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Fliegen oder nicht fliegen…

Bevor wir uns heu­te mit dem Jeep an der Küs­te ent­lang nach Süden durch­schla­gen wol­len, machen die Hol­län­der noch ihren Rund­flug über die Len­çois Maran­hen­ses, das heißt, wir haben genug Zeit, in Ruhe zu packen und ich nut­ze die Gele­gen­heit, um noch ein­mal mein Glück bei der Bank zu versuchen.

Die klei­ne Maschi­ne für die Rundflüge

Vor der Tour Agen­cy tref­fe ich auf die Hol­län­der. Ich bin über­rascht, denn ich dach­te, sie wären schon längst auf dem lang ersehn­ten Rund­flug, aber sie sind noch da und sehen alles ande­re als glück­lich aus. Schnell fin­de ich her­aus, was das Pro­blem ist: Man hat ihnen zu ver­ste­hen gege­ben, dass der Flug nicht statt­fin­den wird.

Ich fra­ge: war­um das denn? Sie wis­sen es nicht. Man hat ihnen nur gesagt, dass der Flug aus­fal­le. Ich fra­ge Clau­dio von der Tour-Agen­cy. Er sagt, nun, auf den Flug müs­sen min­des­tens 5 Pas­sa­gie­re mit­kom­men. 2 sei­en aber kurz­fris­tig abge­sprun­gen. Und mit nur 3 Leu­ten könn­ten sie nicht fliegen.

Ich über­set­ze das den Hol­län­dern. Wir sind uns einig, dass das so min­des­tens nicht fair ist, wenn nicht gar ver­trags­wid­rig – zumin­dest nach euro­päi­schen Maßstäben.
Aber was bei uns als selbst­ver­ständ­li­ches Geschäfts­ge­ba­ren erscheint, muss hier nicht unbe­dingt auch so gelebt wer­den. Das ist zumin­dest mir klar und wird bei der anschlie­ßen­den Dis­kus­si­on mit Clau­dio auch den Hol­län­dern deutlich.

Die Hol­län­de­rin beginnt zu wei­nen. Sie hat­te sich so auf den Flug gefreut. Mitt­ler­wei­le ist auch der Pilot in der Agen­cy ein­ge­trof­fen. Ich beschlie­ße, die Sache in die Hand zu neh­men, da die Hol­län­der sich auf­grund der Sprach­schwie­rig­kei­ten nur schwer ver­stän­di­gen können.

Ich rede mit dem Pilo­ten über das Pro­blem, schil­de­re ihm noch ein­mal die Lage, dass wir extra aus Euro­pa ange­reist sei­en um die Len­çois Maran­hen­sen zu sehen und bis­her in Bar­reirin­has auf die schlech­tes­te Orga­ni­sa­ti­on der gesam­ten Rei­se gesto­ßen sei­en. Es fing mit der Jeep­tour in die Dünen an, die auf­grund der Chao­ti­schen Orga­ni­sa­ti­on nur 2 Statt 5 Stun­den dau­er­te, ging über die Boots­tour, wo wir wie­der an der Pousa­da ver­ges­sen wur­den und gip­felt nun in der Absa­ge des Rund­flu­ges, auf den die Hol­län­der sich so gefreut hatten. 

Sie haben doch alles rich­tig gemacht, sind bereit den vol­len Preis zu zah­len, und dür­fen jetzt doch nicht flie­gen. Das sei doch nicht in Ordnung.

Er zeigt sich ver­ständ­nis­voll sagt aber auch, dass das Flug­zeug ja nicht ihm gehö­re und er die ent­spre­chen­den Kos­ten wei­ter geben müs­se. Er legt mir sogar sei­ne Kal­ku­la­ti­on dar: Für einen Flug müs­se er 560 R$ an den Besit­zer der Maschi­ne zah­len. Jeder Pas­sa­gier zah­le 140 R$. Bei drei Pas­sa­gie­ren wären das 420 R$, d.h., sie müss­ten in die­sem Fal­le 140 R$ drauflegen.
Das sie das nicht kön­nen, ist mir auch klar. 

Aber ich weiß auch, dass das hier nicht Bra­si­li­en wäre, wenn es nicht einen Aus­weg gäbe. Ich sage, schaut mal Leu­te, die Kol­le­gen kom­men aus Euro­pa ange­reist, freu­en Sich auf die Len­çois Maran­he­ses, wol­len zuhau­se davon erzäh­len und bis­her haben sie hier nur Pro­ble­me mit Euren Tou­ren gehabt. Ihr wollt doch bestimmt, dass die zuhau­se ein biss­chen Wer­bung für Euch machen? Jetzt schaut mal, wie ent­täuscht die sind. Was denkt ihr, was wer­den die zuhau­se erzäh­len? Nur von der tol­len Land­schaft? Oder auch und vor allem von der schlech­ten Orga­ni­sa­ti­on hier bei Euch in Bar­reirin­has? Jetzt seit doch mal krea­tiv und lasst Euch doch mal etwas ein­fal­len, wie die bei­den noch zu ihrem Flug kommen!

Plötz­lich hat der Pilot einen Vorschlag:

«Ich könn­te mit ihnen einen Kurz­flug machen. 15 Minu­ten. Den könn­te ich güns­ti­ger anbie­ten. Da bekom­me ich auch kei­nen Ärger mit dem Besit­zer des Flug­zeugs. Die Rech­nung wür­de gera­de so auf­ge­hen. Wir wür­den zwar kei­nen Gewinn machen, aber auch kei­nen Ver­lust, das wäre für mich in Ordnung.»

Das lie­be ich an Bra­si­li­en. Es gibt immer einen «jeit­in­ho», einen Weg das Pro­blem zu lösen!

Ich über­set­ze den Hol­län­dern den Vor­schlag und den­ke noch, na, ob sie das so toll fin­den, so viel Geld für 15 Minu­ten? Aber sie den­ken nicht lan­ge nach, sie sind begeis­tert. Sie wol­len den Flug unbe­dingt. Egal ob 15 oder 25 Minuten. 

Somit kann es also los gehen. Clau­dio fährt sofort los, um den 3. Pas­sa­gier zu holen. Damit nicht doch noch etwas pas­siert, war­te ich sicher­heits­hal­ber, bis er zurück ist. Aber dies­mal scheint alles klar zu sein. Gera­de will ich zurück zu Dia­na in die Pousa­da um mit ihr gemein­sam schon mal unse­re Sachen zu packen, als mich der Pilot noch ein­mal zur Sei­te nimmt.

Willst Du nicht mit­flie­gen? Fragt er. Ich win­ke ab. Nein, ist mir zu teu­er. Das hat­te ich ja ges­tern schon beschlossen. 

Nein nein sagt er, ich neh­me Dich so mit, wenn Du willst, Du musst nicht bezah­len! Ich habe doch jetzt noch einen Platz frei! (Das ist Logik :-)) 

Wow – ich kann es kaum fas­sen. Da muss ich natür­lich nicht lan­ge über­le­gen – ich sage, klar – sehr gerne! 

Ich müs­se nur noch kurz zur Pousa­da, um Dia­na Bescheid zu sagen. Er sagt, dass er aber nur einen von uns mit­neh­men kön­ne. Da ich weiß, dass Dia­na mit so klei­nen Flug­zeu­gen sowie­so eher auf Distanz geht, sage ich, klar – kein Pro­blem, aber Bescheid sagen müs­se ich trotzdem.

Er sagt: Kein The­ma, wir holen Dich dann gleich an der Pousa­da ab. Als die Hol­län­der mir mei­ne Kame­ra wie­der geben wol­len sage ich: Behal­tet sie mal lie­ber, die­ses «wir holen Dich an der Pousa­da ab» habe ich hier schon ein paar Mal gehört, bis­her hat das eher schlecht geklappt!

Ich düse also los. Dia­na hat sich schon gewun­dert, wo ich so lan­ge war. Ich erklä­re ihr schnell die Situa­ti­on, schnap­pe mir die Nikon und stel­le mich vor die Pousa­da. Ich war­te. Das kommt mir hier vor wie ein Deja-vu. Aber mitt­ler­wei­le ist die Zeit­span­ne, die ich noch bereit bin, hier auf die Jungs zu war­ten, ziem­lich kurz gewor­den. Die waren doch eben gera­de gleich­zei­tig mit mir, als ich an der Agen­cy los bin, auch im Begriff los­zu­fah­ren. Sie müss­ten also schon längst hier sein. Und jetzt kom­men sie wie­der nicht. Das ist doch echt hoff­nungs­los hier! 

Ich war­te nicht mehr. Ich lau­fe zur Agen­cy. Sie sind weg.
Haben wir uns jetzt etwa doch verpasst?
Aargh… Natür­lich bin ich jetzt schon ziem­lich heiß auf den Flug – für umsonst wür­de ich den selbst­ver­ständ­lich ger­ne mitnehmen!

Ich fra­ge nach. Nee – die sind schon los zum Flugplatz.
Aaaarghhhh… Die haben doch ver­spro­chen, mich mitzunehmen?!
Es ist nicht zu fas­sen. Der Typ in der Agen­cy guckt mich an als ob das das nor­mals­te der Welt wäre. 

Kein Pro­blem, Du wirst gleich hin­ge­fah­ren. Die sind nur schon­mal los, den Motor der Maschi­ne auf­wär­men. Nee ist klar. Ich gucke wohl ziem­lich pis­sig. Er geht raus und hält kur­zer­hand einen Jeep an. Was sie spre­chen kann ich von drin­nen nicht ver­ste­hen, aber er bedeu­tet mir ein­zu­stei­gen. Was wird das jetzt? Fährt der mich jetzt zur Pis­te, oder schafft er sich mich jetzt kur­zer Hand vom Hals? 

Ich fra­ge – fährt der mich jetzt zur Pis­te? Ja sicher, kein Pro­blem. Okay – was soll’s – stei­ge ich halt ein.

Und in der Tat – er fährt mich zur Pis­te. Die sind doch hier alle ver­wandt oder verschwägert!

Von den Hol­län­dern erfah­re ich, dass sie noch ver­sucht hat­ten, den Fah­rer an unse­rer Pousa­da vor­bei­zu­lot­sen, aber lei­der erfolg­los. Na egal, ich bin hier, da vor­ne steht das Flug­zeug, jetzt wird er mich wohl nicht wie­der wegschicken…

Wei­ter­le­sen: Die Len­çois Maran­hen­ses aus der Luft

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