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Ein «wunderbarer» Ritt

Unser Cow­boy ist ein Ori­gi­nal. Maxi­mal 1,60 groß, bestimmt Mit­te 60 – aber das ist schwer zu schät­zen – Kau­ta­bak im Mund, eine lan­ge Mache­te umge­schnallt, die fast bis zum Boden reicht und die typi­sche Kluft der Gau­chos, der süd­ame­ri­ka­ni­schen «Cow­boys»: Ler­der­ho­se, Leder­wes­te, Lederstiefel.

Wäh­rend er die Pfer­de sat­telt, erzählt er uns von den Schön­hei­ten der Land­schaft.

Er schwärmt von den Marim­bús, den so genann­ten «klei­nen Pant­anal», einem Feucht­ge­biet, ca. 20 Km von Len­çois. Dort soll es eine fan­tas­ti­sche Flo­ra und Fau­na geben, wel­che man mit dem Boot erfor­schen kön­ne. Wir hat­ten von die­sem Gebiet auch schon gehört und dar­über nach­ge­dacht, uns das noch anzuschauen. 

Gau­cho in Lençois

Als wir ihm erzäh­len, dass wir uns das Marim­bús auf jeden Fall ger­ne anschau­en wür­den, schlägt er vor, dass wir das doch mit einer Reit­tour ver­bin­den könn­ten. Also hin mit dem Pferd, dann wei­ter mit dem Ruder­boot und dann wie­der zurück mit dem Pferd. Rei­ten hin oder her – ein biss­chen ver­lo­ckend hört sich das schon an! Wir über­le­gen kurz, es viel­leicht direkt heu­te zu machen, aber er sagt, heu­te sol­len wir erst­mal die ande­re Tour machen, für die hät­ten wir uns ja schließ­lich bei ihm ange­mel­det. Da dis­ku­tie­re ich nicht lan­ge, denn die 2x20km mit dem Pferd kom­men mir irgend­wie jetzt doch ziem­lich hef­tig vor. Also pro­bie­ren wir es heu­te erst­mal aus. Jeder von uns bekommt ein Pferd und dann geht es los!

Hat­ten wir heu­te mor­gen noch ein extrem lecke­res Früh­stück genos­sen mit Spe­zia­li­tä­ten der Regi­on (Polen­ta, Rühr­ei, Geba­cke­ne Bana­nen mit Zimt und Honig, Mamao (Papa­ya), Goia­ba Saft und selbst­ge­ba­cke­nes Brot), so soll­te jetzt der här­te­re Teil des Tages beginnen. 

Rei­ten durch die Chapada

Nicht, dass wir uns falsch ver­ste­hen: Die Land­schaft, durch die wir rei­ten, ist wirk­lich wun­der­schön. Wir Rei­ten durch grü­nes Busch­werk, durch­que­ren herr­li­che, ein­sa­me Flüs­se, im Hin­ter­grund die Hügel­zü­ge der Cha­pa­da Dia­man­ti­na. Wir kom­men an ver­las­se­nen und mitt­ler­wei­le über­wu­cher­ten «Gar­im­pos» vor­bei, hier wur­de frü­her nach Dia­man­ten gesucht und von denen hat die Cha­pa­da Dia­man­ti­na auch ihren Namen. Nur das Rei­ten. Das Rei­ten ist eine ech­te Katastrophe.

Nun bin ich zwar wahr­lich kein gro­ßer Rei­ter und es macht mir auch nicht so viel Spaß. Aber bis­her bin ich noch immer mit den Pfer­den irgend­wie klar gekommen. 

Schritt, Trab, Galopp – klappt. Schritt ist lang­wei­lig aber okay, trab hol­pe­rig und schmerz­haft und Galopp macht schon fast ein biss­chen Spaß. Heu­te soll­te das alles anders sein.

Im Trab den­ke ich wirk­lich, es haut mir jeden Moment die Band­schei­ben raus – und zwar
mit Schma­ckes. Okay, also Gas geben und galop­pie­ren, das hat sonst immer noch geklappt. Heu­te aber lei­der nicht. Im Galopp wird es was noch schlim­mer. Ein Satz des Pfer­des, ich ver­su­che mit­zu­ge­hen und wenn ich gera­de den­ke, der nächs­te kommt, da haut es mir ins Kreuz, das mir hören und sehen ver­geht. Das gibt es doch nicht, den­ke ich. Das ging doch sonst, bin ich jetzt so unfä­hig? Der Galopp ist jeden­falls ein asyn­chro­nes auf-drei-Töp­fen-lau­fen, bei dem ich beim bes­ten Wil­len nicht mit gehen kann. Einen Rhyth­mus kann ich hier beim bes­ten Wil­len nicht finden.

Ich ver­su­che irgend­wie zu Dia­na zu kom­men. Sie hat Pro­ble­me ande­rer Art mit ihrem Pferd. Der Gaul hat über­haupt kei­ne Lust zu lau­fen. Sie pro­biert es mit Zure­den, dann mit einem als Ger­te umfunk­tio­nier­ten Ast, aber es hilft alles nichts. Unser Gui­de nimmt dann das Pferd am Zügel und zieht es hin­ter­her. Aber das ist ja nun wahr­lich auch kei­ne Lösung.

Ich hab heu­te eh kei­nen Spaß, dann soll Dia­na wenigs­tens wel­chen haben. Ich schla­ge vor, dass ich das stör­ri­sche Pferd neh­men und mich zur Not zie­hen las­se und sie meins nimmt, viel­leicht kommt sie damit ja bes­ser klar als ich. Dia­na aber, hat sich in den Kopf gesetzt, nicht auf­zu­ge­ben und das Pferd zu bezwin­gen. Nach unge­fähr einer hal­ben Stun­de geht es dann bei ihr bes­ser. Das Pferd läuft jetzt auch ohne dass es am Zügel gezo­gen wird. Dafür hat sie sich die Hand auf­ge­schürft, da sie kei­nen Griff am Sat­tel hat und sich so nur schlecht fest­hal­ten kann.

Mein Pferd aller­dings, läuft immer noch wie ein Kamel auf 4 unter­schied­lich lan­gen Bei­nen. Die gan­ze Tour ist sowohl für Dia­na als auch für mich nicht wirk­lich spa­ßig. Wir wun­dern uns auch, war­um das so weit ist. Wenn wir ins­ge­samt 9 km Stre­cke haben, dann müs­sen wir eigent­lich bald zurück sein. Ich gehe davon aus, dass wir eine Art Rund­weg neh­men und der Capi­va­ra Fluss, zu dem wir wol­len, wie­der recht dicht an Len­çois ist. 

Rio Capi­va­ra

Ziem­lich geschafft, kom­men wir irgend­wann an dem Capi­va­ra Fluss an. Die Stel­le ist wirk­lich idyl­lisch. Schrä­ge Fels­plat­ten rei­chen bis ins brau­ne, da stark eisen­hal­ti­ge, Was­ser. Der Fluss ist hier durch einen natür­li­chen Damm auf­ge­staut und wir freu­en uns, die Tour geschafft zu haben und sprin­gen in das küh­le Nass. 

Nach der wohl­ver­dien­ten Abküh­lung fra­ge ich unse­ren Gui­de, wie weit es denn jetzt noch sei bis zu Stall? Er sagt – naja, 9 km. Wir müss­ten ja alles wie­der zurück. Was??? Das ist doch dann kei­ne 9km Tour son­dern eine 18km Tour! Wir haben kei­ne Lust mehr!! Nicht mit die­sen Pferden!

Aus­ge­rech­net jetzt fragt uns unser Gui­de noch­mal, ob wir denn mor­gen mit ihm die Tour in das klei­ne Pant­anal machen woll­ten? Ganz bestimmt nicht, den­ke ich und da bin ich mir mit Dia­na einig. Sie hat Bla­sen an den Hän­den und ihr Pferd ist immer noch ziem­lich stör­risch. For­mu­lie­ren tuen es ihm gegen­über dann natür­lich etwas netter…

Jetzt steht der Rück­weg an. Er ist noch schlim­mer, als der Hin­weg. Dia­na sagt, sie wer­de nie wie­der in ihrem Leben rei­ten. Und das will schon echt etwas hei­ßen. Zum Beweis neh­me ich das als Video auf, man kann nie wis­sen, wann sich das noch­mal als nütz­lich erwei­sen wird :-)

Auf der Hälf­te des Rück­ritts tau­sche ich dann doch noch das Pferd mit Dia­na, damit sie sich bes­ser fest­hal­ten kann. Ich habe ziem­li­che Rücken­schmer­zen, trotz­dem pro­bie­re ich noch ein­mal den Galopp mit Dia­nas Pferd aus – es kann doch nicht sein, dass ich heu­te dafür zu blöd bin. 

Und sie­he da, jetzt funk­tio­niert es! Das Pferd galop­piert, und es macht sogar – trotz mei­nes lädier­ten Rückens – ein biss­chen Spaß. Also lag es doch nicht an mir, son­dern schlicht und ergrei­fend an dem Gaul. Um die Schmer­zen in mei­nem Rücken zu mini­mie­ren, Galop­pie­re ich den gesam­ten Rest­weg und war­te dort auf die ande­ren. Dia­na kommt erst sehr viel spä­ter, da sie umge­kehrt mit mei­nem Pferd im Schritt gehen kann, und das natür­lich ent­spre­chend dau­ert. Wir sind alle ziem­lich froh, als wir wie­der zurück sind. Fazit: Die Land­schaft ist toll, die Pfer­de eine ein­zi­ge Katastrophe. 

Es ist mitt­ler­wei­le halb vier. Aus der geplan­ten Halb­ta­ges­tour ist fast eine Ganz­ta­ges­tour gewor­den. Acht­zehn Kilo­me­ter auf die­sen Klep­pern. Was sind wir froh, dass wir nicht die noch län­ge­re Tour gemacht haben oder gar die Marim­bús Aktion!

Churrasco

Nach die­ser (Tor)tour haben wir uns heu­te abend wirk­lich ein ech­tes bra­si­lia­ni­sches «Chur­ras­co» ver­dient. Wir suchen daher eine typi­sche Chur­ras­ca­ria auf und bestel­len Pic­an­ha. Das ist aus dem edels­te Teil des Rin­des (Tafel­spitz) und unheim­lich lecker. Die Pic­an­ha wird vor unse­ren Augen gegrillt und – wie immer in Bra­si­li­en – direkt vom Spieß ser­viert. Dazu gebt es die typi­schen schwar­zen Boh­nen, Reis, Salat und Faro­fa, dem Mani­ok-Mehl zum Ein­dippen des Fleischs.

Wei­ter­le­sen: Marim­bús, die Zauberwelt

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