Bildgestaltung mit Schärfeverlauf und Perspektive – Diana lernt Fotografieren! – Folge 3

18052014
Wie kom­me ich denn nun von einem Schnapp­schuss zu einem guten Foto? – Bild­kom­po­si­ti­on und Bildaufteilung

Nun, da wir die tech­ni­sche Aus­stat­tung und die Grund­la­gen der Kame­ra­be­herr­schung bespro­chen haben, wol­len wir uns heu­te ein­mal das eigent­lich wich­tigs­te The­ma in der Foto­gra­fie vor­neh­men, näm­lich die Bildgestaltung!

Diana Lernt Fotografieren

Für mich stellt sich doch noch häu­fig das Pro­blem, das ich ein tol­les Motiv sehe, von dem Foto aber dann doch etwas ent­täuscht bin. Und das liegt nicht an der Kame­ra, und auch nicht an den Ein­stel­lun­gen. Ich den­ke, dies­be­züg­lich habe ich mitt­ler­wei­le eine Men­ge geübt und mit den Tipps aus den ers­ten bei­den Fol­gen alles rich­tig gemacht. Mei­ne Fotos sind auch rich­tig belich­tet – trotz­dem fehlt oft das gewis­se Etwas. Daher möch­te ich Gun­ther heu­te ein­mal dazu löchern.

Neu: Diana lernt Fotografieren – als Buch oder E‑Book!

Voll­stän­dig über­ar­bei­tet, der kom­plet­te Work­flow von der Aus­wahl der rich­ti­gen Kame­ra bis hin zur Bear­bei­tung und Orga­ni­sa­ti­on der Bil­der am Rech­ner. Drei­mal so umfang­reich wie die alte Online-Serie!

Dia­na: Ich sag’s mal ganz platt – wie kom­me ich von einem Schnapp­schuss zu einem tol­len Foto? :-)

Gun­ther: Uff – das ist aber eine schwie­ri­ge Fra­ge, die nicht in einem Satz zu beant­wor­ten ist. Viel­leicht hat es des­halb auch so lan­ge gedau­ert von der letz­ten zu die­ser Fol­ge, ich habe mir ja schon gedacht, was Du auf dem Her­zen hast… :-)

Dia­na: Ja – und jetzt hab’ ich Dich. Na komm, fang mal am Anfang an!

Gun­ther: Nun, ich den­ke ein Patent­re­zept gibt es da nicht. Und kann es auch nicht geben. Denn wir ver­las­sen mit die­ser Fra­ge­stel­lung nun ja den Bereich der Tech­nik und nähern uns den künst­le­ri­schen Aspek­ten. Und da hat natür­lich jeder, ob Anfän­ger oder Fort­ge­schrit­te­ner, ob Foto­graf oder Betrach­ter sei­ne eige­nen Vor­lie­ben und sei­nen eige­nen Geschmack. Was dem einen gefällt, gefällt dem ande­ren nicht – und umge­kehrt. Und genau­so, wie man schwer die Fra­ge beant­wor­ten kann «Erklä­re mir mal, wie man einen van Gogh malt» ist es auch schwer zu erklä­ren, wie man ein gutes Foto macht.

Dia­na: Jetzt red Dich nicht raus – wenn es jeder erklä­ren könn­te, müss­te ich Dich ja nicht fra­gen ;-) Erklär’ mir jetzt bit­te mal, wie man ein gutes Foto macht – abseits der tech­ni­schen Aspek­te! Ich will das auch können!

Gun­ther: Okay, ich will es mal ver­su­chen. Ich wer­de Dir ein paar «Bau­stei­ne» an die Hand geben, mit denen Du arbei­ten kannst. Zusam­men­set­zen musst Du sie dann selbst – nur so fin­dest Du Dei­ne eige­ne Bild­spra­che und machst «Dei­ne» Bilder.

Dia­na: Super, bin ganz gespannt!

Gun­ther: Also, ein ganz wich­ti­ger Aspekt, den Du beim Foto­gra­fie­ren nie ver­ges­sen darfst, ist, dass Du die drei­di­men­sio­na­le Wirk­lich­keit in einem zwei­di­men­sio­na­len Foto abbil­den möch­test. Dabei geht natür­lich viel ver­lo­ren. Erin­nerst Du Dich an Kor­si­ka? Dort stan­den wir nach einer anstren­gen­den Wan­de­rung oben auf dem Berg, genos­sen die wahn­sin­ni­ge Aus­sicht, fühl­ten uns fan­tas­tisch und die Wei­te war ein­fach unvor­stell­bar. Eine Wahn­sinns-Aus­sicht. Und kannst Du Dich an das Foto erinnern?

Die­ses Bild gibt nicht ein­mal annä­hernd die Rea­li­tät wieder.

Dia­na: Ja, es gab eigent­lich nichts von dem wie­der, was wir emp­fun­den haben, son­dern wirk­te langweilig.

Gun­ther: Genau – da eigent­lich so gut wie alles fehl­te, was für uns dort oben die Fas­zi­na­ti­on aus­mach­te. Die kla­re Luft, der Geruch nach Mac­chia, das Geräusch des Win­des sind dabei nur die offen­sicht­lichs­ten! Auf die müs­sen wir natür­lich beim Foto ver­zich­ten. Aber es gibt noch mehr: die Tie­fe, die Drei­di­men­sio­na­li­tät fehlt dem Foto. Unser Gehirn emp­fängt in der Rea­li­tät Infor­ma­tio­nen von bei­den Augen, die in der Regel eini­ge Zen­ti­me­ter von­ein­an­der ent­fernt lie­gen. Die­ser Ver­satz reicht aus, damit das Gehirn dar­aus ein Bild mit «Tie­fe» errech­nen kann. Das ist aber noch nicht alles. Dazu kommt, dass unser Kör­per und Kopf fast immer in Bewe­gung ist. Das heißt, bei­de Augen neh­men stän­dig die Umwelt aus leicht unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven wahr. Auch die­se Infor­ma­tio­nen nutzt das Gehirn, um die Umge­bung räum­lich wahr­zu­neh­men. Und zu guter Letzt wan­dert der Blick unbe­wusst stän­dig umher und fokus­siert auf unter­schied­li­che Stel­len, so dass die Schär­fe­ebe­ne wan­dert. Auch beim Auge ist es ja so, dass der Bereich, auf den es fokus­siert scharf ist und dahin­ter und davor das «Bild» unscharf wahr­ge­nom­men wird.

Dia­na: Stimmt, aber das kann ich mit der Kame­ra ja auch! Das habe ich mir gemerkt und schon umge­setzt: Blen­de auf, dann wird das, wor­auf ich fokus­sie­re scharf und der Rest unscharf.

Gun­ther: Genau, von all den eben auf­ge­zähl­ten Fak­to­ren, die in unse­rem Gehirn zum gesamt­heit­li­chen «Bild­emp­fin­den» zusam­men­ge­setzt wer­den, ist die­ser Schär­fe­ver­lauf eine der wich­tigs­ten Tech­ni­ken, die wir für ein Foto nut­zen kön­nen, um direkt Drei­di­men­sio­na­li­tät zu simu­lie­ren. Indi­rekt gibt es noch wei­te­re Tricks, zu denen kom­men wir dann später.

Um mit einem Schär­fe­ver­lauf arbei­ten zu kön­nen, benö­ti­gen wir aller­dings auch eine Sze­ne mit einer ent­spre­chen­den Tie­fen­staf­fe­lung. Das heißt, wir benö­ti­gen vor allem einen Vor­der­grund! Der Hin­ter­grund ist in der Regel sowie­so auto­ma­tisch da. Weißt Du noch letz­te Woche in Ham­burg, wo wir die «Tou­ris» beob­ach­tet haben, die mit aus­ge­streck­ter Kom­pakt­knip­se die Elb­phil­har­mo­nie foto­gra­fiert haben?

Dia­na: Hehe, das war lus­tig. Die haben alle das glei­che Bild gemacht.

Gun­ther: Ja, das lag aber nicht dar­an, dass sie eine Kom­pakt­knip­se benutzt haben, son­dern, das lag vor allem dar­an, dass sie kei­nen Vor­der­grund im Bild hat­ten. Dadurch sehen die Bil­der alle gleich aus. Und alle flach. Es ist völ­lig egal, ob der Tou­ri zwei Meter wei­ter links oder rechts steht. Die Attrak­ti­on steht im Mit­tel­punkt – sei es die Elb­phil­har­mo­nie, sei es der Eif­fel­turm oder das Bran­den­bur­ger Tor – jeder hat sie schon gese­hen und foto­gra­fiert. Hier etwas Beson­de­res zu machen, erfor­dert mehr, als nur die Arme aus­zu­stre­cken und abzu­drü­cken. Es geht dar­um, ein Bild zu «Kom­po­nie­ren» – also selbst und aktiv zu gestalten.

Dia­na: Naja, die Elfi ist ja schon da – zumin­dest so gut wie – viel zu Gestal­ten gibt’s da ja nicht mehr… Gun­ther: Wer weiß… :-) – aber ich mei­ne auch nicht das Gebäu­de als sol­ches – son­dern unser Bild. Und das kann sich ja aus ver­schie­de­nen Ebe­nen zusam­men­setz­ten. Die Hin­ter­grund­ebe­ne ist hier gesetzt – näm­lich die Elb­phil­har­mo­nie. Dazu müs­sen wir uns nun einen pas­sen­den Vor­der­grund suchen. Und das bedeu­tet, eben nicht genau an der Stel­le ste­hen zu blei­ben und den Zoom zu benut­zen, son­dern sich zu bewe­gen. Den Vor­der­grund durch geschick­te Wahl des Auf­nah­me­stand­punkts so gegen den Hin­ter­grund zu ver­schie­ben, dass sich ein stim­mi­ges Gesamt­bild ergibt. Und die­se Ver­schie­bung darf auch ger­ne sowohl in der waa­ge­rech­ten, als auch in der Senk­rech­ten stattfinden.

Dia­na: Wie meinst Du das?

Gun­ther: Ich mei­ne, dass Du Dich ruhig auch mal auf den Boden legen sollst, falls es erfor­der­lich ist, um Vor­der- und Hin­ter­grund zu kombinieren.

Dia­na: Ach des­we­gen gibt es immer die lus­ti­gen Bil­der von Dei­nen Fotorei­sen, wo die Teil­neh­mer im Matsch liegen :-)

Alles eine Fra­ge der Perspektive…

Gun­ther: klar – je klei­ner der Vor­der­grund, umso wei­ter muss man natür­lich run­ter, um ihn vor den Hin­ter­grund zu bekom­men. Weißt Du noch in Thai­land, wo Du den Hund foto­gra­fiert hast?

Dia­na: Stimmt – der Unter­schied war mehr als deutlich!

Hund von Oben: lang­wei­lig. Hin­ter­grund ist der Boden. Kei­ne Tiefe.

Genau. Bei dem ers­ten Bild (oben) hät­te der Hund über­all lie­gen kön­nen. Der Hin­ter­grund ist hier der Sand. Da der Hund auch direkt auf dem Hin­ter­grund liegt, liegt er in der glei­chen Schär­fe­ebe­ne. Frei­stel­len ist nicht.

Dia­na: Und dann hast Du mir gesagt, ich soll mei­ne «Kom­fort­zo­ne» verlassen… :-)

Making of…

Gun­ther: Rich­tig – und es hat sich gelohnt, oder?

Hund in Augen­hö­he – unschar­fer Hin­ter­grund, schön Frei­ge­stellt – Umge­bung mit im Bild.

Dia­na: Auf jeden Fall! Das Bild gefällt mir 1000x besser!

Gun­ther: Mir auch – nicht nur, dass man dem Hund in die Augen bli­cken kann, der Hin­ter­grund ist auch viel wei­ter weg und schön Frei­ge­stellt – dadurch bekommt man das Gefühl der Tie­fe und das Bild wirkt auch viel ruhi­ger. Wei­ter­hin wird auch ein biss­chen was von der Umge­bung sicht­bar. Pal­men, eine Hüt­te, der Sand. So gibst Du den Hund in sei­ner Umge­bung wie­der, ohne den Fokus auf dem Hund zu ver­lie­ren. Klas­se gemacht!

Dia­na: Dan­ke :-) Du weißt ja, für Tie­re bin ich immer zu haben…

Gun­ther: Aber zurück zu unse­rer Elb­phil­har­mo­nie. Das fol­gen­de Foto wäre z.B. ein ganz gutes Bei­spiel: die Phil­har­mo­nie als sol­ches ist nur ange­deu­tet in der Unschär­fe zu erken­nen, aber das Fern­glas zeigt auf sie und der Schrift­zug weist auch den Orts­un­kun­di­gen dar­auf hin, wor­um es geht. Hier steckt schon viel mehr Indi­vi­dua­li­tät drin, als in dem «Tou­ri-Bild» von oben und die Tech­nik ist ähn­lich, wie bei dem Hund.

Hier noch ein Bei­spiel, wie man das The­ma umset­zen könn­te, dies­mal mit schar­fem Hin­ter­grund und unschar­fem Vordergrund.

2014-02-25_151554_DSC_6779

Dia­na: Cool, wie hast Du die Elb­phil­har­mo­nie in die Ket­te bekommen? :-)

Gun­ther: Dazu muss­te ich nun mei­ne Kom­fort­zo­ne ver­las­sen. Ich wäre dabei fast in die Elbe gefal­len. :-) Um das Motiv so «zurecht­zu­schie­ben» muss­te ich näm­lich auf einen Pol­ler klet­tern und mich ziem­lich weit übers Was­ser beu­gen. Wenn man dann noch in einer Hand die Kame­ra hat, bleibt nur noch eine zum Festhalten…

Dia­na: Vol­ler Ein­satz also!

Gun­ther: Na klar, von allei­ne machen sich gute Fotos ja nicht… ;-) Okay, hier noch eine wei­te­re Varia­ti­on des Themas:

Du siehst, der Fan­ta­sie sind selbst bei sol­chen «tot­fo­to­gra­fier­ten» Moti­ven kei­ne Gren­zen gesetzt und sie las­sen sich auch ganz indi­vi­du­ell und per­sön­lich umset­zen. Wenn jetzt noch die Krä­ne irgend­wann weg sind… :-)

Dia­na: Meinst Du, das erle­ben wir noch? – Okay, ich fas­se also noch ein­mal zusam­men: Ich suche mir einen Hin­ter­grund, der mir gefällt, dann einen pas­sen­den Vor­der­grund der mir idea­ler­wei­se auch gefällt und der in irgend­ei­ner Wei­se zum Hin­ter­grund passt. Dann muss ich nur noch die rich­ti­ge Posi­ti­on für mei­ne Kame­ra und mich fin­den, um die bei­den ein­an­der so gegen­über zu stel­len, dass sich ein har­mo­ni­sches Gesamt­bild ergibt. Dabei kann ich durch Öff­nen der Blen­de und ent­spre­chen­des Fokus­sie­ren ent­we­der den Vor­der­grund oder den Hin­ter­grund scharf abbil­den und den Rest unscharf, um einen Ein­druck von Tie­fe zu vermitteln.

Gun­ther: Genau so!

Dia­na: Okay – das pro­bie­re ich mal. Ist das alles? Du hast ja vor­hin noch von wei­te­ren Tricks gesprochen.

Gun­ther: Natür­lich ist ein Schär­fe­ver­lauf nicht das ein­zi­ge Mit­tel, um dem Betrach­ter einen Ein­druck von Tie­fe zu geben. Jedes Bild wird ja vom Betrach­ter in einen gewis­sen Kon­text gesetzt. Z.B. weiß er, dass schrä­ge Lini­en, die ins Bild füh­ren, und sich ver­jün­gen in der Regel durch eine Flucht­punkt-Per­spek­ti­ve ver­ur­sacht wur­den, das heißt, dadurch zustan­de kom­men, dass Berei­che, die wei­ter weg sind auch klei­ner zu sehen sind. Auto­ma­tisch setzt das Gehirn des Betrach­ters die­se Infor­ma­ti­on dann in eine drei­di­men­sio­na­le Infor­ma­ti­on um. Hier mal ein ganz extre­mes Beispiel:

Flucht­punkt­per­spek­ti­ve

Auch ohne Schär­fen­ver­lauf ist hier die Drei­di­men­sio­na­li­tät deut­lich und die Wei­te der Land­schaft wir extrem betont. Aber auch auf unser Elb­phil­har­mo­nie-Bei­spiel lässt sich die­se Tech­nik übertragen.

2013-10-26_175050_GW8_2197

Die­ses Bild wirkt dadurch «Dyna­misch» und Drei­di­men­sio­nal, weil das Gelän­der unten schräg ins Bild führt, und die Abstän­de der Stre­ben zuein­an­der sich nach hin­ten hin visu­ell ver­klei­nern. Wei­ter­hin ist auch rechts im Bild das glei­che bei der Häu­ser­front zu beob­ach­ten. Dadurch erhält das Bild eine star­ke Tie­fen­wir­kung, auch ohne, dass ich hier groß mit Schärfe/Unschärfe gear­bei­tet hät­te. Aber auch hier ist es ent­schei­dend, dass das Bild aus ver­schie­de­nen Ebe­nen besteht, die in der Tie­fe gestaf­felt sind. Das Gelän­der und die Häu­ser­front ver­bin­det nun die­se Ebe­nen sogar mit­ein­an­der im Raum und sorgt für den Effekt.

Dia­na: Ver­ste­he – noch so ein «Bau­stein» – hast Du noch mehr?

Gun­ther: Klar. Zum Bei­spiel ist es oft sehr hilf­reich, für Grö­ßen­ver­glei­che zu sor­gen. Unser Gehirn braucht irgend­wel­che Anhalts­punk­te, um aus der «schwa­chen» 2D Pro­jek­ti­on, die wir mit unse­ren Fotos ablie­fern, auf die Rea­li­tät, die wir beim Foto­gra­fie­ren gese­hen haben, zu schlie­ßen. Bei dem Bild eben hat­te das Gehirn es leicht, es «weiß» aus Erfah­rung, wie groß ein Haus ist, wie hoch ein sol­ches Gelän­der ist oder ein Kran. Alles wird auto­ma­tisch in den Kon­text gerückt. Das ist aber nicht immer so.

Dia­na: Hmm – hast Du mal ein Beispiel?

Gun­ther: Klar, schau Dir z.B. mal das Bild von dem Was­ser­fall an, das ich ich Pata­go­ni­en gemacht habe.

Dia­na: Schö­nes Bild.

Gun­ther: Jaja –  ;-) – Aber denkst Du, Du nimmst ihn so impo­sant wahr wie wir, als wir vor Ort waren?

Dia­na: Ver­mut­lich nicht.

Gun­ther: Den­ke ich auch. Klar, es fehlt das Getö­se, der Gischt-Geruch, die kal­te Luft und die Dreidimensionalität.

Dia­na: Auf die kal­te Luft kann ich gut ver­zich­ten, ich bin froh, dass der Som­mer vor der Tür steht! :-)

Gun­ther: Die kann ich Dir auch nicht bie­ten, genau­so wenig wie Gischt-Geruch und Getö­se. Aber an der Drei­di­men­sio­na­li­tät kann ich arbei­ten. Im Moment kannst Du durch blo­ßes Betrach­ten des Bil­des gar nicht abschät­zen, wie groß der Was­ser­fall wirk­lich ist.

Dia­na: Das stimmt. Ich weiß ja auch nicht, wie groß die Bäu­me sind.

Gun­ther: Und hier kommt Roland ins Spiel. Er war der ers­te, der nach unten klet­ter­te, nach­dem die Park­wäch­ter weg waren, die mich vor­her noch zurück­ge­pfif­fen hat­ten. Schau Dir die­ses Bild mal im Ver­gleich an:

Dein Gehirn setzt nun auto­ma­tisch Roland mit dem Was­ser­fall in Bezug und schließt von sei­ner ange­nom­me­nen Grö­ße (auch wenn Du ihn noch nie gese­hen hast) auf die Grö­ße des Wasserfalls.

Dia­na: Wow, stimmt! Plötz­lich habe ich einen Bezugs­punkt und das Foto wirkt ganz anders.

Gun­ther: Eben. Und genau so, wie es eine Per­son sein kann, die für die­sen Bezug sorgt, kön­nen es auch ande­re Ele­men­te sein, die es dem Betrach­ter erlau­ben, das Bild bes­ser zu «begrei­fen». Ähn­lich ver­hält es sich mit die­sem Con­dor. Selbst in Rea­li­tät, fällt es schwer, abzu­schät­zen, wie groß die­se mäch­ti­gen Vögel sind, weil wir außer der Tat­sa­che, dass es die größ­ten Vögel über­haupt sind, nicht wirk­lich wis­sen, wie groß ein Con­dor tat­säch­lich ist. Wir wis­sen aber – zumin­dest die Meis­ten von uns – wie groß ein Schaf ist. Und wie hoch der Zaun sein könn­te. In Bezug zu dem Schaf gesetzt, «sehen» wir des­halb die wah­ren Aus­ma­ße – und das funk­tio­niert, weil wir natür­lich eher beur­tei­len kön­nen, wie groß ein Schaf ist, als ein Con­dor. Hin­zu kommt hier auch noch, dass der Con­dor deut­lich wei­ter weg ist, als die Scha­fe – also im Ver­hält­nis durch die grö­ße­re Ent­fer­nung klei­ner abge­bil­det wird.

Du siehst, die Beur­tei­lung eines Bil­des fin­det ganz stark im Kon­text des Betrach­ters statt. Wür­dest Du das Bild jeman­dem zei­gen, der noch nie ein Schaf in Rea­li­tät gese­hen hat, wür­de ihm das Foto auch nichts sagen. Es sei denn, er wüss­te z.B. wie groß ein Kara Kara ist – das ist der Vogel, der hin­ter dem Con­dor sitzt. Auch kein ganz kleiner…

Dia­na: Cool, so habe ich das noch nie gese­hen. Aber das Foto ist trotz­dem eher «Doku­men­ta­risch» oder – so ein rich­tig tol­les Foto ist es nicht.

Gun­ther: Aha – also sind Grö­ßen­ver­hält­nis und Tie­fen­wir­kung nicht alles, was man beach­ten muss, um ein «gutes» Foto zu machen. Was stört Dich denn?

Dia­na: Ich weiß auch nicht – es ist so ein Gefühl…

Gun­ther: Na gut, dann ver­su­che ich es ein­mal zu ana­ly­sie­ren: der Con­dor ist ver­ti­kal fast in der Mit­te, aber doch nicht ganz. Genau wie das Schaf. Der Hügel im Vor­der­grund ist zu domi­nant, im Ver­gleich zum Hin­ter­grund. Der Vor­der­grund ist zudem unru­hig. Dann gibt es noch den zwei­ten Kon­dor, den man aber auf­grund sei­ner Posi­ti­on nicht rich­tig erken­nen kann und der den Betrach­ter eher verwirrt.

Dia­na: Ja, und die Far­ben sind auch nicht so toll.

Gun­ther: Stimmt. Also muss es noch wei­te­re Fak­to­ren geben, die dar­über bestim­men, ob man ein Bild als «Schön» emp­fin­det, als die­je­ni­gen, die wir eben schon bespro­chen haben. Die Posi­tio­nie­rung der Haupt­ele­men­te und die Auf­tei­lung des Bil­des sind dabei wich­ti­ge Kri­te­ri­en. Aber ich den­ke, das machen wir dann in der nächs­ten Folge.

Dia­na: Okay – ich muss auch erst­mal alles ver­dau­en und aus­pro­bie­ren, das war eine Men­ge Input. Lie­be Leser, ich hof­fe, ihr seid dabei! Jetzt haben wir ja schon eine Men­ge Tipps von Gun­ther bekom­men, um tol­le Fotos zu machen. Ich habe den Ein­druck, allei­ne die Sache mit dem Vor­der- und Hin­ter­grund ist die hal­be Mie­te! Ich bin schon ganz gespannt. Berich­tet uns doch mal von Euren Erfah­run­gen und Expe­ri­men­ten in den Kommentaren!

Wei­ter geht’s mit der nächs­ten Folge:

Hat Dir der Artikel gefallen?

Dann melde Dich doch bitte zu meinem kostenlosen Newsletter an. Dann bekommst Du eine Nachricht bei neuen Artikeln und Du wirst auch exklusiv als erstes über neue Workshops und Reisen informiert! Außerdem gibt es dort auch immer wieder Hintergrund-Infos, die so nicht im Blog stehen.

Natürlich freue ich mich auch sehr, wenn Du mir bei YouTube, Instagram und Facebook folgst.

Alle Inhalte © Gunther Wegner

*) Mit einem Stern gekennzeichnete Links sind externe Partner-Links. Ihr unterstützt mich, wenn ihr darüber bestellt. Alternativ könnt ihr auch über folgende Direktlinks in die Shops wechseln:
Amazon.de, Amazon.at, Amazon.com, Foto Koch, Augenblicke-Eingefangen, camforpro.com.
Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!

Werbung

Unsere Empfehlungen*

  • Astrofotografie: Spektakuläre Bilder ohne Spezialausrüstung!
  • Excire Search für Lightroom: Bilder finden statt Suchen!
  • Foto Koch
  • Lutufy.Me LUTs für Lightroom, Premiere, Davinci etc.
  • Artlist - freie Musik für eure Videos!
  • Motion Array - Vorlagen, Plugins etc. für euren Videoschnitt!
Wir nutzen diese Produkte selber, bekommen aber eine kleine Provision, wenn ihr über diese Links kauft.

Letzte Kommentare

  • Gunther: Das ist Absicht, damit die Aufnahmen auf jeden Fall auf der sicheren Seite sind. Schau mal ob Du ggf. noch zustätzlich den Safety Track eingeschaltet hast, das zieht nochmal 6dB ab. Die Interne Aufze... (→ weiterlesen)

  • Michael: Ich habe mir ein Lark Max Set zum Testen besorgt, allerdings habe ich bei beiden Sendern das Problem, dass die interne Aufzeichnung eine sehr geringe Aussteuerung hat. Einfach so anhören ist nicht. N... (→ weiterlesen)

  • Dr. Andreas Sander: Danke! :-)... (→ weiterlesen)

  • Gunther: Hallo Andreas, es geht leider nicht. Die Usability dieser Bänke ist eine Katastrophe und das zieht sich durch die Kamera-Generationen. Historisch gewachsen... Ich habe dazu ... (→ weiterlesen)

  • Gunther: Hallo Stefan, ich habe den Link aktualisiert!... (→ weiterlesen)