Im zweiten Teil des «3x3 für bessere Fotos» geht es heute um das Selektieren. Nachdem ich im ersten Teil ja über wichtige Erfolgsfaktoren beim Fotografieren gesprochen habe, werde ich euch heute zeigen, wie ihr effizient und ohne Stress zu einer Auswahl eurer allerbesten Fotos kommt.
Schritt II: Selektieren
Der weltberühmte Fotograf Ansel Adams hat einmal gesagt: Zwölf gute Fotos in einem Jahr sind eine gute Ausbeute. Als Übung empfehle ich euch am Ende eines jeden Jahres im Sinne eines Jahresrückblicks für jeden Monat genau ein Foto, das Beste eben dieses Monats, auszuwählen. Ich verspreche euch: das ist alles andere als einfach! Ich mache das nun schon seit einigen Jahren in meinem Jahresrückblick hier auf gwegner.de – schaut da gerne mal rein. Natürlich braucht ihr nicht bis zum Jahresende damit warten, nehmt euch doch einfach mal zum Spaß 2 Stunden Zeit, um die Bilder vom letzten Jahr zu sichten und die Highlights heraus zu suchen.
Ganz bewusst habe ich das Selektieren vor das Bearbeiten gestellt. Was macht es für einen Sinn, Bilder zu bearbeiten, die ohnehin nicht gezeigt werden sollen?
Hier mal meine Regeln für das Selektieren:
II.1 Werft technisch schlechte Bilder kompromisslos weg.
Total unscharf? → Gleich aussortieren.
Etwas unscharf? → Aussortieren.
Die Schärfe liegt an der falschen Stelle? → Aussortieren!
Das Bild ist extrem überbelichtet (ausgefressene Lichter) ? → Aussortieren.
Es war aber doch so schön dort! → Mag ja sein, dass es dort schön war, aber offenbar hat das Bild technische Mängel. Und zeigen tut ihr ja nur das Bild, nicht eure Emotionen, die damit verknüpft sind. Wenn das Bild unwiederbringlichen ideellen Wert für euch hat, dann löscht es eben nicht – aber veröffentlicht bzw. zeigt es nicht.
II.2 Beschränkt euch aufs Wesentliche!
Zeigt also nicht 1.200 Fotos, wenn ihr von einer Reise wieder kommt – zeigt auch nicht 500. Beschränkt euch auf maximal 100–150. Und das ist schon viel!
Streicht auch die Anzahl der Fotos, die ihr auf Flickr, Facebook oder auf eurer Webseite veröffentlichen wollt, nachdem ihr sie endgültig selektiert habt, nochmal auf die Hälfte zusammen.
Setzt euch von vornherein eine Obergrenze. Wie bei dem Jahresrückblick.
Und dann: Sortiert aus. Ich weiß, das ist schwer. Ihr werdet fluchen. Ihr werdet glauben, es ginge nicht. Die Bilder sind doch alle wichtig. Sie sind doch essenziell!
Nein – glaubt mir – das sind sie, wenn überhaupt, nur für euch selbst. Nicht für diejenigen, denen ihr sie zeigen wollt!
Streicht radikal zusammen. Streicht solange, bis nur noch echte «Wow-Bilder» in der Auswahl sind. Und dann streicht nochmal.
Wie das mit dem «Streichen» in Lightroom ganz einfach und stressfrei geht, erkläre ich weiter unten.
Zeigt Bilder vom gleichen Motiv nicht mehrfach. Nein, auch nicht wenn die Perspektive anders ist. Habt ihr schon ein ähnliches Bild drin? Entscheidet euch für das Bessere! Weniger ist mehr!
Hier mal drei psychologische Überlegungen, die ihr euch immer wieder vor Augen führen solltet:
- Der Betrachter beurteilt nur die Bilder, die ihr im zeigt, nicht diejenigen, die ihr ihm nicht zeigt. Er kennt sie nicht, also verpasst er auch nichts.
- 10 großartige Bilder hinterlassen einen besseren Eindruck als 10 großartige + 10 mittelmäßige. Also zeigt nur die großartigen.
- Das schlechteste gezeigte Foto sollte die Messlatte sein, nicht das Beste.
II.3 Nehmt euch Zeit, betrachtet eure Fotos mit dem nötigen Abstand.
Auch wenn es verlockend erscheint, gleich nach dem Urlaub die Bilder zu zeigen oder gleich nach einem Shooting die Fotos zu bearbeiten, zwei Stunden später bei Instagram oder Flickr einzustellen und eure Follower bei Twitter darüber zu informieren: ich rate davon ab. Ja, auch wenn die «Fans» noch so drängeln.
Lasst stattdessen etwas Zeit vergehen, bevor Ihr eine Auswahl an Bildern zeigt oder ins Netz stellt. Schaut euch die Auswahl mit einigen Tagen Abstand noch einmal an. Welche Bilder könnt ihr noch weglassen? Nehmt sie raus. Prüft auch noch einmal mit Abstand die Bearbeitung. Wo seht ihr noch Verbesserungsmöglichkeiten? Bearbeitet ruhig noch einmal nach. Mit Programmen wie Lightroom gibt es keine Qualitätsverluste bei mehrfacher Bearbeitung. Alle Bearbeitungsschritte werden immer wieder auf das Ausgangsmaterial angewendet.
Gerade bei der Bildbearbeitung stellt sich mit der Zeit ein Gewohnheitseffekt ein. Wenn ihr zwei Stunden lang Bilder bearbeitet habt, könnt ihr nicht mehr beurteilen, ob die Ergebnisse perfekt sind oder nicht. Eure Augen und euer Gehirn haben sich an die Farben und die Bilder gewöhnt und finden sie toll. Wenn ihr die gleichen Bilder nach einigen Tagen nochmal „frisch“ betrachtet, werde ihr sie mit ziemlicher Sicherheit noch verbessern können. Wenn ihr sie euch nach einigen Monaten anschaut, fragt ihr euch vielleicht, warum ihr ausgerechnet diese Bilder so bearbeitet habt – ihr würdet es jetzt definitiv anders – und ziemlich sicher auch noch besser – machen. Das ist normal.
Stressfreies Selektieren der Bilder in Lightroom
Wenn ihr meine Tipps oben gelesen habt, insbesondere zum Thema «Aussortieren», hat euch vermutlich ein mulmiges Gefühl beschlichen. Die schönen Bilder aussortierten? Vielleicht sogar löschen? Nee – da hängen doch so viele Erinnerungen dran!
Das ist völlig normal und auch gut so. Mir ging es viele Jahre lang auch so – das Aussortieren von Bildern war für mich immer ein großer Stress und da ich mich nicht von ihnen trennen konnte blieben immer viel zu viele Bilder übrig.
Aber dann habe ich einen Weg gefunden, diesen Stress total zu eliminieren und ganz einfach zu eine schlanken aber guten Auswahl der besten Bilder zu kommen. Und zwar, in dem ich den «negativen» Ansatz Bilder zu löschen durch einen «positiven» ersetzt habe: nämlich die Perlen «hochzustufen» und die anderen einfach nur bis auf weiteres auszublenden. Und mit Lightroom geht das ganz einfach!
Zum Selektieren der Bilder in Lightroom gehe ich wie folgt vor:
- Ich gehe schnell durch die Bilder und drücke bei denen, die ich besonders spannend finde und bei denen ich richtig Lust habe, sie jetzt zu bearbeiten, die Taste «1″ – dadurch erhalten sie einen Stern. Dieses Betrachten erfolgt in der Bildschirmansicht aber ich zoome nicht hinein, um die Schärfe zu prüfen. Das dauert zu lange. Das mache ich später auf den selektierten Bildern. Für jedes Bild brauche ich nicht mehr als 1–2 Sekunden, um zu entscheiden, ob ich es in die engere Auswahl nehme.
- Nur bei Bildern die auf den ersten Blick technisch wirklich schlecht sind (siehe oben) drücke ich «x» – damit werden sie zum Löschen markiert. Alle anderen Bilder bleiben erhalten, bekommen aber keinen Stern. Um diese kann ich mich ggf. später noch kümmern.
- Nach diesem ersten Durchgang setze ich den Filter in der Lightroom Bibliothek auf >=1 Stern und sehe so nur noch die ausgewählten.
- Sollten es immer noch zu viele Bilder zum Bearbeiten sein, gehe ich noch einmal durch und markiere diejenigen, die ich nun wirklich jetzt bearbeiten will mit zwei Sternen (Taste «2″). Dann setze ich den Filter auf >=2 Sterne.
Nur die nun noch übrig gebliebenen Bilder bearbeite ich.
Durch diesen psychologisch «positiven» Ansatz, bei dem ich wenn überhaupt nur wirklich technisch schlechte Bilder lösche, und die anderen alle behalte, aber zum großen Teil eben erstmal nicht auswähle, entsteht viel weniger Stress – da ich eben nicht bei jedem Bild entscheiden muss, ob ich es lösche oder nicht. Die Entscheidung, Bilder endgültig zu löschen fällt nämlich in der Regel niemandem leicht, sie verursacht Stress und kostet dementsprechend zu viel Zeit und Nerven. Durch die von mir gewählte positive Art, erstmal die allerbesten Bilder auszuwählen, ohne mich von den anderen trennen zu müssen, komme ich jedoch sehr schnell zu einer sehr guten Auswahl der zeigenswerten Bilder, da ich für die Bearbeitung eben nur diejenigen Bilder selektiere, die mich in dem Moment, wo ich sie zum ersten Mal in groß sehe ganz besonders ansprechen und bei denen ich richtig Lust darauf habe, sie zu bearbeiten. Alle weiteren Bilder sind ja nach wie vor da, nur eben im Moment nicht sichtbar. Später kann ich jederzeit wieder in den Ordner gehen und den Filter reduzieren, so dass ich die zunächst zurückgestellten Bilder wieder sehe.
Sollte sich später beim Bearbeiten herausstellen, dass eines der selektierten Bilder unscharf ist, dann kann ich immer noch den Filter deaktivieren und mir eines der benachbarten Bilder heraussuchen (meist macht man ja mehrere Bilder von einem Motiv) und diesem die gewünschte Anzahl Sterne geben und das unscharfe Bild mit «x» zum Löschen markieren. Dann setze ich den Filter wieder und habe so anstatt des unscharfen das scharfe Bild selektiert.
Dieser von mir gewählte Ansatz funktioniert so gut, da Speicherplatz heute so gut wie keine Rolle mehr spielt. Festplatten sind super günstig geworden, da lohnt sich der Aufwand nicht, wertvolle Zeit und Nerven für das Löschen von Bildern aufzubringen.
Nach der Bearbeitung erhält jedes Bild dann 3*. Auf die Art weiß ich, dass alle Bilder, die 3* haben, bereits bearbeitet sind.
Danach gehe ich noch einmal durch und markiere diejenigen, die ich wirklich zeigen möchte mit 4*. Und dann gehe ich noch einmal durch und markiere diejenigen, die ich wirklich, wirklich zeigen möchte, mit 5*.
Ergebnis
Wenn ihr das konsequent so macht, habt ihr mit ganz einfachen Mitteln und ohne Zusatzaufwand eine durchgehende und sehr praktische Bewertungshierarchie für eure Bilder geschaffen:
- Die absoluten Highlights haben 5 Sterne
- Wenn es ein paar mehr Bilder sein sollen, geht ihr auf >=4 Sterne. Bearbeitete Highlights.
- Alles was größer oder gleich 3 Sterne ist, ist bearbeitet
- Durch entsprechendes Setzen des Filters könnt ihr mehr oder weniger Bilder anzeigen.
- Wenn ihr mal Lust habt, Bilder zu bearbeiten, setzt einfach den Filter z.B. auf =1* – das wären die zunächst selektierten aber noch nicht bearbeiteten.
- Je mehr Bilder ihr angezeigt haben wollt, um so niedriger die «Sternchen-Anzahl» für den Filter.
- Je weniger und «hochwertigere» Bilder ihr angezeigt haben möchtet, um so höher die «Sternchen-Anzahl» für den Filter.
- u.s.w…
Mit dieser Technik wird nun z.B. auch das Erstellen eines Kalenders oder Jahresrückblicks recht einfach, da Lightroom die Filter ja auch ordnerübergreifend anwendet. Wenn ihr z.B. alle Bilder von 2015 anzeigen lasst und den Filter auf 5* setzt, habt ihr schon eine hervorragende Basis, da ihr die absoluten Perlen von 2015 angezeigt bekommt!
Und nun – viel Spaß beim Selektieren – ein Vorgang der mir früher viel Stress bereitet hat und mir heute, mit der hier vorgestellten Technik sogar eine Menge Spaß macht!
In der nächsten Folge geht es dann um das richtige und effiziente Bearbeiten der «Highlights»!
Bis dahin,
Euer Gunther!
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Das 3x3 für bessere Fotos – Teil 3 – Bearbeiten
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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