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Jetzt den Kometen Neowise fotografieren plus Nachtleuchtende Wolken (NLC)

Nach gefühlt 2 Wochen Wol­ken und Dau­er­re­gen in Nord­deutsch­land war ges­tern die ers­te Nacht mit kla­rem Him­mel und so konn­te ich end­lich los, um den Kome­ten Neo­wi­se, der der­zeit nachts und in den frü­hen Mor­gen­stun­den mit blo­ßem Auge sicht­bar ist, zu fotografieren. 

Hier gebe ich euch ein paar Tipps, wie ihr ihn am bes­ten foto­gra­fiert, solan­ge er noch so gut sicht­bar ist – und zwar mit einer nor­ma­len Kame­ra und ohne irgend­wel­ches astro­no­mi­sche Zubehör!

Da ich bis­her nur einen Ver­such hat­te, ist bei mei­nen Auf­nah­men sicher noch etwas Luft nach oben, vor allem wür­de ich ger­ne noch einen guten und mar­kan­ten Vor­der­grund fin­den – im Dun­keln ist das oft gar nicht so leicht, vor allem, wenn die Zeit drängt. Aber viel­leicht kann ich euch ja auch moti­vie­ren, euch die Kame­ra zu schnap­pen und in den nächs­ten Näch­ten los­zu­zie­hen – es lohnt sich auf jeden Fall!

Vor allem, weil der­zeit mit Glück sogar zwei astro­no­mi­sche Phä­no­me­ne gleich­zei­tig zu beob­ach­ten sind: Der Komet Neo­wi­se C/2020 F3 und soge­nann­te NLC (Noc­ti­lu­cent Clouds) – Leuch­ten­de Nacht­wol­ken. Das sind beson­ders hohe Wol­ken aus Eis­kris­tal­len, die sich in 80–85 Kilo­me­tern Höhe bil­den und auf­grund die­ser unge­wöhn­li­chen Höhe noch von der Son­ne beschie­nen wer­den, wenn der Him­mel von der Erde aus gese­hen dun­kel ist. Sie sind selbst mit blo­ßem Auge gut sicht­bar. Allei­ne dafür lohnt es schon, nachts loszuziehen.

Aber zurück zum Kome­ten Neo­wi­se. Auch er ist natür­lich je bes­ser sicht­bar und zu foto­gra­fie­ren, des­to dunk­ler es ist. Nun haben wir hier in Nord­deutsch­land aber vor August nach wie vor kei­ne astro­no­mi­sche Dun­kel­heit und der Komet war zunächst nur in den Mor­gen­stun­den beob­acht­bar. Dazu kam das schlech­te Wet­ter und der sehr hel­le Mond in den letz­ten zwei Wochen.

Jetzt aber wird es bes­ser: Die Näch­te wer­den lang­sam dunk­ler, der Komet steigt von Nacht zu Nacht höher (das heißt, er ist frü­her sicht­bar) und der Mond nimmt ab. Aller­dings ent­fernt der Komet sich jetzt schon wie­der von der Son­ne und in Kür­ze auch von der Erde, er wird also schwä­cher. Ihr seht, irgend­was ist immer! :-)

Grund­la­gen zur Foto­gra­fie mit dem Sta­tiv habe ich übri­gens hier aufgeschrieben:

Für eure Pla­nung nehmt ihr euch am bes­ten eine Astro-App zur Hand, ich nut­ze dafür Mobi­le Obser­va­to­ry Pro. Vor­ge­stellt habe ich die unter­schied­li­chen Apps übri­gens in mei­nem neu­en Buch, da geht es auch nicht nur um Zeit­raf­fer, son­dern ich gebe auch ganz vie­le Tipps zur Astro­fo­to­gra­fie und Pla­nung sol­cher Aufnahmen.

In der App könnt ihr nach dem Kome­ten suchen, tippt dazu ein­fach in das Such­feld Neo­wi­se ein und wählt den Neo­wi­se C/2020 F3 aus.

Mobi­le Obser­va­to­ry zeigt euch dann alle Infos zu dem Kome­ten an, z.B. dass sei­ne Sicht­bar­keit im Lau­fe des Julis und August wie­der nach­lässt, von wann bis wann er in der Nacht am bes­ten beob­acht­bar ist etc.

Zusätz­lich könnt euch den Kome­ten in der Him­mels­an­sicht anzei­gen las­sen und über die Ver­stel­lung der Zeit in der unte­ren Leis­te über die Simu­la­ti­on genau sehen, wann er in wel­cher Höhe über dem Hori­zont steht und wie dun­kel es dann ist.

Auch die Him­mels­rich­tung könnt ihr dort sehen, das ist für die Pla­nung der Loca­ti­on sehr wich­tig. Ihr seht z.B., dass am 12.07 um 1:00 Nachts der Komet auf 6° Höhe ste­hen wird, und zwar genau im Nor­den. Von dort aus steigt er lang­sam auf und bewegt sich nach Nordosten.

Das könnt ihr so auch für eure Pla­nung über­neh­men, auch wenn ihr kei­ne App habt. Über­legt euch, wo ihr die Auf­nah­men machen wollt – ihr braucht frei­en Blick zum Hori­zont nach Nor­den / Nord­os­ten. Der Komet steht recht tief – das ist sehr gut für schö­ne Fotos mit Vordergrund!

Ich selbst bin letz­te Nacht lei­der viel zu spät los, näm­lich erst um 2:30 – da wur­de es bei uns schon lang­sam wie­der hell. Nächs­tes Mal star­te ich um 1:00 oder noch etwas frü­her – lie­ber danach schla­fen ;-) Ab 3:00 war der Him­mel eigent­lich schon viel zu hell und der Komet zu hoch. Dann ist es vor­bei. Das geht bes­ser und wenn sich die geschlos­se­ne Wol­ken­de­cke, die sich bei uns jetzt schon wie­der gebil­det hat, wie­der auf­löst, dann fah­re ich sofort noch mal los!

Wer weiß, wann wir mal wie­der einen solch hel­len Kome­ten zu sehen bekom­men! Die letz­ten bei­den in die­ser Hel­lig­keit, die ich mit der Kame­ra erlebt habe, waren Hya­ku­ta­ke (1996) und Hale Bopp (1997) – bei­de damals noch mit ana­lo­ger Kame­ra aufgenommen.

Komet Hya­ku­ta­ke, 1996 auf Schwarz-Weiß-Film auf­ge­nom­men, selbst ent­wi­ckelt und ausbelichtet.

Den Kome­ten Love­joy in 2015 habe ich dann mit der D750 foto­gra­fiert, aber die­ser Komet war um ein viel­fa­ches schwä­cher und mit blo­ßem Auge eigent­lich kaum zu sehen.

Komet Love­joy in 2015

Ihr seht also, Neo­wi­se C/2020 F3 ist etwas beson­de­res, und ihr soll­tet die Gele­gen­heit nutzen!

Kamera und Objektiv

Licht­emp­find­lich­keit und ein gro­ßer Dyna­mik­um­fang sind bei sol­chen Auf­nah­men immer gut – aber im End­ef­fekt könnt ihr den Kome­ten mit jeder Kame­ra foto­gra­fie­ren, im Moment ist er noch so hell, dass sogar eine Han­dy­ka­me­ra funk­tio­nie­ren wür­de, viel mehr als Schnapp­schüs­se wer­den das aller­dings nicht, zumal ihr am bes­ten ein leich­tes Tele verwendet.

Ich habe die meis­ten Auf­nah­men mit mei­nem Sig­ma Art 85 f/1.4 gemacht, ein­fach weil die Brenn­wei­te passt und das Objek­tiv super scharf und licht­stark ist. Alles zwi­schen 50 und 150mm soll­te gut funk­tio­nie­ren, abhän­gig vom Bild­aus­schnitt, den ihr abde­cken wollt. Auch mit einem 35er sieht man den Kome­ten, aller­dings dann natür­lich nicht mehr so groß.

Die Blen­de hat­te ich offen, ISO auf 100, so hell war es! Wenn ihr aller­dings licht­schwä­che­re Objek­ti­ve und frü­her star­tet oder wei­ter süd­lich wohnt, müsst ihr da ggf. höher gehen. Belich­tungs­zeit 4 Sekun­den war mit dem 85er sehr gut. Ich habe dann ein­fach einen Zeit­raf­fer auf­ge­nom­men, um die Bewe­gung der NLC und das Auf­ge­hen des Kome­ten schön auf­neh­men zu kön­nen. Wäh­rend­des­sen habe ich dann mit der zwei­ten Kame­ra und dem 35mm noch ein paar Auf­nah­men gemacht.

Auf­nah­me mit 35mm- In der Auto­schei­be spie­gelt sich der Mond.

Das Schö­ne ist ja, dass Neo­wi­se der­zeit so tief steht. Das heißt, man bekommt trotz des leich­ten Teles noch Land­schaft mit drauf. Dem­entspre­chend könnt ihr euch euren Vor­der­grund aus­su­chen. Ein Gebäu­de, eine Wind­müh­le, eine Brü­cke oder ähn­li­ches so in 300 Metern Ent­fer­nung wäre eigent­lich ide­al. Dann noch frei vor dem Him­mel ste­hend und so, dass es im Osten posi­tio­niert ist. Viel­leicht fin­de ich so was ja noch…

Wei­te­re Tipps, zum Bei­spiel zum Fokus­sie­ren im Dunk­len, fin­det ihr in die­sem Arti­kel von mir:

Einen Loca­tion­check tags­über zu machen, ist übri­gens immer eine gute Idee! Aber ich habe ja oft gute Ideen und Tipps – muss mir nur mal mer­ken, sie auch selbst zu befolgen… ;-)

Viel Spaß also beim Foto­gra­fie­ren und teilt eure Ergeb­nis­se (z.B. als Drop­box-Link) und Erleb­nis­se ger­ne hier in den Kom­men­ta­ren – ich freue mich auch, wenn ihr ein sol­ches Foto bei Insta­gram pos­tet und mich dort als @gwegner.de taggt!

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