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On Top – Roraima Trek, 4. Tag

Der Maverick spie­gelt sich in einem nahen Tümpel

Und wie­der lau­fen wie­der durch die­se sur­rea­le Land­schaft, die einer­seits fel­sig und karg, ande­rer­seits aber auch grün und mit vie­len inter­es­san­ten und unbe­kann­ten Pflan­zen über­sät ist. Bal­bi­na geht vor­an, wir fol­gen ihr. Wie­der beein­druckt es mich, wie ziel­si­cher Sie sich hier oben ori­en­tiert. Heu­te haben wir den gan­zen Tag Zeit, um über das Pla­teau zu wan­dern und sei­ne Geheim­nis­se zu ent­de­cken. Viel­leicht haben wir ja Glück, und fin­den wir ja auch einen der urzeit­li­chen Frö­sche, einen Oreo­phry­nella, ein Relikt aus der Urzeit.

Der Rorai­ma hat die Form eines Stiefels

Wenn man von oben auf den Rorai­ma blickt, hat er die Form eines Stie­fels mit glei­cher Aus­rich­tung wie Ita­li­en, nur dass er auf der Hacke auf­ge­setzt ist, und die Zehen nach oben zei­gen. In die­ser Ana­lo­gie befin­det sich die Ram­pe, über die wir auf­ge­stie­gen sind, unge­fähr in der Mit­te der Fuß­soh­le, unser Hotel etwas wei­ter Rich­tung Hacke und die Fett­schwalme an der Hacke. Heu­te gehen wir hin­ge­gen in Rich­tung der Zehen, erst an der Ram­pe vor­bei und dann die Fuß­soh­le wei­ter aufwärts.

Unser Weg führt uns also nach Wes­ten, genau­er, Nordwesten.

Wir hal­ten uns bei der Stie­fel­spit­ze auf… Ein­ge­zeich­net: unse­re Route

Auf der Kar­te schön zu sehen: (5) das Base Camp, (6) die Ram­pe, (7) der «Pass der Trä­nen», die schwer pas­sier­ba­re Stel­le, (8) der Maverick, (CAMP) Unser «Hotel», (13) die Schlucht der Fett­schwalme, (11) das «Fens­ter» zum Kukenán, (10) der Abgrund in Wol­ken, (12) die Jacuz­zis. Auch schön zu sehen, die Rich­tung in die die Wol­ken zwi­schen Rorai­ma und Kukenán neh­men. Bit­te drauf­kli­cken, um die Kar­te groß zu sehen!

Das inter­es­san­te an der Land­schaft hier oben ist, dass sie so unheim­lich viel­fäl­tig ist. Hin­ter jedem Fel­sen, hin­ter jeder Kup­pe, in jedem Tal war­tet eine neue Überraschung.

Fels­durch­brü­che

Zum Bei­spiel pas­sie­ren wir einen rie­si­gen Fels­durch­bruch mit zwei über ein Meter gro­ßen Löchern, die über­ein­an­der lie­gen. Kur­ze Zeit spä­ter stei­gen wir auf eine Anhö­he und gleich dahin­ter kom­men wir an einem See vor­bei. In sei­ner Mit­te befin­det sich eine klei­ne Insel aus Fels. Der Gra­nit der Insel ist wie eine Burg geformt. Es sieht aus wie ein schot­ti­sches Cas­tel mit­ten auf einem See.

Ein schot­ti­sches Cast­le in Miniaturausführung?

Und dann die Far­ben. Ich fin­de, jede Gegend auf der Erde hat ihre cha­rak­te­ris­ti­schen Far­ben. Wenn ich die­se hier cha­rak­te­ri­sie­ren soll­te, wür­de ich den Kon­trast zwi­schen dem sagen­haf­ten Blau des Him­mels, dem Rot vie­ler Pflan­zen und man­cher Fel­sen und dem Grau-Braun des Gra­nits in Ver­bin­dung mit dem Grün/Gelb der Pflan­zen nennen.

Ein Tal, das fast aus­schließ­lich aus Berg­kris­tall besteht

Wir gehen wei­ter. Hin­ter der nächs­ten Kup­pe war­tet ein wei­te­res High­light. Bal­bi­na führt uns zum «Val­ley of Crys­tals», dem Tal der Kris­tal­le. Ein Tal, das fast aus­schließ­lich aus Berg­kris­tall besteht.

Val­ley of Crys­tals – das Tal der Kristalle

Schon vom wei­ten sehen wir es schim­mern und in den Son­ne blin­ken. Bal­bi­na schärft uns noch ein­mal ein, dass auch hier auf kei­nen Fall Stei­ne oder Dru­sen mit­ge­nom­men wer­den dürf­ten, aber das ist uns ohne­hin klar. Sie erzählt, dass die Pracht vor eini­gen Jahr­zehn­ten noch um in Viel­fa­ches grö­ßer gewe­sen sei und das, was wir sehen, eigent­lich nur noch die kläg­li­chen Über­res­te der eins­ti­gen Fül­le wären. Als bekannt wur­de, dass es auf dem Rorai­ma Edel­stei­ne und Halb­edel­stei­ne in rau­hen Men­gen gäbe, haben sich natür­lich sofort rei­che Ame­ri­ka­ner mit Hub­schrau­bern hier­her flie­gen las­sen, und die Kris­tal­le säcke­wei­se abtrans­por­tiert. Mitt­ler­wei­le ist das glück­li­cher­wei­se seit eini­gen Jah­ren ver­bo­ten und wird auch streng kontrolliert. 

Die engs­te Stel­le zwi­schen Rorai­ma und Kukenán

Nach­dem wir das Tal durch­wan­dert haben, errei­chen wir die Kan­te des Rorai­ma im äußers­ten Wes­ten, also die «Zehen­spit­ze». Hier ist er dem Kukenán am nächs­ten und von hier aus haben wir dem ent­spre­chen­de auch einen tol­len Blick auf den nun sehr nahen Schwes­ter-Tepui. Wir machen eine Pau­se. Hier gibt es ein so genann­tes «Fens­ter» einen Schacht in einem Fels­über­hang, der den senk­rech­ten Blick auf den hun­der­te Meter unter uns lie­gen­den Regen­wald frei gibt. Jeder von uns will natür­lich ein­mal bis an die Kan­te her­an­rob­ben und den Blick in die Tie­fe wagen. 

Hier geht es extrem tief runter…

Nico und ich an der Kante

Der wei­te­re Weg führt uns an der engs­ten Stel­le zwi­schen Rorai­ma und Kukenán ent­lang, also auf den «Zehen» in Rich­tung «Fuß­rü­cken». Einer Pas­sa­ge, die für ihre Wet­ter­um­schwün­ge bekannt ist. Schon an den ers­ten bei­den Tagen unse­rer Wan­de­rung hat­ten wir gese­hen, wie sich die Wol­ken zwi­schen den zwei Tepuis bil­de­ten und sich zwi­schen die­sen hin­durch scho­ben. Jetzt sehen wir das Schau­spiel von oben. Unter uns schie­ben sich – wie eine Lawi­ne – dicke Wol­ken zwi­schen den Tafel­ber­gen hin­durch. Je wei­ter wir nach Nord-Osten kom­men, um so schlech­ter wird die Sicht. Wir nähern uns dem Ursprung der Wol­ken­bil­dung. Selbst auf unse­rer Kar­te vom Rorai­ma sind dies Wol­ken ein­ge­zeich­net. Wir nähern uns dem nörd­li­chen Ende des «Span­nes».

Dicke Wol­ken bau­en sich inner­halb von Minu­ten auf

Da wir hier kei­ner­lei Sicht mehr haben, son­dern von dicken Wol­ken umhüllt sind, schlägt Bal­bi­na vor, eine Stel­le etwas wei­ter süd­lich auf­zu­su­chen. Wor­um es sich dabei genau han­delt, will sie nicht ver­ra­ten. «Zur Ent­span­nung» sagt sie nur, «Ihr wer­det schon sehen…» 

Folgt mir, ich ken­ne da ein schö­nes Plätzchen!

Sie führt uns über ein Bach­lauf Rich­tung Süden, weg von den Wol­ken. Wir pas­sie­ren noch eini­ge Täler und Fels­hü­gel und dann sehen wir, was sie meinte. 

Nicht zuviel ver­spro­chen! Rela­xen im Jacuzi

Und sie hat nicht zu viel ver­spro­chen. Inmit­ten der Fel­sen lie­gen zwei wun­der­schö­ne Becken mit kris­tall­kla­rem Was­ser, die soge­nann­ten «Jaku­zis», die ein­fach zum Baden ein­la­den. Beson­ders Ange­lo, unser Lüt­ter, freut sich rie­sig und ist auch der ers­te, der dort hin­ein­springt. Aber auch wir ande­ren sind nach der nun schon meh­re­re Stun­den dau­ern­den Wan­de­rung über die Fel­sen dank­bar über die Pau­se und die Erfrischung. 

Kris­tall­kla­res Was­ser auf dem Roraima

Nach unge­fähr einer Stun­de ent­spann­ten Rela­xens bei traum­haf­tem Son­nen­schein ist die Zeit gekom­men, zum Lager zurück­zu­keh­ren. Mitt­ler­wei­le ist es schon Nach­mit­tag und wir haben noch einen ganz schö­nen Weg vor uns. 

Eine Zeit­span­ne, die sich jeder Vor­stel­lungs­kraft entzieht.

Oreo­phry­nella, die Urzeitkröte

Plötz­lich bleibt Bal­bi­na ste­hen und zeigt auf etwas klei­nes, schwar­zes auf dem Sand­stein vor ihr. Was wir zuerst gar nicht ein­ord­nen kön­nen stellt sich bei nähe­rem Betrach­ten als klei­ner, war­zen­über­sä­ter Frosch her­aus: Eine Oreo­phry­nella! Eigent­lich ist es vom Aus­se­hen her eher eine Krö­te. Sie wird aller­dings maxi­mal drei Zen­ti­me­ter lang. Unend­lich lang­sam, gera­de­zu in Zeit­lu­pe bewegt sie sich mit weit aus­ho­len­den Bein­be­we­gun­gen über den Fels. Bal­bi­na erzählt, das sie im Fal­le einer Bedro­hung nicht etwa weg­läuft oder hüpft, son­dern sich zu einer Kugel zusam­men­rollt und sich ein­fach den nächs­ten Fel­sen her­un­ter­rol­len lässt. Das aller­dings wol­len wir nicht aus­pro­bie­ren. Wir las­sen das Tier nach einem schnel­len Foto wie­der alleine. 

Kan­nen­pflan­zen war­ten auf ihre Opfer

Wie bei vie­len der hier vor­kom­men­den Rep­ti­li­en leben die nächs­ten Ver­wand­ten der Oreo­phry­nella in Afri­ka. Damit ist auch die Oreo­phry­nella ein Relikt aus einer längst ver­ges­se­nen Zeit, lan­ge bevor sich die Wege Afri­kas und Süd­ame­ri­kas vor über 160 Mil­lio­nen Jah­ren trenn­ten. Und selbst die­ser unvor­stell­ba­re Zeit­raum ist noch nichts gegen das Alter des Rorai­mas. For­scher schät­zen es auf knapp 2 Mil­li­ar­den Jah­re. Das hab ich aller­dings – glau­be ich – schon­mal geschrie­ben. Aller­dings wage ich zu behaup­ten, dass man über eine sol­che Zahl schnell hin­weg liest. So geht es mir immer. Was bedeu­tet die­ses Alter? Was macht das Alter des Rorai­ma so besonders?

2.000 Mil­lio­nen Jah­re. Vor 2.500 Mil­lio­nen Jah­re ist die Erd­tem­pe­ra­tur erst­mals auf unter 100 Grad Cel­si­us gesun­ken. Auf der Erde gibt es kaum Gestein, das älter als 600 Mio. Jah­re ist. Alles ande­re ist längst durch Druck und Tem­pe­ra­tur in die Tie­fe der Erde verschwunden.

Wun­der­schö­ner Roraima

Wir haben gera­de erfah­ren, dass sich der Ur-Kon­ti­nent Godswa­na vor 160 Mil­lio­nen Jah­ren in die heu­te noch exis­tie­ren­den Kon­ti­nen­te Ame­ri­ka und Afri­ka getrennt hat. Das heißt, wenn der Rorai­ma am 1. Janu­ar 100 Jah­re alt wür­de, dann hät­ten sich die Kon­ti­nen­te in sei­nem 92. Lebens­jahr begon­nen zu tren­nen. Und die gesam­te Erde wür­de über­haupt erst 50 Jah­re vor sei­ner Geburt ent­stan­den sein!

Um die­se Zeit­span­nen über­haupt grei­fen zu kön­nen müss­te man jetzt noch ein­schät­zen kön­nen, wann die Mensch­heit dazu gekom­men ist.

Der auf­rech­te Gang begann mit dem Homo Erec­tus vor rund 1,8 Mil­lio­nen Jah­ren, unser hun­tert­jäh­ri­ge Rorai­ma ist jetzt schon seit 11 Mona­ten 99 Jah­re alt und fei­ert im nächs­ten Monat sei­nen Hundertsten. 

Der Homo Nean­der­tal­ensis, auch bekannt als «Nean­der­ta­ler» exis­tier­te vor ca. 200.000 Jah­ren. Unser bald hun­dert­jäh­ri­ge Rorai­ma kreuzt auf sei­nem Kalen­der den 27. Dezem­ber an. In 3 Tagen wird er hun­dert. Die Gäs­te sind lan­ge geladen.

Far­ben­fro­he Flo­ra, wohin man blickt

Der Homo Sapi­ens kam schließ­lich vor ca. 40.000 Jah­ren nach Euro­pa – wir schrei­ben den 31. Dezem­ber, Rorai­ma sitzt beim Früh­stück. Das Jahr 0 unse­rer Zeit­rech­nung schließ­lich beginn um 23:10 am 31.12., also 50 Minu­ten vor dem 100 Geburtstag.

Der Schrift­stel­ler John McPhee hat ein­mal geschrie­ben: „Wenn man als Maß­ein­heit für die Geschich­te der Erde (3 Mrd. Jah­re) das alte Eng­li­sche Yard nimmt, also die Län­ge von der Nase des Königs bis zur Spit­ze sei­ner aus­ge­streck­ten Hand: Dann tilgt ein ein­zi­ger Fei­len­strich über den Nagel­rand des Mit­tel­fin­gers die gan­ze Geschich­te der Menschheit“.

Ich fin­de, die­se Ana­lo­gien machen ziem­lich deut­lich, was das Beson­de­re an die­sen Tepuis ist und wes­halb sie unbe­dingt geschützt wer­den müssen!

Wie­der kom­men wir am Maverick vor­bei. Ich fra­ge Bal­bi­na, ob man da hoch­ge­hen kön­ne? Mit einem kur­zen Blick zur Son­ne schätzt sie die Uhr­zeit ab und fragt dann in die Run­de: «wollt ihr?»

Fleisch­fres­sen­de Pflan­zen – gibt es des­we­gen kei­ne Moskitos?

«Klar!» Sage ich. Auch Fidel und sei­ne Beglei­te­rin sind dabei. Die ande­ren wol­len lie­ber zurück gehen. Bei Nico kann ich das voll ver­ste­hen. Ein Wun­der, dass er mit sei­nen Füßen über­haupt noch lau­fen kann und mor­gen steht der gesam­te Abstieg, eine Dop­pel­etap­pe bis zu unse­rem aller­ers­ten Lager, auf dem Programm. 

Tho­mas, Bal­bi­nas Beglei­ter, geht also mit den ande­ren schon vor zum Lager und wir machen uns gemein­sam mit Bal­bi­na an den Auf­stieg auf den höchs­ten Punkt des Roraima.

Es sind noch ein­mal rund zwan­zig Minu­ten Kra­xel­tour, dann ste­hen wir oben – auf dem defi­ni­tiv höchs­ten Punkt der Gran Saba­na, dem 2810 Meter hohen Maverick. 

Der Maverick heißt so, weil die­ser Fel­sen aus­sieht, wie die Schnau­ze eines rie­si­gen, alten Ford Maverick. Hier füh­le ich mich wirk­lich wie auf dem Dach der Welt! Der Rund­um­blick umfasst jetzt nicht nur die Gran Saba­na, son­dern auch den Rorai­ma unter mir und den Kukenán neben mir. 

Ich erwi­sche einen nicht ganz siche­ren Tritt und mein lin­ker Fuß rutscht ab

Natür­lich ist die Beleuch­tung nicht mit der heu­te mor­gen zu ver­glei­chen, aber dafür ist die Rund­um­sicht von hier oben aus unver­gleich­lich. Wir haben nicht nur die 180 Grad Sicht auf die Flan­ke des Rorai­ma, die Gran Saba­na und den Kukenán, son­dern in die ande­re Rich­tung auch den Blick über das nun unter uns lie­gen­de Rorai­ma-Pla­teau, soweit das Auge bli­cken kann. Mit einem Wort: Unüber­treff­lich. So lang­sam gehen mir wirk­lich die Super­la­ti­ve aus, aber das hier ist defi­ni­tiv das fas­zi­nie­rends­te Pan­ora­ma, das ich je gese­hen habe!

Fan­tas­ti­sches Pan­ora­ma vom Maverick (2810 Meter hoch) aus

Das muss ich natür­lich foto­gra­fie­ren. Ich beschlie­ße, eine Pan­ora­ma Auf­nah­me aus vie­len Ein­zel­bil­dern zu machen, die ich spä­ter am Com­pu­ter zusam­men­bau­en kann. Dafür wage ich mich recht dicht an den Abhang. Wäh­rend­des­sen unter­hal­te ich mich mit Fidel über irgend­et­was und bin offen­bar nicht ganz kon­zen­triert, so dass ich einen nicht ganz siche­ren Tritt erwi­sche und mein lin­ker Fuß abrutscht. Reflex­ar­tig grei­fe ich in eine Pflan­ze, die auf dem Fel­sen neben mir wächst, um mich fest­zu­hal­ten, erwi­sche aber prompt eine, die über und über mit Dor­nen gespickt ist. Der Schmerz lässt mich zurück­zu­cken aber ich las­se die Pflan­ze zum Glück nicht los solan­ge mein Fuß nicht wie­der halt hat. Puh. Das gan­ze spielt sich in einem Bruch­teil einer Sekun­de ab und setzt eine Extra­do­sis Adre­na­lin in mei­nem Kör­per frei. Ein wei­te­rer Tritt und ich ste­he, dank der Pflan­ze stüt­zen­den, wenn auch schmerz­haf­ten, Wir­kung der Pflan­ze wie­der auf fes­tem Fel­sen. Nicht aus­zu­den­ken, wenn sie sich aus dem Fels gelöst hät­te oder abge­ris­sen wäre. Dafür zah­le ich ger­ne den Preis, dass mei­ne Hand jetzt vol­ler Dor­nen steckt.

Das Gan­ze ging so schnell, dass die ande­ren es kaum bemerkt haben und ich ver­su­che mir, auch erst­mal nichts anmer­ken zu las­sen. Bal­bi­na fragt: «Alles in Ord­nung?» ich: «jaja, kein Pro­blem.» Mein Herz klopft bis zum Hals. Hof­fent­lich hört das keiner.

Ich will hier nicht weg!

Eine Wei­le hal­ten wir uns noch hier oben auf. Um ehr­lich zu sein, eigent­lich will ich hier gar nicht mehr weg. Ich kann mich ein­fach nicht satt sehen an die­sem Pan­ora­ma. Dazu kommt, dass sich die Son­ne jetzt lang­sam senkt und ich wün­sche mir natür­lich nichts sehn­li­cher, als bis zum Son­nen­un­ter­gang hier zu blei­ben. Lei­der jedoch ist das nicht mög­lich, da wir vor Ein­bruch der Dun­kel­heit wie­der am «Hotel» sein müs­sen. Und so machen wir uns also an den Abstieg. Bal­bi­na geht wie­der vor und wir fol­gen ihr bis wir das Lager kur­ze Zeit spä­ter erreichen. 

So lang­sam wird uns klar, dass es mor­gen heißt Abschied zu neh­men, von die­ser ver­lo­re­nen Welt. Ich bin zwie­ge­spal­ten. Klar sehen wir neu­en Aben­teu­ern ent­ge­gen. Aber ande­rer­seits hat mich etwas von die­sem Berg wirk­lich in sei­nen Bann gezo­gen. Ich spü­re das noch heu­te, wo ich die­se Zei­len auf­schrei­be. Eine Fas­zi­na­ti­on, die ich vor­her sel­ten erlebt habe, und die mich ver­mut­lich mein Leben lang nicht los­las­sen wird. Ich weiß: Einen Teil des Rorai­mas wer­de ich mit­neh­men. Ob ich noch einen Tag hier oben blei­ben wür­de, wenn es gin­ge? Sofort!

Wun­der­schö­ne Flo­ra auf dem Roraima

Dass das nicht jedem so geht, spü­re ich spä­tes­tens abends, als ich mit Nico bespre­che, wie unse­re Tour wei­ter­ge­hen soll. Wir hat­ten ja mal ange­dacht, noch einen Abste­cher nach Canaí­ma, zum Auyan-Tepui und dem sich dort befind­li­chen «Sal­to Angel», dem höchs­ten Was­ser­fall der Welt zu machen. Der Tepui-Bann, der mich gefan­gen hat ver­langt: jaja – da wol­len wir auf jeden Fall hin! Drei bis vier Tage, noch einen Tafel­berg, jaja :-) Lei­der sieht Nico das anders. Er hat die Nase voll vom Wan­dern auf nack­tem Fleisch und vom schla­fen auf nack­tem Fels. Er will an die Küs­te, rela­xen und sur­fen. Ich kann das natür­lich ver­ste­hen. Den­ke mir aber, dass er sei­ne Mei­nung bestimmt noch ändern wird, wenn wir erst­mal unten sind und sich sei­ne Füße etwas erholt haben. 

Ich schla­ge also vor, die Ent­schei­dung erst­mal auf spä­ter zu ver­ta­gen, wenn wir in San­ta Ele­na mehr Details über unse­re Rei­se­op­tio­nen her­aus­be­kom­men haben.

Ales in allem sind wir heu­te von 8:30 bis 16:00 über den Rorai­ma gewan­dert – eine ganz schö­ne Tour! Und dabei haben wir gera­de mal die «Fuß­spit­ze», und somit nur ein ganz klei­nes Stück des Tepuis gese­hen! Das Drei­län­der­eck Bra­si­li­en / Veneu­e­la / Guya­na befin­det sich übri­gens fanz oben, am Stiefelschaft!

Eines bin ich natür­lich noch schul­dig. Das Pan­ora­ma, für das ich fast abge­stürzt bin. Da die sagen­haf­te 360 Grad Rund­um­sicht als Bild hier viel zu klein erschei­nen wür­de, habe ich dar­aus ein Video gemacht. Aber seht selbst…

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