Rückfahrt mit Hindernissen, Roraima Trek

7082009

Kurz vor dem Ziel jedoch, erlebt unse­re Fahrt nach San­ta Ele­na eine wei­te­re, dies­mal unge­woll­te, Unter­bre­chung. Etwa zwan­zig Kilo­me­ter vor San­ta Ele­na platzt der Rei­fen unse­res Jeeps. Schlin­gernd kommt er zum ste­hen, wir stei­gen aus und sofort knallt uns die bren­nen­de Mit­tags­hit­ze ent­ge­gen. Kein Lüft­chen rührt sich, kein Baum oder Strauch spen­det Schat­ten. Und das, wo wir uns doch so auf eine kal­te Dusche gefreut haben! Wir gucken uns den Rei­fen an: Da ist nichts zu machen, der ist hin. 

So ein­fach sol­len wir nicht sach San­ta Ele­na kommen

Komm, sage ich zu Nico, lasst uns mit anpa­cken, dann ist der Rei­fen schnell gewechselt.

Vene­zo­la­ni­sches Impro­vi­sa­ti­ons­ta­lent live

«Wo habt ihr das Ersatz­rad?» fra­ge ich den Fahrer.

«Ersatz­rad?» fragt er nur und grinst schief.

«Ja, Ersatz­rad!» wie­der­ho­le ich.

«no,» mur­melt er ach­sel­zu­ckend «no hay…». «Das liegt in der Agen­cy» fügt er auf mei­nen fra­gen­den Blick noch hinzu. 

«Na, da liegt es ja gut…» höre ich Nico ent­nervt sagen. Dann dreht er sich um und setzt sich unter einen Fels­vor­sprung, der ihm aller­dings gera­de ein­mal zwan­zig Zen­ti­me­ter Schat­ten spendet.

Was wir nun erle­ben, ist vene­zo­la­ni­sches Impro­vi­sa­ti­ons­ta­lent live.

Inter­es­sant ist, dass jetzt plötz­lich offen­bar alles gar nicht mehr so eilig ist. Hat­te er uns vor­hin bei den Jas­per Falls nur 15 Minu­ten Zeit gege­ben, und auch das nur nach län­ge­rem Über­re­den, wird die Lösung des vor uns lie­gen­den Pro­blems nun gemäch­lich angegangen.

Da der ande­re Jeep wahr­schein­lich schon längst in San­ta Ele­na ist, ruft unser Fah­rer nun in der Agen­cy an. Nein, der sei noch nicht da, erklärt man ihm.
Wenn er denn käme, sagt er dar­auf­hin, sol­le sein Kol­le­ge doch mal einen Ersatz­rei­fen besor­gen und dann die Stre­cke zurück­fah­ren. Wir stün­den hier am Stra­ßen­rand mit einem Platten.

Für uns heißt das, in der Son­ne war­ten und wei­ter von unse­rer Dusche träumen.

Nach gefühl­ter sehr lan­ger Zeit, und noch eini­gen Tele­fo­na­ten kommt end­lich der Jeep und er hat sogar einen Rei­fen dabei. 

Na, ob der wohl passt? Wir soll­ten es nie erfahren. 

Die bei­den Fah­rer laden ihn jeden­falls jetzt erst­mal aus und dann wird er erst­mal aus­führ­lich begut­ach­tet und hin und her gedreht. Ich wun­de­re mich nur, dass die so lan­ge quat­schen, statt jetzt ein­fach mal den Rei­fen zu wech­seln, damit wir end­lich los kom­men. Plötz­lich klet­tert der eine von ihnen in einem Anfall von Aktio­nis­mus auf unse­ren Jeep und fängt an, die Spann­bän­der von unse­rem Gepäck zu lösen.

Nanu, was wird das denn? Mei­nen die, der Wagen­he­ber schafft das Auto nicht inklu­si­ve Gepäck, oder was? Wäh­rend wir uns noch fra­gend anse­hen, klet­tern nun auch der ande­re von den Bei­den auf den ande­ren Jeep, auf dem, mit dem er gekom­men ist. Die­ser Jeep ist deut­lich klei­ner als unse­rer. Der Kol­le­ge auf unse­rem Jeep beginnt jetzt, unse­re Ruck­sä­cke zu dem ande­ren hin­über zu werfen.

Anstatt den Rei­fen zu wech­seln, wird alles umgeladen

Ich gucke fra­gend in die Run­de und mein Blick trifft sich mit dem von Fidel. «Was macht ihr da?» ruft er ihnen zu. «Wir laden das Gepäck um.» kommt die bana­le aber doch tref­fen­de Ant­wort. «Wir fah­ren euch mit dem hier», und er zeigt auf den intak­ten, aber klei­nen, Jeep «nach San­ta Ele­na». «Hmm, da pas­sen wir aber nicht alle rein!» ent­geg­nen wir. «Das macht nichts», sagt er, «dann fah­ren wir eben zweimal!»

Aha, daher weht also der Wind. Die sind wahr­schein­lich ein­fach zu faul, den Rei­fen zu wech­seln. Den­ken wir.

«Kommt, wir hel­fen Euch, ist doch kein Pro­blem, der Rei­fen ist schnell gewech­selt!» rufe ich ihnen zu. Aber davon wol­len sie nichts wissen.

Ruck­sack für Ruck­sack wird umge­la­den und auf dem klei­nen Jeep ver­zurrt. Irgend­wie ver­ste­hen wir die gan­ze Akti­on nicht. In der Zeit, hät­ten wir den Rei­fen doch drei­mal gewech­selt!! Aber, was sol­len wir machen. Ehr­lich gesagt, ist es uns auch lang­sam egal, Haupt­sa­che, wir kom­men jetzt end­lich mal nach San­ta Elena!

Also wir dann zu guter letzt im Jeep sit­zen, däm­mert uns plötz­lich, was der Grund für das gan­ze Thea­ter ist: 

Der klei­ne Jeep, in dem wir jetzt sit­zen, stellt sich als das Pri­vat­au­to unse­res Dicken Agen­cy-Chefs her­aus. Und es scheint für sei­ne Ange­stell­ten das abso­lut Größ­te zu sein, ein­mal das Auto des Chefs zu fah­ren. Und hier und heu­te bie­tet sich für sie die nie dage­we­se­ne Gele­gen­heit, die­ses Klein­od sogar zwei­mal zu fahren!

Ah – ah – ah – ah – stay­ing alive…

Und einen der Grün­de, war­um das so cool ist, erle­ben wir jetzt gleich «live» und in Far­be: In dem Auto gibt es einen DVD-Play­er, der Moni­tor hängt vor­ne am Dach­him­mel. Stolz und betont lang­sam legt unser Fah­rer, bevor wir los­fah­ren, eine Bee Gees Live DVD aus den Acht­zi­gern ein. Ein dreh am Laut­stär­ke­reg­ler, ein betont läs­si­ges zurück­leh­nen im Sitz, und los geht’s nach San­ta Ele­na mit vol­ler Laut­stär­ke und den Gebrü­dern Gibb im schöns­ten Falsett:

«Ah – ah – ah – ah – stay­ing ali­ve – stay­ing ali­ve… Ah – ah – ah – ah – aahhhhh.…»

Ah… ah… ah… ah… stay­iiii­ing aliiiiivee.…

Als wir ankom­men, sind wir ziem­lich erschöpft – ich kann aller­dings nicht ver­leug­nen, dass es ver­mut­lich nicht nur an der Musik liegt… :-)

Und obwohl Dusche und Posa­da so laut rufen, habe ich vor­her noch eine wich­ti­ge Sache zu erle­di­gen. Jetzt knöp­fe ich mir erst­mal den Dicken Agen­cy Chef vor. So lan­ge müs­sen die Anehm­lich­kei­ten der Zivi­li­sa­ti­on noch warten!

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Ein Kommentar bisher


  1. Das hat mich rich­tig auf­ge­mun­tert heu­te mor­gen! Ich ver­mu­te­te schon, sie hät­ten die Gepäck­sei­le als Zug­sei­le ver­wen­det und sich sel­ber davor gespannt. Aber das ent­sprä­che nicht der süd­ame­ri­ka­ni­schen Men­ta­li­tät. Bin jetzt gespannt auf die Stand­pau­ke. IHW

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