Ich war wieder einmal zu Gast bei Sony und durfte diesmal direkt am Tag ihrer Vorstellung eine interessante neue Kompakt-Kamera testen – die DSC-RX 100-II. Sie sticht durch ihren für diese Kamera-Klasse verhältnismäßig großen 1″ Sensor hervor und durch die Möglichkeit, RAW-Dateien aufzunehmen. Auch das Zeiss-Objektiv und ihr zeitloses Design machten mir Lust darauf, dieses Experiment zu wagen.
Als Spiegelreflex-Nutzer stelle ich an Kompakt-Kameras vor allem eine Anforderung: wenn ich sie aufgrund ihrer Kompaktheit einsetze, möchte ich trotzdem nicht das Gefühl haben, Bilder «2. Wahl» zu machen. Für mich ist es daher vor allem wichtig, die Bilder in einer gewissen «Tiefe» aufnehmen zu können, um später im Lightroom noch Nachbearbeitungsmöglichkeiten zu haben – und das verspricht die Möglichkeit, der RAW-Aufzeichnung ja schonmal. Ich denke da unterscheide ich mich sicherlich von der eigentlich angepeilten Zielgruppe – allerdings ist der UVP der RX 100-II mit 749,-€ schon in einer Region angesiedelt, die in der Klasse der Kompakt-Kameras durchaus nicht das «klassische» Klientel anspricht und schon als «Premium» bezeichnet werden könnte. Für das Geld bekommt man auch schon eine Nikon D3200 inklusive lichtstarkem 35mm Objektiv. Aber eine solche Kompakte hat natürlich ganz andere Vorteile: als allererstes ist sie möglicherweise genau dann dabei, wenn die «Große» zuhause geblieben ist und ermöglicht dann eben das Foto mit ihren speziellen Möglichkeiten aufzunehmen – anstatt mit dem mittlerweile ja omnipräsenten Smartphone.
Bevor ich nun die Sony in die Hand nehmen konnte, musste ich erstmal nach München – dorthin hatte Sony diesmal zur Präsentation und gemütlichem Beisammensein eingeladen. Wie schon letztes Jahr war wieder alles hervorragend organisiert. Nach einer kurzen theoretischen Vorstellung bekamen wir die Kameras in die Hand und auf ging es, in das berühmte BMW-Museum zum fotografischen Praxis-Test.
Das Museum bietet hervorragende Möglichkeiten, um insbesondere die spannenden Low-Light Bereiche einer Kamera auszutesten, die Mischung aus Kunst- und Tageslicht sowie die unterschiedlichen Beleuchtungssituationen gaben eine hervorragende Spielwiese ab und so konnten alle Tester ausgiebig die unterschiedlichsten Aufnahmesituationen und Motive ausprobieren.
Ich selbst bin mal wieder ganz unvoreingenommen an die Sache herangegangen. Für mich muss eine Kamera intuitiv zu bedienen sein – und das konnte ich gleich testen, denn technische Erklärungen oder gar eine Bedienungsanleitung gab es nicht – und diese waren erfreulicherweise auch nicht erforderlich.
Ich habe die Kamera fast immer im A‑Modus verwendet. Für eine Kompaktkamera nicht selbstverständlich, bietet die SonySCR-RX 100-II eigentlich das Bedienkonzept einer modernen Spiegelreflex. Die Modi P, A, S und M sind vorhanden und somit die für mich eigentlich ausschließlich wichtigen Modi A und M. Die Blende lässt sich dann mit dem hinteren Rad einstellen – die ISO nach einem Knopfdruck auf die Frei belegbare fn-Taste. Zusätzlich gibt es bei der Kamera vorne um das Objektiv herum noch einen Bedienring, der als «Haupteinstellrad» fungieren kann – z.B. für die Blende im A‑Modus – so wie früher, außerdem kann er gemeinsam mit der Fn-Taste für eine vielzahl von selbst zu bestimmenden Funktionen belegt werden. Ich selbst habe mich dabei ertappt stattdessen lieber das hintere Rad zu nutzen, aber das ist Geschmacks- und Gewohnheitssache und glücklicherweise funktioniert ja beides. Die eigene Belegung von Tasten habe ich in der kürze der Zeit nicht ausprobiert, aber dadurch kann man die Kamera sicherlich sehr fein an die eigenen Bedürfnisse anpassen – bei einer Kompakten nicht selbstverständlich.
Das operative Bedienkonzept ist, ähnlich, wie ich es bei der NEX schon erleben durfte, sehr durchdacht und schlank umgesetzt. Man findet sich auf Anhieb zurecht. Normalerweise muss man beim Fotografieren nicht in das Menü. Und das ist auch gut so. Denn das Menü ist – wie eigentlich bei allen Kameras (da ist Sony nicht alleine) – recht unübersichtlich – man ertappt sich dabei, alles linear durchzusuchen, um eine bestimmte Funktion zu finden. Aber ich gebe zu, dass ich auch bei meinen Nikons teilweise auch heute noch suchen muss.
Das Zeiss-Objektiv bietet einen Brennweitenbereich im Kleinbild-Äquivalent von 28–100mm bei einer maximalen Blendenöffnung von f/1.8. Das lässt natürlich auf den ersten Blick auf eine schöne Schärfentiefe hoffen und wird im Marketing auch so positioniert. Also versuchte ich auch mein Bestes, um Aufnahmen mit einer gewissen Tiefenstaffelung zu bekommen. Leider konterkariert der – zwar für Kompaktkameras verhältnismäßig große – aber doch insgesamt zu kleine 1″-Sensor dieses Vorhaben. Man muss schon sehr dicht an das Motiv heran (zum Glück liegt die Naheinstellgrenze bei irgendwas-um-die-fünf-Zentimeter) und der Hintergrund muss weit entfernt sein damit man einen entsprechenden Effekt erhält.
Nichtsdestotrotz ist das Zeiss Objektiv sehr gut. Es produziert kaum Bildfehler an dem 20,2 Megapixel Sensor. Außerdem hat die Kamera einen optischen Bildstabilisator eingebaut, der sowohl bei Video als auch bei Fotoaufnahmen einen guten Dienst leistet.
Sehr schön ist das Klappdisplay. Zwar nicht ganz so flexibel, da nur kippbar und nicht, wie z.B. bei der Nikon D5200 zusätzlich schwenkbar, aber es ermöglicht doch bodennahe und Überkopf-Aufnahmen. Das Display ist 3″ groß und steht mit seiner Auflösung von 1.2 Mio Punkten einer DSLR in nichts nach. Großer Pluspunkt!
Der ISO-Bereich geht von 100 bis 12.800 – und ich muss zugeben, ich war von der ISO-Leistung für den kleinen Sensor echt positiv überrascht. Ich habe natürlich keine Labor-Tests gemacht, aber die Aufnahmen mit ISO 6400 sehen durchaus brauchbar aus:
Im Video-Modus steht die praktische Focus-Peaking-Funktion zur Verfügung, die auch andere Sonys, wie die große A99 (ich berichtete) bieten, und die wir bei Nikon so schmerzlich vermissen. Damit lässt sich über den Live-View durch farbliche Hervorhebungen die Fokusebene ganz einfach erkennen – unverzichtbar für’s manuelle «Fokus-Ziehen». Als Faux-Pas darf man allerdings auch hier wieder den Firmware Bug erleben, der mich schon bei der A99 zum verzweifeln gebracht: bei eingeschalteter NTSC-Bildwiederholfrequenz (30 Bilder/sec) macht die Kamera bei jedem Einschalten (auch im Fotomodus) mit einem schwarzen Bildschirm und entsprechender Einblendung darauf aufmerksam, dass man sich in diesem Modus befindet. Diese Anzeige will dann auch noch mit einem Tastendruck bestätigt werden. Somit muss man in der Praxis eigentlich darauf verzichten, den schnellen 30fps Modus standardmäßig eingeschaltet zu haben und ihn dann jedes mal umständlich über das Menü aktivieren – wenn man es denn nicht vergisst.
Mit WiFi und NFC zeigt Sony dann, dass sie während andere noch «schnacken» durchaus «machen» können. Die Kopplung per WiFi ermöglicht das bequeme Verschicken von Fotos über Smartphones und andere WLAN-fähige Geräte und die NFC-Technologie, macht die Kopplung zum Kinderspiel. Ein NFC-fähiges Smartphone kurz mit der Kamera berührt, und die WLAN-Kopplung steht – einfacher geht’s eigentlich nicht.
Fazit
Für einen ausführliches Review reichte die Zeit natürlich nicht. Nach dem schönen Rundgang im BMW-Museum wollten wir ja auch noch die anderen Gadgets, die Sony dabei hatte bestaunen und so fuhren wir ins Upside East, wo es dann auch ein sehr leckeres «Roof-Top-Barbecue» gab – sogar mit umfangreicher und super leckerer Auswahl für uns Vegetarier.
Aber immerhin muss der Hersteller bei einer Kamera, die schon in den ersten Stunden Spaß macht, bei der man sich (bis auf das NTSC-Problem) über eine durchdachte Bedienung freut und die dann auch noch tolle Ergebnisse liefert, ja einiges richtig gemacht haben.
Insgesamt ist für mich der größte Spielverderber bei der Kamera – aber bei der Baugröße halt vermutlich nicht anders realisierbar – der kleine Sensor, der ein «freistellen» nur eingeschränkt ermöglicht. Auf der anderen Seite muss man sehen, dass man hier, trotz ihrer Baugröße eine «richtige» Kamera in der Hand hat, die Welten von dem entfernt ist, was «einfache» Point and Shoot oder Smartphones leisten. Die RAW-Dateien ließen sich in Lightroom 5 öffnen und boten eine ähnliche «Tiefe», wie man sie von DSLR-RAW-Dateien kennt. Das heißt es steht einiges an Dynamik-Umfang zur Verfügung, um Schatten aufzuhellen, Lichter abzumildern und selbstverständlich lässt sich der Weißabgleich während der Bearbeitung festlegen.
Wer seine DSLR mal zuhause lassen möchte, um mit leichtem Gepäck loszuziehen und trotzdem nicht auf seine gewohnte Fotografierweise und den Lightroom-Bearbeitungs-Workflow bei hoher Bildqualität verzichten möchte, dem sei die neue Sony ans Herz gelegt. Sie soll ab mitte August 2013 verfügbar sein. Der erfolgreiche Vorgänger, die DSC-RX 100, ist übrigens derzeit für weniger Geld zu haben – die Hauptunterschiede sind, dass die Vorgängerin kein Klappdisplay, keinen Blitz-/Zubehör-Schuh, kein NFC/WiFi hat, sowie der Sensor der Vorgeneration entstammt.
Hinweis: Bitte beachtet, dass ich keinerlei Kenntnis über die aktuellen Vergleichsmodelle der Mitbewerber habe und daher auch keine vergleichende Kaufempfehlung geben kann. Ich habe diesen Erfahrungsbericht ganz subjektiv aus der Sicht eines DSLR Benutzers geschrieben, die die Sony – als eine der wenigen Kompaktkameras in den letzten Jahren – in die Hand genommen, damit fotografiert hat – und positiv überrascht wurde.
Alle Fotos in diesem Artikel (bis auf die Produkt-Shots) wurden mit der DSC-RX 100-II im RAW-Format aufgenommen und in Lightroom bearbeitet.
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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