Heute morgen geht es Nico zum Glück wieder besser und weil das Wetter hier in den Anden immer noch verhangen ist, beschließen wir, die geplante Reise in die Los Llanos anzutreten. Um 8:30 startet das Auto vor der Agency des Franzosen. Vorher müssen wir allerdings dringend noch Geld holen. Dieses brauchen wir nicht nur, um die Fahrt und die nächsten 3 Tage in den Los Llanos bezahlen zu können, sondern vor allem auch für die im Anschluss geplante, ungewisse Weiterreise quer durchs Land. Dort rechne ich mit größeren Schwierigkeiten, an Bargeld zu kommen.
Dass die Bargeldverfügbarkeit auch hier in Mérida, einer Stadt mit immerhin über 200.000 Einwohnern, für uns zu einem Problem werden könnte, damit hätten wir nie gerechnet, sollten diesbezüglich aber in Kürze eines besseren belehrt werden.Kurz vor Acht laufen wir also an der Pousada los. Gestern hatten wir gesehen, dass direkt auf dem Weg zu dem Franzosen eine Bank mit einem Geldautomaten davor ist, diese steuern wir an.
Nach einem kurzen Überschlag haben wir beschlossen, dass wir jeder 300.000 Bvs. abheben würden, damit sollten wir die Fahrt in die Los Llanos inklusive der Übernachtungen und Verpflegung auf der Ranch zahlen können und hätten dann immer noch genug Bares, um die Weiterreise anzutreten.
Als ich meine Mastercard in den Automaten einführe, weigert sich dieser jedoch, eine Auszahlung vorzunehmen. Ich probiere es mit der EC-karte – wieder nichts. Nico probiert es mit seiner Visa: auch nichts.
Da wir auf dem Flughafen ja auch schon kein Geld bekommen hatten, lässt sich selbst mit der größten Logik und Besonnenheit der Gedanke, dass unsere Karten möglicherweise nirgendwo in Venezuela funktionieren würden, nicht ganz verdrängen. Natürlich ist das unwahrscheinlich, aber ein gewisses Angstgefühl stellt sich in einer solchen Situation schon ein.
Was tun?
Die Banken machen erst um 9:00 auf, der Franzose fährt um 8:30 los. Nur wegen dieser blöden Unachtsamkeit – warum nur haben wir uns nicht schon gestern um das Geld gekümmert? – würden wir nur sehr ungern noch einen Tag länger hier bleiben. Außerdem wäre dann unsere Fahrgelegenheit in die Los Llanos weg. Alles Scheiße. Klar kann man sich jetzt immer rechtfertigen, gestern war ja noch gar nicht sicher, ob wir fahren, Nico war krank, bla bla bla aber das hilft uns jetzt ja auch nicht weiter. Wir brauchen eine Lösung!
Vor der Bank steht ein Wachmann. Ich frage ihn auf Spanisch, was wir tun können, unsere Karten würden nicht akzeptiert! Er bedeutet uns, dass gleich jemand käme, den wir fragen könnten, warum der Automat nicht funktioniere. Wir warten also. Aber was heißt das hier schon – gleich??
Irgendwann kommen andere Leute, sie haben aber offensichtlich auch Probleme mit den Automaten. Ein bisschen erleichtert uns das, auch wenn es uns kein Stück weiter weiter hilft. Ich frage sie, ob es noch weitere Automaten in der Nähe gäbe? Ja, immer die Straße runter, sagen sie – aber die seien um die Zeit bestimmt auch leer. Die Situation erinnert mich an die Probleme, die wir über die Ostertage in Bareirinhas in Brasilien hatten.
Scheiße, uns läuft die Zeit weg! Als wir gerade unsere Rucksäcke schultern und die andere Bank suchen wollen, ruft uns der Wachmann von der anderen Straßenseite aus noch einmal zurück. Was will der denn jetzt noch?Anscheinend ist gerade eine Bankangestellte gekommen – aber nur um selber Geld zu holen. Ob sie das hinbekommt, kann ich leider so schnell nicht sehen. Jedenfalls ist der Wachmann so nett, sie für uns anzusprechen. Was wir denn für Karten hätten, will sie wissen. Maestro, Mastercard, Visa. Alles dabei. Geht aber alles nicht. Dann der Tipp: Da hinten bei den Hochhäusern, da gibt es eine Zentralbank. Probiert es da einmal!
Oh Mann, wir haben noch 10 Minuten, dann fahren die ohne uns los.
Jetzt auf die lateinamerikanische Unpünktlichkeit zu hoffen wäre echt optimistisch – zumal – ob die auch für Franzosen gilt?
Ich habe nach seiner Erklärung immer noch keine Ahnung, wo diese Bank sein soll, aber Nico meint, als er «Hochhäuser» hört, sich zu erinnern, dass wir da am ersten Tag bei unserer Stadterkundung vorbei gekommen seien.
Und in der Tat – nach einigem Suchen findet Nico wirklich die Bank! Ein Glück, dass er sich daran noch erinnern konnte, sonst hätten wir die nie so schnell gefunden.
Geschafft?
Mit zitternden Händen führen wir unsere Karten ein und juhuu – hier klappt es dann endlich. Jetzt heißt es abräumen! In 200.000er Packen holen wir das Geld aus den Automaten, mehr gibt dieser pro Abhebung leider nicht her. Jeder von uns 3 Mal. Wer weiß, wann wir wieder die Gelegenheit dazu haben.
Ich Nachhinein betrachtet konnten wir uns hier noch echt glücklich schätzen, dass das Limit hier immerhin bei 200.000 (ca. 70 €) liegt, später würden wir hier in Venezuela noch oft auf Automaten stoßen, die ein noch deutlich geringeres Limit haben.
Über den Grund für die niedrigen Limite können wir natürlich nur spekulieren. Aber auch in Venezuela zahlt man für jede Transaktion Gebühren – ein Schelm, wer hier einen Zusammenhang vermutet…
Uns ist das aber gerade total egal. Wir packen das Geld ein, verteilen es natürlich noch schnell am Körper – soviel Zeit muss sein – und dann rennen wir, so schnell es mit den Rucksäcken geht, zu dem Franzosen.
Geschafft. Oder? Denn hier ist keiner. Nicht mehr? Sind die etwa schon weg? Oder noch nicht – ist er etwa doch schon annektiert?
Zu unserem Glück stellt sich nach 10 Minuten heraus, dass zu unserem Glück in der Tat Letzteres der Fall ist. Gemütlich kommt er in die Agency und mit einer dreiviertel Stunde Verspätung geht es dann los. Er fährt allerdings auch nicht selbst, sondern stellt uns unseren Guide Juan vor, der uns in die Los Llanos fahren wird und dort auch die nächsten Tag mit uns verbringen wird. Juan fährt mit seinem offenbar privaten allradgetriebenen Van und macht einen netten Eindruck.
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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