Gleich nach Sonnenaufgang – der Wecker geht bei uns hier immer um 6 – (doch, doch, das ist Urlaub – und wir machen das freiwillig ;-)) fahren wir auf erste Pirschfahrt.
Und wieder ist es einfach faszinierend, wenn plötzlich hinter einer Kurve eine Giraffe auf dem Weg steht, ein Zebra direkt neben dem Auto steht oder wir unvermittelt in einer Herde Impalas landen. Die Tiere sind hier nicht scheu sondern machen sich nicht viel aus unserem Auto – sie erkennen es nicht als „Hülle mit Menschen drin“. Wehe aber, wir steigen aus. Das Verhalten der Tiere ändert sich schlagartig, wenn plötzlich ein Mensch neben dem Auto steht. „Huch, da sind ja Menschen“ denken sie dann und nehmen panisch reißaus. Natürlich sind wir beim Aussteigen immer sehr auf der Hut, wir möchten ja schließlich nicht als Leoparden oder Löwen-Futter enden…
Mittlerweile wünsche ich mir doch, ich hätte den Bohnensack nicht nur halb befüllt. Etwas mehr „Masse“ würde das Fotografieren damit bequemer machen. Kurzerhand entschließe ich mich, den Rest des Sacks mit Sand aufzufüllen. Das sollte doch eigentlich auch funktionieren, auf die Idee hätte ich doch auch gleich kommen können – dann hätte ich mir den ganzen Stress mit dem Maisschrot ja sparen können. Eine fatale Fehleinschätzung, wie sich gleich herausstellen sollte.
Kurz nach dem Losfahren muss ich schon wieder anhalten. Ein Pillendreher kreuzt die Piste. Geduldig warten wir ab, bis er seine schwere Last über den Weg gerollt hat und können dann weiter fahren.
Auch hier im Khama Rhino Sanctuary haben wir Glück: wir sehen eine Menge Tiere! Giraffen, Antilopen, Gnus, Zebras – und die hier besonders geschützten, und in Botswana ansonsten eigentlich bereits ausgerotteten Rhinos.
Im Laufe des Vormittags fahren wir fast den ganzen Park ab und merken uns per Markierung auf unserem GPS die besten Stellen für eine weitere, abendliche Tour.
Auf dem Weg zur mittäglichen Siesta im Camp passiert es dann: bei einem besonders tiefen Schlagloch fällt mein Bohnensack vom Fenster. Sofort halte ich den Wagen an und laufe zurück. Gut, dass gerade kein hungriger Löwe in der Nähe ist. Jedenfalls sehe ich sofort das Ausmaß des Schadens. Der Sack ist regelrecht zerfetzt und die Maisschrot/Sand Kombination liegt auf dem Weg. Na super. Dem hohen Gewicht des Sands konnte der Stoff offenbar leider nicht standhalten.
Jetzt ist es auch egal. Ich schüttele den Rest des Maisschrots auch noch heraus und kehre mit dem leeren Fetzen zurück zum Auto. Und was lernen wir daraus? Wenn man einen Bohnensack mit Sand befüllen sollte, hieße er Sandsack.
Bei unserer Siesta am Camp verbringe ich 2 Stunden damit, die unzähligen Risse zu nähen, die das gute Stück abbekommen hat. Es ist wirklich eine mühsame Arbeit, da ich die Fetzen puzzleartig zusammennähen muss. Nutzen tut mir das Ganze allerdings auch nichts, da ich ja nun kein Füllmaterial mehr haben. Ich versuche es daher mit der Luftpolsterfolie, in der ich meine Stative und Slider verpackt hatte. Ich stopfe sie, so gut es geht in den Sack und merke schon so, dass das nicht funktionieren wird. Mal abgesehen, davon, dass die ganze Angelegenheit wie verrückt knistert, gibt diese Konstruktion auch nicht den erwünschten Halt, sondern wackelt und wabert hin und her. Dann fotografiere ich also erst mal weiter aus der Hand und überlege mir dann, ob ich mir in einem der nächsten Läden noch Füllmaterial besorge.
Um es vorweg zu nehmen: ich habe während der restlichen Reise vom Auto aus immer aus der Hand fotografiert. Man ist damit schneller und flexibler – und nach einigen Tagen hat man genügend Muskeln aufgebaut, so dass auch das schwere 300mm handhabbar wird… ;-)
Gegen 4 Uhr Nachmittags fahren wir noch einmal los, um die schöne Abendsonne einzufangen. Am besten sieht man die Tieren in den beiden Pfannen im Zentrum des Parks. Dort fahren wir dann mit einigen Umwegen noch einmal hin und bleiben bis zum Sonnenuntergang. Bei der zweiten Pfanne haben wir Glück und sehen zwei Rhinos in relativer Nähe und können sie eine ganze zeitlang beobachten.
Die Faszination dieser Tiere, die anmuten, als ob sie direkt der Dinosaurier-Ära entstammen ist unbeschreiblich. Die zweitgrößten Landsäugetiere, neben den Elefanten, können sie über 3 Tonnen auf die Wage bringen und ihr Horn kann 1–1,5 Meter lang werden.
Hier treffen wir auf einige Ranger, die die Aufgabe haben, hier im Park zu patroullieren. Wir kommen ins Gespräch und sie erzählen uns über die Bedrohung der Rhinos. Selbst hier im komplett elektrisch abgezäunten Nationalpark sind sie gefährdet.
Links und rechts des Zauns wurde eine Schneise geschlagen und jeden Kilometer steht ein Wachtturm. Trotzdem haben Wilderer keine Skrupel, durch die Zäune zu brechen und die Tiere zu töten. Und das alles wegen ihres Horns, das aus nicht viel mehr als „Horn“ besteht, dem gleichen Material, aus dem unsere Fuß- und Fingernägel sind. Im Asiatischen Bereich gilt dieses Horn allerdings leider immer noch als Potenzmittel. Warum essen die nicht ihre Fußnägel??? Die Preise sind aufgrund der stetig steigenden Nachfrage derart exorbitant hoch, dass man sich vorstellen kann, die Tiere liefen mit einem Horn aus purem Gold herum. So hoch ist die Anziehung auf Wilderer und ihre zahlungskräftigen Auftraggeber.
Wir erfahren, dass es in ganz Botswana keine freilebenden Rhinos mehr außerhalb von eingezäunten Reservaten gibt. Und selbst innerhalb der Zäune nur noch wenige. Ist das nicht traurig?
Die Ranger sind mit automatischen Waffen bewaffnet und haben die Anweisung keine Gefangenen zu machen. „We shoot to kill“ sagen sie mit ernster Miene. Anders ist ein minimales Maß an Abschreckung wohl auch nicht zu erreichen. Und trotzdem sagen sie, dass es ein Kampf gegen Windmühlen sei. Das Khama Rhino Sanctuary steht unter direkter Schirmherrschaft von Ian Khama, dem Präsidenten Botswanas, der sich auch ansonsten recht stark für den Umweltschutuz einsetzt.
Die Ranger vermuten, dass nur das der Grund sei, warum sich die Vorfälle in Grenzen hielten. Hier im Reservat haben sich die Rhinos in den letzten Jahren sogar vermehrt. Mittlerweile gibt es 20–30 Exemplare der Weißen Rhinos und eine Handvoll der besonders gefährdeten schwarzen Rhinos. Somit it das Khama Rhino Sanctuary eine wichtige Arche für das Überleben dieser Spezies.
Nach dem spektakulären Sunset fahren wir zu unserem Camp zurück. Wir sind weit und breit die einzigen Gäste – die Nachbar-Camps stehen alle leer.
Diese Nacht werde ich plötzlich von einem unheimlichen Geräusch direkt neben unserem Auto wach. Ein tiefes Grummeln gefolgt von raschelnden Zweigen und brechenden Ästen. Alarmiert setze ich mich hin und versuche mich in der Dunkelheit zu orientieren. Dann tippe ich Diana leicht an: „es sind Tiere im Lager“ – nun ist auch sie wach.
Vorsichtig öffne ich einen der Reißverschlüsse des Zeltes, zu der Richtung hin, aus der die Geräusche immer noch kommen. Wir stecken beide unsere Köpfe durch die Öffnung und dann sehen wir sie. Eine große Herde riesiger Kudu-Antilopen steht in unserem Lager und bedient sich an den umstehenden Büschen. Vom Auto aus hatten wir zwar auch schon Kudus gesehen, aber hier, in der mondbeschienenen Nacht, so dicht an unserem Zelt, erscheinen sie um ein vielfaches Größer. Eine Gefahr geht von ihnen natürlich nicht aus, vielmehr faszinieren uns diese hübschen und majestätischen Tiere und wir beobachten ihr Treiben interessiert. Leider habe ich keine Kamera oben im Zelt, daher musst ihr dieses Erlebnis in Eurer Phantasie miterleben. Als auch der letzte Kudu in den Büschen verschwunden ist, legen wir uns wieder hin und schlafen dann auch bis zum nächsten Morgen durch.
Ein wunderbares Buch, das ich jedem Naturliebhaber nur ans Herz legen kann, ist in diesem Zusammenhang The Last Rhinos von Lawrence Anthony. Die (wahre) Geschichte eines Mannes der vielleicht mehr für das Überleben der Rhinos getan hat als jeder andere.
Weiterlesen:
Afrika Hautnah – Folge 5 – Allein in den Makgadikgadi Pans
Alle haben uns von einer Fahrt nach Kubu-Island, einer kleiner Insel inmitten der Weite der Makgadikgadi Salzpfannen, abgeraten. Zu feucht seien die Salzpfannen im April noch, das Befahren viel zu gefährlich. Daher hatten wir nun als nächste Station die Khumaga Campsite am Westlichen Rand des Makgadikgadi Nationalparks vorgesehen – leider etwas abseits von meinem „Taumziel“. […]
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