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Tickets to Tortuguero?

Viel hat­ten wir über die «Head­hun­ter» gele­sen, die am Anle­ger von La Pavo­na Tickets ver­kau­fen sol­len und schon mehr­fach gab man uns die Emp­feh­lung, hier ja kei­ne zu kau­fen, son­dern die Tickets auf jeden Fall auf dem Boot zu kau­fen, nicht vorher. 

Dar­an wol­len wir uns natür­lich halten.

Am Anle­ger von La Pavo­na gibt es eine über­dach­te Bar, dort las­sen wir uns mit unse­ren Ruck­sä­cken nieder. 

Es ste­hen meh­re­re Boots­ge­sell­schaf­ten zur Aus­wahl. Hier ist es, nach allem, was wir gehört haben, ange­sagt, auf jeden Fall die ein­hei­mi­sche Gesell­schaft Clic Clic zu wäh­len, um die­se zu unterstützen.

Cos­ta Rica – Indi­vi­du­ell auf einer inter­ak­ti­ven Kar­te anzeigen.

Vie­le Head­hun­ter, so wie wir es in Bra­si­li­en öfters erlebt haben, bela­gern uns hier aller­dings nicht. Über­haupt ist nicht viel los. Ein­zig ein ein­hei­mi­scher Jun­ge kommt auf uns zu: 

«Tickets to Tortuguero?»

Er sieht nicht sehr ver­trau­ens­er­we­ckend aus und außer­dem wol­len wir ja der Emp­feh­lung nach­kom­men, die Tickets auf dem Boot zu kau­fen, also leh­nen wir dan­kend ab. 

Der Jun­ge lässt aber nicht locker.

«Ihr wollt nach Tortuguero?»

«Ja – klar»

«Dann braucht ihr Tickets.»

«Sicher.» Da ist sie wie­der, die­se bestechen­de Logik, die einen guten Ver­trieb­ler von einem mit­tel­mä­ßi­gen unterscheidet.

Er schaut mich an, wie jeman­den, den er für Begriffs­stut­zig hält und grinst. Das wirkt aller­dings etwas merk­wür­dig, da ihm ein Vor­der­zahn fehlt und die rest­li­chen Zäh­ne so aus­se­hen, als ob sie es auch nicht mehr all­zu lan­ge machen wür­den. Nun hält er mir zwei Tickets, die schon ziem­lich ange­grab­belt aus­se­hen, unter die Nase.

«Tickets to Tor­tu­gue­ro.» sagt er förmlich.

«Nein Dan­ke, wir wol­len mit Clic Clic fah­ren und kau­fen die Tickets direkt auf dem Boot.» sage ich brav – gemäß der uns auf­ge­tra­ge­nen und lokal­po­li­tisch kor­rek­ten Vorgehensweise.

«Clic – clic» sagt er und deu­tet auf die Tickets. Er sagt es betont deut­lich und wie­der mit so einem merk­wür­di­gen Unterton.

Der schafft mich. Ich beschlie­ße etwas reso­lu­ter zu werden.

«No, gra­ci­as. Wir kau­fen auf dem Boot.» Nun dre­he ich mich demons­tra­tiv um und set­ze mich zu Dia­na auf die Treppe.

Was macht er denn jetzt? Er blickt sich suchend um, steu­ert dann ziel­si­cher auf einen etwa faust­gro­ßen Stein zu und hebt ihn auf. Der wird doch nicht?!

Mit dem Stein in der Hand dreht er sich jetzt wie­der zu uns um und kommt auf uns zu. Ich beob­ach­te ihn genau. Aber er sieht über­haupt nicht angriffs­lus­tig aus son­dern eher das Gegen­teil ist der Fall. Ich mei­ne fast etwas wie Mit­leid in sei­nem Blick auszumachen.

Er legt nun sei­ne bei­den Tickets auf die Trep­pe neben uns und den Stein als Beschwe­rer ob drauf.

«Tickets here. You pay on the boat.»

Jetzt hat er sogar auf Eng­lisch gewech­selt. Der hält uns für bekloppt. Ich wer­de den Ein­druck nicht los.

Dia­na sagt zu mir:
«Was machen wir denn jetzt?»

«Wir war­ten ab und las­sen die Tickets da lie­gen. Mal schau­en, wie es wei­ter geht.»

Wir war­ten nun noch unge­fähr 10 Minu­ten. Der Jun­ge ist weg. Komi­sche Geschich­te. Plötz­lich kommt etwas Bewe­gung in die War­ten­den. Offen­bar star­tet das Boot gleich. Eini­ge gehen run­ter zum Fluss und auch wir schul­tern die Ruck­sä­cke. Die Tickets las­sen wir lie­gen. Wir kau­fen lie­ber gleich die offiziellen.

Gera­de haben wir die hal­be Ste­cke zum Boot zurück­ge­legt, da kommt der
Jun­ge hin­ter uns her­ge­lau­fen und wedelt mit sei­nen Tickets.

«You for­got your Tickets!»

Nicht nur bekloppt son­dern auch Alz­hei­mer – das ist jetzt wohl die Diagnose.

Ich gebe auf. Ich neh­me ihm die Tickets aus der Hand und dann gehen wir wei­ter zu dem Boot.

Idyl­lisch schlän­gelt sich der brau­ne Fluss durch die grü­ne Vege­ta­ti­on. Auf der ande­ren Fluss­sei­te beginnt der Urwald. Das Boot liegt mit dem Bug auf dem Ufer aus röt­li­chem Sand auf. Es han­delt sich um ein Schnell­boot mit Platz für ca. 20 Pas­sa­gie­re. Eini­ge haben es sich schon bequem gemacht und so balan­cie­ren auch wir über die schma­le Plan­ke, die man vom Ufer aus an das Boot ange­legt hat.

Waren­lie­fe­rung nach Tortuguero…

Wir beob­ach­ten, wie ein zwei­tes Boot mit allen mög­li­chen Lebens­mit­teln und Geträn­ken bela­den wird. Klar, alles was nach Tor­tu­gue­ro soll, muss auf die­sem Weg ver­schifft werden.

Nun lässt der Boots­füh­rer den Motor an und will gera­de able­gen, da springt unser Kum­pel Ticket­ver­käu­fer noch schnell auf. Über­rascht sehen wir, dass er ein gro­ßes Porte­mon­naie in der Hand hat und eine Wes­te, auf der in gro­ßen Let­tern «Clic Clic» steht.

Damit geht er nun von Pas­sa­gier zu Pas­sa­gier um zu kassieren…

Ohne Vor­wurf aber wie­der mit die­sem merk­würd­gen Aus­druck im Gesicht schaut er uns an und sagt:

«Das macht dann 1.600 Colo­nes pro Person»

Das sind gera­de mal 3,50€ pro Nase. Und das für ein­ein­halb Stun­den Bootsfahrt…

Ich zah­le mit etwas schlech­tem Gewis­sen und dann geht es auch schon los. 

Auf nach Tortuguero

Der Fah­rer gibt alles. Es ist etwas scha­de, denn die Land­schaft, durch die wir fah­ren ist wirk­lich atem­be­rau­bend. Ich will nicht sagen, dass die Fahrt mit dem Speed­boat über den sehr kur­ven­rei­chen Fluss kei­nen Spaß macht – aber wir wür­den dar­auf ger­ne ver­zich­ten, zuguns­ten der Mög­lich­keit, hier lei­se und lang­sam durch­zu­fah­ren. Wir kön­nen nur ver­mu­ten, dass in den tie­fen Urwäl­dern, durch die wir hier fah­ren noch ein gro­ßer Tier­reich­tum herrscht. Davon ist natür­lich gera­de nicht viel zu sehen, denn der Lärm, den das Boot ver­ur­sacht, wür­de sogar ein tau­bes Faul­tier verscheuchen.

Wir hof­fen aller­dings, dass wir zur Erkun­dung der Gegend und des Urwal­des in den nächs­ten Tagen noch aus­gie­big Zeit haben wer­den. Und dann wer­den wir mit einem fast laut­lo­sen Elek­tro­boot unter­wegs sein – denn so eines hat Daryl, bei dem wir uns für die nächs­ten Tage ein­quar­tiert haben…

Klei­ne Boots­an­le­ger an fast jedem Haus

Die Fahrt mit dem Boot dau­ert über eine Stun­de und ist land­schaft­lich gran­dious. Bei dem Boot han­delt es sich um eine Art öffent­li­chen Bus, der die Ein­hei­mi­schen von A nach B bringt. Es fährt dem­entspre­chend schnel­ler, als wir es als stau­nen­de Tou­ris­ten ger­ne gehabt hät­ten. Aber als ers­ter Ein­druck ist es wirk­lich sehr schön und wir freu­en uns schon jetzt auf die Tour mit Daryl. 

Wäh­rend der Fahrt lacht sich Gun­ther über mich schlapp, denn das Boot nimmt in schnel­ler Geschwin­dig­keit die Kur­ven – ich sage mal sport­lich – so dass ich teil­wei­se das Gefühl habe, dass wir umkip­pen könn­ten. Klar, wird sicher­lich nichts pas­sie­ren aber wenn ich mir so die Kai­ma­ne im Was­ser beach­te und Boots­tou­ren eh nicht so mein Fall sind gucke ich wohl teil­wei­se etwas sparsam…;) 

In Tor­tu­gue­ro hält der Boots­füh­rer am Haupt­an­le­ger, einem klei­nen Steg am Dorfplatz.

«Zu wel­cher Posa­da müsst ihr?» fragt uns der Clic-Clic Junge.

Bit­te kauft das Ticket, wie auch in ande­ren Foren emp­foh­len, direkt beim Boot vor Ort und fahrt aus­schließ­lich mit der loka­len Gesell­schaft Click-Click. Die Fahrt kos­tet ca. 1.600 Colo­nes. Soll­tet Euch ein Jun­ge mit feh­len­dem Schnei­de­zahn anspre­chen: Grüßt ihn, und kauft beru­higt sei­ne Tickets ;-)

Auf tor​tu​gue​ro​vil​la​ge​.com fin­det ihr eine her­vor­ra­gen­de Beschrei­bung, wie genau ihr nach Tor­tu­gue­ro kommt.

«Casa Mar­bel­la» sage ich.

«Dann bleibt mal sit­zen. Wir fah­ren Euch hin.»

Nun tuckert der Boots­füh­rer auf Anwei­sung des Jun­gens den Kanal noch 300 Meter wei­ter und lässt uns direkt am Boots­an­le­ger der Casa Mar­bel­la raus. Alle Häu­ser, die direkt am Kanal lie­gen, haben eige­ne Boots­an­le­ger. Idyllisch!

Wir bedan­ken uns recht herz­lich und geben dem Jun­gen ein ange­mes­se­nes Trink­geld zur Wie­der­gut­ma­chung unse­res Misstrauens…

Daryls Casa Mar­bel­la – unse­re Unterkunft

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