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Afrika Hautnah – Folge 7 – Sonnenaufgang mit Verletzungsrisiko

Die Nacht auf Kubu Island war kalt und kurz. Nach­dem ich noch lan­ge die fan­tas­ti­sche Milch­stra­ße betrach­tet und foto­gra­fiert habe, wirft mich der Wecker schon wie­der um 5 Uhr aus dem Bett – ich will den Son­nen­auf­gang auf der ande­ren Sei­te der „Insel“ foto­gra­fie­ren. Noch im Halb-Dun­kel zie­he ich mit mei­nen Kame­ras los. Gleich müss­te sich die Son­ne am Hori­zont über den Pfan­nen­rand schieben…

Son­nen­auf­gang vor Kubu-Island

Son­nen­auf- und unter­gän­ge ver­lau­fen in Afri­ka inter­es­san­ter­wei­se anders als bei uns in Deutsch­land. Zum einen geht die Son­ne abends nicht nach rechts son­dern nach links unter und dem ent­spre­chend auch mor­gens nach links auf. Das sieht schon mal unge­wohnt aus – vor allem im Zeit­raf­fer. Zum ande­ren gibt es hier auch kei­ne abge­dämpf­te rote Schei­be, die lang­sam am Hori­zont hin­ab- oder hin­auf­glei­tet son­dern die Son­ne ist schon, wenn sie nur halb sicht­bar, glei­ßend hell. Sicher­lich liegt das an der kla­ren und weit­ge­hend dunst­lo­sen Atmo­sphä­re aber auch an dem stei­le­ren Win­kel, in dem die Son­ne die Atmo­sphä­re durch­strahlt. Auch eine Blaue Stun­de haben wir in Afri­ka so nicht erlebt. Das bleibt dann unse­ren Gefil­den vor­be­hal­ten – auch schön, dass auch unse­re Brei­ten da gewis­se Allein­stel­lungs­merk­ma­le für Foto­gra­fen haben… ;-)

Son­nen­auf­gang vor Kubu-Island

Jeden­falls ist auch hier die Son­ne, als sie sich über den Hori­zont schiebt, schon so hell, dass man mit blo­ßem Auge nicht hin­ein sehen kann. Nur für sehr kur­ze Zeit taucht sie die male­ri­schen Baobabs in ein traum­haf­tes Licht. Und was für eines!

Mor­gen­stim­mung auf Kubu

Als das Spek­ta­kel vor­bei ist, wird es für mich Zeit, zurück zum Auto zu gehen. Auf dem Weg fin­de ich die auf­ge­platz­te Frucht eines Baobabs – und nun weiß ich auch, war­um die Bäu­me auch «Affen­brot­bäu­me» genannt werden!

Das Affen­brot

Ich ver­su­che mich an einer Abkür­zung zurück zu unse­rem Camp und muss dazu über eini­ge Fel­sen klet­tern. Plötz­lich löst sich einer davon, und weil ich – wie schon die gan­ze Zeit – nur Flip-Flops anha­be, rut­sche ich ab und rei­ße mir dabei die Haut und Tei­le des Nagels von den Zehen mei­nes lin­ken Fußes ab. 

Aua!

Eine Blut­spur hin­ter­las­send, lege ich den rest­li­chen Kilo­me­ter zurück und begrü­ße die gera­de auf­ge­wach­te Dia­na mit den Worten:

«Ich brau­che mal das Verbandszeug.»

Da sie ohne­hin nicht gut Blut sehen kann, denkt sie natür­lich sofort das Schlimmste. 

«Was hast Du denn gemacht?!»

Ohne flie­ßen­des Was­ser ist das Säu­bern der Wun­de natür­lich nicht so ein­fach. Ich inspi­zie­re erst ein­mal den Scha­den. Der Nagel des gro­ßen Zehs ist halb abge­feilt und die Kup­pen der drei rech­ten Zehen feh­len. Kein Wun­der, dass das blutet.
So gut es geht säu­be­re ich alles und lege einen Ver­band an. Die größ­te Gefahr hier ist ver­mut­lich, dass ich mir eine Infek­ti­on ein­fan­ge. Schließ­lich lau­fen wir den gan­zen Tag in Flip-Flops oder bar­fuß her­um und der mikro-fei­ne Staub setzt sich über­all rein.

Nach dem Schreck geneh­mi­gen wir uns erst ein­mal ein schö­nes Früh­stück, bevor wir anfan­gen, die Sachen zusam­men­zu­pa­cken. Schon um 8 Uhr herrscht hier eine glei­ßen­de Hit­ze. Das Packen ist jetzt mit mei­nem lädier­ten Fuß auch deut­lich müh­sa­mer, da ich z.B. nicht mehr zu gut auf’s Auto klet­tern kann, um das Zelt zu befestigen. 

Da wir Kubu nur zwi­schen­ge­scho­ben haben, müs­sen wir heu­te lei­der schon wei­ter nach Nor­den, den Rest der Pfan­ne durch­que­ren, um wie­der auf eine rich­ti­ge „Stra­ße“ zu kommen.

Sowa-Pan – Im Hin­ter­grund – Zivilisationsschäden.

Schier end­los zieht sich die Salz­pfan­ne hin, an deren Rand wir nun die nächs­ten Stun­den über eine Sand­pis­te fah­ren. Wir sehen Strau­ße und ein paar Anti­lo­pen, sonst lei­der nicht vie­le Tie­re. Aber es ist ein­sam hier. Wir tref­fen den gan­zen Tag lang kei­nen ande­ren Men­schen. Nicht ein ein­zi­ges Auto kommt uns ent­ge­gen oder über­holt uns. Am Hori­zont sehen wir, wie eine Fata Mor­ga­na, das rie­si­ge Soda-Asche Werk auf der ande­ren Sei­te der Sowa-Pan. Ein Pro­jekt, wel­ches sich nur mit Sub­ven­tio­nen über­haupt über Was­ser hal­ten kann, aber dazu geführt hat, dass ein gro­ßer Teil der Lebens­räu­me der dort Ansäs­si­gen Fla­min­gos zer­stört wurde. 

Selbst in der kargs­ten Wüs­te fin­det sich Leben

Wei­ter gehts…

Irgend­wann, nach ca. 4 Stun­den, tref­fen wir auf die Stra­ße nach Gwe­ta. Wir müs­sen ver­su­chen, Was­ser zu bekom­men. An der Tank­stel­le gibt es kei­nes – dort wer­den nur Cola und ande­re Soft­ge­trän­ke feil gebo­ten, kein Was­ser. In dem klei­nen Ort Gwe­ta müs­sen wir auch eine Wei­le suchen, bis wir einen Markt fin­den, der Was­ser in Fla­schen ver­kauft. Ansons­ten gibt es dort nur eini­ge weni­ge regio­na­le Lebens­mit­tel: Reis, Boh­nen, Mehl und ein paar Kon­ser­ven­do­sen. Nein, man bringt es hier kei­nes­falls übers Herz, 5 Kilo Boh­nen für einen Kame­ra­sack zu kau­fen. Auf kei­nen Fall. Die­ser Ort ist außer den Pro­duk­ten des Coca Cola Kon­zerns noch nicht von den Oett­kers und Proc­ter und Gam­bles die­ser Welt über­rollt wor­den. Auch sonst ist hier alles noch recht ein­fach. Ver­mut­lich inter­es­sie­ren sich die hier Leben­den (noch) recht wenig für Was­ser in Fla­schen. In die­sen Orten gibt es Was­ser­tür­me, auf denen Blech­tanks in 10 Metern Höhe das Was­ser, wel­ches aus Brun­nen hoch­ge­pumpt wird, spei­chern, um so die Ver­sor­gung der Ein­hei­mi­schen sicher zu stellen. 

Auch wir haben einen gro­ßen Was­ser­tank im Auto. 50 Liter, die ich mit Micro­pur ent­keimt habe, die ich aber ger­ne für den Not­fall auf­he­ben möch­te. Man weiß ja nie.

Wei­ter geht es nach Wes­ten bis zum Abzweig zum Nxai Natio­nal­park. Am Gate zei­gen wir unse­re Buchung vor und fah­ren dann ca. 20 Kilo­me­ter über eine Tiefsand­pis­te – und das ist jetzt wirk­lich Tiefsand. Hal­le­lu­ja. Kurz hin­ter dem Gate geht es los. Der Wagen schafft trotz 4x4 den Sand nicht mehr und kommt teil­wei­se der­be ins Schlin­gern. An eini­gen Pas­sa­gen muss ich die Unter­set­zung akti­vie­ren. Ohne 4x4 wür­de man nach 5 Metern bis zu den Ach­sen im Sand feststecken. 

Mir steckt schon der gan­ze Tag in den Kno­chen, auch die Fahrt über die Pans war recht anstren­gend, aber das hier toppt das gan­ze noch­mal. Viel­leicht ist es auch mein Fuß, der mitt­ler­wei­le schon ver­däch­tig pocht. Für 20 Kilo­me­ter brau­chen wir eine vol­le Stun­de. Dann errei­chen wir den Abzweig zu den berühm­ten Bai­nes Baobabs.

Unse­re ers­ten Oryx-Antilopen

Nun müs­sen wir ent­schei­den, ob wir die­sen Abzweig heu­te noch machen wol­len oder ob wir gleich wei­ter gera­de­aus zum Camp fah­ren. Müdig­keit hin oder her: das Wet­ter ist der Ham­mer, klei­ne Wölk­chen sor­gen für eine will­kom­me­ne Abwechs­lung am Him­mel und der Tag ist trotz mei­ner Müdig­keit noch ver­hält­nis­mä­ßig jung. Eine alte Foto­gra­fen-Weis­heit besagt, dass man das Bild, das man heu­te machen kann nicht auf mor­gen ver­schie­ben soll – wer weiß, was pas­siert: viel­leicht ist das Wet­ter mor­gen schlecht, oder wir haben Ande­res vor. Also beschlie­ßen wir, trotz Hit­ze und Müdig­keit noch den Abste­cher zu den Bai­nes Baobabs einzulegen.

Wei­ter gehts:

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