Die „freundliche“ Dame am Schalter schickt uns, als sie unsere Rucksäcke sieht, gleich zum Sperrgepäckschalter.
Aha. Für sie ganz selbstverständlich, wir haben das bisher noch nie erlebt, und fliegen fast immer mit Rucksack. Nun gut. Also zum Sperrgepäckschalter.
Diana ist als erste dran. Rucksack aufs Band, hinten steht ein Beamter vor dem Röntgengerät und guckt sich die Sache(n) an. Irgendwann winkt er Diana zu sich heran und mich beschleicht ein leichtes Gefühl, dass es Komplikationen geben könnte. Ich warte erstmal ab. Hmm, was hat Diana in ihrem Rucksack, das den Beamten so mißtrauisch macht? Also bei mir fallen mit auf Anhieb so einige Sachen ein, aber bei Diana?Nach kurzer Zeit ruft mich Diana und ich gehe auch nach hinten. Ich bin nicht wirklich zu einem Schluß gekommen, was der Stein des Anstoßes bei ihr sein könnte. Es stellt sich heraus, dass es um die Mückenlotion geht, die wir dabei haben. Mario Barth würde wahrscheinlich jetzt sagen: «Mü-cken-lo-tion – M‑ü-c-k-e-n-l-o-t-i-o‑n – Kennste das?». Dabei handelt es sich um drei kleine 50ml Fläschchen mit Careplus Deet Lotion. Für die Haut. Sauteuer das Zeug.
Die Angst vor den Amazonas Mücken im Nacken und den Preis von 10 Euro pro Fläschchen vor Augen, möchte Diana diese natürlich auf keinen Fall hergeben, verständlich.
Jetzt frage ich den Menschen erst einmal, was es denn damit für ein Problem gäbe?
Ob das für die Haut sei oder für den Boden?
Hä? Natürlich für die Haut sagen wir, das steht doch drauf. L‑o-t-i-o‑n. Oder gießen Sie ihre Body-l-o-t-i-o‑n auch auf den Boden? (Letzteres denke ich mir aus taktischen Gründen).
Und das? Er zeigt auf eine kleine Spraydose, die Diana noch von ihren Eltern bekommen hat. Eine schon angebrochene Dose Mückenspray für den Körper und die Kleidung. Das ist auch Mückenspray, sagen wir.
Also, das dürfen Sie alles nicht mitnehmen. Da haben wir unsere Vorschriften. Hallo? Die Spraydose – okay. Aber die Lotion, das kann ich nicht glauben.
Nach einigem hin und her sagt er, er müsse das jetzt erstmal mit seinem Vorgesetzten besprechen.
Sagt es, und ist schon verschwunden. Das gibt uns Gelegenheit, einen Blick auf die Sammlung an Requisiten, die bereits unter seinem Pult liegen, zu werfen. Alle Achtung, da hat er eine ja schon eine hübsche kleine Sammlung an diversen Utensilien, die alle durchaus nicht billig aussehen zusammengesammelt – vom Schweizer Taschenmesser bis zum Hugo Boss Duschgel. Keine weiteren Fragen.
Was mir immer noch nicht einleuchtet, ist, warum wird denn hier das Gepäck überhaupt vor unseren Augen kontrolliert? Was ist denn, wenn wir alles nicht im Rucksack gehabt hätten, sondern in Koffern? Oder die Trulla am Check-In uns nicht zum Sperrgepäck geschickt hätte? Dann wäre das Gepäck ja schon beim Check-In auf dem Rollband gelandet und – wenn überhaupt – außer unserer Reichweite geröntgt worden.
Wer weiß, vielleicht hätten wir dann kurz vor dem Take-off im Flieger folgende Durchsage zu hören bekommen?
„Sehr geehrte Fluggäste, hier spricht der Kapitän. Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Die Fluggäste Reich und Wegner mögen sich bitte schnellstmöglich zu dem Ausgang begeben. Ihr Gepäck wurde nicht eingeladen. Es wurden 3 Fläschchen mit je 50ml Insektenlotion darin gefunden. Bitte bewahren Sie Ruhe und leisten Sie den Anweisungen des BKA, welches Sie am Ausgang in Empfang nimmt, unbedingt Folge. Ich bitte die anderen Fluggäste, die kurze Verzögerung zu entschuldigen.
Als ich mich gerade über diesen Gedanken amüsieren will, schießen mir Bilder von einigen Dingen durch den Kopf, die ich in meinem Rucksack habe. 2 Dosen Pfefferspray, zwar geschickt in der Badtasche getarnt, aber für Mr. X‑Ray ist das mit ziemlicher Sicherheit kein Hindernis. Mückenspray und Lotion habe ich natürlich auch dabei…
Oh scheiße, dann noch mein österreichisches Glock Kampfmesser, welches mir in Venezuela beim Piranhas angeln und Beeindrucken der Militärposten gute Dienste geleistet hat. Jetzt fange ich so langsam an, mir sicher zu werden, dass ich diesmal mein Motto „es gibt immer einen Weg – auch aus der größten Scheiße“ gleich einmal ernsthaft antesten werde.
Der Typ kommt zurück. In Ordnung sagt er. Das Zeug sei ja auch für die Haut. Wenn es nur für die Kleidung oder den Boden gewesen wäre, hätten wir es natürlich abgeben müssen.
Aha.
Ich hab ja eh nichts mehr zu verlieren also frage ich noch nach: „warum?“
Ist doch klar sagt er, ich solle mir das doch mal vorstellen, wenn da 10 oder mehr Gepäckstücke aufeinander liegen, was dann mit einer solchen Dose passieren würde, die würde explodieren und das Flugzeug zum Absturz bringen.
Soso.
Ich denke mir 1.) ich möchte mir nicht vorstellen, dass 10 oder mehr andere Gepäckstücke auf meinem Rucksack landen und 2.) erklärt das nicht den Unterschied zwischen Kleidungsmückenschutz und Hautmückenschutz bezüglich der Gefährlichkeit für die Flugsicherheit. Es zu sagen verkneife ich mir dann doch lieber, denn gerade schießt mir wieder der Gedanke durch denk Kopf, was mir gleich noch bevor stehen wird.
Ich will schon zu meinem Rucksack, um diesen zu holen, da fragt er, was wir überhaupt mit dem ganzen Mückenzeug wollten, wo denn die Reise überhaupt hinginge?
Diana sagt „Brasilien, in den Amazonas“.
„Ja, können Sie denn überhaupt Spanisch? – ¿hablan ustedes español?“
bevor ich noch denken kann, kommt es schon aus meinem Mund
„não, mais nós falamos português, e é isto que vamos precisar no Brasil“. Übersetzt: „Nein, aber wir sprechen portugiesisch, das werden wir in Brasilien brauchen“.
Jetzt ist er baff. Offenbar kann er nicht nur spanisch sondern auch portugiesisch und schnell finden wir uns in einer Konversation auf portugiesisch wieder, in der er fragt, woher ich denn so gut spräche und ich ihm erkläre, dass ich in Brasilien geboren sein und 11 Jahre dort gelebt habe. Woher ich denn genau käme, und so weiter. Irgendwann deutet er auf die Röntgenmaschine und ich lege meinen Rucksack darauf. Er fährt durch und ich schaue mit ihm auf den Monitor.
Plötzlich erscheint – auch für mich als Leien sowas von deutlich zu erkennen, das Glock. Auf dem Monitor sieht die Klinge riesig aus. Eine schwarze Sillouette mit den Zacken auf dem Rücken, dem Heft und der furchterregenden Spitze.
„Hast Du ein Messer da drin“ fragt er? „Ja klar, das ist mein Tauchmesser. Wir wollen mal sehen was sich da an der Küste so machen lässt“ sage ich betont beiläufig. „Ach so“ sagt er, „solange es kein Springmesser ist…“ Also dann, ich wünsche Euch einen schönen Urlaub, viel Spaß und grüßt den Amazonas von mir!
Wir sind immer noch in Hamburg, das muss ich mir gerade mal wieder klar machen. Was freue ich mich auf Südamerika!
Weiterlesen: Paris-Rio-Salvador
→Zurück zum Inhaltsverzeichnis des Reiseberichts
Hat Dir der Artikel gefallen?
Dann melde Dich doch bitte zu meinem kostenlosen Newsletter an. Dann bekommst Du eine Nachricht bei neuen Artikeln und Du wirst auch exklusiv als erstes über neue Workshops und Reisen informiert! Außerdem gibt es dort auch immer wieder Hintergrund-Infos, die so nicht im Blog stehen.
Natürlich freue ich mich auch sehr, wenn Du mir bei YouTube, Instagram und Facebook folgst.
Alle Inhalte © Gunther Wegner
*) Mit einem Stern gekennzeichnete Links sind externe Partner-Links. Ihr unterstützt mich, wenn ihr darüber bestellt. Alternativ könnt ihr auch über folgende Direktlinks in die Shops wechseln:
Amazon.de, Amazon.at, Amazon.com, Foto Koch, Augenblicke-Eingefangen, camforpro.com.
Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!
Hallo Gunther,
das ist ja wirklich sehr abenteuerlich, die Mückenlotion stand kurz vor dem Abschuss, aber so ein Messer geht einfach mal so durch :D … damit hättet ihr doch die ganze Belegschaft umnieten können. Aber ihr habt da das Handgepäck aufgegeben oder? Im Reisegepäck sollte das doch eigentlich alles kein Problem sein …
Viele Grüße aus Frankreich
Jonas Oelke
Hi Jonas,
nee, alles war im Reisegepäck.
Wenn es im Handgepäck gewesen wäre, hätten wir es noch verstanden…;)
Liebe Grüße nach Frankreich
Diana
Hi Diane,
okay sowas hab ich noch nie erlebt, ich mein ich fliege zwar recht selten, aber trotzdem … naja ihr seit ja nochmal gut bei weg gekommen.
Viele Grüße
Jonas
Hi Jonas,
das haben wir zum Glück seitdem auch nicht mehr erlebt – vielleicht hatte der Kontrolleur einfach einen schlechten Tag…;)
Viele Grüße
Diana