So, wie versprochen möchte ich heute noch einige Tipps zum Filmen mit der DSLR geben. Anlass sind die 5 Tage Praxiserfahrung, die wir auf Helgoland sammeln konnten.
Das Video habe ich Euch ja schon gezeigt – wer es noch nicht gesehen hat, findet es hier:
Junge Robben und Naturfotografie auf Helgoland – Das Video
Deutschlands einzige Hochseeinsel, Helgoland, hat eine wachsende Population von Kegelrobben. Im Dezember und Januar gebären sie am Strand ihre Jungen und wir hatten das Glück, sie beobachten, fotografieren und filmen zu können. Endlich ist es soweit: nachdem wir die Fotos ja schon gezeigt haben, präsentieren wir Euch heute das versprochene Helgoland-Video. Aufgenommen wurde es mit […]
Gefilmt habe ich mit der Nikon D7000 – als Objektiv habe ich das Nikon AF‑S 70–200mm f/2,8 VR* eingesetzt. An der D7000 habe ich damit durch die Brennweitenverlängerung eine maximale Brennweite von 300mm. Klar, könnte man immer noch ein bisschen mehr gebrauchen – aber ich fand es im großen und ganzen ausreichend, da die Robben nicht menschenscheu sind und zum Teil von sich aus relativ dicht an uns heran gekommen sind.
Stabilität, Stabilität, Stabilität – das Stativ
Als Stativ haben wir das Velbon Carbon Reisestativ* eingesetzt. Das Stativ ist unser treuer Begleiter vor allem auf Rucksackreisen, aber für das Filmen an der Nordsee kommt hier auch schon gleich das erste Learning: während es bei Rucksacktouren auf ein leichtes Stativ ankommt, ist zum Filmen – gerade in windigen Bedingungen, wie sie auf Helgoland herrschen, ein möglichst schweres Stativ von Vorteil.
Bei dem Velbon wird ein Haken und ein Sandsack mitgeliefert. Leider habe ich beides nicht dabei gehabt und hatte bei Wind so leider zum Teil Schwierigkeiten, das Stativ zu stabilisieren.
Bei HD Video sieht man jedes noch so kleine Zittern. Dazu kommt, dass die D7000 in Full HD nur mit 24 Bildern pro Sekunde filmt, dem Kinostandard. Ihr müsst wirklich alles daran setzen, dass nichts wackelt ansonsten bekommt ihr neben dem Zittern auch noch den berüchtigten Rolling Shutter «CMOS-Wobble»-Effekt und könnt die Aufnahmen wegwerfen. Da hilft auch das Einschalten des VR nicht. Immerhin sind Kamera und Objektiv recht groß, und somit dem Wind entsprechend ausgesetzt.
Hier mal ein Beispiel von einem Versuch bei 8–10bft auf der Klippe die Lummen zu filmen (hätte ich das Stativ nicht festgehalten wäre es samt der Kamera runtergeflogen) Den Effekt seht ihr besonders gut im Vollbild-Modus – Fazit: keine Chance. Das Wabbeln vermeidet kein VR und es rechnet Euch auch keine Software der Welt im Nachhinein wieder aus dem Film heraus. Einzige Maßnahme: Aufnahme wegwerfen.
https://www.youtube.com/watch?v=EnqoJ8p4EIA
Hier nun einige Tipps, um Wackeln und Zittern zu verringern:
- Dass man das Objektiv an seiner Mittelschelle auf dem Stativ befestigt und nicht die Kamera, versteht sich hoffentlich von selbst.
Um die Windanfälligkeit zu verringern, sollte man darüber hinaus die Gegenlichtblende abnehmen um den Windwiederstand etwas zu verringern. - Am besten eignet sich für solche Aufnahmen ein möglichst stabiles Holzstativ, z.B. von Berlebach*, aber damit habe ich (bislang) noch keine eigenen Erfahrungen sammeln können.
- Auch der Stativkopf spielt eine große Rolle. Meinen relativ schweren Kugelkopf von Benro, den ich zum Fotografieren gerne nutze, kann ich für das Filmen nicht einsetzen. Hier benötigt man einen guten Fluid-Video-Neiger. Derzeit setze ich einen preiswerten Video-Neiger von Velbon ein (Velbon PH-358*), der schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Dieser Kopf ist für die Anfänge durchaus geeignet, weil er ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis hat – aber ein Präzisionsgerät ist er natürlich nicht. Auch hier bin ich auf der Suche nach einem professionelleren Kopf – wenn jemand von Euch eine Empfehlung hat, freue ich mich.
Die Einstellung der Kamera
Wie immer beim Filmen mit der DSLR, nehme ich folgende Einstellungen vor:
Grundeinstellungen
- ISO-Automatik aus
- Manuelle Video Einstellung
- Autofokus für Live-View/Film: AF‑S (Einzelautofokus)
- Autofokus ggf. komplett abschalten
- Weißabgleich manuell einstellen (z.B. bewölkt, um schön warme Farben zu bekommen)
Bei diesen Einstellungen muss ich den Autofokus nicht abstellen, da er nur dann aktiv wird, wenn ich den Auslöser antippe. Dies ist z.T. praktisch, um auf statische Objekte einmalig mit dem Autofokus zu fokussieren. Wichtig ist, dass ihr nicht den permanenten Autofokus (AF‑F) einschaltet. Dieser würde während des Filmens versuchen nachzuführen. Dies führt so gut wie immer dazu, dass unschöne Fokussprünge in den Aufnahme auftreten.
Belichtung
- Modus M
- Blende f/2.8
- Belichtungszeit auf 1/30
- ISO 100
Ausgehend von diesen Belichtungseinstellungen stelle ich die Belichtung durch visuelle Kontrolle des LiveView Bildes dann manuell ein, und zwar nach folgendem Schema:
- Wenn das Bild zu hell ist, stelle ich die Belichtungszeit kürzer ein.
- Wenn das Bild zu dunkel ist, stelle ich die ISO hoch.
Dieses Vorgehen hat den Grund, dass ich aus ästhetischen Gründen möglichst dicht an 1/30 Sekunde bleiben möchte und die Blende möglichst offen halten möchte, um einen schönen Schärfeverlauf zu erhalten.
Das Filmen der Robben
Den Robben auf Helgoland darf man sich bis zu 30m nähern. Wenn ihr allerdings Geduld mitbringt, zahlt sich das unter Umständen aus. Die Robben sind nicht menschenscheu und noch dazu sehr neugierig. Sie kommen unter Umständen von sich aus auf Euch zu. Praktisch ist es, eine ISO-Matte oder zumindest eine Sitzmatte mitzunehmen, damit ihr möglichst entspannt möglichst dicht am Boden fotografieren oder filmen könnt.
Die Perspektive machts
Wählt eine möglichst bodennahe Perspektive. Eine Robbe, die aus normaler Standhöhe aufgenommen wird, wirkt langweilig.
Im folgenden Bild bin ich in die Hocke gegangen, das reichte mir aber immer noch nicht:
Wenn ihr noch weiter runter geht und dann aus bodennaher Perspektive filmt, wirkt das Bild plötzlich ganz anders. Der Hintergrund löst sich in Unschärfe auf, die Robbe wird schön freigestellt. Im Idealfall deutet sich im Hintergrund noch das Meer an, wie in diesem Bild:
Bei dem Velbon Stativ (und vielen anderen) kann man die Stativbeine so weit spreizen, dass die Kamera ganz dicht über dem Boden steht. Um dann noch sinnvoll fotografieren zu können, muss man sich auf den Boden legen (Stichwort Isomatte) oder mit dem Live-View arbeiten, was ich allerdings nur bei Video nutze, da beim Fotografieren der hier aktive Kontrast-Autofokus einfach nicht schnell genug ist.
Fokussieren
Zum Fotografieren stelle ich immer AF‑C ein (kontinuierlicher Autofokus) und Einzelfeldmessung. Das benötigte Autofokusfeld wähle ich mit der Wippe. Dieser Modus hat auch den Vorteil, dass das Beep-Beep, das (leider) bei vielen Kameras voreingestellt ist, um eine erfolgreiche Fokussierung zu signalisieren automatisch abgeschaltet ist. Natürlich kann man diese Signaltöne auch beim Einzelautofokus abschalten, wie wir leider feststellen mussten, wissen aber viele offenbar nicht, wie das geht… (Nikon: Individualfunktionen / Aufnahme und Anzeigen / Tonsignal / Lautstärke / OFF)
Aus gegebenem Anlass hier also nochmal an alle die (in der Natur) fotografieren der Appell: bitte denkt daran, dass ihr Euch in den Lebensraum der Tiere begebt, um diese in ihrem natürlichen Verhalten zu beobachten und zu fotografieren. Es sollte selbstverständlich sein, sich so unauffällig und angepasst wie möglich zu verhalten. Dazu gehört auch, keine hektischen Bewegungen zu machen und möglichst ruhig zu sein. Das Abschalten von nervigen und irritierenden Signaltönen ist eine weitere Selbstverständlichkeit, die aber offenbar nicht jedem klar ist. Ich habe dort leider mehrmals Fotografen erlebt die mit ihrem Beep-Beep die Tiere irritiert haben, und selbst eine vorsichtige Bitte meinerseits führte bei den Kollegen leider nicht zur Einsicht, schade. Ehrlich gesagt kann ich mir überhaupt keine sinnvolle Anwendung für diesen Signalton vorstellen sondern finde ihn extrem nervig für mich und andere. Ich schalte ihn bei einer neuen Kamera immer sofort ab.
Für Video stelle ich die automatische Autofokus-Nachführung (AF‑F) dann auch immer aus. Wenn ich Zeit habe, schalte ich sogar den Autofokus komplett ab und fokussiere manuell. Dazu zoome ich das Bild auf dem Display mit der + Taste heran um so exakt scharf stellen zu können.
Wenn es schnell gehen muss, dann tippe ich den Auslöser an und lasse den Kontrast-Autofokus fokussieren. Der gewählte Fokus bleibt dann während der Filmaufnahme bestehen. Während der Aufnahme fokussiere ich manuell, wenn es sein muss.
Auf Helgoland habe ich hierfür ohne Hilfsmittel nur mit dem Kamera-Display gearbeitet. So ist das Scharfstellen ohne den Zoom-Trick allerdings oft Glücksache. Mittlerweile habe ich mir die LCDVF Displaylupe* zugelegt und muss sagen, ich bin wirklich begeistert. Dazu aber in Kürze mehr…
Gutes und schlechtes Licht
Wie immer bei der Fotografie, hängt vieles, wenn nicht gar alles vom Licht ab. Für das Filmen gilt das natürlich mindestens genauso. Aus diesem Grund sind wir jeden Morgen sehr früh los, um die tief stehende Sonne zu erwischen. Die ersten Tage relativ erfolglos, denn es war meistens bewölkt. Jedoch gab es hin und wieder Sonnenmomente, an denen man dann wenn möglich am richtigen Ort ist und die Kamera dabei hat. Gerade für die roten Felsen ist Sonne fast unerlässlich und die spielenden Robben haben natürlich in der tiefstehenden Sonne auch noch einmal eine ganz andere Wirkung.
Das tolle am Filmen mit der DSLR ist, dass alle fast alle Regeln für gute Fotografie genauso anwendbar sind. Wir fotografieren also bewegte Bilder. Für mich ist damit das Filmen mit der Digitalen Spiegelreflex eine wirklich faszinierende Spielart der Fotografie.
Ich hoffe, ich konnte Euch einige Tipps geben, und Euch motivieren selbst los zu ziehen und Videoaufnahmen zu machen oder zu fotografieren! Habt ihr Fragen? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!
Weitere Tipps findet ihr in der ersten Folge der Praxistipps für das Filmen mit der DSLR:
Video mit der Digitalen Spiegelreflex – Praxis Tipps – nicht nur für die Nikon D7000, D5100, D3100
Mit der Nikon D7000, D5100 und D3100 haben nach den Canon Fotografen nun auch Nikon-Benutzer die Möglichkeit «ernsthaft» und in Full-HD zu filmen. In diesem Tutorial möchte ich Euch einige Tipps und Tricks verraten, die Euch den Einstieg in diese faszinierende Spielart der Fotografie erleichtern sollen. Die meisten der Tipps gelten genauso oder so ähnlich […]
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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