Einen Großteil der Faszination bei der Zeitraffer-Fotografie macht die Kombination des schnellen Zeitraffers mit einer langsamen Kamerabewegung aus. Leider hält der Anschaffungspreis der hierfür verwendeten Gerätschaften (Slider und Motor-Köpfe) viele von eigenen Experimenten ab. David Wemhöner, einer meiner LRTimelapse-Nutzer, hat sich nun vorgenommen, einen erschwinglichen, motorisierten Drehkopf in Kleinserie zu bauen und mir den Prototypen zum Test zur Verfügung gestellt und ich muss sagen, ich bin ziemlich begeistert!
Ich selbst habe die ersten Versuche, meine Kamera während der Aufnahme drehen zu lassen, mit einer GoPro gemacht, die auf einer Eieruhr montiert war. Das klappt ganz gut, funktioniert aber logischerweise nur mit ganz kleinen Kameras, nur in eine Richtung und immer in der gleichen Geschwindigkeit (kleiner Tipp: wenn ihr das probieren wollt, nehmt unbedingt eine der (seltenen) 120 min. Eieruhren, eine 60er läuft viel zu schnell!). Jedenfalls ist das nett für die ersten Versuche, aber natürlich nichts halbes und nichts ganzes. Als nächstes schaffte ich mir einen Merlin an. Das ist der Astro-Kopf, den ich mit in Afrika hatte, und der mir bei African Skies sehr gute Dienste geleistet hat, darüber habe ich ja schon ausführlich berichtet. Der Merlin benötigt den MX2-Controller von Dynamic Perception, der relativ preisgünstig (auch als Bausatz) zu haben ist und auch für viele Slider zu verwenden ist.
Nun ist der Merlin ziemlich groß und ich persönlich nutze für viele Sequenzen auch nur eine Achse – also entweder horizontal oder vertikal. Auch, wenn ich den Kopf mit dem Slider kombiniere, ist das oft so: Slider fährt nach rechts, Kopf dreht nach links um die Bewegung «auszugleichen» – dadurch bekommt man einen tollen Effekt, als ob man um das Objekt im Vordergrund herumführe. Ähnlich ist es bei vertikalen Bewegungen. Slider fährt nach unten, Kopf dreht nach oben. Also oft nur zwei Achsen.
Als mir David daher schrieb und mir von seinem Projekt berichtete, war ich gleich sehr interessiert: ein kleiner Kopf mit einem Motor, nicht größer, als ein Zauberwürfel, der sich einfach mit dem MX2-Controller ansteuern lässt. Wie immer sagte ich natürlich: «Spannend, aber bau’ das erst mal…» – und er baute. Ein paar Wochen später hielt ich den Prototypen in den Händen und muss sagen – Hut ab! So eine professionelle Ausführung hätte ich nicht erwartet!
Der von David «MDK» (Motorisierter Dreh-Kopf) getaufte Würfel liegt satt in der Hand – von wegen Plastik – hier ist alles aus dickem verwindungssicherem Metall gebaut. Und auch noch Plug-and-Play. Es gibt nämlich nur genau einen Anschluss: eine Buchse für den Hohlstecker, der vom Motorausgang des MX2 kommt.
Natürlich wollte ich es nun wissen. Ich stellte den MDK auf mein Stativ (eine Bohrung für eine normale Stativschraube ist in dem dicken Metall vorgesehen, so habe ich einfach eine handelsübliche ARCA-Platte darunter geschraubt um mein Schnellwechsel-System benutzen zu können – es geht aber auch ohne) und dann gleich die «dicke» D800 mit dem großen Weitwinkel draufgeschraubt. Den MX2 dran, einfach auf’s gerade Wohl die Geschwindigkeit eingestellt und eine Sequenz aufgenommen. Mich interessiert bei solchen Geräten vor allem zwei Dinge: 1.) Können sie die Geschwindigkeit wirklich konstant halten? und 2.) wie sieht das ganze unter Last aus – sprich, welche Kraft haben sie.
Nun, schon die erste Auswertung des Materials zeigt, Punkt 1 wurde mit Bravour bestanden – die Animation verläuft supersanft, ohne jegliche Ruckler.
Punkt zwei habe ich dann als nächstes getestet. Ich habe den MDK diesmal vertikal ausgerichtet, einen weiteren Stativkopf daraufgeschraubt und so eine vertikale Drehung gemacht. Hier kommt er mit der schweren Kamera und dem schweren Weitwinkel schon an seine Grenzen. Es geht gerade noch so, aber damit wollte ich ihn dann doch nicht quälen und habe stattdessen die D5100 genommen. Auch die D7000 wäre sicherlich kein Problem. Damit schafft er es problemlos auch einen vertikalen Dreh ohne Ruckler hinzubekommen.
Die Konstruktion, die ich da gebaut habe ist natürlich schon etwas kopflastig. Daher habe ich David gebeten, bei den «Serien-Exemplaren» dann zwei, um 90° versetzte, Stativgewinde vorzusehen. So spart man sich eine «Umlenkung» und der Schwerpunkt kommt dichter an das Stativ – was der Sache noch einmal erheblich mehr Stabilität gibt. Außerdem kann man so schneller zwischen horizontalem und vertikalem Betrieb wechseln. So siehst das dann aus:
Nächster Versuch: auf den Slider damit. Auch das funktioniert ganz prima. Die Combo aus meinem Slider V3 und dem MDK vertägt sich großartig und ermöglicht es, sehr professionelle Fahrten zu machen, obwohl man nur 2 Achsen einsetzt!
Das Coole an dem MDK ist, David wird ihn in Kleinserie herstellen und hat damit sogar schon begonnen. Preislich wird er 140€ zzgl. 10€ Versand kosten und mit einer Vorlaufzeit von 2 Wochen erhältlich sein. Die ersten Besteller haben wahrscheinlich Glück und können von dem (kleinen) Bestand bedient werden, da wird es dann etwas schneller gehen.
Video Demo
Hier mal das Video aus den Sequenzen, die ich aufgenommen habe. Die Pflanzen im Vordergrund bewegen sich etwas durch den Wind, das sind keine «Ruckler» in der eigentlichen Bewegung. Achtet mal auf den Hintergrund, da seht ihr, das die Bewegung absolut gleichförmig erfolgt.
https://www.youtube.com/watch?v=sOWjYir-GbQ
Update: der MDK V2
David hat in der zwischenzeit ganze Arbeit mit der Weiterentwicklung des MDK geleistet. Eine neue 1/4 Untersetzung und eine doppelt kugelgelagerte Achse erlaubt nun noch langsamere und gleichmäßigere Bewegungen und ermöglicht es, auch schwere Kameras vertikal zu bewegen.
Zusätzlich gibt es jetzt serienmäßig auf sowohl unten, als auch an den Seiten Stativgewinde, so dass eine vertikale Montage problemlos möglich wird. Nutzt man einen L‑Winkel, wie auf dem Bild, erübrigt sich sogar ein weitere Stativkopf. Alternativ könnt ihr die Montage natürlich auch so wie weiter oben auf dem Bild dargestellt vornehmen.
Das Update bietet einen noch besseren MDK zu gleichen Preis und ich gratuliere David zu mittlerweile vielen zufriedenen Benutzern!
Update 2: die Bauanleitung
David bietet auf seiner Seite für alle Hobby-Bastler auch eine Bauanleitung für den MDK V2.
Fazit:
Der MDK ist ideal, um ihn (gemeinsam mit dem MX2) immer dabei zu haben. Er und der MX2 + Akku passen in jede Fototasche und ermöglichen vertikale und horizontale Schwenks. Niemals habe ich den Merlin einfach so mitgenommen! Selbst, wenn ich mit dem Slider losgezogen bin, habe ich den Merlin oft zuhause gelassen, weil er mir zu umständlich, zu groß und zu schwer war.
Der MDK ist da ganz anders. Man kann ihn immer dabei haben, er passt in der Fototasche in ein normales Objektiv-Abteil. Die fehlende «3. Achse» fehlt mir nicht wirklich. Wenn ich 3 Achsen brauche und richtig abgefahrenes Zeug machen will, nehme ich ohnehin meinen EMotimo.
Für das Geld kenne ich im Moment keine Alternative. Bei der baulichen Ausführung merkt man sofort, dass man keinen «China-Schrott» in der Hand hat, sondern hier am Material nicht gespart wurde. Der Motor ist sehr stark und stabil. Beim Richtungswechsel hat man ein bisschen «Schlupf» (so ähnlich wie beim Slider, bis sich der Riemen in die andere Richtung spannt) aber sobald der Richtungswechsel vollzogen ist geht es mit voller Kraft weiter.
David liefert zu dem MDK das passende Kabel mit, um ihn direkt am MX2 anschließen zu können.
Ich wünsche David jedenfalls mit seinem Projekt, das er ganz ohne Crowd-Funding auf die Beine stellt, ganz viel Erfolg und zolle ihm meinen höchsten Respekt für die tolle Erfindung! Der MDK ist jeden einzelnen Cent wert, aus meiner Sicht ist er vielleicht sogar noch mehr wert – er ermöglicht mir nämlich geniale Aufnahmen in Situationen zu machen, wo ich sonst gar keinen Drehkopf dabei gehabt hätte!
Wenn ihr auch so einen MDK haben möchtet, um Eure Zeitraffer-Fotografie voran zu bringen, dann schreibt doch David einfach direkt per EMail an. Habt bitte ein bisschen Geduld mit ihm, er baut die MDK’s in seiner Freizeit!
Weitere Infos findet ihr auf seiner Webseite: davidundsterne.de
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!