Chaotisches Barreirinhas

15072008

Vom Regenwald in die Wüste

Der Bus ist erstaun­lich schnell da. Schon um 11:00 stei­gen wir in Bar­reirin­has aus. Offen­bar ist der Ort ein Magnet nicht nur für Ruck­sack­tou­ris­ten, son­dern auch für Bra­si­lia­ner, die hier die Oster­ta­ge ver­brin­gen möch­ten. Als wir aus dem Bus aus­stei­gen wer­den wir, wie auch schon bei unse­rer Ankunft in der Cha­pa­da Dia­man­ti­na, wie­der ein­mal von «Head­hun­tern», wie wir die Pousa­da Schlep­per im Scherz nen­nen, überfallen.

Dies­mal sind wir nicht, wie damals, gera­de erst auf­ge­wacht und neh­men es daher ganz gelas­sen. Einer ist wie­der beson­ders hart­nä­ckig, aber dies­mal gelingt es mir, ihn freund­lich aber bestimmt abzu­wim­meln. Wir wol­len uns heu­te Zeit neh­men, den Ort anse­hen und uns dann auf eige­ne Faust eine schö­ne Blei­be suchen.

Also trot­ten wir los. Schnell mer­ken wir, dass es in die­sem Ort ganz schön voll ist. Über­all bezie­hen Tou­ris­ten ihre Blei­ben. Vor allem Bra­si­lia­ner aus dem nahen São Luís fal­len in Scha­ren in den klei­nen, aber gut situ­ier­ten, Ort ein um hier ein ver­län­ger­tes Wochen­en­de zu ver­brin­gen. Plötz­lich bin ich ein biss­chen unsi­cher, ob es rich­tig war, den Kol­le­gen so schnell abzu­wim­meln, schließ­lich haben wir nichts reser­viert und so wie das hier aus­sieht könn­te es uns auch noch pas­sie­ren, dass wir gar kei­ne Unter­kunft mehr bekom­men – dar­an hat­ten wir nicht im ent­fern­tes­ten gedacht!

Aber gera­de als ich noch mit die­sen Gedan­ken beschäf­tigt bin, naht «Ret­tung» – ein wei­te­rer «Head­hun­ter» kommt auf uns zu und fragt, ob wir schon eine Unter­kunft hät­ten. Gutes Timing. Was soll’s, schließ­lich haben wir ja in der Cha­pa­da Dia­man­ti­na ziem­lich gute Erfah­run­gen mit den Jungs gemacht, war­um sol­len wir es also nicht noch ein­mal pro­bie­ren. Ganz unver­bind­lich natürlich.
Also stel­le ich ihm unse­re Bedin­gun­gen: Gut und güns­tig soll es sein. Ich set­ze ein Limit von 50 R$. Er strahlt und läuft vor. Leich­tes Geschäft. Denkt er!

Die ers­te Pousa­da, die er ansteu­ert ist – natür­lich – die neben der Agen­cy, für die er arbei­tet. Aber – und hier zeigt sich, dass unse­re Beden­ken nicht ganz umsonst waren, es ist kein Dop­pel­zim­mer mehr frei. Das Spiel setzt sich auch bei den nächs­ten Pousa­das, die er ansteu­ert, fort. Nichts mehr frei, alles voll. Aber das ist ja jetzt in ers­ter Linie sein Pro­blem und erst in zwei­ter unse­res. Er läuft mit uns zurück zu sei­ner Agen­cy. Tele­fo­niert. Hin und her. Zwi­schen durch erzählt er aber schon von Exkur­sio­nen, die er uns hier in der Gegend anbie­ten kön­ne, und, dass wir doch gleich am Nach­mit­tag mit ihm in die Len­çois Maran­hen­ses fah­ren könn­ten, um einen ers­ten Ein­druck zu gewinnen.
Ich sage, jetzt sol­le er uns erst­mal eine Unter­kunft besor­gen, und dann sähen wir wei­ter. Wir lat­schen wie­der los.
Und die nächs­te Pousa­da, die voll ist. Mitt­ler­wei­le sind wir – wie­der ein­mal – froh, dass wir orts­kun­di­ge Hil­fe haben. Allei­ne wäre die Suche hier sehr schwer gewe­sen, zumal vie­le Pousa­das, die er ansteu­ert, gar nicht auf den ers­ten Blick als sol­che kennt­lich sind. 

Irgend­wann, end­lich, haben wir dann Glück und bekom­men ein klei­nes, aber net­tes, Zim­mer. Ver­gli­chen mit dem bei Tia Lucia wirkt es wie ein Holi­day Inn im Ver­gleich zu einer deut­schen Jugend­her­ber­ge :-) Es liegt gleich neben einem son­ni­gen Innen­hof, in dem wir unse­re Wäsche waschen und trock­nen kön­nen, nach dem Auf­ent­halt im Ama­zo­nas ist das auch wirk­lich nötig. Vor­her haben wir aber noch mit unse­rem neu­en Freund abge­stimmt, dass wir am Nach­mit­tag mit ihm eine ers­te Erkun­dungs­tour in die Len­çois Maran­hen­ses unter­neh­men wür­den. Wir sind ja unheim­lich gespannt, was uns dort erwartet!

Erste Tour in die Lençois Maranhenses

Nach einer wirk­lich nöti­gen Dusche und einer Stun­de Ent­span­nung set­zen wir uns um 2 vor die Pousa­da, wo unser Freund uns abho­len will. Was wir in den nächs­ten 2 Stun­den erle­ben wer­den, ist selbst für bra­si­lia­ni­sche Ver­hält­nis­se als chao­tisch zu bezeichnen.
Vie­le Deut­sche wür­den wahr­schein­lich schon nach 30 Minu­ten den zwang­haf­ten Drang ver­spü­ren, ihren Rei­se­lei­ter – den es natür­lich nicht gibt – anzu­ru­fen und ihr Geld für die gesam­te Rei­se zurück­for­dern. Aber hey – wir sind hier um etwas zu erle­ben, und um danach etwas zum Erzäh­len zu haben!

2:00 geplan­te Abholung

2:15 etli­che Jeeps fah­ren vor­bei, kei­ner hält an.

2:30 immer noch nie­mand in Sicht. Ich sage zu Dia­na, die kom­men bestimmt bald, wir sind hier in Brasilien.

2:45 Das Mädel aus der Pousa­da kommt raus: woll­ten Die Euch nicht um 2 abho­len? Jaaaa.… Sie schickt ihren Bru­der zu der Agen­cy, wir war­ten hier, falls er in der Zwi­schen­zeit kommt.
2:50 das Tele­fon in der Pousa­da klin­gelt. Er sei gleich da.

3:00 ein PKW hält, es ist nicht unser Freund, aber ja – er käme uns abzu­ho­len. Er wer­de uns zur Fäh­re brin­gen. Auf hal­ber Stre­cke hält ihn der Fah­rer eines Jeeps an. Kur­zes Pala­ver, wel­ches ich von hin­ten nicht ver­ste­hen kann. Er wen­det und fährt wie­der zu sei­ner Agen­cy. Wir sol­len wie­der aussteigen.

3:10 Wil­des «orga­ni­sa­to­ri­sches» Palaver.

3:15 Ein Jeep ist da. Plötz­lich ist auch unser Freund wie­der da. Ein­stei­gen, los­fah­ren, ganz ande­re Rich­tung als eben. Er fährt kom­plett durch den Ort um dann ganz am ande­ren Ende vor einem Hotel zu hal­ten. Noch 2 stei­gen ein. Er wen­det, geht’s jetzt end­lich in die Wüste? 

3:30 Nein. Pousa­da Num­mer 3. Noch 2 stei­gen ein. Wie­der zurück zur Agen­cy. Kur­zes Pala­ver. Dann end­lich wie­der Rich­tung Fähre. 

3:45 Wir ste­hen in einer rie­si­gen Schlan­ge aus bestimmt 30 Jeeps, die offen­bar alle mit der klei­nen Fäh­re rüber wol­len. Wenn wir dar­auf war­ten wol­len, ste­hen wir in 2 Stun­den noch hier rum.

Ich schaue auf die Uhr, gleich 4, an sich fin­de ich die gan­ze Akti­on ja schon wie­der amü­sant, aber um halb sie­ben wird es dun­kel. Die Tour hier soll 40R$ kos­ten, und wir wol­len schon noch bei Hel­lig­keit da ankom­men! Ich hat­te unse­ren Fah­rer schon mehr­fach dar­auf ange­spro­chen, aber er meint natür­lich, kein Pro­blem! Na gut. Las­sen wir es auf uns zukommen. 

4:10 Plötz­lich, als wir uns noch fra­gen, wie um alles in der Welt sie die­se 30 Jeeps da rüber bekom­men wol­len, ruft uns unser Fah­rer und bedeu­tet uns, wie­der einzusteigen.
U‑Turn. Wie­der zurück nach Bar­reirin­has. Noch ein­mal durch den Ort durch. Dann rechts ab zu einer ande­ren Fäh­re. Hier ist komi­scher­wei­se kei­ne Schlan­ge. Wir kom­men gleich drauf und über den Fluss.

Auf dem Weg zu den Lençois

Als wir über­ge­setzt sind, befin­den wir uns auf rei­nen Sand­pis­ten. Mit ande­ren Fahr­zeu­gen als die­sen extrem hoch­ge­leg­ten Jeeps könn­te man hier nicht fah­ren. Die ein­zel­nen Spu­ren sind teil­wei­se einen hal­ben Meter tief und ab und an fah­ren wir durch Pfüt­zen, deren Tie­fe man schwer abschät­zen kann, aber deren Was­ser beim Durch­fah­ren sogar in den Jeep hin­ein­schwappt. Die Vege­ta­ti­on ist hier noch rela­tiv grün auf dem san­di­gem Boden.

4:45 Wir errei­chen eine klei­ne Furt, an der wir par­ken. Von hier aus geht es zu Fuß wei­ter. Wir durch­wa­ten die Furt, davor liegt eine ers­te, majes­tä­ti­sche Düne. Sie wirkt hier auf uns zunächst ein­mal recht einsam.
Wir stei­gen durch losen, sehr fein­kör­ni­gen Sand an ihrer Flan­ke empor. 

Als wir die­se Düne erklom­men haben, öff­net sich vor uns der atem­be­rau­ben­de Aus­blick auf das Natur­wun­der der Len­çois Maranhenses. 

Len­çois Maran­hen­ses im Nord­os­ten Brasiliens

Len­çois Maran­hen­ses im Nord­os­ten Brasiliens

Auf der fol­gen­den Kar­te könnt Ihr Euch einen Ein­druck davon ver­schaf­fen, wo Bar­reirin­has und die Len­çois Maran­hen­ses lie­gen und wel­che Tour wir mit dem Jeep gemacht haben.
Mit «+» und «-» könnt ihr rein- und raus­zoo­men und mit der Maus den Aus­schnitt ver­schie­ben. Dadurch könnt ihr Euch einen Über­blick dar­über ver­schaf­fen, wel­che impo­san­te Aus­deh­nung die Len­çois Maran­hen­ses haben und wo in Bra­si­li­en sie genau liegen!

Inter­ak­ti­ve Kartenansicht.

Wei­ter­le­sen: Len­çois Maranhenses

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