik und Funktionalität der D600 etwas verkorkst ist.
Ich würde Dir empfehlen erstmal Dein Sortiment mit ein paar Festbrennweiten, z.B. 35mm f/1.8, 50mm f/1.8 zu ergänzen, siehe meine Fototasche und damit umgehen zu lernen.
Vollformat Objkektive an Crop-Kameras
Klaus: Die D5200 habe ich schon, dazu auch bereits das hochwertige Objektiv DX 17–55mm / 2.8. Ich liebäugle nun mit dem Nikon AF‑S Nikkor 70–200mm 1:2,8G ED VR II, welches Du ja besitzt. Für Deine Einschätzung hierzu wäre ich sehr dankbar – es ist ja ein großer Betrag und das Objektiv ist ja für Vollformatkameras gemacht.
Gunther: So herum funktioniert es immer: selbstverständlich funktionieren alle Vollformat-Objektive perfekt an den Crop-Bodies. Du hast dann eine virtuelle Brennweitenverlängerung von ca. 1.5x, d.h. dass ein Ausschnitt aus der Mitte des Bildes auf dem Sensor ankommt. Qualitativ schöpfst Du somit sogar den mittleren Sahnebereich der Objektive aus.
Zeitraffer: warum nicht Video schneller Abspielen?
Jörg: Worin liegt der Vorteil ein Zeitraffer Video aus Bildern zusammenzusetzen? Also nicht aus einem Video was beschleunigt wird… einzelne Frames könnte man mit einem Script in AE rausrechnen…
Gunther: es gibt diverse Gründe, Zeitraffer nicht per schneller abgespieltem Video zu machen. Um nur einige zu nennen:
- Ewig viel Material / Speicherplatz vonnöten (die Zeitraffer-Sequenz einer ganzen Nacht würde 12 Std. Film brauchen!)
- Videosoftware ist in der Regel nicht in der Lage, das zu verarbeiten (sprich: so stark zu beschleunigen)
- Geringe “Tiefe” bei Videomaterial, meist stark komprimiert
- Im vergleich zu Fotos sind die Bearbeitungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt
- meist sind keine RAW-Aufnahmen möglich
- Geringe Auflösung von Videokameras (Full HD vs. > 4K bei DSLR!)
Mehr davon? Dann schau Dir doch auch die weiteren Folgen des Foto-Mixtapes an!
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Hallo Gunther,
mal wieder eine Frage :-)
Bin begeistert von Deinen Nachtaufnahmen und bin am überlegen, ob ich mir ein UWW ala 10–24 3.5–4.5 oder doch ein Fisheye 10,5 2.8 holen soll. Das Fisheye ist zwar Lichtstärker aber auch nur eingeschränkt zunutzen.
Kann ich mit dem 10–24 auch solche Aufnahmen realisieren, trotz der fehlenden Lichtstärke?
Über eine kurze Rückmeldung wäre ich Dir dankbar :-)
Cheers
Auch mit dem 10–24 kann man tolle Nachtaufnahmen machen, keine Frage. Es ist außerdem das weitaus universellere Objektiv, wie Du ja schon schriebst.
Hallo Gunther,
hast du eigentlich schon einmal Erfahrungen mit Pentax K‑5 gemacht bzw. kannst du dazu generell etwas sagen? Ich trage mich mit dem Gedanken mir entweder die D7000/7100 oder die Pentax K‑5 II anzuschaffen. Mein Dealer meinte, der Vorteil gegenüber Nikon sei der eingebaute Bildstabi sowie die Abdichtung gegen Feuchtigkeit und Staub. Ich dachte immer, die D7000/7100 wäre auch abgedichtet?
LG
Peter
Hallo Peter, ich habe keinerlei Erfahrungen mit Pentax. Und ja, die Nikons sind auch gut abgedichtet. Meine Empfehlung muss ich nicht extra noch aussprechen, oder? :-)
Hi Gunther,
eine tolle Idee deine Foto-Mixtape-Reihe. Ich habe auch noch eine Frage.
Ich fotografiere mit der Nikon D5100. Kann man in den Modi P,A,S und M auch mit einer automatischen ISO fotografieren, die dann aber zum Beispiel bis ISO 800 begrenzt ist.
Für die Automatik-Modi kann man das ja im Menü tun. Für Halbautomatik habe ich diese Funktion leider (noch) nicht finden können.
Gruß Veasna
Hi, die ISO-Automatik funtioniert m.E. nach in allen Modi…
Moin Gunther,
sage mal, hast Du Erfahrungen mit den Cokinfiltern oder ähnlich?
Ich finde es auf dauer einfach zuteuer immer neue Schraubfilter für die unterschiedlichen Durchmesser der Objektive kaufen zu müssen!
Besten Dank im Voraus
Gruß Markus
Nein, ehrlich gesagt, nutze ich gar nicht so viele Filter. Außer einem Graufilter (ND10) und gelegentlich einem Polfilter komme ich eigentlich filterlos aus.
Hallo Gunther.
Ich plane in der nächsten Zeit meine Stadt per Helikopter abzulichten, da man so ungeahnte Perspektiven zustande bekommt. Grade bei einer Stadt wie Abu Dhabi finde ich es reizend, da Ferrara-World zum Beispiel vom Boden aus einfach platt und nichts sagend aussieht.
Ich überlege aber schon die ganze Zeit, welches Objektiv ich dazu an meine D7000 montieren soll. Das Standard 28–205 oder eher das 70–200…
Ich habe bisher bei Luftaufnahmen immer mit zwei Bodies gearbeitet. Eines mit dem 70–200 f/2.8 und eines mit einem Weitwinkel (entweder das Nikon 10–24 f/3.5–4.5 an der DX Kamera oder das Nikkor 14–24 f/2.8 an der Vollformat.
Man hat in der Luft meist nicht die Zeit, Objektive zu wechseln.
Seh ich genauso, nur gibt es schon vereinzelt Situationen, bei denen es Sinn machen kann.
Das ist hier ganz gut erklärt.
http://foto-podcast.de/ipod/blende8-77/
Ansonsten ne gute Seite, gefällt mir ausgesprochen gut!
Na ich denke mal, Ihr habt beide Recht: Stichwort Exposé to the right.
Der größte Anteil an Tonwerten findet sich in den hellsten Bereichen und halbiert sich mit ca. jeder Blendenstufe. Bei kontrastreichen Motiven kann es daher von Vorteil sein, leicht überzubelichten um mehr Spielraum für die Nachbearbeitung zu haben. Bei ausgefressen Highlights durch Überbelichtung bringt das aber auch nichts mehr, ausgefressen ist ausgefressen.
LG
Expose to the right hat beim heutigen Dynamik-Umfang der Kameras, speziell bei 12 bzw. 14 bit RAWs eigentlich keine Bedeutung mehr, viele lassen sich davon aber irritieren, weil sie es irgendwo gelesen haben und interpretieren das so, dsss Überbelichten tolerabler wäre als unterbelichten. Aber bei «Expose to the right» ging es nie um Überbelichten…
Ich empfehle daher, diesen «alten Trick» einfach zu vergessen und lieber etwas konservativer zu belichten.
Hey super Infos ;)
Aber ist die Frage mit dem Histogramm wirklich richtig beantwortet? Ich habe mal gelesen, dass man aus überbelichteten Regionen leichter die Informationen zurück holen kann als aus unterbelichteten. Ist das falsch?
Außerdem sollte man noch hinzufügen, dass es kein «ideales» Histogramm gibt. Wenn man beispielsweise im Schnee ein Foto macht und einen schönen «Berg» als Histogramm erreichen möchte, dürfte das Foto in den meisten Fällen viel zu dunkel erscheinen.
Es hängt also nicht zuletzt von den äußeren Gegebenheiten ab. Ich für meinen Teil verlasse mich da auf das Display, und achte nur darauf, dass nicht alles rechts oder links anschlägt.
@Matthias: die Frage ist richtig beantwortet. Highlights, die weg sind, sind weg, die bekommst Du nicht wieder. In den Schatten hat man mehr Spielraum. Es wird demnächst eine Fotoschnack-Folge geben, wo wir über das Histogramm und unterschiedliche Belichtungsweisen sprechen.
Besten dank ;) dann war ich da wohl falsch informiert!