Die Nacht auf Kubu Island war kalt und kurz. Nachdem ich noch lange die fantastische Milchstraße betrachtet und fotografiert habe, wirft mich der Wecker schon wieder um 5 Uhr aus dem Bett – ich will den Sonnenaufgang auf der anderen Seite der „Insel“ fotografieren. Noch im Halb-Dunkel ziehe ich mit meinen Kameras los. Gleich müsste sich die Sonne am Horizont über den Pfannenrand schieben…
Sonnenauf- und untergänge verlaufen in Afrika interessanterweise anders als bei uns in Deutschland. Zum einen geht die Sonne abends nicht nach rechts sondern nach links unter und dem entsprechend auch morgens nach links auf. Das sieht schon mal ungewohnt aus – vor allem im Zeitraffer. Zum anderen gibt es hier auch keine abgedämpfte rote Scheibe, die langsam am Horizont hinab- oder hinaufgleitet sondern die Sonne ist schon, wenn sie nur halb sichtbar, gleißend hell. Sicherlich liegt das an der klaren und weitgehend dunstlosen Atmosphäre aber auch an dem steileren Winkel, in dem die Sonne die Atmosphäre durchstrahlt. Auch eine Blaue Stunde haben wir in Afrika so nicht erlebt. Das bleibt dann unseren Gefilden vorbehalten – auch schön, dass auch unsere Breiten da gewisse Alleinstellungsmerkmale für Fotografen haben… ;-)
Jedenfalls ist auch hier die Sonne, als sie sich über den Horizont schiebt, schon so hell, dass man mit bloßem Auge nicht hinein sehen kann. Nur für sehr kurze Zeit taucht sie die malerischen Baobabs in ein traumhaftes Licht. Und was für eines!
Als das Spektakel vorbei ist, wird es für mich Zeit, zurück zum Auto zu gehen. Auf dem Weg finde ich die aufgeplatzte Frucht eines Baobabs – und nun weiß ich auch, warum die Bäume auch «Affenbrotbäume» genannt werden!
Ich versuche mich an einer Abkürzung zurück zu unserem Camp und muss dazu über einige Felsen klettern. Plötzlich löst sich einer davon, und weil ich – wie schon die ganze Zeit – nur Flip-Flops anhabe, rutsche ich ab und reiße mir dabei die Haut und Teile des Nagels von den Zehen meines linken Fußes ab.
Eine Blutspur hinterlassend, lege ich den restlichen Kilometer zurück und begrüße die gerade aufgewachte Diana mit den Worten:
«Ich brauche mal das Verbandszeug.»
Da sie ohnehin nicht gut Blut sehen kann, denkt sie natürlich sofort das Schlimmste.
«Was hast Du denn gemacht?!»
Ohne fließendes Wasser ist das Säubern der Wunde natürlich nicht so einfach. Ich inspiziere erst einmal den Schaden. Der Nagel des großen Zehs ist halb abgefeilt und die Kuppen der drei rechten Zehen fehlen. Kein Wunder, dass das blutet.
So gut es geht säubere ich alles und lege einen Verband an. Die größte Gefahr hier ist vermutlich, dass ich mir eine Infektion einfange. Schließlich laufen wir den ganzen Tag in Flip-Flops oder barfuß herum und der mikro-feine Staub setzt sich überall rein.
Nach dem Schreck genehmigen wir uns erst einmal ein schönes Frühstück, bevor wir anfangen, die Sachen zusammenzupacken. Schon um 8 Uhr herrscht hier eine gleißende Hitze. Das Packen ist jetzt mit meinem lädierten Fuß auch deutlich mühsamer, da ich z.B. nicht mehr zu gut auf’s Auto klettern kann, um das Zelt zu befestigen.
Da wir Kubu nur zwischengeschoben haben, müssen wir heute leider schon weiter nach Norden, den Rest der Pfanne durchqueren, um wieder auf eine richtige „Straße“ zu kommen.
Schier endlos zieht sich die Salzpfanne hin, an deren Rand wir nun die nächsten Stunden über eine Sandpiste fahren. Wir sehen Strauße und ein paar Antilopen, sonst leider nicht viele Tiere. Aber es ist einsam hier. Wir treffen den ganzen Tag lang keinen anderen Menschen. Nicht ein einziges Auto kommt uns entgegen oder überholt uns. Am Horizont sehen wir, wie eine Fata Morgana, das riesige Soda-Asche Werk auf der anderen Seite der Sowa-Pan. Ein Projekt, welches sich nur mit Subventionen überhaupt über Wasser halten kann, aber dazu geführt hat, dass ein großer Teil der Lebensräume der dort Ansässigen Flamingos zerstört wurde.
Irgendwann, nach ca. 4 Stunden, treffen wir auf die Straße nach Gweta. Wir müssen versuchen, Wasser zu bekommen. An der Tankstelle gibt es keines – dort werden nur Cola und andere Softgetränke feil geboten, kein Wasser. In dem kleinen Ort Gweta müssen wir auch eine Weile suchen, bis wir einen Markt finden, der Wasser in Flaschen verkauft. Ansonsten gibt es dort nur einige wenige regionale Lebensmittel: Reis, Bohnen, Mehl und ein paar Konservendosen. Nein, man bringt es hier keinesfalls übers Herz, 5 Kilo Bohnen für einen Kamerasack zu kaufen. Auf keinen Fall. Dieser Ort ist außer den Produkten des Coca Cola Konzerns noch nicht von den Oettkers und Procter und Gambles dieser Welt überrollt worden. Auch sonst ist hier alles noch recht einfach. Vermutlich interessieren sich die hier Lebenden (noch) recht wenig für Wasser in Flaschen. In diesen Orten gibt es Wassertürme, auf denen Blechtanks in 10 Metern Höhe das Wasser, welches aus Brunnen hochgepumpt wird, speichern, um so die Versorgung der Einheimischen sicher zu stellen.
Auch wir haben einen großen Wassertank im Auto. 50 Liter, die ich mit Micropur entkeimt habe, die ich aber gerne für den Notfall aufheben möchte. Man weiß ja nie.
Weiter geht es nach Westen bis zum Abzweig zum Nxai Nationalpark. Am Gate zeigen wir unsere Buchung vor und fahren dann ca. 20 Kilometer über eine Tiefsandpiste – und das ist jetzt wirklich Tiefsand. Halleluja. Kurz hinter dem Gate geht es los. Der Wagen schafft trotz 4x4 den Sand nicht mehr und kommt teilweise derbe ins Schlingern. An einigen Passagen muss ich die Untersetzung aktivieren. Ohne 4x4 würde man nach 5 Metern bis zu den Achsen im Sand feststecken.
Mir steckt schon der ganze Tag in den Knochen, auch die Fahrt über die Pans war recht anstrengend, aber das hier toppt das ganze nochmal. Vielleicht ist es auch mein Fuß, der mittlerweile schon verdächtig pocht. Für 20 Kilometer brauchen wir eine volle Stunde. Dann erreichen wir den Abzweig zu den berühmten Baines Baobabs.
Nun müssen wir entscheiden, ob wir diesen Abzweig heute noch machen wollen oder ob wir gleich weiter geradeaus zum Camp fahren. Müdigkeit hin oder her: das Wetter ist der Hammer, kleine Wölkchen sorgen für eine willkommene Abwechslung am Himmel und der Tag ist trotz meiner Müdigkeit noch verhältnismäßig jung. Eine alte Fotografen-Weisheit besagt, dass man das Bild, das man heute machen kann nicht auf morgen verschieben soll – wer weiß, was passiert: vielleicht ist das Wetter morgen schlecht, oder wir haben Anderes vor. Also beschließen wir, trotz Hitze und Müdigkeit noch den Abstecher zu den Baines Baobabs einzulegen.
Weiter gehts:
Afrika Hautnah – Folge 8 – Baines Baobabs
12 weitere Kilometer durch anstrengenden Tiefsand, die in einer malerischen kleinen Salzpfanne enden, an deren Ende die wirklich imposanten und an Anmut kaum zu überbietenden Baobabs auf einer kleinen Insel inmitten einer Salzpfanne stehen. Benannt wurden sie nach dem Künstler und Abenteurer Thomas Baines. Baines Baobabs haben ihre Berühmtheit sicherlich hauptsächlich durch ihre malerische und […]
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