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Afrika Hautnah – Folge 3 – Grenzübertritt mit Hindernissen

485 Kilo­me­ter und den Grenz­über­tritt nach Bots­wa­na zeigt das GPS für heu­te an – und die zie­hen sich hier ganz schön hin. Land­schaft­lich ist gera­de der ers­te Teil, noch in Süd­afri­ka, sehr schön. Immer wie­der kreu­zen Rin­der, Esel, Hüh­ner und gele­gent­lich Pavia­ne die Fahr­bahn. Die meis­ten Stra­ßen sind hier schnur­ge­ra­de bis zum Hori­zont, so dass wir die «Hin­der­nis­se» schon vom wei­ten sehen und recht­zei­tig abbrem­sen können. 

Die Tie­re sind offen­bar an den Ver­kehr gewöhnt, denn sie las­sen sich nicht aus der Ruhe brin­gen. Manch­mal blei­ben sie auch mit­ten auf der Stra­ße ste­hen. Ein­mal sehen wir sogar eine Ese­lin, die see­len­ru­hig ihr Foh­len mit­ten auf der Stra­ße säugt. 

Durch eine Land­schaft mit hüb­schen Hügeln führt uns die Stra­ße. Zum Glück kön­nen wir meis­tens 120 km/h fah­ren, so dass wir recht flott vor­an kom­men. Irgend­wann, nach über 300 Kilo­me­tern, errei­chen wir dann „Mar­tins Drift“, den von uns ange­peil­ten Grenz­über­gang nach Bots­wa­na. Und hier soll­te sich die von uns so gut her­aus­ge­fah­re­ne Zeit («Viel­leicht kön­nen wir heu­te abend ja schon ein biss­chen im Kha­ma Rhi­no Sanc­tua­ry Park her­um­fah­ren») nun sprich­wört­lich in der hei­ßen Mit­tags­luft auflösen. 

Zunächst bekom­men wir, noch im Auto sit­zend, von einr Zöll­ne­rin einen Zet­tel in die Hand gedrückt. „Haben Sie einen Lap­top?“ fragt mich die Dame, die offen­bar dafür da ist, die Neu­an­kömm­lin­ge erst­mal in Emp­fang zu neh­men. Komi­sche Fra­ge – bevor ich Zeit habe, dar­über nach­zu­den­ken, was nun genau die Impli­ka­tio­nen der von mir nun zu geben­den Ant­wort sein wür­den, höre ich mich schon „Ja“ sagen. 

Nun zieht sie einen wei­te­ren, grö­ße­ren, Zet­tel her­vor: „Tra­gen Sie ihn da ein, damit Sie ihn wie­der aus­füh­ren kön­nen. Par­ken Sie da drü­ben.“ – sie deu­tet auf den ries­gen Park­platz, auf dem schon Unmen­gen an Autos stehen. 

Hmmm… Soll ich da jetzt nur den Lap­top ein­tra­gen? Und was ist mir den ande­ren Sachen? Kame­ras? Objeki­ve? Etc. Etc.? Ich habe natür­lich wenig Lust, das jetzt hier alles zu dekla­rie­ren. Noch weni­ger Lust habe ich aber, bei der Aus­rei­se Stress zu bekom­men, oder gar noch Steu­ern für die Sachen zah­len zu müs­sen. Vor­aus­schau­en­der­wei­se habe ich zuhau­se Kopien aller Rech­nun­gen mei­nes Equip­ments gemacht und in aus­ge­druck­ter Form dabei. Für den Fall der Fäl­le. Daher bin ich ins­ge­samt ver­hält­nis­mä­ßig entspannt. 

Ich beschlie­ße, mich spä­ter zu ent­schei­den, wie ich damit umge­he. Jetzt muss ich erst mal sehen, wie an die Stem­pel in unse­rem Pass kom­me. Ich stei­ge aus und will gera­de einen Beam­ten fra­gen, wie es denn wei­ter­gin­ge – da sehe ich schon die rie­si­ge Men­schen-Schlan­ge vor dem Grenzgebäude. 

„Muss ich mich da anstel­len?“ fra­ge ich trotz­dem, eine Mini-Hoff­nung nicht auf­ge­bend, das dem nicht so sei.

„Yes sir“

Na gut. Was bleibt mir ande­res übrig. Ich stel­le mich also als ein­zi­ger Wei­ßer unge­fähr an Stel­le 75 ans hin­te­re Ende die­ser Schlan­ge. Und es dau­ert, und dau­ert. Die Afri­ka­ni­sche Son­ne brennt erbar­mungs­los und die arme Dia­na war­tet im Auto und passt dar­auf auf. Die Leu­te in der Schlan­ge sind alle rela­tiv ent­spannt. Ich kann mir das nur so erklä­ren, dass die das hier nicht zum ers­ten Mal erle­ben und sich wahr­schein­lich mit sol­chen Pro­zes­sen ein­fach schon abge­fun­den haben. Über­haupt – Zeit scheint im länd­li­chen Afri­ka ohne­hin eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le zu spie­len. Eine sol­che Situa­ti­on hät­te in Euro­pa schon zu mit­tel­gro­ßen Auf­stän­den geführt.

Über zwei Stun­den ste­he ich in der Schlan­ge. Ganz vor­ne dau­ert es dann noch ein­mal beson­ders lan­ge. Vor mir sind 4 Ein­hei­mi­sche, die die zwei Schal­ter bestimmt 20 Minu­ten bele­gen. Und nun ergibt sich dann doch eine Dis­kus­si­on (hier eher ein ent­spann­tes Gespräch) zwi­schen dem, der hin­ter mir in der Schlan­ge steht und den Zoll­be­am­ten, der vor mir steht, und ver­hin­dert, dass die Schlan­ge (also ich) das Gebäu­de betritt. Es geht dar­um, dass alle gleich abge­fer­tigt wer­den. Der Ein­hei­mi­sche ver­langt, dass man Aus­län­der und Ein­hei­mi­sche an unter­schied­li­chen Schal­tern abfer­ti­ge, so wie das offen­bar auf den Bots­wa­ne­si­schen Sei­te gemacht wer­de. Bei den Aus­län­dern daue­re das doch immer so lan­ge, da wäre es doch bes­ser, wenn die Ein­hei­mi­schen ihren eige­nen Schal­ter bekä­men. Der Zöll­ner sagt lapi­dar, er habe das nicht zu bestim­men – wenn das hier sein Grenz­über­gang wäre, dann – ja, dann – wür­de hier alles ein biss­chen anders lau­fen – aber so… Aber immer­hin sei ja auch Fei­er­abend, und ges­tern abend wäre noch viel weni­ger los gewe­sen und heu­te mor­gen um 6 erst. War­um er denn da nicht gekom­men sei…

Sie dis­ku­tie­ren noch eine Wei­le und dann kann ich end­lich pas­sie­ren. Inner­halb von 10 Sekun­den habe ich zwei Stem­pel in unse­ren Päs­sen und bin wie­der auf dem Weg zu unse­rem Auto. Wer braucht hier jetzt lan­ge – ha??

Jeden­falls ist Dia­na heil­froh, dass ich end­lich da bin und wir fah­ren an den gan­zen ande­ren war­ten­den Autos vor­bei zur Bots­wa­ne­si­schen Gren­ze. Dort ist viel weni­ger los (wo sind die jetzt auf ein­mal alle?). 

Wir fah­ren also direkt vor zum Schlag­baum, aber ohne Bots­wa­na-Stem­pel lässt man uns natür­lich nicht einreisen. 

Erst muss ich also noch­mal mit unse­ren Päs­sen in das Gebäu­de. Stem­pel holen. Hier gibt es jetzt – wie ange­kün­digt – meh­re­re Schal­ter. Ein­rei­se, Zoll, Ein­hei­mi­sche etc. Ja, ich gebe zu – hier geht es erst­mal recht fix und ich bin sofort dran.

„Rei­sen Sie mit zwei Päs­sen?“ fragt mich die Schal­ter­be­am­tin. Sie sieht ein biss­chen aus wie Who­o­pie Goldberg.

„Nein, der eine ist von mei­ner Frau“ spre­che ich das Offen­sicht­li­che aus.

„Und – wo ist die?“ will Who­o­pie wissen. 

„Die passt auf das Auto auf.“

„Sie muss per­sön­lich herkommen.“

Argh. Also stie­fe­le ich zurück zum Auto und sage Dia­na Bescheid.

„Kön­nen wir das Auto denn unbe­auf­sich­tigt hier ste­hen lassen?“

Hmm, was sol­len wir denn machen – es bleibt uns ja nicht viel ande­res übrig. Zum Glück ist hier wie gesagt nicht viel los, so dass wir also schnell gemein­sam reingehen.

Als wir dann wie­der dran sind gibt uns Who­o­pie dann auch die ersehn­ten Stem­pel und wir gehen zurück zum Auto. Alles in Ordnung. 

Wie­der vor­ne an der Aus­fahrt ange­kom­men die Fra­ge des Beam­ten, wo denn unse­re Auto-Berech­ti­gung sei? 

„Auto-Berech­ti­gung?“ – ich kra­me in dem Wust an Unter­la­gen, der sich mitt­ler­wei­le schon ange­sam­melt hat und fische eine Voll­macht des Ver­mie­ters heraus. 

„Nein, ihr müsst doch eine Berech­ti­gung gekauft haben“ sagt der Zöll­ner. Jetzt däm­mert mir, was er meint. Hier haben wir natür­lich (noch) nichts der­ar­ti­ges gekauft. Hät­te uns Who­o­pie nicht eigent­lich dar­auf hin­wei­sen müssen?

„Wo bekom­men wir die denn?“

„Drin­nen“ lau­tet die lapi­da­re Antwort.

Also wie­der rein. Demons­tra­tiv stel­le ich mich wie­der bei Woo­pie an und fra­ge sie nach der Auto-Berechtigung. 

„Ach, ihr seid mit dem Auto da?“

„Ja – immer noch mit dem, in dem mei­ne Frau eben gewar­tet hat.“ 

Miss­mu­tig reißt sie mir einen Zet­tel von einem Block ab und bedeu­tet mir, damit zur Kas­se zu gehen.

An der Kas­se dau­ert es wie­der eine klei­ne Ewig­keit. Vor mir sind noch zwei Ande­re, die offen­bar den glei­chen Zet­tel in der Hand haben und die­sen bezah­len müs­sen. Der jewei­li­ge Zahl­vor­gang scheint extrem kom­pli­ziert zu sein, denn jeder Ein­zel­ne benö­tigt unge­fähr zehn Minuten.

In die­sem Moment fällt mir ein, dass ich natür­lich noch gar kei­ne Pula (die Bots­wa­ne­si­che Wäh­rung) habe – na das kann ja hei­ter werden. 

Als ich nach 20 Minu­ten dann end­lich dran bin, gebe ich dem Typen den Zet­tel, er tippt irgend­was in sei­nen Com­pu­ter, ich fra­ge, ob ich mit Rand zah­len kann, er schaut mich ent­geis­tert an. Tippt irgend­was in sei­nen Taschen­rech­ner und sagt 160 Rand. Hmmm… für 100 Pula? Das erscheint mir doch jetzt ein – ahem – arg schlech­ter Wech­sel­kurs zu sein (nor­mal ist der ca. 1:1). Er nimmt das aber ganz gelas­sen. Ich kön­ne ja gegen­über in der Wech­sel­stu­be wech­seln, da sei der Kurs bes­ser. Ein Blick auf die «Wech­sel­stu­be», die eher ein Bret­ter­ver­schlag ist und einer auf mei­ne Uhr las­sen mich schnell von der Idee Abstand neh­men. Ich will hier end­lich weg. 

Also pro­bie­re ich es anders, und lege 200 Rand auf den Tisch, wohl wis­send, dass er eben schon kein Wech­sel­geld hatte. 

Sei­ne Ent­geis­te­rung steigt nur noch. Ob ich es nicht pas­send hätte? 

Ich kra­me also umständ­lich in mei­nem Porte­mon­naie Und ich fische nun 140 Rand raus. Lege sie ihm hin und sage, das wäre das was ich gera­de da hät­te. Den Spaß muss ich mir wenigs­tens geben. Für die Fin­te ist er aber natür­lich zu schlau und so sagt er nur, nein, es wären 160, täte ihm leid. 

Knur­rend kra­me ich noch­mal und bin dann ganz über­rascht, dass ich noch 20 Rand fin­de, die ich offen­bar vor­her über­se­hen haben muss. 

Nun aber schnell her den Schein. Wei­te­re 5 Minu­ten spä­ter ist der dann auch mit den erfor­der­li­chen 7–13 Stem­peln ver­se­hen und ich eile raus zu Dia­na. Ich fin­de sie in einer leb­haf­ten Dis­kus­si­on mit de Gren­zer. Oh nein, was ist denn nun schon wie­der. Ent­setzt sehe ich, dass die ande­ren Autos, die in der Schla­ge vor dem Schlag­baum ste­hen, kom­plett aus­ge­la­den wer­den. Das hat mir ja gera­de noch gefehlt. Als ich näher kom­me, mer­ke ich aber, dass das Gespräch zwi­schen Dia­na und dem Zöll­ner recht ent­spannt ver­läuft – eher sehr ent­spannt – fast freundschaftlich!

Ich schaue sie an – „und, wie geht es jetzt weiter?“

Freund­lich lächelt der Zöll­ner jetzt auch mich an und Dia­na sagt:

„Gib ihm den Zet­tel – alles ande­re habe ich schon geklärt“.

Ver­dutzt gebe ich ihm den Zet­tel, für den ich gera­de so hart gekämpft und teu­er bezahlt habe und er wünscht uns gute Fahrt!

Das las­se ich mir nicht zwei­mal sagen und sprin­ge in das Auto. Motor an und dann vor­bei an all den armen See­len, die ihr gan­zes Auto aus­pa­cken müssen.

„Was hast Du denn mit dem gemacht?“ fra­ge ich Dia­na, als wir drau­ßen sind. 

„Och – wir haben uns nett unter­hal­ten. Ich hat­te kei­ne Lust, wie alle ande­ren das Auto aus­zu­pa­cken“ – sie grinst. 

„Seht gut gemacht!“, freue ich mich. „Das über­nimmst Du jetzt immer!“ – end­lich kön­nen wir nach über 4 Stun­den Grenz­auf­ent­halt wei­ter fahren.

Nach ca. 1 1/2 Stun­den errei­chen wir das Kha­ma Rhi­no Sac­tua­ry, wo wir die nächs­ten 2 Näch­te ver­brin­gen wer­den. Die Camps sind hier inner­halb des Parks, man fährt ca. 2 Kilo­me­ter auf einer losen Sand­pis­te bis man die groß­zü­gi­gen und recht weit von­ein­an­der ent­fern­ten Stell­plät­ze erreicht.

Lei­der haben wir an der Gren­ze so viel Zeit ver­lo­ren, dass heu­te abend kei­ne Rund­fahrt durch den Park mehr mög­lich ist. Außer­dem sind wir echt müde und erledigt.

Unser Camp im Kha­ma Rhi­no Sanctuary

Unser Stell­platz ist sehr schön. Unter gro­ßen, schat­ti­gen Bäu­men gele­gen und recht ein­sam. Sogar ein Wasch­raum ist in der Nähe, lei­der auch ein Han­dy­mast und ein Trans­for­ma­tor, der etwas zu laut brummt. Zeu­gen der Zivi­li­sa­ti­on – auch hier in Botswana.

Abends kochen wir noch und dann muss ich trotz Müdig­keit noch einen Zeit­raf­fer aus­pro­bie­ren, obwohl die Sicht hier wegen der Bäu­me und dem Han­dy-Mas­ten im Süden nicht so toll ist. Einen ers­ten Ein­druck des tol­len Süd­him­mels und der Milch­stra­ße ver­mit­telt die Auf­nah­me aber schon. Und macht Lust auf mehr. Beim Expe­ri­men­tie­ren mit dem 300mm Objek­tiv erwi­sche ich durch Zufall einen Nebel, der mit Blo­ßem Auge gar nicht sicht­bar ist und bin fasziniert. 

Das 300mm macht sogar fürs Auge unsicht­ba­re Nebel sichtbar

Vol­ler Vor­freu­de freue ich mich auf die wei­te­ren Näch­te, womög­lich ohne stö­ren­de Bäu­me und Mond. Der Mond ist abneh­mend und in ca. 2 Wochen wer­den wir Neu­mond haben, idea­le Aus­sich­ten also für wei­te­re Zeit­raf­fer und Astro-Fotos!

Wei­ter­le­sen:

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