Website-Icon gwegner.de

Mit dem Sigma USB Dock den Fokus kalibrieren – Tutorial

Die Sig­ma Art Objek­ti­ve bestechen nicht nur durch ihre Bild­qua­li­tät und Bau­wei­se, sie erlau­ben dem Nut­zer mit einem spe­zi­el­len USB-Dock auch gewis­se Kon­fi­gu­ra­tio­nen vor­zu­neh­men, die sonst dem Ser­vice vor­be­hal­ten sind. Dazu gehört die Fein­ein­stel­lung des Auto­fo­kus. War­um das sinn­voll ist und wie das ganz ein­fach geht, erklä­re ich euch in die­sem Artikel.

Fokus-Unge­nau­ig­kei­ten ken­nen Benut­zer von Spie­gel­re­flex-Kame­ras schon seit den ers­ten Auto­fo­kus Objek­ti­ven. Die Ursa­che dafür liegt ein­fach in dem Prin­zip, wie der sog. Pha­sen-Auto­fo­kus der Kame­ras funk­tio­niert. Das habe ich schon ein­mal in einem  sepa­ra­ten Arti­kel erklärt. Ver­ein­facht gesagt kann es Unter­schie­de zwi­schen der tat­säch­li­chen Ent­fer­nung eines Objekts und der vom Auto­fo­kus gemes­se­nen Ent­fer­nung geben – und das ist lei­der recht üblich – dann liegt der Fokus beim Fokus­sie­ren durch den Sucher hin­ter oder vor dem anfo­kus­sier­ten Objekt, man spricht dann vom Back- oder Frontfokus.

Bei eini­gen Kame­ras kann man dafür in der Kame­ra selbst Kor­rek­tur­wer­te hin­ter­le­gen, die­se bezie­hen sich jedoch meist auf den gesam­ten Fokus­be­reich und sind auch nicht immer ganz ein­fach zu konfigurieren.

Einen bes­se­ren Weg geht mei­ner Mei­nung nach Sig­ma. Seit der Ein­füh­rung der Art, Sports und Con­tem­po­ra­ry Seri­en, kann man die­se Objek­ti­ve mit einem spe­zi­el­len USB-Adap­ter, dem sog. USB-Dock selbst kali­brie­ren (Lis­te der unter­stütz­ten Objek­ti­ve). Bis­her hat­te ich selbst noch kei­ne Ver­an­las­sung gese­hen, mei­ne Objek­ti­ve zu kali­brie­ren, doch die Fokus-Unge­nau­ig­kei­ten mei­nes neu­en 20mm Sig­ma Art (zu mei­nem Test­be­richt) lie­ßen mich dann doch zum USB-Dock grei­fen, um es ein­zu­stel­len. Hier mei­ne Erklä­rung, wie das ganz ein­fach und prag­ma­tisch geht.

Einstellen des Autofokus mit dem Sigma USB Dock

Jede moder­ne DSLR bie­tet zwei Arten des Auto­fo­kus: zum einen den Pha­sen-Auto­fo­kus – das ist der, der aktiv ist, wenn wir durch den Sucher schau­en und foto­gra­fie­ren und zum ande­ren den Kon­trast­au­to­fo­kus, das ist der­je­ni­ge, der aktiv ist, wenn wir im Live-View fotografieren.

Der Pha­sen-Auto­fo­kus (die­sen hat­te ich hier schon­mal erklärt) ist der­je­ni­ge, der anfäl­lig für Front- und Back­fo­kus ist. Der Kon­trast­au­to­fo­kus ist hin­ge­gen immer exakt, wenn er genü­gend Kon­trast im anfo­kus­sier­ten Objekt findet.

Die unter­schied­li­chen Cha­rak­te­ris­ti­ka die­ser bei­den Auto­fo­kus-Vari­an­ten machen wir uns nun zunut­ze, um den Pha­sen-Auto­fo­kus zu kali­brie­ren. In die­sem Arti­kel habe ich schon ein­mal erklärt, wie man Back- oder Front­fo­kus erkennt. Im Prin­zip messt ihr den Fokus ein­mal mit aus­ge­schal­te­tem Live-View (Pha­sen­au­to­fo­kus) und ein­mal im Live-View (Kon­trast­au­to­fo­kus). Wenn sich vor­ne am Objek­tiv die Ent­fer­nungs­an­zei­ge dabei unter­schei­det, habt ihr einen dejus­tier­ten Fokus. Auf die­sem Prin­zip beruht die von mir nun im Fol­gen­den vor­ge­stell­te Vor­ge­hens­wei­se beim Kali­brie­ren mit dem USB-Dock.

Zunächst benö­tigt ihr das USB-Dock von Sig­ma, die­ses gibt es für die unter­schied­li­chen Bajonettversionen:

→ Sig­ma USB Dock für Nikon, Canon, Sony, Sig­ma, Pen­tax.

Anschlie­ßend ladet ihr euch die Soft­ware Sig­ma Opti­mi­zia­ti­on Pro von der Sig­ma Web­site her­un­ter. Dort fin­det ihr Down­loads für Win­dows und Mac.

Nun könnt ihr euer Objek­tiv mit dem USB Dock ver­bin­den und das USB Kabel in den Rech­ner stecken.

Nach dem Start der Sig­ma Opti­miza­ti­on Pro Soft­ware, checkt die­se zunächst ein­mal nach einem Firm­ware-Upgrade für das Dock sowie für das ange­schlos­se­ne Objek­tiv. Falls ein Update gefun­den wur­de, soll­tet ihr die­ses als ers­tes direkt ein­spie­len lassen.

Im Anschluss, klickt ihr auf Individualisierung…

…dann auf Fokus-Einstellung.

Nun erscheint der Fokus-Einstellungsdialog.

Es gibt 4 Fokus­be­rei­che, die unab­hän­gig von­ein­an­der ein­ge­stellt wer­den kön­nen, beim 20er z.B. 0.276m, 0.4m, 0.6m und Unendlich.

Das Ein­stel­len ist nun ganz ein­fach. Fangt mit der Kali­brie­rung für Unend­lich an.

Kalibrieren der Unendlich-Einstellung

  1. Stellt die Kame­ra auf ein Sta­tiv, M‑Modus, Offen­blen­de (!) – also Blen­de 1.4 bei den Sig­ma Art Objek­ti­ven und stellt die Belich­tungs­zeit ent­spre­chend so ein, dass ihr ein eini­ger­ma­ßen ver­nünf­tig belich­te­tes Bild bekommt. Stellt die Kame­ra im Gar­ten auf oder öff­net ein Fens­ter und rich­tet die Kame­ra nach drau­ßen. Den Auto­fo­kus stellt ihr auf Ein­zel­feld, als Mess­feld wählt ihr das in der Mit­te. Die­ses rich­tet ihr auf irgend­et­was in mehr als 50 Metern Ent­fer­nung, das etwas Kon­trast auf­weist, so dass ihr dar­auf fokus­sie­ren könnt. Zum Bei­spiel eine Baum­grup­pe in der Ferne.
  2. Nun schal­tet die Kame­ra in den Live-View. Das Live-View-Fokus­feld soll­te auch genau in der Mit­te plat­ziert sein, so dass es exakt die Stel­le fokus­siert, auf der das Mess­feld im Sucher gezeigt hat.
  3. Nun fokus­siert im Live-View. Hal­tet den Aus­lö­ser halb gedrückt, solan­ge, bis vor­ne am Objek­tiv die Ent­fer­nungs­an­zei­ge zur Ruhe kommt. Schaut wei­ter­hin auf die­se Anzei­ge und schal­tet den Live-View aus. Nun fokus­siert noch ein­mal und beob­ach­tet die Ska­la dabei. Wenn sich der Fokus nicht ver­än­dert, ist er ohne­hin per­fekt ein­ge­stellt. Wenn die Ska­la sich leicht nach rechts dreht, habt ihr einen Back­fo­kus, wenn sie sich leicht nach links dreht, habt ihr einen Frontfokus.
  4. Nun setzt ihr das Objek­tiv wie­der in das Dock und klickt auf den Bereich «Unend­lich». Dort tragt ihr nun einen Kor­rek­tur­fak­tor ein. Hier müsst ihr etwas pro­bie­ren. Bei einem Back­fo­kus, müsst ihr in den Minus-Bereich gehen, beim Front­fo­kus in den Plus-Bereich. Nehmt erst mal 5 als Wert mit dem jewei­li­gen Vor­zei­chen. Dann klickt ihr auf «Über­tra­gung» (wich­tig, sonst wird der Wert nicht ins Objek­tiv geschrieben!).
  5. Nun wie­der das Objek­tiv an die Kame­ra und noch ein­mal pro­bie­ren. Nor­ma­ler­wei­se soll­te die Abwei­chung zwi­schen Live-View-Auto­fo­kus und Pha­sen­au­to­fo­kus nun gerin­ger gewor­den sein. Macht das solan­ge, bis die Abwei­chung kaum noch merk­bar ist.

Etwas ner­vig ist, dass die Soft­ware bei jedem Anset­zen des Objek­tivs nach einer aktua­li­sier­ten Firm­ware sucht, das ist wirk­lich unnö­tig und es wäre schön, wenn Sig­ma das in einer neu­en Ver­si­on abschalt­bar machen würde.

Kalibrieren der weiteren Entfernungsstufen

Wech­selt nun auf den nächs­ten Fokus Bereich, also 0.6 Meter. Dazu stellt ihr die Kame­ra in eurem Raum auf, am bes­ten vor ein Bücher­re­gal oder ähn­li­ches. Die Ent­fer­nung von 0.6 Meter könnt ihr ganz ein­fach durch aus­pro­bie­ren her­aus­be­kom­men, indem ihr fokus­siert und wie­der die Ska­la vor­ne am Objek­tiv beob­ach­tet. Ver­schiebt das Sta­tiv so lan­ge, bis sie ca. 0.6 Meter anzeigt. Dann geht ihr genau­so vor, wie bei der Unendlich-Kalibrierung.

Führt das Gan­ze dann noch für die ande­ren bei­den Fokus-Berei­che durch und ihr seid fertig.

Ins­ge­samt habe ich für mei­ne 3 Objek­ti­ve nicht län­ger als 15 Minu­ten gebraucht, also 5 Minu­ten pro Objektiv.

Nach­trag: natür­lich funk­tio­niert das auch mit Zoom-Objek­ti­ven, z.B. dem 18–35 Art. Hier kann man dann für unter­schied­li­che Brenn­wei­ten indi­vi­du­ell kali­brie­ren, beim 18–35 für 18, 24, 28 und 35 mm:

Fazit

Immer wie­der höre ich Kri­tik, dass man extra das USB-Dock von Sig­ma kau­fen müs­se oder Aus­sa­gen wie «Sig­ma soll die Objek­ti­ve von vorn­her­ein rich­tig kali­brie­ren, dann ist das alles nicht nötig etc.». Ich sehe das etwas anders.

Ers­tens ist das USB Dock natür­lich optio­nal. Mei­nes Wis­sens nach bie­tet Sig­ma den Kali­brier-Ser­vice bei neu­en Objek­ti­ven auch kos­ten­los an. Dazu muss man das Objek­tiv (und am bes­ten auch die Kame­ra) dann aller­dings ein­schi­cken und ggf. eine Woche oder mehr war­ten, bis man es zurück hat. Wer so lan­ge auf sein Equip­ment ver­zich­ten kann und möch­te, für den ist das dann sicher auch eine Option.

Wei­ter­hin sind sol­che Fokus-Unge­nau­ig­kei­ten eben nicht immer nur eine Sache des Objek­ti­ves. Die Kame­ra spielt dabei näm­lich auch eine Rol­le. Wenn man sich beim Nikon-Ser­vice z.B. über Back- oder Front­fo­kus beschwert, emp­feh­len die auch immer, die Kame­ra inklu­si­ve Objek­tiv ein­zu­schi­cken und das nicht ohne Grund: nur in der Kom­bi­na­ti­on lässt sich ein sol­ches Sys­tem exakt justieren.

Und zu guter Letzt dient das USB-Dock ja nicht nur der Fokus jus­ta­ge, son­dern man kann damit auch Firm­ware-Updates ein­stel­len, bei eini­gen Objek­ti­ven den Sta­bi­li­sa­tor indi­vi­du­ell auf sei­ne Anfor­de­run­gen kali­brie­ren und wei­te­re Ein­stel­lun­gen vornehmen.

Ich per­sön­lich fin­de: die Fokus-Kali­brie­rung mit dem Sig­ma-USB Dock ist eine tol­le Sache. Schnell, ein­fach und prä­zi­se kali­briert man damit sei­ne Objek­ti­ve – jetzt, wo ich es ein­mal gemacht habe, fra­ge ich mich, war­um ich es nicht schon viel frü­her mal in Angriff genom­men habe. Und die Kos­ten für das Dock, hat man mit einem ein­zi­gen gespar­ten Ser­vice-Auf­trag nach Ablauf der kos­ten­lo­sen Frist direkt wie­der raus.

Also bleibt nur ein ein­zi­ger Nach­teil bei dem USB-Dock: es funk­tio­niert nicht mit mei­nen Nikon Objektiven… :-)

Hier noch ein­mal die Links zu dem USB-Dock:

Und nun, auf zu schär­fe­ren Bil­dern und viel Spaß beim Kalibrieren!

Dis­clai­mer: ich habe kei­ne wie auch immer gear­te­te Ver­bin­dung zu Sig­ma son­dern bin nur Anwen­der und habe mei­ne Objek­ti­ve und das Dock selbst gekauft und bezahlt.

Die mobile Version verlassen