Spätestens wenn ihr euer erstes Video mit der DSLR aufnehmt und später schneiden wollt, oder wenn ihr einen Zeitraffer bearbeitet, werdet ihr zwangsläufig über die Frage stolpern, mit welcher Bildwiederholfrequenz ihr euer Video aufnehmen oder erstellen solltet.
Der eine oder andere mag denken: «Egal, darum habe ich mich noch nie gekümmert, das passt schon» – ich kann euch aber versichern, spätestens, wenn ihr ein Video schneiden und mit Aufnahmen anderer Kameras kombinieren wollt, werdet könnt ihr Probleme in Form von unschönen Rucklern bekommen. Nur wenn ihr die richtige Bildwiederholrate wählt, bekommt ihr am Ende ein homogenes und ästhetisches Video.
Kurzer Historischer Abriss
Seit das analoge Farbfernsehen 1967 in Deutschland eingeführt wurde, wird im sogenannten PAL-Format gesendet, dieses hat eine Bildwiederholfrequenz von 25 Vollbildern pro Sekunde (fps) oder 50 Halbbildern pro Sekunde (fps = Frames per Second also Bilder pro Sekunde).
In den USA und vielen anderen Ländern kam und kommt hingegen das sogenannte NTSC-Format mit 30 fps zum Einsatz (genauer 29,97) bzw. 60 Halbbildern (genauer 59,94).
Diese unterschiedlichen Frequenzen begründeten sich unter anderem mit den unterschiedlichen Wechselspannungsfrequenzen in den Ländern (Europa: 50 Hz, USA: 60 Hz). Früher wurden die Netzphasen als Trigger für den Zeilensprung genutzt. Wenn euch das Thema im Detail interessiert, findest ihr hier weitere Informationen zu den Videostandards.
Um die Verwirrung nun komplett zu machen, werden die meisten Kinofilme (bis heute) mit 24 fps gedreht. Dies führt bei der Konvertierung nach PAL bzw. NTSC zu einigen Seiteneffekten wie duplizierten oder weggelassenen Frames, schnelleren Abspielgeschwindigkeiten und/oder anderen Effekten. Das soll hier aber nicht weiter vertieft werden.
An die verhältnismäßig langsamen 24 fps bei Kinofilmen haben sich die meisten Zuschauer schon lange gewöhnt – das geht so weit, dass sie mittlerweile von Vielen als sogenannter Kino-Look wahrgenommen werden und die durch die langsame Frequenz verursachten ruckelnden Schwenks und Bewegungen mit Kinofilmen assoziiert werden. Einige Filmemacher schwören daher auch in der digitalen Zeit noch auf 24 fps und halten daran fest, andere gehen neue Wege. Peter Jackson hat z. B. den Hobbit in 48 fps produziert. Das Feedback war gemischt – für viele Zuschauer ist es einfach ungewohnt und daher hat es sich auch bis heute nicht in der Breite durchgesetzt.
Was bedeutet das für unsere Videos?
Zunächst wisst ihr nun, wie die Zahlen 24, 25, 29.97, 30, 50, 60 zustande kommen. Jetzt stellt sich natürlich nach wie vor die Frage, welche Wiederholfrequenz für euer eigenes Filmprojekt und eure Zeitraffer die richtige ist.
Grundsätzlich gilt: Alle Bestandteile eines Projektes sollten die gleiche Wiederholfrequenz haben, nur so können Ruckler durch ausgelassene oder verdoppelte Bilder verhindert werden.
Wenn ihr für einen Kunden arbeitet, fragt ihn, in welcher Wiederholrate er das Material haben möchte. Beim Aufnehmen von Videos müsst ihr schon beim Filmen die endgültige Wiederholrate einstellen. Bei Zeitraffern hingegen könnt ihr diese noch im Nachhinein festlegen. Dazu geht ihr in LRTimelapse einfach über Datei | Video Rendern und rendert die entsprechenden Clips mit der gewünschten Wiederholrate.
Wenn ihr für ein eigenes Projekt bei allen Clips die Wiederholrate selbst bestimmen könnt, dann legt euch zu Beginn auf eine fest und bleibt dabei. Zur Wahl der Wiederholrate könnt ihr euch an den Faustregeln, die ich euch weiter hinten in diesem Artikels gebe, orientieren.
Stellt dann alle eure Kameras entsprechend ein und rendert auch eure Zeitraffer in dieser Wiederholrate. Moderne Kameras bieten heute im Video-Modus die gängigen Wiederholraten von 24, 25 oder 30 (29.97) fps an, manche auch 50 oder 60 (59.94) fps. Kommabehaftete Frameraten (29.97, 59,94) werden in den Kameras oft gerundet als 30 und 60 dargestellt. Korrekt ist aber in der Regel die kommabehaftete Zahl. Immer wenn ich hier von 30 bzw. 60 fps spreche, meine ich die kommabehaftete Zahl.
Die schnelleren Wiederholraten von 50 oder 60 fps sind Multiplikatoren der standardisierten 25 oder 30 fps. Sie sind vor allem dafür da, in der Nachbearbeitung Spielraum für Zeitlupen-Effekte zu bieten, sie werden normalerweise nicht für den fertigen Film verwendet. Beim Filmen setze ich sie gerne ein, um Potenzial für die eben erwähnten Zeitlupen zu haben, bei der Ausgabe in das endgültige Video werden sie dann auf die Ausgabe-Frequenz des Videos halbiert.
Ich empfehle die schnellen Raten (50/60 fps) nicht für den endgültigen Film und auch nicht für eure Zeitraffer-Sequenzen zu benutzen. Der visuelle Vorteil der hohen Abspielraten ist bei Zeitraffern vernachlässigbar. Nachteil ist zudem, dass ihr doppelt so viele Bilder pro Sekunde Material benötigen würdet und dementsprechend auch die Intervalle bei der Aufnahme halbieren müsstet, um die gleiche visuelle Geschwindigkeit beim Abspielen zu erreichen.
Es bleibt also sowohl für den fertigen Film, als auch für eure Zeitraffer die Frage, ob ihr sie mit 24, 25 oder 30 fps ausgeben möchtet.
Da ihr normalerweise vermutlich keine Kinofilme produzieren werdet, empfehle ich euch, euch zwischen 25 und 30 fps zu entscheiden. 25 fps ist das klassisch europäische PAL-Format, 30 fps das amerikanische NTSC-Format. Bei Online-Videos und auf modernen Fernsehern spielt das aber keine Rolle mehr, im Gegenteil, die meisten Fernseher und Monitore arbeiten heute mit 60 oder gar 120 fps, so dass eine Produktion in 30 fps geeigneter ist. Auch für die Youtube Produktionen sind 30 fps die bessere Wahl.
Achtung: Videoaufnahmen bei Kunstlicht
Wenn ihr schon vorher wisst, dass ihr in einem Projekt viele Videoaufnahmen bei Kunstlicht machen werdet, solltet ihr die Netzfrequenz des Landes, in dem ihr filmt, beachten. In Europa beträgt diese 50 Hz.
Das betrifft aber eher die Belichtungszeit, als unbedingt die Aufnahmefrequenz. Bei 50 Hz «flackern» Lampen meist 100x pro Sekunde. Das bedeutet, wenn ihr mit einer Aufnahmefrequenz von 25 fps arbeitet, solltet ihr mit 1/25 oder 1/50 belichten, um Flackern zu vermeiden. Bei 30 fps solltet ihr mit 1/50 belichten, um Flackern zu vermeiden.
Wenn ihr in einem Land mit 60 Hz Netzfrequenz bei Kunstlicht filmt, «flackern» die Lampen i.d.R. 120x pro Sekunde. Wenn ihr nun mit 25 fps filmt, solltet ihr mit 1/30 Sek oder 1/60 Sekunde belichten.Wenn ihr mit 30 fps filmt, ebenfalls.
Achtung: Einige LED- und Neon-Lampen verhalten sich bezüglich des Flackerns anders und auch unabhängig von der Netzfrequenz – insbesondere, wenn sie gedimmt werden können. Ihr solltet also bei Kunstlichtaufnahmen grundsätzlich Probeaufnahmen machen und als Faustregel gilt:
Ihr seht, es gibt einiges zu beachten. Aus meiner Sicht spricht heute kaum noch etwas gegen den Einsatz der schnelleren 30fps (also 29.97) bei der Produktion von Videos. Ich produziere all meine eigenen Filme und Videos in dieser Wiederholfrequenz.
Aber wie gesagt, die Entscheidung liegt komplett bei euch, solange ihr beachtet, dass alles Material die gleiche Wiederholfrequenz (oder ein Vielfaches davon) aufweist.
Faustregeln für die Wahl der Bildwiederholrate
- Richtet euch bei der Produktion von einzelnen Video oder Zeitraffer-Sequenzen bei der Bildwiederholrate nach den Anforderungen eures Kunden. Er wird euch in der Regel mitteilen, in welcher Bildwiederholrate er eure Clips benötigt.
- Wählt nur dann 24 fps, wenn euer Kunde es verlangt oder wenn ihr euren Zeitraffer in einem Videoprojekt weiterverarbeiten möchtet, das mit 24 fps läuft.
- Wählt 25 fps, wenn ihr das Video auf eine PAL-DVD bringen oder Euer Kunde das verlangt. Zu diesen Aufnahmen könnt ihr auch High-Speed-Material mit 50 fps, z. B. aus Action-Cams, Drohnen oder anderen Videokameras, die diese Frame-Rate beherrschen, dazuschneiden und daraus z. B. schöne Zeitlupen realisieren.
- Wählt 29.97 fps, wenn ihr Wert auf schnelle, weich ablaufende Filme legt und alle eure Kameras, deren Videos ihr verwenden möchtet, das unterstützen. Zu diesen Aufnahmen könnt ihr auch High-Speed-Material mit 59.94 fps dazuschneiden und daraus Zeitlupen realisieren.
Ich hoffe, ich konnte etwas Licht ins Dunkel der Frameraten bringen und wünsche Euch viel Spaß bei euern nächsten Projekten! Wenn ihr noch Fragen habt, lasst es mich in den Kommentaren wissen!
Euer Gunther
Dieser Artikel ist ein Auszug aus meinem neuen Zeitraffer-Buch. Mehr dazu findet ihr hier:
E‑Book Zeitraffer-Fotografie – Auflage 2 (2022) jetzt erhältlich!
Von der Aufnahme bis zum fertigen Film! Auflage 2 meines E‑Books zur Zeitraffer Fotografie ist soeben erschienen. Ich habe in den letzten Wochen viel Zeit damit verbracht, das E‑Book in allen drei Sprachen zu überarbeiten. Insbesondere habe ich natürlich die neuen Versionen von Lightroom Classic (z.B. bezüglich der Masken) und LRTimelapse 6 (vereinfachte Workflows, auch ohne […]
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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