Mit X‑Chrome wird die Schwarz-Weiß Bearbeitung in Lightroom endlich einfach und liefert die Ergebnisse, die ich mir schon lange gewünscht habe. Und das alles, ohne dass ich ewig rumbasteln, den gewohnten Lightroom-Workflow verlassen, externe Programme starten oder große TIFF-Dateien erzeugen muss.
Ich gebe zu: bisher war das Bearbeiten von Schwarz-Weiß-Bildern in Lightroom für mich immer so ein bisschen «Trial-and-Error» und ein ziemliches Gefummel. Die von Lightroom mitgelieferten Schwarz-Weiß-Vorgaben kann man gleich vergessen. Aber auch Farbfilter über die HSL-Regler einzustellen und die Tonkurve manuell zu bearbeiten ist irgendwie nicht so mein Ding und gerade die Ton-Kurve ist in Lightroom auch alles andere als exakt mit der Maus zu bearbeiten. Externe Programme wie Silver-Efex nutze ich vor allem deswegen nicht, da ich dafür den Lightroom Workflow verlassen müsste: das bedeutet, diese Programme arbeiten auf einer entwickelten Kopie der Raw-Datei und erzeugen dann im Endeffekt eine separate Bilddatei. Das ist speicherintensiv, zeitaufwändig und lästig. Darüber hinaus lassen sich solche externen Bearbeitungen nur schlecht mit den Lightroom Werkzeugen kombinieren.
Und hier kommt Nathan «Nate» Johnson ins Spiel, ein Fotograf aus Philadelphia, der sich auf die Entwicklung von Kamera-Profilen und Tonkurven-Presets in Lightroom spezialisiert hat und damit sehr erfolgreich ist. Bereits über 150.000 Fotografen aus der ganzen Welt setzen seine Tools ein und ich bin einer davon. Ich setze seine E‑Chrome Presets zur Film-Simulation schon länger ein, wenn ich Bilder mit einem gewissen Retro-Look entwickeln möchte.
Nates neustes Werk sind nun die NATE X‑Chrome-Presets für Schwarz-Weiß, mit denen er sich nicht weniger vorgenommen hat, als eine analoge Schwarz-Weiß-Dunkelkammer in Lightroom nachzubauen. Für diese Presets hat Nate unzählige echte Schwarz-Weiß-Bilder gescannt und analysiert, die mit verschiedensten Filmen aufgenommen, unterschiedlichen Entwicklern entwickelt und auf unterschiedlichen Papieren umgesetzt wurden. Diese Looks hat er dann mit Hilfe von Kamera-Profilen, Ton-Kurven und weiteren Lightroom-Einstellungen als Lightroom-Vorgaben im Baukasten-Prinzip umgesetzt.
Die Vorgaben sind so aufgebaut, dass sie wirklich die Arbeit in der Dunkelkammer nachempfinden: zunächst wählt man den Film aus, dann den Entwickler und am Ende das Papier, etwaige Filter oder Tonungseffekte. Darüber hinaus hat Nate auch noch einige All-in-One Presets beigefügt, die komplette Looks nachbilden – diese könnt ihr am Anfang mal durchprobieren, ich nutze aber lieber das schrittweise Vorgehen, da ich damit selbst entscheiden kann, aus welchen Bausteinen ich mir den endgültigen Look zusammenbaue.
Ich zeige euch am besten mal anhand einiger Beispiele, wie das funktioniert.
Nehmen wir einmal diese ältere Lady, die ich in Sucre (Bolivien) fotografiert habe.
Zunächst das unbearbeitete Bild:
Hier zum Vergleich mal die einfache Wandlung mit Lightrooms Schwarz-Weiß-Funktion (noch ohne X‑Chrome):
Und nun mit X‑Chrome auf Fuji Neopan 100, mit Agfa Rodinal entwickelt und auf Papier «Neutral – Matt» ausgegeben:
Schaut euch am besten den Unterschied an, indem ihr das Bild per Klick öffnet und dann mit den Pfeiltasten hin- und herschaltet.
Das ist jetzt eine subtile Weise, das umzusetzen. Mir gefällt die Tonabstufung des zweiten Bildes schon um ein Vielfaches besser.
Nun noch einmal mit Ilford HP5/1600 und dem Entwickler Kodak XTOL Bright mit leichter Selenium-Tonung:
Das gefällt mir jetzt richtig gut, ist aber natürlich eine, spezielle Form der Schwarz-Weiß-Interpretation. Ein Richtig oder Falsch gibt es hier nicht.
Um einen solchen Look allerdings «zu Fuß» in Lightroom umzusetzen, hätte ich extrem lange gebraucht und ihn vermutlich nie ganz erreicht.
Übrigens: keine Angst, wenn ihr mit den Filmbezeichnungen, Entwicklertypen etc. nichts anfangen könnt. Das ging und geht mir genauso. Bei der Arbeit mit X‑Chrome entwickelt man aber sehr schnell ein Gefühl dafür, wie die Dinge zusammenspielen und Nates hervorragende Anleitung ist dabei eine unschätzbare Hilfe für die ersten Schritte. Ganz schnell macht es dann einfach nur Spaß, das ganze auszuprobieren.
Aber schauen wir uns mal die einzelnen Bereiche an, die X‑Chrome in Lightroom in den Entwicklungsvorgaben in einzelnen Ordnern zur Verfügung stellt.
Film
Zunächst wählt ihr den Film aus, damit legt ihr den grundsätzlichen Look fest – kontrastreich oder ‑arm, körnig oder eher glatt.
Zur Auswahl stehen:
- Fuji Neopan 100
- Ilford HPS+ (400‑3200 ISO)
- Kodak Tri‑X (400‑6400 ISO)
- Polaroid Type 55.
Ich bin da jetzt auch nicht der Kenner, was die Film-Typen angeht, aber man findet durch Ausprobieren schnell heraus, wie die einzelnen Filme wirken. Höhere ISO-Zahlen bedeuten mehr Korn und höhere Kontraste.
Eine hervorragende Aufstellung mit der Erklärung der Charakteristika der einzelnen Filme hat Nate in seiner ausführlichen Dokumentation der Presets veröffentlicht.
Zum Beispiel ist der Fuji Neopan gut geeignet für Fine-art, Architektur und Portraits. Der Ilford hingegen eher für Street und Dokumentar-Fotografie. Und der Polaroid 55, als einer von Ansel Adams Lieblingsfilmen, natürlich für Landschaften. Nebenbei lernt man also auch noch ein bisschen was über die gute, alte Schule der Schwarz-Weiß-Fotografie. :-)
Entwickler
Nach der Auswahl des Films geht es ans «Entwickeln». Das passierte früher nicht mit Reglern sondern mit Chemie. Und natürlich hatte auch jeder unterschiedliche Entwickler Einfluss auf das Aussehen des fertigen Bildes.
Auch hier findet ihr in Nates oben verlinkter Dokumentation noch allerlei Hintergründe.
X‑Chrome setzt folgende, klassische Entwickler um:
- Afga Rodinal: der Klassiker – recht ausgewogen
- Kodak HC-110: Starke, dramatische Schwarztöne – Ansel Adams bevorzugter Entwickler
- Kodak XTOL: Modern, eher hell
Papier und Tonung
Zu guter Letzt könnt ihr euch das Papier oder die Tonung aussuchen (oder sie auch weglassen).
Hierüber könnt ihr das Ergebnis subtil einfärben, z.B. einen kühleren Look geben oder einen wärmeren oder bestimmte Färbungen einsetzen, z.B. Selenium.
Das Black and White Toolkit
Im Abschnitt «The Black and White Toolkit» hat Nate noch einige spannende Zusatz-Optionen versteckt.
Zum Beispiel gibt es hier die klassischen Rot, Orange und Gelb-Filter, aber auch Einstellungen, die die Farbe wieder zurück ins Bild bringen.
So Paradox sich das erstmal anhört, nach der Kontrastbearbeitung und Schwarz-Weiß bekommt man oft auch wirklich hervorragende farbige Ergebnisse – dafür hat Nate die mit «(color)» gekennzeichneten Filter gebaut, z.B. Kodachrome-fy, Fuji-fy und Portra-fy. Hier gibt es auch Fade-Filter, die ein stufenweises Ausbleichen des Bildes simulieren.
Hier mal das letzte Bild nach einem einfachen Klick auf Portra-fy:
Ziemlich cool oder? :-)
Hier noch ein Beispiel mit der Kodakchrome-fy Option:
Und natürlich kann man über zusätzliche Presets hier dann auch noch Korn in verschiedenen Stärken hinzufügen, das muss für mich aber eher subtil geschehen, ich bin nicht so der Fan von zu körnigen Bildern.
Hier noch eines meiner Lieblings Schwarz-Weiß-Bilder von der Sonneninsel im Titicacasee, Bolivien. Klickt mal groß und schaut genau hin, dann werdet ihr den Zusammenhang zu dieser Serie erkennen! :-)
Dadurch, dass all diese Arbeiten direkt in Lightroom stattfinden, könnt ihr natürlich die Bearbeitung mithilfe der X‑Chrome Presets mit allen gängigen Lightroom Werkzeugen kombinieren. Oft ist das gar nicht nötig, manchmal aber kann man per Entwicklungs-Regler einfach die Helligkeit ändern, per Pinsel ein bisschen Abwedeln oder Nachbelichten (Dodge and Burn) oder etwas Schärfen hinzufügen.
Mein Fazit
Bei Preset-Sammlungen für Lightroom bin ich grundsätzlich erstmal skeptisch. Oft sind das schnell zusammengeschusterte Entwicklungseinstellungen, die vorgegebene Looks generieren sollen und mit den eigenen Bildern dann oft nicht funktionieren.
Bei den Nate-Plugins ist das anders. Nate hat jahrelange Erfahrung mit der Entwicklung von Lightroom Presets und Kamera-Profilen und die X‑Chrome Presets so konzipiert, dass sie modular und auf verschiedenen Ebenen arbeiten. Ihr seht das zum Beispiel daran, dass jeder der Einzelbereiche (Film, Entwickler, Toner) auch einzeln zurückgesetzt werden kann, ohne die anderen Einstellungen zu beeinflussen. Ein solches modulares Vorgehen bei der Erstellung und Verwendung von Lightroom-Entwicklungsvorgaben empfehle ich schon seit Jahren auch in meinen Workshops und unserem Buch. Die X‑Chrome Presets passen da sehr gut ins Konzept.
Ich arbeite jetzt seit einigen Wochen mit X‑Chrome und mir macht die Schwarz-Weiß-Bearbeitung in Lightroom damit um ein Vielfaches mehr Spaß, als vorher. Wenn man eine Weile damit gearbeitet hat, entwickelt man Erfahrungen und hat dann schon im Vorfeld oft eine Idee, welcher Film-Typ und Entwickler für ein bestimmtes Bild am besten passen würden – fast wie in der richtigen Dunkelkammer.
Am meisten freue ich mich aber über die Ergebnisse, die meinen Schwarz-Weiß Bildern nicht nur in kurzer Zeit wirklich zu einem tollen Look verhelfen, sondern auch noch komplett mit allen anderen Lightroom Werkzeugen kombinierbar sind und nicht-destruktiv arbeiten! Das heißt, ich muss Lightroom nicht verlassen und arbeite auch immer direkt auf den Raw-Dateien. Das zeichnet die X‑Chrome Presets im Vergleich zu anderen Spezial-Lösungen zur Schwarz-Weiß-Bearbeitung wie Silver Efex Pro oder anderen externen Tools aus, bei denen immer zunächst das Bild als TIFF exportiert werden muss und auf diesem dann die Bearbeitungen außerhalb von Lightroom stattfinden.
Der Preis für X‑Chrome liegt bei 89 US$. Für den Mehrwert, den diese Schwarz-Weiß Dunkelkammer bietet, und den Aufwand und die Sorgfalt, die Nate in die Entwicklung gesteckt hat, geht das aus meiner Sicht voll in Ordnung.
Gutscheincode für euch!
Ich habe für euch bei Nate noch einen Gutscheincode herausschlagen können, mit dem Code gwegnerde bekommt ihr X‑Chrome 10 US$ günstiger, also für 79 US$! Auf die US$ Preise kommt bei der Bestellung aus Europa noch die jeweilige MWSt. dazu.
(Gültig bis 7. Feb. 2018)
Bezugsquelle
Wenn ihr eurem Lightroom auch eine Schwarz-Weiß-Dunkelkammer spendieren wollt, dann könnt ihr X‑Chrome direkt bei Nate bestellen*. Hier geht’s zu seiner ausführlichen Dokumentation dazu.
Update November 2020: Nate hat unten in den Kommentaren ein Update zur Unterstützung etlicher neuer Kameras gepostet, zum Beispiel auch der Nikon Z Kameras.
Falls ihr euch auch für Nates E‑Chrome interessiert, den Presets zur Farbfilm-Simulation, die bekommt ihr hier*. Und auch zu E‑Chrome gibt es eine ausführliche Doku.
Hat Dir der Artikel gefallen?
Dann melde Dich doch bitte zu meinem kostenlosen Newsletter an. Dann bekommst Du eine Nachricht bei neuen Artikeln und Du wirst auch exklusiv als erstes über neue Workshops und Reisen informiert! Außerdem gibt es dort auch immer wieder Hintergrund-Infos, die so nicht im Blog stehen.
Natürlich freue ich mich auch sehr, wenn Du mir bei YouTube, Instagram und Facebook folgst.
Alle Inhalte © Gunther Wegner
*) Mit einem Stern gekennzeichnete Links sind externe Partner-Links. Ihr unterstützt mich, wenn ihr darüber bestellt. Alternativ könnt ihr auch über folgende Direktlinks in die Shops wechseln:
Amazon.de, Amazon.at, Amazon.com, Foto Koch, Augenblicke-Eingefangen, camforpro.com.
Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!