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Die Anaconda

Los Llanos – frühmorgens

Früh­mor­gens, beim ers­ten Blick aus der Rund­hüt­te, emp­fängt uns hier, weit­ab von der Zivi­li­sa­ti­on, eine himm­li­sche Ruhe und eine unheim­lich kla­re, sau­be­re Luft. Wir hören nur die Lau­te der erwa­chen­den Tie­re in der Umge­bung. Die Son­ne steht noch tief über den Bäu­men und das Licht ist fan­tas­tisch. Schon habe ich die Kame­ra in der Hand um die Beleuch­tung auszunutzen.

Gleich hin­ter unse­rer Hüt­te beginnt die Wei­te der Llanos. Ich kann es kaum erwar­ten, mehr davon zu sehen!

Los Llanos – frühmorgens

Lei­der scheint es aber so, als ob Mon­te­zu­ma jetzt mich erwischt hät­te. Zunächst den­ke ich noch, das letz­te Bier ges­tern abend sei schlecht gewe­sen, oder es läge an der unge­wohn­ten Schlaf­wei­se in der Hän­ge­mat­te, aber irgend­wie fühlt sich mein Magen anders an. Das kann ich jetzt aber über­haupt nicht gebrau­chen! Ich bin schließ­lich nicht hier her gekom­men um krank zu sein!

Für heu­te mor­gen haben wir näm­lich eine ers­te Tour mit dem Jeep geplant. Wir möch­ten natür­lich mög­lichst vie­le Tie­re sehen und viel­leicht haben wir ja sogar das Glück, eine Ana­con­da zu ent­de­cken! Bei der gro­ßen Vor­freu­de, die ich jetzt schon so lan­ge habe, kom­men mir irgend­wel­che kör­per­li­chen Unpäss­lich­kei­ten natür­lich völ­lig ungelegen. 

Das Früh­stück las­se ich vor­sorg­lich aus und, trotz etwas schwa­chen Befin­dens, set­ze ich mich mit in den Jeep.

Vogel­pa­ra­dies Los Llanos

Über die schon von ges­tern bekann­ten roten Erd­we­ge geht es über die wei­te Ebe­ne. Zwi­schen­drin kom­men wir immer wie­der an Was­ser­lö­chern vor­bei, an denen sich Tie­re tum­meln. Vor allem sind es Vögel, Kai­ma­ne, Rin­der, wil­de Schwei­ne. Aber wir sehen auch die drol­li­gen Capi­va­ras, Schild­krö­ten und auch ein­mal eine Art Hir­sche. Immer wie­der flie­gen Schwär­me von bun­ten Vögeln über uns hin­weg. Das über­trifft abso­lut mei­ner Erwar­tun­gen. Ich kann nicht genug bekom­men und foto­gra­fie­re, was das Zeug hält!

Los Llanos – alle tref­fen sich an den Wasserlöchern

Los Llanos – alle tref­fen sich an den Wasserlöchern

Capi­va­ras

An einem etwas grö­ße­ren Was­ser­loch hal­ten wir an und gehen zu Fuß wei­ter. Über­all sehen wir im Schlamm die Spu­ren von allen mög­li­chen Tie­ren, nur eine Ana­con­da sehen wir nicht. 

Kro­ko­dil in den Llanos

Wir fah­ren wei­ter und kom­men zu einem wei­te­ren Was­ser­loch. Hier gibt es kaum Bewuchs, man hat eine ewi­ge Aus­sicht über die Ebe­ne der Llanos. 

Ewi­ge Wei­ten – Los Llanos

Wäh­rend ich noch eine Fami­lie klei­ner wil­der Schwei­ne Foto­gra­fie­re, höre ich Nico auf­ge­regt rufen: Hier ist eine, hier ist eine! Und in der Tat, da liegt sie, ein­ge­rollt in der Son­ne, ein wun­der­schö­nes Ana­con­da-Männ­chen. In frei­er Wild­bahn. Das ist schon ein impo­nie­ren­der Anblick! 

Das Ana­con­da Männ­chen, 2–3 Meter lang.

Die Schlan­ge ist ca. 2 1/2 Meter lang und damit für ein männ­li­ches Tier fast aus­ge­wach­sen. Wenn wir die­ses nur aus Mus­keln bestehen­de Tier hier vor uns betrach­ten und uns dann vor­stel­len, dass die größ­ten Ana­con­da-Weib­chen 6–8 Meter groß wer­den kön­nen, krie­gen wir eine Gänsehaut. 

Der gan­ze Rum­mel und die Kame­ras sind ihm offen­bar dann doch etwas zu viel und so beginnt er, sei­ne ein­ge­roll­te Lage auf­zu­ge­ben und kriecht in Rich­tung Was­ser­loch, wor­in er dann auch laut­los ver­schwin­det. Im gestreck­ten Zustand wird sei­ne Grö­ße jetzt erst so rich­tig deutlich.

Auf zum Wasser!

Die­ser Aus­flug hat sich jetzt schon gelohnt! Ich bin wirk­lich froh, dass ich mit­ge­fah­ren bin, auch wenn es mir über­haupt noch nicht bes­ser geht, son­dern eher das Gegen­teil der Fall ist. Die Son­ne, die jetzt schon ziem­lich hoch steht und uns auf die Köp­fe knallt, tut ihr übriges. 

Rosa Löff­ler in den Llanos

Trotz­dem las­se ich es mir nicht neh­men, mich mit auf das Auto­dach zu set­zen, wäh­rend wir wei­ter durch die­sen Frei­luft­zoo fah­ren. Von hier oben aus kann man fan­tas­tisch foto­gra­fie­ren. Über­all sehen wir Vögel, Kro­ko­di­le und ande­re Tie­re. Nach wei­te­ren zwei Stun­den sind wir gegen Mit­tag wie­der am Camp. 

Hier hat die Fami­lie schon das Mit­tag­essen vor­be­rei­tet. Auch ich möch­te ver­su­chen, ein Klei­nig­keit zu essen und hof­fe, dass es mir dadurch dann bes­ser geht. 

Pur­pur­far­be­ner Ibis in den Llanos

Ein schö­ner Wunsch. Ich schaf­fe genau einen Bis­sen. Bei dem zwei­ten sprin­ge ich auf und ren­ne zu dem etwas aus­ser­halb auf­ge­stell­ten Häus­chen. Kei­ne Sekun­de zu früh. Der Drang, mir das alles noch­mal durch den Kopf gehen zu las­sen, ist über­mäch­tig. Und nicht nur durch den Kopf. Ohne in Details gehen zu wol­len kann ich sagen, dass mein Kör­per alles von sich gibt, was er für über­flüs­sig (im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes) hält.

Das ist ja eigent­lich ein tol­ler Mecha­nis­mus des Kör­pers. Alles muss raus. Es dau­ert auch nicht wirk­lich lan­ge, aber danach füh­le ich mich ziem­lich erleich­tert – und es geht mir sofort etwas besser!

Los Llanos – Venezuela

An Essen ist erst­mal nicht mehr zu den­ken, so wie ich mich füh­le, lockt mich gera­de nur die Hän­ge­mat­te. Für den Nach­mit­tag haben wir einen Aus­flug mit dem Boot geplant, vom Fluss aus soll man her­vor­ra­gend Tie­re beob­ach­ten kön­nen. Da ich das natür­lich auf kei­nen Fall ver­pas­sen will, gebe ich mir jetzt genau 2 1/2 Stun­den, um wie­der fit zu wer­den. Danach soll mich Nico wecken.

Ich bin gera­de in Begriff ein­zu­dö­sen, als die Mam­ma des Hau­ses zu mir kommt. Sie ist eine sehr alte Frau mit india­ni­schen Zügen und sie hält mir ein damp­fen­des Getränk unter die Nase. Ohne gro­ße Wor­te bedeu­tet sie mir, dass ich das trin­ken sol­le. Ich bedan­ke mich und neh­me den Becher in die Hän­de. Ein selt­sa­mer, frem­der Geruch steigt mir in die Nase. Unde­fi­nier­bar, aber nicht unan­geehm. Ich kos­te und es schmeckt etwas bit­ter, etwas süß, etwas fruch­tig. Lang­sam trin­ke ich das Gebräu, und ein woh­li­ges Gefühl macht sich in mei­nem ange­schla­ge­nen Magen breit. Sehr schnell schla­fe ich ein.

Eine wun­der­ba­re Vogelwelt

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