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Afrika Hautnah – Folge 14 – Durchquerung des Kwai-River und Magotho-Camp

Heu­te mor­gen bin ich sehr früh wach und mache mich noch vor Son­nen­auf­gang auf den Weg, mei­ne Kame­ra zu ber­gen. Dia­na schläft noch. Ich bin erleich­tert, dass das ges­tern Abend auf­ge­bau­te Equip­ment noch da und unver­sehrt ist! Als ich zurück zum Zelt gehe, höre ich oben in den Bäu­men die Blät­ter rascheln, die Affen wer­den wach. Plötz­lich spü­re ich Trop­fen von oben her­un­ter­fal­len und kann gera­de noch in Deckung gehen, als die Affen begin­nen, ihr klei­nes und lei­der auch gro­ßes Geschäft direkt auf unser Auto zu verrichten.

Na, herz­li­chen Glück­wunsch! Ich rufe Dia­na schnell eine War­nung zu, ja nicht aus dem Zelt zu kom­men, als die dicken Bro­cken auf unser Auto kra­chen. Pflatsch, pflatsch, pflatsch. So eine Saue­rei. Aber wir kön­nen gar nichts machen, die Affen sit­zen in 10 Metern Höhe und lich kann förm­lich hören, wie sie sich ins Fäust­chen. Dar­auf hat­ten sie sich sicher­lich schon seit ges­tern Abend gefreut. Wenigs­tens zie­len sie nur vor­ne aufs Auto (das leuch­te­te so schön weiß) und ver­scho­nen das Zelt.

Als sie dann end­lich fer­tig sind, kommt auch Dia­na aus dem Zelt – das ers­te, was sie fest­stellt, ist, dass ihr einer Wan­der­schuh weg ist. Na super. Ein­fach weg. Sofort haben wir die Ban­de da oben in Ver­dacht. Und jetzt sind wir, ins­be­son­de­re Dia­na, auch rich­tig sau­er auf die Brü­der. Nicht nur dass sie uns anpis­sen und voll­ka­cken, sie haben auch Dia­nas Schuh geklaut! Wir sind bei­de nur froh, dass Dia­na zuhau­se beim Packen nicht auf mich gehört hat und (wie ich) nur ein paar fes­te Schu­he und ein paar Flip-Flops mit­ge­nom­men hat son­dern auch noch ein paar alte Turn­schu­he. Ansons­ten hät­te sie wohl den Rest der Rei­se mit Flip­Flops bestrei­ten müs­sen und wie das aus­ge­hen kann, haben wir ja schon erlebt.

Nor­ma­ler­wei­se las­sen wir die Schu­he auch nicht drau­ßen ste­hen son­dern neh­men die­se mit ins Zelt hoch aber manch­mal ist halt alles anders… ;) Die Wan­der­schu­he sind recht schwer und dar­um wudern wir uns schon ein biss­chen, dass die­se Meer­kat­zen (die ja nicht so groß sind) mit so einem Gewicht die Bäu­me hoch klet­tern kön­nen sol­len. Also sucht Dia­na die umlie­gen­de Umge­bung ab, ob der Schuh viel­leicht dort liegt aber alle Suche bleibt lei­der ergeb­nis­los. Gut, man lernt halt aus Erfahrung… ;)

Wir packen alles zusam­men und machen uns auf den Weg in Rich­tung unse­res nächs­ten Ziels, dem Magotho-Camp.

Der Ärger über die Affen ist dann aber doch rela­tiv schnell ver­ges­sen, denn wir ste­hen nach kur­zer Zeit vor ganz ande­ren Pro­ble­men. In dem Wege­netz wel­ches hier vom North-Gate wei­ter führt, ver­fah­ren wir uns ein paar mal und ste­hen dann plötz­lich vor einer Fluss­pas­sa­ge, die so mal echt nicht gemeint sein kann.

«Da kön­nen wir auf kei­nen Fall durch­fah­ren», sagt Diana.

«Fahr zurück, da war doch noch eine ande­re Mög­lich­keit, wei­ter links.»

Ich erin­ne­re mich, aber die Stra­ße da schien durch einen Baum­stamm ver­sperrt zu sein.

Ich will mir das hier erst noch­mal in Ruhe ansehen.

Es gibt einen direk­ten Weg durch den Fluss, der hier eine star­ke Strö­mung auf­weist und sehr, sehr tief aus­sieht – nach rechts zweigt eine Art Furt ab, die ein­mal um eine klei­ne Insel her­um­führt und den Fluss letz­ten Endes etwas wei­ter rechts quert. Bei­des sieht echt aben­teu­er­lich aus.

Wenn man sich ein Auto mie­tet, ist so ziem­lich alles ver­si­chert – bis auf (Motor-) Schä­den infol­ge von Was­ser. Soll­ten wir also mit dem Auto absau­fen, wür­de das ein teu­rer Spaß wer­den. Daher sind wir nicht ganz so spon­tan, wie wir es even­tu­ell sonst wären.

Wäh­rend ich mir die Lage noch so anse­he, kom­men zwei ein­hei­mi­sche Jungs vor­bei (an was erin­nert mich das nur?) – ich spre­che sie an und fra­ge, ob ich hier durch fah­ren kön­ne. Sie zei­gen auf die rech­te Pas­sa­ge und gehen, ohne viel zu sagen, los und waten die gesam­te Stre­cke ab. Zwei­mal sehe ich sie bis zum Ober­kör­per ver­schwin­den, dann sind sie durch.

An den nas­sen Hosen und TShirts kann ich sehen, dass ihnen das Was­ser deut­lich bis über die Hüf­te ging. Als sie wie­der da sind, fra­ge ich sie, was mit dem ande­ren Weg sei, den Dia­na mein­te, ein Stück wei­ter links. Da wäre der Fluss nicht pas­sier­bar sagen sie.

Sie machen einen net­ten Ein­druck, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich ihnen ver­trau­en kann. Viel­leicht machen sie sich auch einen Jux dar­aus, uns Tou­ris­ten in den Fluss zu locken. Dia­na ist auch der Mei­nung, dass wir uns die ande­re Opti­on noch ein­mal anse­hen sol­len. Ich sage den Jungs, dass wir den ande­ren Weg noch che­cken wol­len. Sie zucken nur mit den Schultern.

Also Rück­wärts­gang und zurück zur Abzwei­gung. Ein Stück wei­ter liegt ein Baum­stamm über der Pis­te, den könn­te man aber sicher­lich umfah­ren. Ich stei­ge aus und gehe ein Stück zu Fuß. Plötz­lich tau­chen die Jungs wie­der neben mir auf, sie kann­ten wohl eine Abkür­zung. Gemein­sam gehen wir zu der Furt und sofort wird mir klar, sie hat­ten recht, hier ist defi­ni­tiv erst recht kein Durchkommen.

Bestimmt 20 Meter breit, rich­tig tief und mit einer star­ken Strö­mung fließt der Kwai hier. Bei­de lachen. Ich sage:

«Okay okay, ihr kennt Euch hier aus. Wir pro­bie­ren es drüben.»

Also keh­re ich zum Auto zurück, die Jungs neh­men wie­der ihre Abkür­zung. Ich zei­ge Dia­na den Dau­men nach unten. Oh nein, sagt sie, müs­sen wir da wirk­lich durch? Offen­bar. Einen ande­ren Weg scheint es nicht zu geben.

Als wir wie­der unten sind, steigt sie aus.

«Ich will nicht mit absau­fen, ich gehe zu Fuß»

«okay, und was ist mit den Kro­ko­di­len? – außer­dem wirst Du ganz nass.»

Aber ihr ist das offen­bar lie­ber, die Jungs sind ja auch wie­der da, und die wer­den sie schon rüber bringen.

Für mich kommt jetzt der span­nen­de Part. An der tiefs­ten Stel­le ist die Pas­sa­ge über einen Meter tief, und ich muss einen gro­ßen Bogen fah­ren. Die stel­len, an denen die Jungs so tief ein­ge­taucht waren, habe ich mir gemerkt.

Aber es hilft ja nichts. Dif­fe­ren­ti­al­sper­re rein, Unter­set­zung rein, 2. Gang in Unter­set­zung – ah – die GoPro noch drauf, so viel Zeit muss sein. Ich fah­re also los, nicht zu zöger­lich son­dern schon mit ein biss­chen Schwung, gleich das ers­te Ein­tau­chen beschert mir einen Schwall Was­ser über die Motor­hau­be und nun wird mir auch klar, was ich ver­ges­sen habe: näm­lich mein Fens­ter zu schlie­ßen. Ich Anfänger!

Aber jetzt hilft alles nichts mehr, Augen zu und durch. Ich gebe Gas, die Motor­hau­be kommt wie­der über die Was­ser­ober­flä­che, das war die ers­te tie­fe Pas­sa­ge, jetzt muss ich um die Kur­ve und danach wird es wie­der tief. Erneut tau­che ich ein, dies­mal noch tie­fer und wie­der schießt mir ein Schwall Was­ser ins Fens­ter, mit heu­len­dem Motor trei­be ich den 4x4 wei­ter um die Kur­ve und kom­me dann wie­der aus dem Was­ser – nun noch ein paar Meter, dann errei­che ich das ret­ten­de Ufer – puh – mir fällt ein Stein vom Her­zen und mei­ne Bei­ne zit­tern. Mit nas­ser Hose (von dem her­ein­ge­schwapp­tem Was­ser ;-)) stei­ge ich aus und schaue zu der erleich­ter­ten Diana.

Hier also das GoPro-Video von der Flussdurchquerung:

Den Motor las­se ich sicher­heits­hal­ber lau­fen. Man weiß ja nie, lass den erst mal abtrock­nen. Nun wird Dia­na von den Jungs wohl­be­hal­ten durch die Untie­fen gelei­tet und erreicht dann auch wohl­be­hal­ten das Ufer. Wir bedan­ken uns recht herz­lich und ich drü­cke dem älte­ren einen Schein in die Hand:

«Vie­len Dank für Eure Hil­fe! Aber teil das auf jeden Fall mit dei­nem klei­nen Bruder!»

Nun kön­nen wir wei­ter fah­ren. Puh. Das war ech­te Hoch­span­nung am frü­hen Mor­gen. In die­ser Wild­nis hät­ten wir nicht ger­ne den Wagen im Fluss ver­senkt – dass die Ver­si­che­rung sol­che Schä­den nicht abdeckt, wäre dann nur eines unse­rer Pro­ble­me gewesen…

Fort­an wür­de ich jeden­falls bei jeder wei­te­ren Was­ser­durch­que­rung (so eine kri­ti­sche soll­te uns zum Glück nicht mehr begeg­nen) das Fens­ter zu machen… Wie war das? Man lernt nur aus den eige­nen Erfahrungen…

Spä­ter soll­ten wir erfah­ren, dass nur weni­ge Tage vor uns ein ein­hei­mi­scher Gui­de genau an der Fluss­durch­que­rung sei­nen viel höhe­ren Safa­ri-Jeep halb ver­senkt hat, da er gera­de durch den Fluss gefah­ren ist. Das ber­gen kos­te­te ihn und sei­nen Kol­le­gen 5 Stun­den… Dan­ke noch ein­mal an die bei­den Jungs, die uns davor bewahrt haben!

Die heu­ti­ge Etap­pe führt uns wie­der durch Ele­fan­ten­land und nach ca. 40 Kilo­me­tern Tiefsand errei­chen wir das Mago­tho Camp. Außer einem Schild mit dem Namen, deu­tet nichts auf ein Camp hin. Es gibt hier außer der Wild­nis, gar nichts. Wir kön­nen daher nur erah­nen, wo unter den Aka­zi­en hier Stell­plät­ze vor­ge­se­hen sind. Ganz am Anfang des «Camps» sehen wir zwei Ein­hei­mi­sche, die offen­bar ein Lager für Tou­ris­ten vor­be­rei­ten. Wir fra­gen, wo wir uns hin­stel­len könn­ten und sie deu­ten so wage in die Rich­tung, in die der Pfad wei­ter geht.

Wir fah­ren ein Stück wei­ter und ich krie­ge etwas Panik, weil hier alles voll Aka­zi­en ist und die Zwei­ge auf dem Sand lie­gen bzw. jetzt mit ihren lan­gen Dor­nen in unse­ren Rei­fen ste­cken. Vor­sich­tig zie­he ich bestimmt 20 davon her­aus, bevor wir wei­ter fah­ren und kann mich nur wun­dern, dass die Rei­fen noch ihre Luft halten. 

Ein Stück einen klei­nen Hügel hin­auf fin­den wir dann einen geeig­ne­ten Platz, den wir für einen der Stell­plät­ze hal­ten und blei­ben da ste­hen. Das ist hier mal wirk­lich mit­ten in der Land­schaft. Die Son­ne brennt erbar­mungs­los und die Aka­zi­en geben auch nicht so viel Schat­ten, wie wir ger­ne hätten.

Ich ver­brin­ge wie­der eine gan­ze Zeit damit den Platz von Aka­zi­en-Dor­nen zu befrei­en und sie aus unse­ren Rei­fen zu zie­hen. Außer­dem ste­cken alle 2 Schrit­te mei­ne Flip­Flops vol­ler Dor­nen und bei denen man muss echt auf­pas­sen, dass die nicht durch gehen. Heu­te ist es hier so heiß, dass ich beim Kopie­ren der Bil­der auf das Note­book Angst habe, dass es über­hitzt – zumal ich es wegen der Strom­ver­sor­gung im Auto ste­hen haben muss.

Den Nach­mit­tag ver­brin­gen wegen der Hit­ze mit Sies­ta und beob­ach­ten die Ele­fan­ten, die weni­ge Meter an unse­rem Lager vor­bei zie­hen und den klei­nen Bäu­me und Büschen zu Lei­be rücken – mehr kann man hier gera­de wirk­lich nicht machen. Abends bre­chen wir dann zu einer klei­nen Pirsch­fahrt ent­lang des nahen Flus­ses auf. Kaum haben wir ihn erreicht, wech­selt die soeben noch kar­ge und step­pen­ar­ti­ge, extrem tro­cke­ne, Land­schaft in ein üppig grü­nen Saum, der links und rechts den Fluss ein­fasst. Meh­re­re gro­ße Ele­fan­ten­bul­len ste­hen hier mit ent­spre­chen­dem Abstand im Schilf und wir beob­ach­ten eine Pavi­an Fami­lie, die in den ufer­na­hen Bäu­men abhängt.

Eine tol­le Stim­mung ist das hier. Auf der Suche nach Löwen und ande­ren Kat­zen (die ein­zi­gen Tie­re, die sich bis auf unser Erleb­nis im Nxai-Natio­nal­park) bis­her echt rar gemacht haben) fah­ren wir noch ein­mal einen gro­ßen Bogen durch die Savan­ne und errei­chen kurz vor Ein­bruch der Dun­kel­heit wie­der unser Lager. Lei­der war die Kat­zen­su­che erneut erfolg­los, trotz­dem sind wir mit den Fotos, die wir auf­neh­men konn­ten, sehr zufrieden.

Blue balls :-)

Wir kochen noch schnell etwas, bevor es ganz dun­kel ist und dann set­zen wir uns ins Auto, um die Geräu­sche und Tie­re der Nacht aus der Sicher­heit her­aus zu beob­ach­ten. So ganz geheu­er ist es uns hier, so weit abseits jeg­li­cher Zivi­li­sa­ti­on, nicht. 

Immer wie­der strei­fen Ele­fan­ten geräusch­voll in weni­gen Metern Ent­fer­nung an uns vor­bei – gera­de im Dun­keln ist das schon etwas beängs­ti­gend. Plötz­lich erschrickt Dia­na hef­tig und macht ihre Schei­be hoch, ein dunk­ler Schat­ten, grö­ßer als ein Schä­fer­hund kommt auf den Wagen zu. Ich mache die Stirn­lam­pe an und leuch­te das Tier an (bei Ele­fan­ten darf man das auf kei­nen Fall machen, aber die­ses Tier ist zwar groß, aber kein Ele­fant). Es han­delt sich um eine Hyä­ne, die unser Lager nach Ess­ba­rem durch­sucht. Wohl­weis­lich hat­ten wir alles weg gepackt, so dass sie sich nach eini­gen Minu­ten wie­der trollt. Wir spre­chen ein wenig über Hyä­nen und kom­men dann auf Idee, in einem unse­rer Bots­wa­na-Bücher mal etwas über die­se Tie­re nach­zu­le­sen. Und da steht, das Hyä­nen neben Ess­ba­ren auch ger­ne Schu­he oder Plas­tik mit­neh­men oder zerbeißen!

Aha – dann haben wir die Affen wohl doch zu unrecht ver­däch­tigt! Eine Hyä­ne war es also, die Diana´s Schuh geklaut hat! Für einen Affen wäre der auch viel zu groß gewe­sen. Das bringt den Schuh zwar nicht zurück, aber jetzt wis­sen wir es wenigstens! ;-)

Trotz all der Tie­re hier, stel­le ich die Kame­ra auch die­se Nacht wie­der auf, um die Milch­stra­ße zu fotografieren. 

Irgend­wann fal­len wir in einen unru­hi­gen Schlaf. Zu direkt, zu dicht sind hier all die Geräu­sche der Tie­re – bekann­te und unbe­kann­te. Das Schla­fen auf dem Dach gibt zwar etwas Sicher­heit (auf dem Boden wür­den wir hier auf kei­nen Fall zel­ten wol­len) aber die Ele­fan­ten, die hier durch­strei­fen über­ra­gen unser Auto samt Dach­zeit bei Weitem.

Wei­ter geht´s:

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