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Afrika Hautnah – Folge 4 – Das Khama Rhino Sanctuary und seine Bewohner

Gleich nach Son­nen­auf­gang – der Wecker geht bei uns hier immer um 6 – (doch, doch, das ist Urlaub – und wir machen das frei­wil­lig ;-)) fah­ren wir auf ers­te Pirschfahrt.

Und wie­der ist es ein­fach fas­zi­nie­rend, wenn plötz­lich hin­ter einer Kur­ve eine Giraf­fe auf dem Weg steht, ein Zebra direkt neben dem Auto steht oder wir unver­mit­telt in einer Her­de Impa­las lan­den. Die Tie­re sind hier nicht scheu son­dern machen sich nicht viel aus unse­rem Auto – sie erken­nen es nicht als „Hül­le mit Men­schen drin“. Wehe aber, wir stei­gen aus. Das Ver­hal­ten der Tie­re ändert sich schlag­ar­tig, wenn plötz­lich ein Mensch neben dem Auto steht. „Huch, da sind ja Men­schen“ den­ken sie dann und neh­men panisch reiß­aus. Natür­lich sind wir beim Aus­stei­gen immer sehr auf der Hut, wir möch­ten ja schließ­lich nicht als Leo­par­den oder Löwen-Fut­ter enden…

Mitt­ler­wei­le wün­sche ich mir doch, ich hät­te den Boh­nen­sack nicht nur halb befüllt. Etwas mehr „Mas­se“ wür­de das Foto­gra­fie­ren damit beque­mer machen. Kur­zer­hand ent­schlie­ße ich mich, den Rest des Sacks mit Sand auf­zu­fül­len. Das soll­te doch eigent­lich auch funk­tio­nie­ren, auf die Idee hät­te ich doch auch gleich kom­men kön­nen – dann hät­te ich mir den gan­zen Stress mit dem Mais­schrot ja spa­ren kön­nen. Eine fata­le Fehl­ein­schät­zung, wie sich gleich her­aus­stel­len sollte.

Kurz nach dem Los­fah­ren muss ich schon wie­der anhal­ten. Ein Pil­len­dre­her kreuzt die Pis­te. Gedul­dig war­ten wir ab, bis er sei­ne schwe­re Last über den Weg gerollt hat und kön­nen dann wei­ter fahren.

Auch hier im Kha­ma Rhi­no Sanc­tua­ry haben wir Glück: wir sehen eine Men­ge Tie­re! Giraf­fen, Anti­lo­pen, Gnus, Zebras – und die hier beson­ders geschütz­ten, und in Bots­wa­na ansons­ten eigent­lich bereits aus­ge­rot­te­ten Rhinos.

Im Lau­fe des Vor­mit­tags fah­ren wir fast den gan­zen Park ab und mer­ken uns per Mar­kie­rung auf unse­rem GPS die bes­ten Stel­len für eine wei­te­re, abend­li­che Tour.

Auf dem Weg zur mit­täg­li­chen Sies­ta im Camp pas­siert es dann: bei einem beson­ders tie­fen Schlag­loch fällt mein Boh­nen­sack vom Fens­ter. Sofort hal­te ich den Wagen an und lau­fe zurück. Gut, dass gera­de kein hung­ri­ger Löwe in der Nähe ist. Jeden­falls sehe ich sofort das Aus­maß des Scha­dens. Der Sack ist regel­recht zer­fetzt und die Maisschrot/Sand Kom­bi­na­ti­on liegt auf dem Weg. Na super. Dem hohen Gewicht des Sands konn­te der Stoff offen­bar lei­der nicht standhalten.

Jetzt ist es auch egal. Ich schüt­te­le den Rest des Mais­schrots auch noch her­aus und keh­re mit dem lee­ren Fet­zen zurück zum Auto. Und was ler­nen wir dar­aus? Wenn man einen Boh­nen­sack mit Sand befül­len soll­te, hie­ße er Sandsack.

Bei unse­rer Sies­ta am Camp ver­brin­ge ich 2 Stun­den damit, die unzäh­li­gen Ris­se zu nähen, die das gute Stück abbe­kom­men hat. Es ist wirk­lich eine müh­sa­me Arbeit, da ich die Fet­zen puz­zle­ar­tig zusam­men­nä­hen muss. Nut­zen tut mir das Gan­ze aller­dings auch nichts, da ich ja nun kein Füll­ma­te­ri­al mehr haben. Ich ver­su­che es daher mit der Luft­pols­ter­fo­lie, in der ich mei­ne Sta­ti­ve und Slider ver­packt hat­te. Ich stop­fe sie, so gut es geht in den Sack und mer­ke schon so, dass das nicht funk­tio­nie­ren wird. Mal abge­se­hen, davon, dass die gan­ze Ange­le­gen­heit wie ver­rückt knis­tert, gibt die­se Kon­struk­ti­on auch nicht den erwünsch­ten Halt, son­dern wackelt und wabert hin und her. Dann foto­gra­fie­re ich also erst mal wei­ter aus der Hand und über­le­ge mir dann, ob ich mir in einem der nächs­ten Läden noch Füll­ma­te­ri­al besorge.

Um es vor­weg zu neh­men: ich habe wäh­rend der rest­li­chen Rei­se vom Auto aus immer aus der Hand foto­gra­fiert. Man ist damit schnel­ler und fle­xi­bler – und nach eini­gen Tagen hat man genü­gend Mus­keln auf­ge­baut, so dass auch das schwe­re 300mm hand­hab­bar wird… ;-)

Gegen 4 Uhr Nach­mit­tags fah­ren wir noch ein­mal los, um die schö­ne Abend­son­ne ein­zu­fan­gen. Am bes­ten sieht man die Tie­ren in den bei­den Pfan­nen im Zen­trum des Parks. Dort fah­ren wir dann mit eini­gen Umwe­gen noch ein­mal hin und blei­ben bis zum Son­nen­un­ter­gang. Bei der zwei­ten Pfan­ne haben wir Glück und sehen zwei Rhi­nos in rela­ti­ver Nähe und kön­nen sie eine gan­ze zeit­lang beobachten.

Die Fas­zi­na­ti­on die­ser Tie­re, die anmu­ten, als ob sie direkt der Dino­sau­ri­er-Ära ent­stam­men ist unbe­schreib­lich. Die zweit­größ­ten Land­säu­ge­tie­re, neben den Ele­fan­ten, kön­nen sie über 3 Ton­nen auf die Wage brin­gen und ihr Horn kann 1–1,5 Meter lang werden.

Hier tref­fen wir auf eini­ge Ran­ger, die die Auf­ga­be haben, hier im Park zu patroul­lie­ren. Wir kom­men ins Gespräch und sie erzäh­len uns über die Bedro­hung der Rhi­nos. Selbst hier im kom­plett elek­trisch abge­zäun­ten Natio­nal­park sind sie gefährdet. 

Ein Horn aus purem Gold

Links und rechts des Zauns wur­de eine Schnei­se geschla­gen und jeden Kilo­me­ter steht ein Wacht­turm. Trotz­dem haben Wil­de­rer kei­ne Skru­pel, durch die Zäu­ne zu bre­chen und die Tie­re zu töten. Und das alles wegen ihres Horns, das aus nicht viel mehr als „Horn“ besteht, dem glei­chen Mate­ri­al, aus dem unse­re Fuß- und Fin­ger­nä­gel sind. Im Asia­ti­schen Bereich gilt die­ses Horn aller­dings lei­der immer noch als Potenz­mit­tel. War­um essen die nicht ihre Fuß­nä­gel??? Die Prei­se sind auf­grund der ste­tig stei­gen­den Nach­fra­ge der­art exor­bi­tant hoch, dass man sich vor­stel­len kann, die Tie­re lie­fen mit einem Horn aus purem Gold her­um. So hoch ist die Anzie­hung auf Wil­de­rer und ihre zah­lungs­kräf­ti­gen Auftraggeber.

Wir erfah­ren, dass es in ganz Bots­wa­na kei­ne frei­le­ben­den Rhi­nos mehr außer­halb von ein­ge­zäun­ten Reser­va­ten gibt. Und selbst inner­halb der Zäu­ne nur noch weni­ge. Ist das nicht traurig? 

We shoot to kill

Die Ran­ger sind mit auto­ma­ti­schen Waf­fen bewaff­net und haben die Anwei­sung kei­ne Gefan­ge­nen zu machen. „We shoot to kill“ sagen sie mit erns­ter Mie­ne. Anders ist ein mini­ma­les Maß an Abschre­ckung wohl auch nicht zu errei­chen. Und trotz­dem sagen sie, dass es ein Kampf gegen Wind­müh­len sei. Das Kha­ma Rhi­no Sanc­tua­ry steht unter direk­ter Schirm­herr­schaft von Ian Kha­ma, dem Prä­si­den­ten Bots­wa­nas, der sich auch ansons­ten recht stark für den Umwelt­schu­tuz einsetzt. 

Eine wich­ti­ge Arche für das Über­le­ben der Spezies

Die Ran­ger ver­mu­ten, dass nur das der Grund sei, war­um sich die Vor­fäl­le in Gren­zen hiel­ten. Hier im Reser­vat haben sich die Rhi­nos in den letz­ten Jah­ren sogar ver­mehrt. Mitt­ler­wei­le gibt es 20–30 Exem­pla­re der Wei­ßen Rhi­nos und eine Hand­voll der beson­ders gefähr­de­ten schwar­zen Rhi­nos. Somit it das Kha­ma Rhi­no Sanc­tua­ry eine wich­ti­ge Arche für das Über­le­ben die­ser Spezies.

Nach dem spek­ta­ku­lä­ren Sun­set fah­ren wir zu unse­rem Camp zurück. Wir sind weit und breit die ein­zi­gen Gäs­te – die Nach­bar-Camps ste­hen alle leer.

Die­se Nacht wer­de ich plötz­lich von einem unheim­li­chen Geräusch direkt neben unse­rem Auto wach. Ein tie­fes Grum­meln gefolgt von rascheln­den Zwei­gen und bre­chen­den Ästen. Alar­miert set­ze ich mich hin und ver­su­che mich in der Dun­kel­heit zu ori­en­tie­ren. Dann tip­pe ich Dia­na leicht an: „es sind Tie­re im Lager“ – nun ist auch sie wach. 

Vor­sich­tig öff­ne ich einen der Reiß­ver­schlüs­se des Zel­tes, zu der Rich­tung hin, aus der die Geräu­sche immer noch kom­men. Wir ste­cken bei­de unse­re Köp­fe durch die Öff­nung und dann sehen wir sie. Eine gro­ße Her­de rie­si­ger Kudu-Anti­lo­pen steht in unse­rem Lager und bedient sich an den umste­hen­den Büschen. Vom Auto aus hat­ten wir zwar auch schon Kudus gese­hen, aber hier, in der mond­be­schie­ne­nen Nacht, so dicht an unse­rem Zelt, erschei­nen sie um ein viel­fa­ches Grö­ßer. Eine Gefahr geht von ihnen natür­lich nicht aus, viel­mehr fas­zi­nie­ren uns die­se hüb­schen und majes­tä­ti­schen Tie­re und wir beob­ach­ten ihr Trei­ben inter­es­siert. Lei­der habe ich kei­ne Kame­ra oben im Zelt, daher musst ihr die­ses Erleb­nis in Eurer Phan­ta­sie mit­er­le­ben. Als auch der letz­te Kudu in den Büschen ver­schwun­den ist, legen wir uns wie­der hin und schla­fen dann auch bis zum nächs­ten Mor­gen durch.

Ein wun­der­ba­res Buch, das ich jedem Natur­lieb­ha­ber nur ans Herz legen kann, ist in die­sem Zusam­men­hang The Last Rhi­nos von Law­rence Antho­ny. Die (wah­re) Geschich­te eines Man­nes der viel­leicht mehr für das Über­le­ben der Rhi­nos getan hat als jeder andere.

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