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Reisefotografie – Teil 1 – Tipps zum eigenen Verhalten bei der Fotografie auf Reisen

Nicht immer befin­den wir uns beim Foto­gra­fie­ren in unse­rer hei­mi­schen Kom­fort­zo­ne. Wenn wir in fer­ne Län­der rei­sen, bege­ben wir uns in ein kom­plett ande­res Umfeld mit ande­ren sozia­len Struk­tu­ren, ande­ren kul­tu­rel­len Hin­ter­grün­den und ande­ren wirt­schaft­li­chen Rahmenbedingungen.

Man­aus – Wahnsinn

Häu­ser­schluch­ten und eine unheim­li­che Men­schen­fül­le prä­gen das Stra­ßen­bild. Über­all auf den Bür­ger­stei­gen sind Stän­de und Buden, die etwas ver­kau­fen wol­len. Von den Bür­ger­stei­gen bleibt gera­de soviel Platz übrig, dass wir uns hin­ter­ein­an­der durch­quet­schen kön­nen. Wir schie­ben uns durch ein Gewu­sel von Men­schen. Rich­tig sicher füh­len wir uns hier nicht.

Wir befin­den uns in Man­aus, Bra­si­li­en. Einer Mil­lio­nen­stadt inmit­ten des Ama­zo­nas-Regen­wal­des. Viel haben wir bei die­ser Stadt­be­sich­ti­gung nicht bei uns. Ich habe ein Fake-Porte­mon­naie mit abge­lau­fe­nen Kre­dit­kar­ten und ein paar Schei­nen in der Hosen­ta­sche. Falls wir über­fal­len wer­den, kann ich das ohne nen­nens­wer­ten Scha­den her­aus­ge­ben. In der ande­ren Hosen­ta­sche habe ich lose ein paar Schei­ne und Mün­zen für den heu­ti­gen Bedarf. Ansons­ten haben wir nur noch unse­re Regen­ja­cken und die klei­ne Lumix dabei. Ohne Fotos wol­len wir die Stadt ja nicht verlassen.

Die­ser Aus­zug aus unse­rem Buch Bra­si­li­en – High­lights des Nor­dens, könn­te auch in einer belie­bi­gen ande­ren Stadt spie­len und ich zitie­re ihn nicht, um Bra­si­li­en hier zu dis­kre­di­tie­ren – nichts läge mir fer­ner, denn in die­sem Land wur­de ich gebo­ren und das Land ist ein­fach wun­der­bar. Aber die­se Situa­ti­on macht deut­lich, dass es dort, wie in fast allen Groß­städ­ten die­ser Welt, auch schwie­ri­ge Ecken gibt und sie macht uns eine Her­aus­for­de­rung der Rei­se­fo­to­gra­fie beson­ders deutlich:

Wie kommt man an mög­lichst gute, d.h. aus­sa­ge­kräf­ti­ge und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Fotos und vor allem, wie bringt man die­se dann auch noch nach Hau­se, ohne sein Equip­ment, sei­ne Fotos oder gar sein Leben aufs Spiel zu setzen?

Gera­de in den am span­nends­ten zu berei­sen­den Län­dern Süd- und Latein­ame­ri­kas, Asi­ens und Afri­kas sind unse­rer aller Kame­ra-Aus­rüs­tun­gen in der Regel mehr wert, als man­che Ein­hei­mi­schen in vie­len Jah­ren ver­die­nen. Das Wis­sen über den Über­fluss in den im Ver­hält­nis dazu rei­chen Län­dern – zu denen auch Deutsch­land gehört – trägt unter Umstän­den das übri­ge dazu bei, die Hemm­schwel­le zu sen­ken, sich die­ses teu­er aus­se­hen­de Equip­ment aneig­nen zu wol­len. Meist wird es dann auf dem Schwarz­markt zu einem Bruch­teil des eigent­li­chen Wer­tes ver­kauft – denn den wah­ren Wert kön­nen die Die­be in der Regel nicht abschätzen.

Das Faul­tier

Einen Tag spä­ter befin­den wir uns 80 km von Man­aus ent­fernt inmit­ten des tro­pi­schen Ama­zo­nas Regen­wal­des. Hier foto­gra­fie­ren wir Faul­tie­re, Papa­gei­en und die letz­ten Urein­woh­ner. Die Lumix bleibt im Ruck­sack. Hier kön­nen wir gefahr­los die Nikon mit dem Tele-Objek­tiv aus­pa­cken. Und hier brau­chen wir sie auch, denn der dich­te Regen­wald schluckt bis zu 90% des Tages­lichts. Die Augen gewöh­nen sich schnell dar­an. Erst der Belich­tungs­mes­ser der Kame­ra offen­bart, wie wenig Licht hier unten wirk­lich ankommt. Licht­star­ke Objek­ti­ve mit VR und ein rausch­ar­mer Sen­sor spie­len hier ihre Vor­zü­ge aus. Eine der weni­gen foto­gra­fi­schen Situa­tio­nen, in denen die Tech­nik wirk­lich hilft.

 

In die­ser Arti­kel­rei­he möch­te ich Euch eini­ge unse­rer in Jah­ren des Rei­sens gesam­mel­ten Erfah­run­gen wei­ter­ge­ben und Tipps auf­zei­gen, wie man sicher und trotz­dem «foto­gra­fisch anspruchs­voll» rei­sen kann.

Ein Tiger­cha­mä­le­on in frei­er Wild­bahn mit dem Nik­kor 18–200 VR

Das eigene Verhalten

In einem ange­spann­ten Umfeld mit sozia­lem Ungleich­ge­wicht ist es wich­tig, mög­lichst wenig auf­zu­fal­len. Als Mit­tel­eu­ro­pä­er ist das aller­dings oft schon wegen der eige­nen Sta­tur und Haut­far­be schwer. Kommt dazu noch eine unpas­sen­de Klei­dung und eine dicke Kame­ra um den Hals, ist der rei­che «Grin­go» per­fekt. Ein leich­tes Opfer.

Die Devi­se ist also: nicht auf­fal­len. So tun, als ob man dazu gehört. Als ob man hier leben wür­de. So unwahr­schein­lich ist das ja in die­sen Städ­ten gar nicht – denn sie sind oft Schmelz­tigel der Natio­nen. Aber man muss sich dann natür­lich auch wie jemand ver­hal­ten, der hier lebt und nicht wie ein Tourist.

In Sal­va­dor haben wir ein­mal einen Ein­hei­mi­schen gefragt, woher er denn wüss­te, wer Tou­rist sei und wer Brasilianer. 

Er sag­te: «Das ist ganz ein­fach. Die Tou­ris­ten blei­ben stän­dig unver­mit­telt ste­hen und schau­en nach oben zu den Häu­ser­fas­sa­den – oder sie fotografieren.»

So ein­fach ist das.

Hier also einige gute Tipps:

Foto­gra­fiert nur dort, wo ihr Euch abso­lut sicher fühlt. Ver­harrt an dem Ort im Zwei­fels­fall ein paar Minu­ten unauf­fäl­lig. Lasst die Umge­bung auf Euch wir­ken. Wenn alles in Ord­nung ist, dann foto­gra­fiert unauf­fäl­lig und lasst die Kame­ra dann schnell wie­der verschwinden.

Sicherheit vs. Technik

Die­se Bei­spie­le oben machen natür­lich einen kla­ren Ziel­kon­flikt deut­lich: einer­seits müs­sen wir unauf­fäl­lig Rei­sen, unser Equip­ment nicht zur Schau stel­len und schnell zur Hand haben – auf der ande­ren Sei­te sind wir gera­de in der Natur- und Tier­fo­to­gra­fie auf ein gewis­ses Maß an Tech­nik ange­wie­sen, um brauch­ba­re Fotos auf­neh­men zu kön­nen. Bei­des liegt auf Rei­sen oft nah bei einander.

Über allem soll­te auf jeden Fall die eige­ne Sicher­heit stehen.

Das Schau­bild zeigt, dass die Anfor­de­run­gen an das Equip­ment bei die­sem Spa­gat kaum unter­schied­li­cher sein könnten.

Über allem soll­te auf jeden Fall die eige­ne Sicher­heit stehen.
Wir haben schnell fest­ge­stellt – und die Bei­spie­le machen es deut­lich – dass sich die­se Anfor­de­run­gen mit einer ein­zi­gen Kame­ra nicht ohne Wei­te­res unter einen Hut brin­gen lassen. 

Unsere Empfehlungen

  1. Führt neben der Spie­gel­re­flex-Aus­rüs­tung immer noch eine zuver­läs­si­ge aber nicht zu teu­re Kom­pakt­ka­me­ra mit euch. Die­se Kame­ra ist zum «weg­ge­ben», falls die Situa­ti­on ein­tre­ten soll­te. Wenn ihr sicher gehen wollt, nehmt zwei mit.
  2. Ver­si­chert Euer Equip­ment bei einer Foto-Ver­si­che­rung. Bei mei­ner Ver­si­che­rung zah­le ich 2,75% des Neu­wer­tes des Equip­ments pro Jahr und bekom­me den Neu­wert erstat­tet, soll­te etwas gestoh­len oder beschä­digt wer­den. Das senkt immens die Hemm­schwel­le, die Kame­ra im Fal­le eines Fal­les her­zu­ge­ben und erhöht somit signi­fi­kant Eure Sicher­heit. Zum The­ma Foto-Ver­si­che­rung habe ich einen sepa­ra­ten Arti­kel geschrieben. 
  3. Das jeweils nicht benö­tig­te Equip­ment – in den Städ­ten ist es die Spie­gel­re­flex samt Objek­ti­ven, gene­rell sind es vol­le Spei­cher­kar­ten und Siche­rungs­me­di­en – lässt man an einem siche­ren Ort, am bes­ten in der eige­nen Unter­kunft, wenn mög­lich in einem Safe. Den Men­schen, bei denen Ihr unter kommt, könnt ihr in der Regel vertrauen.

In den nächs­ten Fol­gen möch­te ich Euch eini­ges zur Wahl des Equip­ments erzäh­len – sowohl für die ambi­tio­nier­te Natur­fo­to­gra­fie als auch für die aus Sicher­heits­grün­den mit­zu­füh­ren­den leich­ten Alternativen.

Rei­se­fo­to­gra­fie – Teil 2 – Die Wahl der Spie­gel­re­flex (DSLR) Kame­ra Ausrüstung

Habt ihr im Aus­land schon nega­ti­ve oder auch posi­ti­ve Erfah­run­gen zu die­sem The­ma gemacht? Lasst uns doch in den Kom­men­ta­ren ger­ne ein­mal dar­an teilhaben!

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