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Der Nationalpark Vulkan Arenal

Der Vul­kan Are­nal zählt zu den aktivs­ten Vul­ka­nen der Erde. Regel­mä­ßi­ge Lava­erup­tio­nen machen ihn heu­te zu einem unbe­re­chen­ba­ren Gesel­len. Auf gut ange­leg­ten Pfa­den kann man im Natio­nal­park ent­lang sei­nes Fußes zu einer der erkal­te­ten Lava­zun­gen wan­dern. Der Vul­kan­ke­gel selbst ist 1.633 m hoch und galt lan­ge Zeit als erlo­schen, bis er im Jah­re 1968 plötz­lich aus­brach und zwei Sied­lun­gen ver­nich­te­te. Nach einer Ruhe­pe­ri­ode ist der Vul­kan seit 1981 wie­der stän­dig aktiv.

Da wir ja nun ges­tern Abend auf­grund der Bewöl­kung lei­der kei­ne nächt­li­chen Errup­tio­nen sehen konn­ten, wol­len wir heu­te ganz früh los und den Are­nal von der Nähe zu bestau­nen. Zum einen möch­ten wir natür­lich vor den ande­ren Tou­ris­ten da sein und zum ande­ren das frü­he Licht der augehen­den Son­ne zum Foto­gra­fie­ren nutzen.

Als wir nach einem schnel­len Kaf­fee, den wir mit dem auf dem Kühl­schrank ste­hen­den Was­ser­ko­cher gemacht haben, auf­bre­chen wol­len, tref­fen wir auf Chris.

«Früh­stück ist gleich fer­tig!» sagt er freu­de­strah­lend. «Nehmt ihr Kaffee?»

«Oh – Früh­stück – damit haben wir gar nicht gerechnet!»

«Aber klar gibt’s Früh­stück» – er zwin­kert und zu – aber wir brau­chen noch ein paar Minu­ten, okay?»

Eigent­lich woll­ten wir ja los aber wir brin­gen es nun aber auch nicht übers Herz, das Früh­stück abzu­sa­gen wenn sie sich schon so viel Mühe geben…

Wir gehen also noch­mal zurück und war­ten. Nach 20 Minu­ten ist die Unge­duld auf die bevor­ste­hen­den Erleb­nis­se dann aber doch zu groß und wir gehen vor­sich­tig mal rüber zu Chris’ Haus um zu che­cken, wie weit sie denn seien…

Strah­lend emp­fängt er uns: «hier kommt die Gemein­schafts­kü­che hin» sagt Chris stolz. Wir mer­ken ihm wie­der ein­mal an, dass er mit Herz­blut bei der Sache ist. Er zeigt uns das Gebäu­de, in dem sei­ne Frau in einer noch nicht ganz fer­ti­gen Küche immer noch kräf­tig am Brut­zeln ist. Auf jeden Fall sieht das sehr viel­ver­spre­chend aus – also sowohl das Früh­stück als auch die zukünf­ti­ge Gemeinschaftsküche.

«Ich brin­ge Euch das Früh­stück gleich rüber» sagt er. » – geht gleich los.»

Blick über den Lake Are­nal – die Asche fällt nach links unten

Lei­der dau­ert es nun aber doch noch mal bestimmt 20 Minu­ten und wir bereu­en mitt­ler­wei­le schon fast, dass wir uns auf das Früh­stück ein­ge­las­sen haben. Das bringt unse­re gesam­te Zeit­pla­nung durcheinander. 

Was Chris dann aller­dings auf­tischt, über­trifft unse­re Erwar­tun­gen bei wei­tem. Und das, wo wir ihm doch gesagt hat­ten, er sol­le sich nicht so einen Auf­wand machen!

Rühr­ei, fri­sche Früch­te, fri­scher Toast, Mar­me­la­de, was will das Herz mehr! Der auf­kei­men­de Unmut über die Ver­zö­ge­rung ist schnell ver­ges­sen – bei soviel Gast­freund­schaft haben wir ein ganz schön schlech­tes Gewis­sen. Wir mer­ken wie­der ein­mal, dass wir mit unse­rer straf­fen Zeit­pla­nung und dem vol­len Pro­gramm, das wir uns hier (natür­lich) vor­neh­men, irgend­wie nicht so rich­tig in die ent­spann­te Men­ta­li­tät der Men­schen hier pas­sen. Auch wenn wir woll­ten. Mich ärgert das natür­lich. Viel lie­ber wür­de ich auch mehr Zeit hier ver­brin­gen. Leben. Die Men­schen ken­nen­ler­nen. Nicht nur schnell so viel wie mög­lich erle­ben. Son­dern lang­sam, ohne Zeit­not. Aber da ist immer die­ser Rück­flug­ter­min, die begrenz­ten Urlaubs­ta­ge. Lei­der kön­nen wir nun mal nicht so, wie wir wol­len. Die Men­schen, die hier Leben, kön­nen aller­dings auch nicht ein­fach so mal nach Euro­pa rei­sen. Dort so lan­ge blei­ben wie sie wol­len. Auch sie müss­ten es finan­zie­ren. Auch ihr Job wür­de rufen. So ist das nun einmal.

Aber jetzt geht es end­lich los. Wir fah­ren den Weg, den wir ges­tern gekom­men sind, ein Stück zurück und par­ken auf dem Park­platz des Natio­nal­parks. Lei­der ist das Wet­ter heu­te mor­gen wie­der nicht so, wie wir es uns erhofft hat­ten. Der Gip­fel des Are­nal ist Wol­ken­ver­han­gen und es sieht nach Regen aus.

Am Ein­gang zum Natio­nal­park zah­len wir pro Per­son 10 US$ Ein­tritt und kön­nen dann einen schö­nen Weg ent­ge­gen den Uhr­zei­ger­sinn am der unte­ren Flan­ke des Vul­kans ent­lang gehen. 

Immer wie­der hören wir Grol­len von oben und pas­sie­ren Schil­der die auf «erhöh­te vul­ka­ni­sche Akti­vi­tät» hin­wei­sen. Ach was. 

Nach unge­fähr einer hal­ben Stun­de kom­men wir dann zu dem erkal­te­ten Geröll­feld, wel­ches von dem letz­ten gro­ßen Aus­bruch von 1968 stammt. Damals wur­den zwei Dör­fer dem Erd­bo­den gleich gemacht. Über das mitt­ler­wei­le erkal­te­te Geröll­feld klet­tern wir etwa 500 Meter über die zum Teil manns­ho­hen Gesteins­bro­cken empor. Immer lau­ter wird das Grol­len des Vul­kans hoch über uns. Wirk­lich unheim­lich. Wenn der jetzt ausbricht…

Tut er aber zum Glück nicht, und so haben wir die Gele­gen­heit, an einem gro­ßen Fel­sen anzu­hal­ten, um ein Zeit­raf­fer­vi­deo auf­zu­neh­men. Wäh­rend die Kame­ra noch läuft, sehen wir eine schwar­ze Regen­wand in hoher Geschwin­dig­keit an der rech­ten Flan­ke des Vul­kans vor­bei und direkt auf uns zukommen.

Gera­de noch recht­zei­tig kann ich die Kame­ras ver­stau­en und das Regen­cape über den Ruck­sack zie­hen, da pras­selt der Regen schon auf uns ein und das eben noch grif­fi­ge Lava­ge­stein ver­wan­delt sich in eine sei­fi­ge, glit­schi­ge Ange­le­gen­heit. Völ­lig schutz­los sind wir hier den Ele­men­ten aus­ge­setzt. Die Situa­ti­on ist jetzt schon etwas unheimlich.

Nun heißt es ent­schei­den: hier blei­ben und das Wet­ter abwar­ten, oder den nun wirk­lich gefähr­li­chen, weil extrem glit­schi­gen Abstieg angehen?

Nach kur­zer Bera­tung und der Erkennt­nis, dass wir gleich völ­lig durch­nässt sein wer­den, ent­schei­den wir uns für letz­te­res. Selbst, wenn es auf­hö­ren soll­te zu reg­nen, wird es noch Stun­den dau­ern, bis die Stei­ne abge­trock­net sind. Dann kön­nen wir uns bes­ser jetzt vor­sich­tig auf den Rück­weg machen und hof­fen, dass wir uns unten irgend­wo unter­stel­len kön­nen, bevor auch noch unse­re Ruck­sä­cke trotz der Schutz­maß­nah­men durch­nässt sind.

Wir brau­chen fast eine hal­be Stun­de, um die Stre­cke zurück auf allen Vie­ren rut­schend zu bewäl­ti­gen. Selbst unse­re rela­tiv grif­fi­gen Wan­der­schu­he fin­den auf die­sen glat­ten Blö­cken kei­nen Halt.

Und es kommt, wie es kom­men muss­te: als wir end­lich unten sind, hört es auf zu reg­nen. Wie soll­te es anders sein… ;-)

Are­nal Natio­nal Park

Nach­dem wir uns etwas gesam­melt haben, beschlie­ßen wir den Weg wei­ter zu gehen. Die­ser führt nun durch immer dich­ter wer­den­den Regen­wald, so dass wir vor den letz­ten Trop­fen ganz gut durch das Blät­ter­dach geschützt sind. Einen wun­der­ba­ren Wald durch­wan­dern wir hier, der sei­nen Höhe­punkt bei einem sehr, sehr alten Baum fin­det, der offen­bar die Aus­brü­che der letz­ten Jahr­hun­der­te als Ein­zi­ger sei­nes Alters unbe­scha­det über­stan­den hat.

Ohne zu über­trei­ben, kann ich sagen, dass das einer der ein­drucks­volls­ten Bäu­me ist, die ich jemals gese­hen habe. Zwan­zig Män­ner wür­de man sicher­lich benö­ti­gen, um ihn ein­mal zu umspan­nen. An ein Foto des gesam­ten Bau­mes ist gar nicht zu den­ken. Also mache ich 5 Auf­nah­men mit 18mm von oben bis unten. Das als ver­ti­ka­les Pan­ora­ma zusam­men­ge­setz­te Ergeb­nis seht ihr hier.

Wahn­sinn. Ich darf mir gar nicht vor­stel­len, dass über­all auf der Welt sol­che Bäu­me nach wie vor tag­täg­lich gefällt wer­den, um dar­aus letz­ten­en­des auch so bana­le Din­ge wie Span­plat­ten oder Toi­let­ten­pa­pier zu machen. Und wir kön­nen uns ziem­lich sicher sein, dass da wo die­se Rie­sen fal­len, nie wie­der Bäu­me die­ses Alter und die­se Grö­ße errei­chen wer­den. Von wie vie­len Vul­kan­aus­brü­chen könn­te die­ser Baum uns erzäh­len? Alle hat er mit­er­lebt und heil über­stan­den. Wir füh­len uns klein und sind ziem­lich überwältigt.

Are­nal Natio­nal Park – lei­der gibt es kaum noch sol­che Riesen!

Von sei­ner Kro­ne hän­gen an meh­re­ren Stel­len ganz dün­ne, aber sehr, sehr lan­ge Lia­nen her­un­ter und rei­chen fast auf den Boden. Nicht die­se dicken Lia­nen, wie man sie kennt, son­dern ganz dün­ne – sie haben gera­de ein­mal einen Durch­mes­ser eines Tele­fon­ka­bels. Ich neh­me zwei in die Hand, und pro­bie­re aus, ob sie mich tra­gen kön­nen. Es ist unglaub­lich! Sie sind ziem­lich dehn­bar und geben auf ihre Län­ge von bestimmt 20–30 Meter ca. einen hal­ben Meter nach aber sie sind so sta­bil, dass sie mein Gewicht ohne Mühe tra­gen. Die Natur erschafft wirk­lich Erstaunliches!

Hier haben wir den vom Park­platz am wei­tes­ten ent­fern­ten Punkt erreicht und der Weg führt nun wei­ter «unten» zurück. Der gesam­te Rund­weg hat eine Län­ge von 8–10 Kilo­me­tern und 3–4 Stun­den soll­te man dafür schon ein­pla­nen, denn es gibt wirk­lich sehr viel zu entdecken.

Nach die­sem tol­len Erleb­nis fah­ren wir nach For­tu­na, denn wir haben ja immer noch eine drän­gen­de Fra­ge zu klä­ren: näm­lich, wie kom­men wir an Geld. Eigent­lich sind wir ziem­lich sicher, dass das durch­ge­bag­ger­te Kabel nun end­lich repa­riert sein und der Geld­au­to­mat uns nicht wie­der in Stich las­sen würde.

Aber ers­tens kommt es anders, und zwei­tens als man denkt. An eine Geld­aus­ga­be ist lei­der auch heu­te nicht zu den­ken. So ein Mist.

Der Are­nal – von For­tu­na aus gesehen

Wenigs­tens kön­nen wir in einem gro­ßen Laden ein­kau­fen und dort mit Kar­te zah­len. Das funk­tio­niert inter­es­san­ter­wei­se. Dann müs­sen wir eben so lan­ge hier blei­ben, bis der Auto­mat repa­riert ist. Ver­pfle­gen kön­nen wir uns ja – ledig­lich Chris muss dann wohl oder übel noch ein biss­chen auf sein Geld war­ten. Viel­leicht ist das der Zwang, die Rei­se lang­sa­mer ange­hen zu las­sen, ein paar Tage hier zu ver­brin­gen. Nicht das schlech­tes­te Fleck­chen Erde dafür – auch wenn wir natür­lich gespannt auf all die wei­te­ren High­lights sind, die Cos­ta Rica uns noch zu bie­ten verspricht.

Die Rück­fahrt von For­tu­na – wie­der am Are­nal vor­bei – beschert uns dies­mal ganz groß­ar­ti­ge Aus­sich­ten – der Him­mel ist jetzt strah­lend blau und wird nur von der kräf­ti­gen Rauch­wol­ke durch­schnit­ten, die dem Vul­kan­schlot ent­steigt. Mehr­mals hal­ten wir an zum Fil­men und Fotografieren.

Der Are­nal – von Nor­den aus gesehen

Weil das Wet­ter jetzt so groß­ar­tig ist keimt in uns die Hoff­nung, dass wir heu­te Abend end­lich Glück haben könn­ten und es uns mög­lich sein könn­te, die glü­hen­den Gesteins­bro­ken von unse­rer Unter­kunft aus zu beobachten.

Para­die­si­scher Blick auf den Vul­kan über tro­pi­schen Regenwald

Vor­her aber möch­ten wir das Licht noch aus­nut­zen und ver­su­chen, etwas näher an den Berg her­an­zu­kom­men. An dem Abzweig zur Are­nal Obser­va­to­ry Lodge fah­ren wir dies­mal links, in Rich­tung des Cer­ro Cha­to und kom­men an einen klei­nen Park­platz an dem aus­ge­schil­dert steht: Fuß­weg zum Vul­kan.

Hey, das ist doch genau das, was wir suchen! Kur­zer­hand stel­len wir das Auto ab, neh­men die Kame­ras in die Hand und gehen los. Das wir meh­re­re Stun­den unter­wegs sein wür­den und im Stock­dunk­len unse­ren Weg zurück wür­den fin­den müs­sen, damit rech­nen wir natür­lich nicht. Sonst hät­ten wir uns wohl etwas anders vorbereitet…

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