Website-Icon gwegner.de

Manzanillo Nationalpark – ein kleines Paradies an der Grenze von Costa Rica nach Panama

Die Stra­ße nach Süden endet in dem idyl­li­schen Küs­ten­städt­chen Man­z­a­nil­lo. Bis zur Gren­ze nach Pana­ma sind es nur noch weni­ge Kilo­me­ter, die Küs­ten­stra­ße führt dort nicht hin. Ent­spre­chend beschau­lich wirkt der Ort. 

Die letz­ten Kilo­me­ter sind wir über eine schma­le Erd­stra­ße gefah­ren, die hier im Ort im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes im San­de ver­läuft. Wir stel­len unse­ren Wagen unter eine Pal­me ab und set­zen uns auf den Sand, um eine Was­ser­me­lo­ne zu essen.

Man­z­a­nil­lo Natio­nal Park

Nach eini­ger Zeit kommt eine Ein­hei­mi­sche Frau auf uns zu. In der Hand trägt sie einen Korb mit lecker duf­ten­dem Gebäck, das sie – dem Geruch nach – gera­de aus dem Ofen geholt hat.

Hier eine inter­ak­ti­ve Kar­te bei Goog­le Maps.

«Red Bana­na Coo­kies?» fragt sie.

Der Duft ist unwie­der­steh­lich, also grei­fen wir zu. Sie schme­cken köstlich!

«Haben Sie die selbst gebacken?»

Sie zeigt über ihre Schul­ter zu einer klei­nen Behau­sung dicht am Strand.

«Gera­de eben aus dem Ofen genom­men.» – ihr brei­tes Grin­sen lässt die unzäh­li­gen Zahn­lü­cken hervorschauen.

«Wo gibt es die­se Red Bana­nas?» will ich wissen.

Sie schmun­zelt. «Das sind nor­ma­le Bana­nen – rot machen wir sie mit Farbstoff.»

Ich fra­ge jetzt lie­ber nicht wei­ter. Die Coo­kies waren ein­fach zu lecker. ;-)

«Wollt ihr den Wald sehen?» fragt sie.

«Klar.»

«Ihr müsst ein­fach hier den Weg wei­ter­fah­ren bis es nicht wei­ter­geht. Dann könnt ihr zu Fuß wei­ter, immer an der Küs­te entlang»

«Oh – dan­ke, das machen wir.»

Mit «dem Wald» meint sie das Natur­schutz­ge­biet «Man­z­a­nil­lo Natio­nal Park», dass sich vor hier aus nach Süden bis zur Gren­ze nach Pana­ma erstreckt. Als wir mit unse­rer Was­ser­me­lo­ne fer­tig sind, packen wir zusammen.

«Bist Du sicher, dass wir da durch kom­men?» fragt Dia­na und zeigt auf den Weg, den uns die Frau gezeigt hat und der mehr wie ein Fuß­weg durch tie­fen Sand aussieht.

Auf mei­nem Gesicht brei­tet sich ein Grin­sen aus:

«Ich woll­te schon die gan­ze Zeit mal das 4x4 testen ;-)»

Gesagt, getan. Wir stei­gen ein, ich drü­cke den Schal­ter für 4x4 und dann fah­ren wir durch den tie­fen Sand und es geht erstaun­lich gut!

Aber irgend­wann ist auch die­ser Pfad zu ende – genau­er gesagt, er endet an einem klei­nen Fluss. Davor ist ein etwas grö­ße­rer frei­er Platz, der offen­bar als Park­platz benutzt wird, auch wenn außer uns kein Auto hier steht.

Außer uns ist nur ein alter Mann hier. Er sitzt unter einem nahen Baum und beob­ach­tet uns.

«Klei­ne Exkur­si­on in den Wald?» fra­ge ich Diana.

«Klar – was machen wir mit dem Auto und unse­ren Sachen?»

«Gute Fra­ge.»

Ich über­le­ge. Jetzt sind wir in einer die­ser Situa­tio­nen. Nie, nie, nie soll man sei­ne Sachen im Auto las­sen. Und schon gar nicht, wenn man mit Ruck­sä­cken unter­wegs ist und qua­si alles dort drin hat. Auch ich habe vor eini­gen Jah­ren schon mei­ne ein­schlä­gi­gen Erfah­run­gen gemacht – eine Abwe­sen­heit von 5 Minu­ten hat gereicht. Das Auto war auf und alles weg. Aber das ist eine ande­re Geschichte. 

Aber die Ruck­sä­cke durch den Natio­nal­park tra­gen? Dazu haben wir auch wenig Lust.
Wäh­rend ich noch über­le­ge, kommt der alte Mann auf uns zu.

«Wollt ihr in den Park?»

«Ja.»

«Kos­tet Ein­tritt. 1.000 Colones.»

«Ein­tritt?» davon hat­te ich in unse­rem Gui­de nichts gele­sen. Im Gegen­teil, dort stand expli­zit, der Park sei frei.

«Der Park kos­tet kei­nen Ein­tritt» sage ich zu ihm.

«Doch» beharrt er, «1.000 Colo­nes.» und dann fügt er sicher­heits­hal­ber noch hin­zu: «pro Person.»

«Gib ihm das Geld» sagt Dia­na, «dann gibt er Ruhe.»

«Da kann ja jeder kom­men», sage ich. Ich weiß, 2.000 Colo­nes sind jetzt nicht so viel, aber sie ihm ein­fach so zu geben, nur weil er so tut, als ob der Park Ein­tritt kos­ten wür­de? Sehe ich irgend­wie nicht ein.

Auf der ande­ren Sei­te ist da noch das Pro­blem mit dem Auto. Wenn wir es hier ein­fach ste­hen las­sen und ihm das Geld nicht geben, ist die Wahr­schein­lich­keit sehr groß, dass wir nach­her Stress haben. Wenn wir ihm das Geld geben und ihn bit­ten, dafür auf das Auto auf­zu­pas­sen, ist die Wahr­schein­lich­keit sehr groß, dass wir nach­her kei­nen Stress haben. Gera­de will ich Dia­na von mei­nem Plan erzäh­len, da kommt die Frau, die uns vor­hin die Red-Bana­na-Coo­kies ver­kauft hat, den Weg ent­lang geschlendert.

«Frag die doch mal, wie das mit dem Ein­tritt hier aus­sieht» schlägt Dia­na vor.

Bevor ich etwas sagen kann, kommt die Frau freu­de­strah­lend auf uns zu:

«Ihr wollt also in den Park!»

«Ja, klar – kos­tet der Eintritt?»

«Nee – der Park ist kos­ten­los» sagt sie.

Ich zei­ge auf den Kol­le­gen, der sich inzwi­schen wie­der unter die Pal­me gesetzt hat.

«Er will Geld für angeb­li­chen Eintritt»

«Ach der,» sagt sie «der ver­sucht das immer. Er passt auf die Autos auf» sagt sie mit einem Zwinkern.

«Alles klar.» sage ich. «mei­nen Sie, das Auto steht dann hier sicher?»

«Er passt gut auf, kein Pro­blem» bestä­tigt sie noch einmal.

Dann soll er aufpassen.

Ich gebe ihm die 2.000 Colo­nes und sage ihm er sol­le gut auf unse­re Sachen auf­pas­sen, wir sein in eini­gen Stun­den zurück.

Er strahlt übers gan­ze Gesicht: «ich pas­se gut auf!» sagt er noch ein­mal wie zu sich selbst.

Na dann…

Wir neh­men das Nötigs­te aus dem Wagen: die Kame­ras, unse­re Wert­sa­chen, einen Tages­ruck­sack, genug Was­ser und ein paar Kek­se als Snack.

Man­z­a­nil­lo Natio­nal Park

Das Tier­schutz­ge­biet Gan­do­ca / Man­z­a­nil­lo liegt in einer der schöns­ten Küs­ten­ge­gen­den Cos­ta Ricas. Es umfasst ca. 5.000 ha Land­flä­che und 4.400 ha Was­ser­flä­che, die eines der schöns­ten Koral­len­rif­fe des Lan­des beherbergen.

Der Natio­nal­park geht hier direkt hin­ter einem klei­nen Flüss­chen, das wir bar­fuß durch­que­ren, los. Im Ver­gleich zu Cahui­ta, ist es hier ein­sa­mer und viel hüge­li­ger. Dafür sehen wir nicht so vie­le gro­ße Tie­re – dies­mal kei­ne Affen und kei­ne Faul­tie­re. Dafür aber Vögel, eine Viel­zahl von Ein­sied­ler­kreb­sen und immer wie­der Blattschneiderameisen.

Die Land­schaft ist wirk­lich ein­zig­ar­tig. Durch die vie­len Hügel kommt rich­ti­ges Kari­bik-Fee­ling auf. Immer wie­der gibt es klei­ne Hügel mit Aus­sicht direkt am Meer, die den Blick auf die wun­der­ba­ren, palm­ge­säum­ten Buch­ten freigeben.

Auf dem Rück­weg beschlie­ßen wir, einer beson­ders star­ken «Stra­ße» von Blatt­schnei­der­amei­sen zu fol­gen. Die­se Tie­re sind wirk­lich fas­zi­nie­rend. Wie ein ein­zi­ger gro­ßer Orga­nis­mus trans­por­tiert jede der Amei­sen ein Stück kräf­ti­ges, hell­grü­nes Blatt – weit grö­ßer als sie selbst – in eine Rich­tung. Wir gehen in die Rich­tung, aus der sie kom­men. Der «Stra­ße» zu fol­gen fällt nicht schwer. Von dem Punkt an, wo wir auf sie getrof­fen sind, müs­sen wir ihr noch fast einen Kilo­me­ter fol­gen. Das ist unglaub­lich. Sie endet an einem rie­si­gen Baum, der offen­bar noch nicht lan­ge umge­fal­len ist und nun quer über den Strand liegt. Trotz der unglaub­li­chen Men­ge an Blatt­schnipp­seln, die die Amei­sen allein in den letz­ten Minu­ten weg­trans­por­tiert haben, ist der umge­fal­le­ne Baum immer noch recht dicht belaubt. Ich fol­ge der Stra­ße den Baum­stamm ent­lang mit der Kame­ra. Dann suche ich mir ein Blatt aus, um zu beob­ach­ten, wie die die gro­ßen Stü­cke aus die­sen doch sehr dicken Blät­tern schnei­den. Wie das aus­sieht, könnt ihr Euch noch­mal in dem Video Süd­li­che Kari­bik – Cahui­ta und Man­z­a­nil­lo ansehen.

Man­z­a­nil­lo Natio­nal Park

Meh­re­re Din­ge fas­zi­nie­ren mich ganz beson­ders beim Beob­ach­ten der Blattschneiderameisen.

Wei­te­re fas­zi­nie­ren­de Eigen­schaf­ten sind natür­lich das «Schwarm­ver­hal­ten» die­ser Tie­re. Wie ein ein­zi­ger Orga­nis­mus bewe­gen sie sich gleich­för­mig über den Urwald­bo­den und zei­gen dabei eine unglaub­li­che Effizienz. 

Als ers­ter erkann­te Tho­mas Belt, ein Natur­for­scher, im Jah­re 1874, wozu die Amei­sen die Blät­ter nut­zen: ent­ge­gen der land­läu­fi­gen Mei­nung fres­sen sie sie nicht selbst, son­dern zer­kau­en sie und ver­wen­den sie als Sub­strat, um dar­auf einen spe­zi­el­len Pilz zu züch­ten, von dem sie sich ernähren.

Die Amei­sen legen dazu regel­rech­te Pilz­far­men an, die sie per­ma­nent aus­bau­en und pfle­gen. Der Anbau der Pil­ze erfolgt dabei wie bei einer fein abge­stimm­ten Fließ­band­ko­lon­ne, in der jeder der 29 ver­schie­de­nen Schrit­te von einer spe­zi­el­len Kas­te der Tie­re aus­ge­führt wird. 

Ein von einer Ern­te­ar­bei­te­rin am Bau abge­leg­tes Blatt wird von einer klei­ne­ren Arbei­te­rin auf­ge­nom­men und in Stü­cke von etwa einem Mil­li­me­ter Durch­mes­ser zer­schnit­ten. Die­se wer­den von noch klei­ne­ren Arbei­te­rin­nen über­nom­men, zer­kaut, zu klei­nen Kügel­chen geformt und einem Hau­fen ähn­li­chen Mate­ri­als hinzugefügt.

Die­ser Mate­ri­al­hau­fen, das Sub­strat, bil­det eine Art Gar­ten und ist von Tun­nel­röh­ren durch­zo­gen, so dass er in sei­ner Struk­tur einem Bade­schwamm ähnelt. Der dar­auf wach­sen­de Pilz brei­tet sich wie Brot­schim­mel auf der Pflan­zen­mas­se aus.

Die Pilz­gär­ten wer­den von den kleins­ten Arbei­te­rin­nen kon­trol­liert: Sie betas­ten die Ober­flä­che des Pilz­ge­flechts und säu­bern es von Spo­ren und Pilz­fä­den frem­der Schim­mel­pilz­ar­ten. Sie zup­fen immer wie­der ein Stück des Pilz­ra­sens aus und brin­gen es ihren Art­ge­nos­sin­nen als Nah­rung oder sie set­zen Pilz­fä­den auf fri­sches Pflan­zen­ma­te­ri­al und legen so neue Kul­tu­ren an. Außer­dem bei­ßen sie regel­mä­ßig die Enden der Pilz­fä­den ab und ver­hin­dern so die Bil­dung von Fruchtkörpern. 

Die Sym­bio­se zwi­schen den Amei­sen und dem Pilz ist dabei so eng, dass bei­de nicht mehr ohne­ein­an­der exis­tie­ren könn­ten. Denn der Pilz selbst kann von einem Schlauch­pilz befal­len wer­den, der ihn zer­stört. For­schun­gen las­sen ver­mu­ten, dass die Amei­sen an ihrem Kör­per Bak­te­ri­en tra­gen, die nicht nur das Wachs­tum des Schlauch­pil­zes hem­men, son­dern gleich­zei­tig auch ihren Fut­ter­pilz dün­gen. [Quel­le: Wiki­pe­dia]

Aber auch das Ent­de­cken von geeig­ne­ten Bäu­men und der Trans­port der Blät­ter ist nicht ganz ohne. 

Zum Team der Außen­ar­bei­te­rin­nen gehö­ren Kund­schaf­ter, die in der Umge­bung nach geeig­ne­ten Sträu­chern und Bäu­men suchen. Sie legen eine Duft­spur, auf der die Blatt­schnei­der in end­lo­sem Zug von der unter­ir­di­schen Nest­an­la­ge zu ihren Ein­satz­ort wan­dern. Dort schnei­den sie mit ihren mes­ser­schar­fen Zan­gen Blatt­stü­cke aus dem Laub heraus.

Trans­por­teu­re schlep­pen die Blatt­stü­cke wie auf­ge­spann­te Segel zurück zum Nest, doch auf dem Weg lau­ern Gefah­ren wie z. B. die Buck­el­flie­ge. Die­se greift die Amei­se mit ihren Blät­tern aus der Luft an, denn dann sind die­se wehr­los. Um sie zu schüt­zen rei­ten meist klein­wüch­si­ge Leib­wäch­ter auf den Blatt­schnip­seln mit und ver­tei­di­gen die Trans­por­teu­re gegen Angrif­fe aus der Luft. 

Wenn man sich ein­mal über­legt, mit wel­cher Prä­zi­si­on und Ord­nung die 2–3 Mil­lio­nen Amei­sen einer Kolo­nie Arbei­ten und wel­che hohen «Tech­ni­sie­rungs­grad» sie dabei an den Tag legen, dann kann man schon­mal nach­denk­lich wer­den. Uns haben die­se klei­nen Tie­re jeden­falls sehr fas­zi­niert. Wie so oft ist es ein­fach wich­tig, ein­mal «hin­ter die Kulis­sen zu schau­en» – dann wer­den plötz­lich Amei­sen zu mehr als Tie­ren, die man kaum beach­tet, weil jeder Fuß­tritt von uns etli­che von ihnen unbe­merkt auslöscht…

Man­z­a­nil­lo jeden­falls gefällt uns rich­tig gut. Nicht nur der Natio­nal­park, son­dern auch der Ort. Abseits vom Tou­ris­mus und qua­si am süd­öst­li­chen «Ende» Cos­ta Ricas gele­gen, ist Man­z­a­nil­lo ein rich­tig schö­ner und beschau­li­cher Ort. Hier gibt es kei­ne gro­ßen Geschäf­te, kei­nen Rum­mel – nur ein­hei­mi­sche Leben und eini­ge Unter­künf­te für Nationalparkbesucher.

Wir fin­den eine sehr net­te Unter­kunft, die Cabi­nas Faya Lobi.
Patri­cia, die Besit­ze­rin, ist vor eini­gen Jah­ren mit ihrem Mann von Hol­land hier her gekom­men und hat die Posa­da mit viel Lie­be zum Detail aufgebaut.

Posa­da Faya Loby Manzanillo

Das Haus ist zwei-geschos­sig, unten lebt sie selbst mir ihrem Mann und ihren Hun­den und oben, durch eine gro­ße Frei­trep­pe erreich­bar, fin­den sich 4 Gäs­te­zim­mer. Die Zim­mer sind alle mit Mos­ki­to­net­zen aus­ge­stat­tet und sehr lie­be­voll ein­ge­rich­tet. Dazwi­schen ist ein gemüt­li­cher, offe­ner Bereich mit einer Küchen­zei­le und eini­gen Hän­ge­ses­seln zur gemein­sa­men Benut­zung. Die Küche bie­tet alles, was das Tra­vel­ler-Herz begehrt. Neben einem Gas­herd gibt es sogar einen Sand­wich-Toas­ter und so ist unser Abend­essen gesetzt. Wir schlen­dern zu dem klei­nen Dorf­la­den und kau­fen fri­sche Toma­ten, Gur­ken, Salat, Zwie­beln und Käse ein sowie geschnit­te­nes Weiß­brot. Nach der Wan­de­rung und den gan­zen Erleb­nis­sen, schme­cken die so zube­rei­te­ten Sand­wi­ches in der gemüt­li­chen Atmo­sphä­re beson­ders gut.

Den rest­li­chen Abend ver­brin­gen wir gemüt­lich auf der Ter­ras­se und las­sen die mil­de Nacht­luft, das fer­ne Rau­schen des kari­bi­schen Mee­res, die uner­müd­lich zir­pen­den Zika­den und den fan­tas­ti­schen Ster­nen­him­mel über uns auf uns wirken.

Die mobile Version verlassen