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Das Dorf der Indianer

Mit dem Boot über­que­ren wir den Rio Negro. Die­ser ist hier so breit, dass wir dafür über eine Stun­de benö­ti­gen. Auf der ande­ren Sei­te haben sich eini­ge India­ner­stäm­me ange­sie­delt. Ange­sie­delt heißt, sie haben ihre ursprüng­li­chen Wohn­or­te tief im Urwald ver­las­sen um hier im Ein­zugs­ge­biet der Stadt ein «zivi­li­sier­te­res» Leben zu führen.
Ob und wie das funk­tio­niert, und ob sie damit glück­lich sind, woll­ten wir herausfinden.

Das Dorf der Indianer

Wir wer­den von dem Chef des Dor­fes emp­fan­gen. Er spricht rela­tiv gut Por­tu­gie­sisch und bit­tet uns gleich, uns zu ihm zu set­zen. Dies neh­men wir höf­lich an. Er stellt sich als Car­los vor, sei­nen India­ni­schen Namen nennt er uns auch, doch die­sen kön­nen wir uns beim bes­ten Wil­len nicht mer­ken. Offen­bar hat er die­se Erfah­rung schon öfter gemacht, daher Carlos.

Car­los ist sehr freund­lich. Er erklärt sich bereit, mit uns das Dorf zu besich­ti­gen. Es liegt fried­lich am Ufer des Rio Negro. Da des­sen Was­ser­stand noch eini­ge Meter von der Hoch­was­ser­mar­ke ent­fernt ist, bedeu­tet «am Ufer», dass wir vom Boot aus einen ziem­li­chen Hang hoch­klet­tern muss­ten, und uns oben wie auf einem Berg mit Aus­sicht auf den Rio Negro vorkommen.

India­ne­rin beim Wäsche waschen

Car­los Dorf besteht aus Holz­hüt­ten, die rund um ein gro­ßes frei­es Feld gebaut sind. Auf dem Feld – uns wun­dert ja nichts mehr – links und rechts je ein Fußballtor.

Das Dorf


Wei­ter­hin gibt es eine Schu­le, die er uns stolz prä­sen­tiert, sowie eine Kran­ken­sta­ti­on und einen Gemein­schafts­pa­vil­li­on. In letz­te­rem trifft sich das Dorf jeden Sonn­tag zu aus­ge­dehn­ten Debat­ten und Fes­ti­vi­tä­ten. Und natür­lich – darf auch eine Kir­che nicht fehlen.

Arbei­ten der Schulkinder

Alle Hüt­ten sind offen, die Kin­der lau­fen drau­ßen her­um, und alles wirkt unheim­lich gepflegt und organisiert.

Car­los (rechts), der Chef des Dorfes

Wir wol­len natür­lich wis­sen, war­um Car­los mit sei­nem Dorf jetzt hier in der Nähe von Man­aus lebt. Er berich­tet, dass er vor 25 Jah­ren die­ses Land von sei­nem Onkel geerbt habe. Er habe damals über­legt, bei sei­nem Stamm viel tie­fer im Ama­zo­nas zu blei­ben, oder sich hier als «zivi­li­sier­ter» India­ner anzusiedeln.
Auf­grund der damals wie heu­te mas­siv statt­fin­den India­ner­rechts­ver­let­zun­gen hat er sich dann für den sicher erschei­nen­de­ren Weg ent­schie­den und ist mit sei­ner Frau hier­her gezo­gen und hat das Dorf gegrün­det und auf­ge­baut. Er bereue den Schritt nicht, sagt er.

Ernäh­ren tut sich das Dorf zu einem gro­ßen Teil aut­ark. Das heißt, sie leben von Fisch­fang, Jagd, Obst- und Gemü­se­an­bau. Dar­über hin­aus ver­kau­fen sie Kunst­hand­werk an Tou­ris­ten und kau­fen von den Erlö­sen die weni­gen Din­ge, die sich nicht selbst pro­du­zie­ren, also z.B. Reis, Boh­nen, Salz und Zucker.

Frau­en beim Wäsche waschen in den Fluss­wäl­dern des Amazonas

Dafür fah­ren ein paar Män­ner alle zwei Wochen nach Man­aus. Car­los sagt, er sei jedes­mal froh, wenn er wie­der zurück sei, ihm mache die Stadt Angst.
Na, da sind wir ja in guter Gesellschaft! :-)

India­ni­sches Mädchen

Wir waren uns im Vor­feld nicht sicher, was wir von den «zivi­li­sier­ten» India­nern hal­ten soll­te, aber ich muss sagen, das Dorf hat uns außer­or­dent­lich gut gefal­len. Dass die India­ner zum gro­ßen Teil nicht mehr in ihrer eige­nen, ange­stamm­ten Kul­tur leben kön­nen ist wirk­lich tra­gisch und ein ganz eige­nes The­ma für sich. Aber wie die­se Men­schen hier mit der Situa­ti­on umge­hen und was sie sich als «Arran­ge­ment» mit dem wei­ßen Mann auf­ge­baut haben, beein­druckt uns zutiefst.

Sie haben es geschafft, eine fried­li­che Lebens­form im Ein­klang mit der Natur und dem all­ge­gen­wär­ti­gen wei­ßen Mann zu fin­den. Die Fra­ge ist nur – hat­ten Sie wirk­lich eine Wahl?

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