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Vimeo verprellt langjährige, zahlende Kunden

Seit 2008 bin ich bei Vimeo, der ehe­mals sym­pa­thi­schen Video­platt­form, ange­mel­det und habe dort über hun­dert eige­ne Vide­os hoch­ge­la­den. Wie sie mich dazu gebracht haben, mei­nen bezahl­ten Account zu kün­di­gen und wie ihr ver­hin­dern könnt, dass euch ähn­li­ches pas­siert und bei Bedarf zu einem ande­ren Video­dienst migriert, dar­um geht es in die­sem Artikel.

Seit 2011 bin ich zah­len­der Vimeo Plus-Nut­zer. Das Abo kos­te­te bei monat­li­cher Abrech­nung 10 €/Monat, bei jähr­li­cher Zah­lung 72 €. Ich fand das damals fair, gab es dadurch doch mehr wöchent­li­ches Upload-Volu­men, kei­ne Wer­bung und außer­dem woll­te ich den Dienst auch unter­stüt­zen, wenn ich ihn nutze.

Nach 6 Jah­ren inten­si­ver Nut­zung ging ab 2017 mei­ne Vimeo-Nut­zung ziem­lich zurück, vor allem des­halb, da sich die Beschwer­den der User über lang­sa­me Daten­über­tra­gung beim Strea­ming von Vimeo-Inhal­ten häuf­ten. Wei­ter­hin hat­te You­tube mitt­ler­wei­le die Unter­stüt­zung von 4K und höhe­ren Auf­lö­sun­gen imple­men­tiert und auch die Qua­li­tät deut­lich ver­bes­sert, sodass sie gleich gut oder gar bes­ser als Vimeo wurden.

Vimeo begann ein Schat­ten­da­sein bei mir zu fris­ten. Ich begann die Vide­os auf gweg​ner​.de nur noch auf You­tube hoch­zu­la­den und ledig­lich die eng­lisch­spra­chi­gen Tuto­ri­als für LRTi­mel­ap­se bei Vimeo, um das zu tren­nen. Eini­ge aus­ge­wähl­te Vide­os wie Nor­t­hern Ski­es lud ich par­al­lel auf bei­den Platt­for­men hoch.

Letz­tes Jahr stell­te ich dann fest, dass gera­de LRTi­mel­ap­se Nut­zer auf der Suche nach Tuto­ri­als oft direkt bei You­tube such­ten und dann eben nicht mei­ne offi­zi­el­len Vide­os fan­den, son­dern die von ande­ren Usern. Eini­ge Male kam es dann sogar vor, dass User mei­ne Vide­os von Vimeo her­un­ter luden und unter ihrem Namen bei You­tube ein­stell­ten – das geht natür­lich gar nicht. Also eröff­ne­te ich auch für LRTi­mel­ap­se einen You­tube-Kanal und stell­te dort die LRTi­mel­ap­se Tuto­ri­als ein.

Vimeo lief jetzt wirk­lich nur noch neben­her. Natür­lich über­leg­te ich eini­ge Male, den Dienst zu kün­di­gen oder ihn auf die kos­ten­lo­se Vari­an­te zurück­zu­set­zen, aller­dings mach­te mir Vimeo schon bei dem Ver­such ziem­lich unmiss­ver­ständ­lich klar, dass ich dann alle Vide­os ver­lie­ren wür­de, die ich im Zuge der Plus-Mit­glied­schaft hoch­ge­la­den hat­te. Und das waren mal eben über hun­dert – seit 2011.

Also ent­schied ich mich, das Abo nur für die alten Vide­os wei­ter­lau­fen zu las­sen, weil ich eben nicht die Zeit inves­tie­ren woll­te, die­se alle durch­zu­ge­hen, bei You­tube ein­zu­stel­len und vor allem alle Ver­lin­kun­gen dazu auf mei­nen Sei­ten auf die neu­en Quel­len umzustellen.

Und dann bekam ich letz­ten Sams­tag ganz unver­mit­telt eine Email von Vimeo:

Ich dach­te erst, sie hät­ten sich ver­tan oder mei­ne Zah­lung wäre nicht ein­ge­gan­gen, da ich ja nach wie vor zah­len­der Kun­de bin, auch wenn ich den Dienst nicht mehr nut­ze. Erst nach eini­gem Über­le­gen kam ich dar­auf, dass sie offen­bar in der Zwi­schen­zeit ihre Nut­zungs­be­din­gun­gen geän­dert haben müs­sen, um jeg­li­che «kom­mer­zi­el­le» Nut­zung in dem Plus Abo aus­schlie­ßen. Kom­mu­ni­ziert wur­de mir das vor­her aller­dings nicht.

Man fin­det die­se Ein­schrän­kung ohne Wei­te­res auch nicht auf der Vimeo Pro­dukt­sei­te, wo die ein­zel­nen Abo-Typen ver­gli­chen wer­den. Ledig­lich ganz unten in den FAQs fin­det man den lapi­da­ren Hin­weis, dass man zum Upload von kom­mer­zi­el­len Inhal­ten eine Pro, Busi­ness oder Pre­mi­um Lizenz benö­tigt. Was genau unter «kom­mer­zi­el­le Inhal­te» fällt, steht da nicht.

Für die­se Vari­an­ten gibt es dann auch nur noch jähr­li­che Zahl­wei­sen und die­se schla­gen mit 192 €, 480 € oder gar 840 € jähr­lich zu Buche. Mag sein, dass es dafür bei den Leu­ten, die den Dienst aktiv nut­zen, eine Ziel­grup­pe gibt. Dazu gehö­re ich aber schon seit Jah­ren nicht mehr. Und da Vimeo seit 2011 nun 8 Jah­re lang mei­ne Nut­zungs­wei­se und das hoch­la­den von Tuto­ri­als für mei­ne Soft­ware akzep­tiert hat, hat es schon ein Geschmäck­le, wenn ihnen jetzt plötz­lich auf­fällt, dass das nicht ok ist.

Ich habe dann mal nach­ge­fragt, was sie genau unter kom­mer­zi­el­len Inhal­ten verstehen.

Als Ant­wort kam:

Busi­nesses may not use basic Vimeo or Vimeo Plus accounts to host their videos.

We defi­ne com­mer­cial con­tent as:

  • Vide­os pro­mo­ting or repre­sen­ting a for-pro­fit busi­ness or brand.
  • Vide­os con­tai­ning any form of advertising.
  • Vide­os hos­ted on behalf of a busi­ness (e.g., uploa­ded to Vimeo and embedded on your company’s website).
  • Con­tent that you intend to sell.
  • Pro­duct demos and tutorials.
  • Trai­ning videos.

Das bedeu­tet, dass so ziem­lich alles, inklu­si­ve Tuto­ri­als, Demos, etc. kom­mer­zi­ell ist und dass alle, die ein Busi­ness betrei­ben (dazu gehö­ren dann auch Blog­ger, die wie auch immer etwas Geld mit ihrem blog­gen ver­die­nen) jeder­zeit direkt auf Vimeo Pro gezwun­gen wer­den kön­nen, und damit jähr­lich min­des­tens 192 € zah­len müs­sen, da sie ansons­ten ihre Vide­os verlieren.

Aus­nah­men gibt es kei­ne. Ich hat­te sie noch nett ange­schrie­ben, mei­ne Situa­ti­on erklärt und gesagt, dass ich den Dienst schon seit 2 Jah­ren nicht mehr für den Upload von neu­en Vide­os nut­ze. Ich wür­de ger­ne bei ihnen blei­ben und auch wei­ter für das Hos­ting zah­len, aber eben nicht mehr als bis­her. Ich habe auch geschrie­ben, dass als Alter­na­ti­ve für mich nur in Fra­ge käme, kom­plett zu kün­di­gen, ich das aber ger­ne ver­mei­den würde.

Mein Ersin­nen wur­de kate­go­risch abgelehnt.

Für mich war danach klar, dass ich mei­ne Vide­os kom­plett umzie­hen und Vimeo kün­di­gen würde.

Aller­dings soll­te euch klar sein, dass das «Umzie­hen» von bestehen­dem Con­tent auf einen ande­ren Dienst wie You­tube alles ande­re als ein Spaß ist, vor allem, wenn es um zig Vide­os geht, die man über die Jah­re hoch­ge­la­den hat. Mich hat das Gan­ze mehr als einen vol­len Arbeits­tag gekos­tet. Mal ganz abge­se­hen davon, dass dadurch auch alle Kom­men­ta­re, Likes etc. natür­lich weg sind.

Wer von euch vor dem glei­chen Pro­blem steht, dem möch­te ich hier noch ein paar Tipps für einen erfolg­rei­chen «Umzug» zu einem ande­ren Video­dienst geben:

Fazit

Scha­de, dass ein ehe­mals so sym­pa­thi­scher Dienst wie Vimeo in der Kun­den-Kom­mu­ni­ka­ti­on so intrans­pa­rent ist. Scha­de auch, dass sie durch ihr Geschäfts­ge­ba­ren immer mehr Kun­den in die Arme von Google/Youtube trei­ben. You­tube bie­tet ein­fach mit Abstand das bes­se­re Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis und aus mei­ner Sicht auch eine deut­lich grö­ße­re Ziel­grup­pe, weil eben nicht nur Zuschau­er über die eige­ne Ver­lin­kung z.B. aus dem Blog dort hin­ge­führt wer­den, son­dern auch sol­che, die direkt bei You­tube nach bestimm­ten The­men suchen. Dadurch erschließt man sich auch neue Ziel­grup­pen. Das ist natür­lich ein Spiel, was klei­ne Anbie­ter wie Vimeo gegen Goog­le nicht gewin­nen kön­nen. Und gera­de des­we­gen, müs­sen sich die­se umso mehr anstren­gen um ihre bestehen­den Kun­den zu behal­ten und eben nicht zu verprellen.

Dass auch heu­te noch in der Vimeo-Pro­dukt­auf­stel­lung nicht ver­merkt ist, wel­che ihrer Preis­mo­del­le für kom­mer­zi­el­le Nut­zung zuge­las­sen sind und wel­che nicht, könn­te man durch­aus als Ver­schleie­rungs­tak­tik betrach­ten. Dass man den Kun­den erst mal machen lässt und ihm erst viel spä­ter die Pis­to­le auf die Brust setzt, könn­te auch Kal­kül sein. Je mehr Vide­os ein Kun­de hoch­ge­la­den hat, umso schwe­rer tut der sich dann natür­lich zu wech­seln. Fair wäre, wenn mit dem ers­ten Video, das nicht ihren Richt­li­ni­en ent­spricht, eine ent­spre­chen­de Mel­dung käme. Dann könn­te der Kun­de sich ent­schei­den, ob er ein Upgrade macht oder das Video wie­der löscht und einen ande­ren Weg geht.

Wenn ihr bei Vimeo seid, über­legt euch mal, ob eure Vide­os nach den oben auf­ge­führ­ten Kri­te­ri­en von Vimeo als «kom­mer­zi­ell» ange­se­hen wer­den, und wenn ja, macht euch lie­ber frü­her als spä­ter Gedan­ken, ob ihr bereit seit auch mehr zu zah­len oder ob ihr euch nach Alter­na­ti­ven umseht.

Mein Vimeo-Account ist jetzt jeden­falls leer und gekün­digt. Mei­ne Vide­os lie­gen nun auf zwei Accounts bei You­tube, ein­mal für den eng­lisch­spra­chi­gen Bereich auf dem LRTi­mel­ap­se You­tube Kanal und für den deutsch­spra­chi­gen auf dem gweg​ner​.de You­tube-Kanal. Wenn ihr die abon­niert, freue ich mich sehr!

Update:

Eine Woche nach­dem (!) ich alle Vide­os von Vimeo gelöscht habe (Account ist kom­plett leer) bekom­me ich die­se Email:

Update 2:

Zum Stich­tag wur­de mein Account abge­schal­tet obwohl dort kei­ne Vide­os mehr lagen:

Update 3:

Ich habe dann noch­mal nach­ge­fragt, war­um sie mei­nen Account trotz­dem sper­ren, obwohl dort über­haupt kei­ne kom­mer­zi­el­len (oder ande­re) Vide­os mehr liegen.

Hier die Antwort:

Also im End­ef­fekt war also von vorn­her­ein klar, dass auch ein Löschen der «kom­mer­zi­el­len» Inhal­te den Account nicht hät­te «ret­ten» kön­nen. Das bedeu­tet, ohne­hin schon zah­len­de (!) User wer­den gezwun­gen, noch mehr zu zah­len, die Alter­na­ti­ve ist, dass der Account mit allen Vide­os gelöscht wird. So etwas habe ich in die­ser Form auch noch nicht erlebt.

Nutzt ihr noch Vimeo oder einen ande­ren Video­dienst außer You­tube? Habt ihr ähn­li­che Erfah­run­gen gemacht? Ich freue mich über eure Kommentare!

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