Heute nehme ich euch mit auf ein besonderes Fotoshooting beim Pole-Dance, erkläre euch meine Vorgehensweise und zeige euch einige Bilder.
Fotografie ist auch deswegen so faszinierend für mich, weil sie so abwechslungsreich ist. Es wird nie langweilig. Immer wieder finden sich neue Herausforderungen, neue Themen, neue Motive. Gerade wurden wir gebeten, ein Fotoshooting mit zwei Tänzerinnen zu machen. Sinag macht seit zwei Jahren hobbymäßig Pole-Dancing und sie konnte für das Shooting auch Silvia, ihre Lehrerin, gewinnen.
Zunächst stand natürlich die Frage nach der Location im Raum. Da wir uns nach wie vor auf Teneriffa befinden, erschien die Auswahl zunächst groß, doch letzten Endes war der Findungsprozess doch nicht so einfach. Als Fotograf braucht man am besten schon vorher eine Vision dessen, was man machen möchte – vor allem, wenn man einen 40 KG Pole an den Ort des Geschehens schaffen muss. :-)
Naheliegend wäre es natürlich gewesen, das Shooting am Strand zur golden Stunde zu machen. Entsprechende Bilder hatte ich schon im Kopf – aber dann kam die Realität dazwischen… Wir müssten den Pole irgendwie da hinbringen und die Plattform müsste auch exakt Waagerecht auf dem Sand stehen und nicht wackeln. Weiterhin wären wir bezüglich der Hintergründe nicht besonders flexibel gewesen. Damit schied die Strandidee leider relativ schnell wieder aus.
Die einschränkte Flexibilität mit dem schweren Pole würde es erschweren, unterschiedliche Locations an einem Nachmittag zu probieren. Wir müssten also auf Anhieb einen Treffer landen und einen Ort finden, der die nötige Abwechslung bieten würde, bei dem das Licht gut sein würde und bei dem der Pole stabil stehen würde.
Einer meiner Lieblingsorte auf Teneriffa für Foto- und Videoshootings ist die Geisterstadt von Abades im Süden der Insel, sie bot schon die Kulisse für einige unserer Videos. So entschieden wir uns, unser Shooting dort durchzuführen. Das schöne an einer Location mit Überdachung ist, dass man dort durch die Abschattung von oben ein viel besseres Licht hat und nicht nur auf die absoluten Randzeiten des Tages angewiesen ist (die hier auf den Kanaren schon recht kurz sind).
Wir packten also den zerlegbaren Pole ein und fuhren dort hin. Leider sind die Zufahrten zu dem Lost Place alle seit einigen Jahren geblockt und es gelang uns nicht, mit dem Auto bis zur Location zu fahren. Daher hieß es also schleppen. Gemeinsam trugen wir den schweren Pole durch die Wüste bis zu der Location.
Als Kameras kamen eine Z 6II und eine Z 7II zum Einsatz. Dazu zunächst einmal das Nikon Z 24–70 f/2.8 S und das Nikon Z 70–200 f/2.8 S. Dadurch würden wir zunächst die maximale Flexibilität bei den Brennweiten haben, auch wenn das Freistellpotenzial mit f/2.8 in Anbetracht der Aufnahmeentfernung noch etwas eingeschränkt sein würde. Bei den ersten Testshots mussten wir auch wir auch zunächst mal lernen, wie sich die Tänzerinnen bewegen, welche Figuren sie machen und wie groß sie letzten Endes im Bild sind. Speziell «lange» Figuren mit ausgestrecktem Arm erfordern eine gewisse Distanz, wenn man aus ästhetischen Gründen mit längerer Brennweite arbeiten möchte. Diese Distanz erschwert dann natürlich das Freistellen.
Ich entschied mich daher im Anschluss dann für das Nikon 50 mm f/1.8 S mit mehr Freistellungspotenzial. Eine 1.4er Linse habe ich derzeit hier leider nicht zur Verfügung, sie hätte mir noch besser gefallen.
Alle Bilder entstanden ausschließlich mit den Umgebungslicht («Available Light»), wir haben keine keine Blitze, Lampen oder Reflektoren benutzt.
Den Autofokus stellte ich auf kontinuierlich in 4 Bildern pro Sekunde und nutzte die Automatische Messfeldsteuerung der Z Kameras. Diese funktionierte wirklich hervorragend und der Fokus saß bei so gut wie jedem Bild. Das Einzige, wo ich mal eingreifen musste, war, wenn der Augenautofokus ein Gesicht auf einem der Wandgemälde erkannte und dort hinsprang. Hier konnte ich dann aber schnell den Fokus wieder auf die Tänzerin legen.
Zu solchen dynamischen Aufnahmen gehören immer zwei – zum einen der Fotograf, zum anderen aber natürlich auch der Sportler. Auch hier beim Poledance musste wir uns aufeinander einstellen und uns abstimmen. Die Tänzerinnen mussten sich nicht nur auf die anstrengenden Figuren konzentrieren, sondern auch noch an die Kamera denken, in die sie natürlich möglichst häufig schauen sollten – und am besten dann trotz höchster Konzentration und Anstrengung noch einen entspannten Gesichtsausdruck machen – jeder, der mal kopfüber an einer Stange hing, kann sich vielleicht vorstellen, wie das ist.
Auch die normalerweise zum Teil schnellen Bewegungen, mit denen die Tänzerin ja unter anderem auch Schwung holt, sollten vorzugsweise für die Kamera etwas langsamer ablaufen – auch das vermutlich leichter vom Fotografen verlangt als umgesetzt.
Diana und ich arbeiteten mit unterschiedlichen Brennweiten aus verschiedenen Winkeln, um die Bewegungen möglichst perfekt einzufangen und auch noch ein paar Behind the Scenes Aufnahmen zu haben.
Es stellte sich heraus, dass die Location perfekt gewählt war. Das Licht war, wie ich es mir vorgestellt hatte, je nach Richtung konnten wir uns für Gegenlicht oder Frontalausleuchtung entscheiden. Die Räume mit der schönen Streetart boten die gewünschte Abwechslung bei den Hintergründen und die entsprechende Atmosphäre.
Die Tänzerinnen hatten unterschiedliche Ausstattung und Kleidung dabei und schon selbstständig für Schminke und Puder gesorgt. Auch die entsprechende Musik war am Start und wir hatten einen Besen dabei, um die Räume bei Bedarf etwas vom Staub zu befreien.
Den Pole haben wir dann trotz seines Gewichts einmal umgetragen, um durch einen weiteren Raum noch mehr Abwechslung zu bekommen.
Um mich nicht permanent an die sehr unterschiedlichen Belichtungssituationen zwischen Gegen- und Frontallicht einstellen zu müssen und mich voll und ganz auf das Geschehen vor der Kamera konzentrieren zu können, fotografierte ich im A‑Modus mit einer Belichtungskorrektur von ‑2/3 Blendenstufen um den Himmel hinter den Fensteröffnungen auch bei Gegenlicht nicht ausfressen zu lassen. Die Nikon Sensoren erlauben mit ihrem großen Dynamikumfang das Einfangen dieses extrem hohen Kontrastumfangs in ihren Raw-Dateien, solange man nicht überbelichtet – daher sicherheitshalber die ‑2/3 Blendenstufen.
Die Bearbeitung habe ich wie immer in Lightroom Classic gemacht. Hier zeigt sich gerade bei solchen Fotos, was die Sensoren leisten und welchen Spielraum sie uns ermöglichen, noch im Nachhinein zu entscheiden, ob wir ein Silhouettenbild möchten oder eben ein ausgeleuchtetes Bild.
Das Limit liegt heute definitiv bei unserer Kreativität und Bildgestaltung, nicht bei den Werkzeugen.
Ich hoffe, dieser kleine Bericht über unser Shooting hat euch gefallen und ermutigt, etwas Ähnliches auch einmal zu probieren, wenn sich die Gelegenheit bietet.
Gefallen euch die Bilder? Sowohl Diana und ich als auch Sinag und Silvia (folgt ihnen auch bei Instagram) freuen sich über euer Feedback in den Kommentaren!
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Hallo Gunther,
ganz herzlichen Dank für diesen – mittlerweile ja auch schon etwas älteren – Beitrag! Ich mag bei Deinen Berichten immer sehr die Abwechslung zwischen etwas beschreibendem Text und den dazugehörigen Bildern. Man kriegt immer direkt Lust selber wieder knipsen zu gehen. Und manchmal ist es auch schön, dass nicht jeder Content in Videoform ist.
Direkt im Bezug auf Deine Artikel habe ich eine Frage und wäre Dir wirklich sehr sehr dankbar für einen kurzen Tipp: Wie schaffst Du es, dass die gesamten Bilder deiner Artikel quasi zusammenhängen? Was ich meine: Egal auf welches Bild ich klicke – in der sich öffnenden Galerie sind alle Bilder enthalten. Und das, obwohl Du Text zwischen den Bildern platzierst. Kannst Du mir vielleicht einfach nennen, welche WordPress-Gallery du nutzt? Danke und ganz viele Grüße aus Braunschweig. Michael
Hallo Michael, danke für das Lob! Es ist dieses Plugin.
Lieber Gunter,
kann mich den anderen Kommentierenden nur anschließen. Sehr interessanter Bericht und tolle Bilder. Besonders gut gefiel mir das unbearbeitete (S/W) Fotos im Vergleich zum finalen Ergebnis zu sehen. Das macht die Möglichkeiten der Werkzeuge noch deutlicher.
Danke Dir und eine gute Zeit.
Dankeschön! Nur zu Info: das S/W Foto war natürlich auch bearbeitet, nur eben anders…
Danke für die Einladung teilzuhaben!
Großartig, ALLES ;-)
Gruß
Raule
Hallo Gunther.
Tolle Bilder zu dem Hochleistungssport. Ein 50mm bei Blende 1.4 hätte bei der Tiefenschärfe von 9 cm keine Verbesserung erzielt.
Probier es mal aus. Objektentfernung ca. 3 Meter, dann machst Du 2 Bilder, eines mit f/1.8 und eine mit f/1.4 und vergleichst die Hintergrundunschärfe. ;-)
Hallo, teste ich. Bei 3 m ist die Tiefenschärfe bei 19 cm.
Es geht hier nicht um Berechnungen der Schärfentiefe. Es geht darum, dass die Hintergrumscharfe noch etwas größer ist bei größeren Blendenöffnungen und somit noch besser freigestellt wird.
Hallo, das ist klar. Bei entsprechenden gewünschten Hintergrund sollte das Hauptmotiv eine sinnvolle Größe und Schärfe haben. Das ist mein Ziel eines Bildes. Den Unterschied zwischen 1,8 und 1,4 bezogen auf den Hintergrund schau ich mir an. Das kann ich nur mit meinem 50 mm. Alle anderen Objektive haben 1:1,8 als größte Blendenöffnung. In den 60 er war ein Objektiv mit 1:3,5 schon Lichtstark, und man bekam eine moderate Freistellung. Später wurde dann die Blende immer weiter geöffnet. Man denke nur an das legendäre 105 mm 1:2,4 von Nikon.
Hallo.
Ich habe einen einfachen Test probiert. Der Schärfeabfall, somit eine früher ansteigende Unschärfe ist tatsächlich sichtbar. Das hätte bei Deinen Bildern zu einen erhöhten Freistellungseffekt und mehr Unschärfe im Hintergrund geführt. Die Reduzierung der Tiefenschärfe ist aber auch erkennbar, obwohl nur wenige Zentimeter unterschied sind.
Genau das meinte ich. In solchen Grenzbereichen macht dann doch etwas mehr Offenblende einen gewissen Unterschied. Die etwas geringere Schärfentiefe würde sich bei den Motiven nicht negativ äußern.
Super cool in allen Bereichen!!!
Kompliment an die Ladies – sich die Anstrengung bei diesem Hochleistungsport nicht ansehen zu lassen ist echte Klasse.
Die Location ist wirklich traumhaft.
Tolle Location und hervorragende Umsetzung. Auch die Leistung der Models ist echt Klasse. Was mir sehr gefallen hat, ist Deine Beschreibung der Umsetzung.
LG Thorsten
Interessante Fotos, gute Erläuterungen und augenscheinlich ein prima Team. Danke, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst.
Ganz tolle Fotos und ein sehr informativer Bericht dazu! Alles in Allem: Klasse!
Tolle Fotos und eine schöne Beschreibung der Umsetzung. Danke dafür.
Vielen Dank, für diesen tollen Beitrag, endlich etwas, was mich in meiner derzeitigen Situation aufheitert. Super Fotos an einer super Location, mit echt genialen Model’s.
LG Peter
Hallo Gunther,
woh, sehr beeindruckende Bilder. Da möchte man ja am liebsten gleich nach Teneriffa fahren :-( Geht ja leider derzeit nicht!! Der Beitrag ist sehr gelungen. Danke!
Liebe Grüße aus Tirol
Klaus
Hey Gunther,
großartige Location und
tolles Shooting bei phantastischem available light. Eine Frage habe ich. Wie stellst Du beim AF‑C 4 Bilder beim Autofokus ein?
Viele Grüße und vielleicht bis 2022 auf eine Deiner Reisen.
Christian
Rundum gelungen mit sehr hübschen Modellen. Herzlichen Dank.
Technik ist das eine, die Kreativität das andere.
Cool, well done!
Aber ich dachte so ne Stange steht Senkrecht. ;-)
Senkrechter geht ja wohl kaum.….??
Danke sehr informativ mit tollen Bildern verfeinert .Danke euch vieren fg heinz
Ein fantastisches Gesamtkonzept – einfach großartig!
Herzlichen Glückwunsch!