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Das 3x3 für bessere Fotos – Teil 1 – Fotografieren

Ich habe ein­mal 9 ein­fa­che Erfolgs­fak­to­ren zusam­men­ge­stellt, die euch zu noch bes­se­ren Fotos ver­hel­fen wer­den. Ich nen­ne sie das «3x3» für bes­se­re Fotos, Port­fo­li­os und Prä­sen­ta­tio­nen. Los geht’s mit Teil 1 – dem Foto­gra­fie­ren als sol­ches. In den wei­te­ren Fol­gen geht es dann um das Selek­tie­ren und Bearbeiten.

Jedes mal nach der Urlaubs­zeit ist es wie­der soweit. Lie­be Freun­de oder Ver­wand­te wol­len uns ihre Urlaubs­fo­tos zei­gen. Ist doch toll! Und wir? Wir schwan­ken zwi­schen ech­tem Inter­es­se und Flucht­re­flex, also fra­gen wir vor­sich­tig nach:

«wie vie­le Fotos habt ihr denn gemacht?»

Die Ant­wort kommt dann meist wie erwartet:

«1.200 – Peter hat dies­mal 2 Spei­cher­kar­ten voll gemacht – es war aber auch sooo schön in Fotogenistan!»

«Seid ihr denn über­haupt schon dazu gekom­men, sie zu aus­zu­sor­tie­ren und zu bear­bei­ten?» – die­se vor­sich­tig vor­ge­brach­te, aber doch alles ent­schei­den­de Fra­ge kön­nen wir uns fast immer spa­ren, denn die Ant­wort ist unausweichlich…

«Nee… die sind noch auf den Speicherkarten…»

Und dann geht’s los. Wo frü­her 6 Dia Maga­zi­ne schon zur «Qual» wur­den, aber die Erlö­sung noch abseh­bar war, hebt uns die digi­ta­le Bil­der­flut auf ein neu­es Level im krea­ti­ven-ich-muss-weg-Aus­re­den-Erfin­den.

Ich behaup­te: Jedem von uns ist die­se oder eine ähn­li­che Situa­ti­on schon unter­ge­kom­men: Wir schwan­ken zwi­schen Höf­lich­keit und schie­rem Flucht­re­flex – dabei wür­den uns die eini­ge Ein­drü­cke der Rei­se ja durch­aus interessieren!

Aber halt – bevor wir das ver­ur­tei­len und gleich­zei­tig glau­ben, dass wir das ja sooo viel bes­ser machen – stel­len wir uns doch ein­mal die Fra­ge, was wir aus unse­ren eige­nen Emp­fin­dun­gen in einer sol­chen Situa­ti­on für unse­re eige­ne Foto­gra­fie ler­nen kön­nen. Wel­che Erkennt­nis­se kön­nen wir für unse­re Urlaubs­be­rich­te, unser Port­fo­lio, unse­re Web-Gale­rien, unse­ren Instra­gram, Flickr- oder Face­book Stream, unse­re Dia-Shows und Foto­bü­cher ziehen?

Heu­te kann jeder zu jeder Zeit per­ma­nent publi­zie­ren – sei es in den sozia­len Netz­wer­ken, auf dem eige­nen Blog oder auf Foto­sei­ten. Nicht nur beim Zei­gen von Urlaubs­fo­tos. Jeden Tag pras­seln unzäh­li­ge Fotos auf uns ein, ob wir wol­len oder nicht. Wie wohl­tu­end wir­ken da die sel­te­nen Per­len auf uns, die sich dazwi­schen fin­den. Und genau um das Pro­du­zie­ren sol­cher Per­len soll es in die­ser Arti­kel­rei­he gehen.

Mein 3x3 für bes­se­re Fotos, Port­fo­li­os und Prä­sen­ta­tio­nen besteht nicht aus bahn­bre­chen­den, neu­en Erkennt­nis­sen. Aber ich behaup­te, wir müs­sen uns alle immer wie­der dazu zwin­gen, uns die­se ein­fa­chen Regeln ins Gedächt­nis zu holen und sie täg­lich anwen­den. Dann wer­den auch die Betrach­ter unse­rer Bil­der in Zukunft schon am ers­ten Tag nach unse­rem mehr­wö­chi­gen Urlaub Schlan­ge ste­hen, unse­rem Ego schmei­cheln und die Bil­der sehen wol­len. Aber uns damit auch sofort wie­der ins Dilem­ma stür­zen: die Fans ver­trös­ten und erst noch 2 Wochen lang sor­tie­ren und bear­bei­ten? Oder die ein­zig­ar­ti­gen Bil­der sofort zei­gen: Wir haben dies­mal 2 Spei­cher­kar­ten voll gemacht, es war aber auch sooo schön in Fotogenistan…

Ihr habt es sicher­lich ver­mu­tet: natür­lich soll­tet ihr auf kei­nen Fall dem Drang nach­ge­ben, eure Bil­der sofort, unsor­tiert und unbe­ar­bei­tet zu zei­gen. Und dafür gibt es einen ganz ein­fa­chen und plau­si­blen Grund, man muss ihn sich nur ein­mal klar machen: ihr wer­det an eurem schlech­tes­ten Bild beur­teilt und nicht an eurem bes­ten. So ein­fach ist das. Nie­mand kommt mit tau­sen­den Bil­dern von einer Rei­se zurück und die sind alle toll. Ver­mut­lich sind mehr als 90% erst­mal nicht toll. Und das ist völ­lig nor­mal und auch bei mir so. Wenn ihr die­se Bil­der zeigt, dann zeigt ihr allen­falls Durch­schnitt und eini­ges an Aus­schuss. Mehr nicht. Aber das Selek­tie­ren der Bil­der ist schon der zwei­te Schritt. Zunächst ein­mal muss ja foto­gra­fiert wer­den. Und auch hier gibt es eini­ge grund­le­gen­den Din­ge zu beach­ten. Also der Rei­he nach…

Das 3x3 für bessere Fotos, Portfolios und Präsentationen!

Vom Motiv zum prä­sen­tier­ten Bild soll­te, nein bes­ser: muss ein Foto­graf drei Schrit­te durchlaufen:

  1. Foto­gra­fie­ren,
  2. Selek­tie­ren,
  3. Bear­bei­ten.

Erst dann geht es ans Zei­gen und Präsentieren.

Zu jedem die­ser drei Schrit­te zei­ge ich euch in die­ser Arti­kel­rei­he die aus mei­ner Sicht drei wich­tigs­ten Erfolgs­fak­to­ren auf. Star­ten wir mit dem Fotografieren.

Schritt I: Fotografieren

Das wich­tigs­te an unse­rem schö­nen Hob­by Foto­gra­fie­ren ist – das Foto­gra­fie­ren als sol­ches. Klingt banal, hat es aber in sich! Wir spre­chen hier über einen Teil Hand­werk und einen Teil künst­le­ri­sches „Sehen und Kom­po­nie­ren“. Wobei ich per­sön­lich den Teil des künst­le­ri­schen Sehens und Kom­po­nie­rens für den wesent­lich wich­ti­ge­ren halte.

Bild­kom­po­si­ti­on, Schär­fe und Licht müs­sen bei der Auf­nah­me schon „rich­tig gemacht“ wer­den. Nach­läs­sig­kei­ten in die­sen Berei­chen las­sen sich spä­ter oft gar nicht und wenn über­haupt, dann nur mit sehr hohem Auf­wand korrigieren.

Hir­ten­paar, Isla del Sol, Titi­ca­ca­see, Bolivien

I.1 Bildkomposition

Die Bild­kom­po­si­ti­on macht das eigent­li­che Bild aus. Vor­der-/Hin­ter­grund, Lini­en­füh­rung, Grö­ßen­ver­hält­nis­se usw. sind Aspek­te, die man de fac­to nur bei der Auf­nah­me bestim­men kann. Wie groß allein der Unter­schied in der Bild­wir­kung ist, wenn ihr als Foto­graf ein­mal die „Kom­fort­zo­ne“ ver­lasst und z.B. nur mal in die Hocke geht, könnt und soll­tet ihr selbst mal aus­pro­bie­ren. Den Aha-Effekt garan­tie­re ich euch! Der The­men­be­reich Bild­kom­po­si­ti­on wür­de hier zu weit füh­ren – dar­über haben wir in den bei­den fol­gen­den Arti­keln geschrieben:

Die Mög­lich­kei­ten Feh­ler, die in die­sen Berei­chen bei der Auf­nah­me gemacht wer­den, in der Nach­be­ar­bei­tung zu kor­ri­gie­ren, sind sehr begrenzt. Sie beschrän­ken sich auf eine nach­träg­li­che Ver­klei­ne­rung des Bild­aus­schnitts, einer nach­träg­li­chen Dre­hung des Bil­des und ggf. klei­ne­ren Retu­sche-Arbei­ten. Sprich: aus einem schlecht foto­gra­fier­ten Bild wird auch mit noch so viel Nach­be­ar­bei­tung kein großartiges.

I.2 Schärfe

Schär­fe wird vom Betrach­ter erst ein­mal als abso­lu­te Grund­vor­aus­set­zung für ein gutes Bild erwar­tet. Ist ein Bild unscharf, muss die­se Unschär­fe schon als ganz beson­de­res Stil­mit­tel ein­ge­setzt wor­den sein, ansons­ten wird das Bild als miss­lun­gen gewertet.

Kein Schär­fe­fil­ter kann ein unschar­fes Bild scharf machen! Ist ein Bild ver­wa­ckelt oder nicht im Fokus kann man es in der Regel getrost ent­sor­gen. Jeg­li­che Ver­su­che, es zu ver­bes­sern, wer­den das Ergeb­nis eher noch schlim­mer machen. Schär­fe­fil­ter wie zum Bei­spiel das bekann­te «unscharf mas­kie­ren» wen­det man auf bereits schar­fe Bil­der an, um durch eine Kon­trast­erhö­hung an den Kan­ten den Schär­fe­ein­druck zu ver­stär­ken. Ein unschar­fes Bild bekom­men sie nicht scharf gerechnet.

Im fol­gen­den Arti­kel habe ich eini­ges zum The­ma Schär­fe geschrieben:

Den größ­ten Ein­fluss auf die Schär­fen­wahr­neh­mung bei einem Foto hat das ver­wen­de­te Objek­tiv. Es bestimmt ent­schei­dend nicht nur die Schär­fe im her­kömm­li­chen Sin­ne, son­dern auch die Kon­trast- und Farb­wie­der­ga­be. Ein gutes Objek­tiv lie­fert Bil­der, die von vorn­her­ein eine ganz ande­re visu­el­le Anmu­tung haben, als ein mit­tel­mä­ßi­ges Kit-Objek­tiv. Mei­ne Emp­feh­lung für sehr gute Objek­ti­ve, die ein her­vor­ra­gen­des Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis haben, sind die Objek­ti­ve der Sig­ma ART Serie, zu denen ich ja schon eini­ges geschrie­ben habe.

Der Schär­fe­ver­lauf eines Bil­des, durch die Schär­fen­tie­fe bestimmt, ist ein wich­ti­ges Gestal­tungs­mit­tel, wel­ches in der Nach­be­ar­bei­tung in der Regel auch nicht ver­än­dert wer­den kann. Aus einem Bild, wel­ches mit Blen­de f/1.8 auf­ge­nom­men wur­de und wel­ches dem­entspre­chend eine ganz gerin­ge Schär­fen­tie­fe hat, wird man mit kei­ner Nach­be­ar­bei­tung ein Bild machen kön­nen, das von vor­ne bis hin­ten scharf ist, so, als wäre es mit Blen­de f/16 aufgenommen.

Das The­ma Schär­fen­tie­fe habe ich aus­führ­lich hier behandelt:

I.3 Licht

Das Licht in einer Auf­nah­me­si­tua­ti­on bestimmt ganz maß­geb­lich die Anmu­tung eines Fotos. Man spricht nicht umsonst vom Foto­gra­fen als «Licht­ma­ler». Die bes­te Bild­be­ar­bei­tung der Welt wird aus einem Foto, in dem das Licht von links kommt, nicht eines machen kön­nen, in dem es von rechts kommt. Das geht nicht. Licht und Schat­ten sind, wie die Bild­kom­po­si­ti­on und der Schär­fe­ver­lauf, essen­zi­el­le Ele­men­te eines Fotos. Selbst wenn ihr bei der Bild­kom­po­si­ti­on und der Schär­fe alles rich­tig gemacht habt, hängt die Wir­kung des Bil­des ganz ent­schei­dend von dem Licht ab. Ich gehe hier mal davon aus, dass ihr in der Natur mit natür­li­chem Licht arbei­tet. Oft ist es bei die­ser Art der Foto­gra­fie ein­fach eine Fra­ge des Wet­ters und der Tages­zeit. Sucht euch also die rich­ti­gen Zei­ten  zum foto­gra­fie­ren aus. Die Mor­gen- und Abend­stun­den sind beson­ders geeig­net, da hier die Son­ne tief steht und ein gol­de­nes Licht spen­det. Auch Schat­ten kom­men durch den tie­fen Stand der Son­ne viel bes­ser zur Gel­tung, als zur Mit­tags­zeit. Aber beson­ders auch die Zeit nach Son­nen­un­ter­gang, die soge­nann­te Blaue Stun­de, bie­tet ein tol­les Licht für die Foto­gra­fie. Dazu in Kür­ze mehr in einer neu­en Fol­ge in unse­rer Rei­he Dia­na lernt Foto­gra­fie­ren.

Thai­land, Koh Kood, Blaue Stunde

Die eigent­li­che Belich­tung im Sin­ne der Licht­in­ten­si­tät ist von die­sen Aspek­ten noch der­je­ni­ge, der am ehes­ten kor­ri­giert wer­den kann. Aller­dings gehen auch hier star­ke Kor­rek­tu­ren irgend­wann mit einer Abnah­me der Bild­qua­li­tät ein­her. Bil­der, die im RAW For­mat auf­ge­nom­men wur­den, bie­ten 2–3 Blen­den­stu­fen Reser­ve. Die­se kann man in der Bild­be­ar­bei­tung ausreizen.

Auch die Farb-Tem­pe­ra­tur, also die Anmu­tung, ob ein Bild eher in war­men oder kal­ten Tönen wie­der­ge­ge­ben wird, lässt sich im Nach­hin­ein in der Bild­be­ar­bei­tung noch völ­lig fle­xi­bel ein­stel­len (gesetzt den Fall, ihr foto­gra­fiert im RAW-For­mat). Über den Weiß­ab­gleich mache ich mir z.B. bei der Auf­nah­me am wenigs­ten Gedan­ken. Den stel­le ich so gut wie immer spä­ter in der Nach­be­ar­bei­tung ein.

Die Hin­ter­grün­de die­ser drei wich­tigs­ten Aspek­te der Foto­gra­fie fül­len Bücher und las­sen sich nur durch viel Üben erler­nen. Das wür­de hier den Rah­men spren­gen und soll auch nicht im Haupt-Fokus die­ses Arti­kels lie­gen. Ein guter Ein­stieg ist sicher­lich unse­re Rei­he Dia­na lernt Foto­gra­fie­ren, also schaut dort mal rein.

Ansons­ten möch­te ich euch nahe­le­gen, ein­fach los zu gehen und zu foto­gra­fie­ren. Übung macht den Meis­ter. Ihr braucht auch kei­ne Angst zu haben, Feh­ler zu machen – denn selbst wenn 9 Bil­der von 10 schlecht sind, ist das 10te viel­leicht ein Gutes!

Was ihr mit den ande­ren 9 machen könnt, das erfahrt ihr in der nächs­ten Fol­ge, wenn es um das Selek­tie­ren geht.

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