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Zu viele Rosinenbrötchen in Cahuita

Früh ver­las­sen wir mit dem ein­hei­mi­schen Schnell­boot Tor­tu­gue­ro. Wie­der geht es im Sla­lom über den Fluss. Dies­mal Strom­auf­wärts. Nach knapp einer Stun­de sind wir dann auch schon wie­der in la Pavo­na und machen uns aus den Rück­weg zu unse­rem Auto.

Kanä­le von Tortuguero

Dort ange­kom­men, tref­fen wir nur den Park­platz­wäch­ter an. 

«Der Chef kommt gleich, mit dem öffent­li­chen Bus.» sagt er.

«Alles klar, wir warten…»

Da wir noch zah­len müs­sen, kön­nen wir nicht ein­fach los. Wir brin­gen die Ruck­sä­cke schon­mal ins Auto und schnei­den zur Über­brü­ckung der War­te­zeit die Was­ser­me­lo­ne auf, die dort – im Schat­ten – auf uns gewar­tet hat. 

Kanä­le von Tortuguero

Mit dem Bus kommt dann tat­säch­lich der Besit­zer von Park­platz und anlie­gen­dem Kiosk. Wir zah­len die Park­ge­bühr und machen uns dann an die Rück­fahrt über Stock und Stein.

«Willst Du wie­der fah­ren?» fra­ge ich Diana.

«Nee lass mal… Ich set­ze den Wagen bestimmt wie­der auf, so wie auf der Hin­fahrt…»

«;-)»

Bald errei­chen wir wie­der die 32. In die­se Rich­tung ist der Weg deut­lich ein­fa­cher zu finden. 

Unser Weg führt uns nach Süden, zur süd­li­chen Kari­bik-Küs­te. Nach­dem alle davon so geschwärmt hat­ten, wol­len auch wir uns die­se Gegend nicht ent­ge­hen las­sen. Zunächst ein­mal ist die Land­schaft, durch die wir kom­men jedoch recht ernüch­ternd. Wir nähern uns der Hafen­stadt Limón. In einem ziem­lich gro­ßen Radi­us im die Stadt fin­den wir Bana­nen­plan­ta­gen, Indus­trie und Containerdepots. 

Bana­nen­plan­ta­gen und Con­tai­ner­de­pots rund um Limón.

Nach allem, was wir gele­sen haben, ver­pas­sen wir wohl nicht viel, wenn wir Limón links lie­gen las­sen. Auf den Trou­bel einer sol­chen Stadt kön­nen wir nach der beschau­li­chen und besinn­li­chen Zeit in Tor­tu­gue­ro gut ver­zich­ten. Bald errei­chen wir die Küs­te. Auch sie wirkt hier zunächst ernüch­ternd auf uns. Zum einen sind die Resul­ta­te des letz­ten Orkans noch sehr sicht­bar und zum ande­ren ist die Gegend hier recht besiedelt.

Je wei­ter wir nach Süden kom­men, um so schö­ner wird die Küs­te dann allerdings.

Wir errei­chen Cahui­ta, einen Ort mit ca. 3000 Ein­woh­nern. Hier wol­len wir Sta­ti­on machen. 

Schnell ist eine Unter­kunft für 20$ gefun­den, die zwar nicht mit der Casa Mar­bel­la ver­gleich­bar ist, aber durch­aus ihren Zweck erfüllt. Im gro­ßen Innen­hof gibt es eini­ge Sitz­mög­lich­kei­ten und so beschlie­ßen wir, erst ein­mal durch den Ort zu gehen, um Obst zu kaufen.

Als wir durch den Ort schlen­dern sagt Diana:
«Hmm irgend­wie hat­te ich mir so einen Aus­stei­ger­ort anders vor­ge­stellt. Irgend­wie – entspannter.»

Sie hat recht. Alles wirkt her­un­ter­ge­kom­men, als ob die Blü­te des Ortes lan­ge vor­bei wäre. Und so ist es wohl auch. Viel ist hier nicht los. Eini­ge Tou­ris­ten sehen wir auf den Stra­ßen, ansons­ten nur die trau­ri­gen Über­bleib­sel eines Aus­stei­ger­tums, wel­ches offen­bar vie­le Jah­re her ist. 

Zei­chen einer längst ver­gan­ge­nen Epoche

Was pas­siert mit Men­schen pas­sie­ren, die der Gesell­schaft, ihrer Arbeit, ihres Lebens über­drüs­sig gewor­den sind und sich vor zehn oder mehr Jah­ren dazu ent­schlos­sen haben, alles auf­zu­ge­ben zuguns­ten eines ver­meint­lich von allen Zwän­gen befrei­ten Lebens in einem idyl­li­schen Karibikort?

Hier sehen wir das Ergeb­nis. Zumin­dest ein Extrem davon. Und das ist rela­tiv erschreckend. 

Wer von uns kann von sich sagen, dass er noch nie davon geträumt hat, genau das zu tun, was die­se Men­schen vor lan­ger Zeit umge­setzt haben? Ein­fach ein Leben zu füh­ren, was sich aufs Wesent­li­che kon­zen­triert und den Zwän­gen der Gesell­schaft abschwört. Wie es funk­tio­nie­ren kann, haben wir in Tor­tu­gue­ro gese­hen. Die Men­schen dort machen dein Ein­druck, als ob es Ihnen Freu­de macht, das zu tun, was sie tun. Sie haben sich aber auch nicht den ewi­gen Müßig­gang auf die Fah­nen geschrie­ben. Sie gehen einer gere­gel­ten Arbeit nach. Sie leben nicht im Über­fluss aber sie leben ihr Leben.

Hier bie­tet sich uns ein ande­res Bild. Wir sehen vom Alko­hol und von Dro­gen gezeich­ne­te Gestal­ten die so gut wie jeden anbet­teln, der auf der Stra­ße an ihnen vor­bei geht. Zum Teil erschei­nen sie nicht mehr ganz zurech­nungs­fä­hig. Und ich rede hier nicht von Ein­hei­mi­schen, son­dern von «hier­ge­blie­be­nen» Euro­pä­ern und Ame­ri­ka­nern. Eine pein­li­che, respekt­lo­se Ver­an­stal­tung gera­de gegen­über den Einheimischen. 

Cachui­ta

Auch das ver­meint­lich süßes­te Leben wir irgend­wann zur Rou­ti­ne. Wer jeden Tag nur Rosi­nen­bröt­chen isst, wird krank. Ohne Ziel, ohne Auf­ga­be ver­küm­mert der Mensch. Wir soll­ten immer dann dar­über nach­den­ken, wenn uns unser All­tag, unser Job, das Wet­ter oder das Land, in dem wir leben, wie­der ein­mal über­drüs­sig wird. Wir soll­ten uns klar machen, auf welch hohem Niveau wir zum Teil jammern!

Jeden­falls haben wir hier das bes­te Bei­spiel dafür vor uns, wie es nicht funk­tio­niert. Som­mer, Son­ne, Par­ty und Dro­gen sind die Rosi­nen­bröt­chen, die hier offen­bar im Über­maß kon­su­miert wurden.

Nach die­sen Ein­drü­cken ist uns drin­gend nach Natur zumu­te und so beschlie­ßen wir, eine ers­te Wan­de­rung in den Natio­nal­park zu unter­neh­men, der direkt am süd­li­chen Orts­rand beginnt.

Von unse­rer Pousa­da sind wir in weni­gen Minu­ten dort. Mit einem Tages­ruck­sack, genü­gend Was­ser, etwas Obst und unse­ren Kame­ras aus­ge­stat­tet, machen wir uns auf den Weg. Am Park­ein­gang wird eine frei­wil­li­ge Spen­de erwar­tet, die wir ger­ne leis­ten. Ein rela­tiv breit ange­leg­ter Pfad führt par­al­lel zur Küs­te durch die strand­na­he Vegetation. 

Cahui­ta Nationalpark

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