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Novoflex Triopod und Classic Ball 3‑II – Mein Stativ in Peru

Auf der Pho­to­ki­na hat­te ich mich mit Novo­flex unter­hal­ten – eine deut­sche Fir­ma, die für ihr fei­nes Foto-Zube­hör bekannt ist und die tat­säch­lich noch in Deutsch­land pro­du­ziert. Heut­zu­ta­ge eine ech­te Sel­ten­heit in der Bran­che. Ich berich­te­te über mei­ne bevor­ste­hen­de Peru-Rei­se und sie boten an, mir für die Rei­se ihr neu­es Sta­tiv, das Trio­pod sowie den neu­en Kugel­kopf Clas­sic Ball 3‑II zur Ver­fü­gung zu stel­len. Wie sich die­se Com­bo auf der Rei­se geschla­gen hat, dar­über berich­te ich Euch nun.

Ein neu­es Sta­tiv? So ein klei­nes? Und dafür mein Brot-und-But­ter Sta­tiv zuhau­se las­sen? Leicht habe ich mir die­se Ent­schei­dung nicht gemacht. Aber da lag es vor mir, das Trio­pod von Novo­flex in der Car­bon Vari­an­te. Schick. Und ziem­lich sta­bil für sei­ne Grö­ße. Und dann der Kopf. Tol­les Engi­nee­ring. Und es pass­te gera­de noch in den sowie­so schon über­vol­len Kof­fer für die Peru-Reise.

Im Ver­gleich zu dem Man­frot­to 055CX Pro 3, das ich auf den letz­ten Rei­sen dabei hat­te (in Ver­bin­dung mit dem Sirui K 30‑X), ist das Novo­flex deut­lich klei­ner und kom­pak­ter, in Punk­to Sta­bi­li­tät müss­te es noch zei­gen, ob es mit­hal­ten kann. Sei­ne Kom­pakt­heit ist der eine Grund, wes­halb ich es als Rei­se­sta­tiv so attrak­tiv fand. Der ande­re ist, dass mir die neu­en Vari­an­ten des Man­frot­to nicht mehr so gut gefal­len, ich also immer mal wie­der nach Alter­na­ti­ven, die ich Euch emp­feh­len kann, Aus­schau halte.

Nun aber zu dem Novo­flex. Schon beim Aus­pa­cken kommt Freu­de auf. Alles ist her­vor­ra­gend ver­ar­bei­tet. Sogar eine Tasche liegt bei. Jedes der drei Bei­ne kann man abschrau­ben. Im Nu baut man sich dann aus einem der Bei­ne ein Ein­bein­sta­tiv, oder setzt die mit­ge­lie­fer­ten Mini-Bei­ne an, um sehr boden­nah oder auf dem Tisch zu arbeiten.

Bei der Bestel­lung kann man übri­gens ent­schei­den, ob man 3‑segmentige, 4‑segmentige oder Wan­der­stock­bei­ne haben möch­te. Wei­ter­hin kann man zwi­schen Alu und Car­bon wählen.

Boden­na­hes Arbei­ten geht aber auch mit den nor­ma­len Bei­nen, da das Trio­pod kei­ne Mit­tel­säu­le hat. So kann man auch die nor­ma­len Bei­ne bis zu 90° abwin­keln und so in mini­ma­ler Höhe arbeiten.

Es geht bei Bedarf noch tie­fer: die Bei­ne las­sen sich bis 90° abknicken.

Das Weg­las­sen der Mit­tel­säu­le wün­sche ich mir schon lan­ge. Eine aus­ge­fah­re­ne Mit­tel­säu­le macht jeg­li­che Sta­bi­li­täts­be­mü­hung in der Regel zunich­te, so dass sie sich ohne­hin ver­bie­tet (es sei denn, man foto­gra­fiert Makros und nutzt die Mit­tel­säu­le für eine schnel­le Hähen­an­glei­chung) – ansons­ten ver­hin­dert sie in der Regel, dass man das Sta­tiv boden­nah ein­setzt. Aus­nah­men sind Mit­tel­säu­len, die sich im 90° Win­kel ver­stel­len las­sen, wie bei dem Man­frot­to, aber das ist der Sta­bi­li­tät dann natür­lich auch nicht förderlich.

Beim Novo­flex hat die feh­len­de Mit­tel­säu­le noch zwei wei­te­re posi­ti­ve Aspek­te: Ers­tens, macht sie das Sta­tiv dadurch um eini­ges leich­ter und zwei­tens im zusam­men­ge­leg­ten Zustand auch von Durch­mes­ser her deut­lich schlan­ker, ein­fach geni­al, ins­be­son­de­re im Kof­fer, Ruck­sack etc.

Clas­sic Ball 3‑II – Her­kömm­li­che Mon­ta­ge mit einer zusätz­li­chen rast­ba­ren Pan­ora­ma-Plat­te links oben.

Die Bei­ne wer­den mit Dreh­ver­schlüs­sen arre­tiert. Es ist sicher­lich Geschmack­sa­che, ob man dar­auf steht. Ich per­sön­lich mag die Klick-Ver­schlüs­se ande­rer Sta­ti­ve lie­ber, da man hier «binär» «Zu» oder «Auf» ein­stel­len kann. Bei den Dreh­ver­schlüs­sen kommt es schon­mal vor, dass einer nicht rich­tig geschlos­sen ist, weil ich nicht genü­gend gedreht habe und das Bein dann erst­mal ein­sackt. Die Qua­li­tät die­ser Dreh­ver­schlüs­se ist bei Novo­flex lei­der nicht bes­ser, als bei ande­ren Sta­ti­ven aus Fern­ost – es wirkt lei­der so, als ob die Car­bon-Bei­ne hin­zu­ge­kauft wur­den und nur die Sta­tiv­ba­sis und der Kopf eine Eigenentwicklung.

Als sehr coo­les Detail emp­fin­de ich auch die Befes­ti­gung des Kop­fes am Sta­tiv. Wie üblich, kommt eine genorm­te Schrau­be zum Ein­satz, in die­sem Fall ist es eine 1/4″ Schrau­be, ein Adap­ter auf 3/8″ wird mit­ge­lie­fert. So las­sen sich alle gän­gi­gen Köp­fe pro­blem­los mon­tie­ren. Bei all mei­nen ande­ren Sta­ti­ven schrau­be ich nun den Kopf von oben an und lau­fe dann Gefahr, spä­ter beim Ver­dre­hen des Kop­fes, die­sen wie­der vom Sta­tiv abzu­dre­hen (wer kennt das Pro­blem nicht). Beim Novo­flex gibt es von unten eine Inbus­schrau­be, die man fest­zieht. Danach löst sich der Kopf ganz bestimmt nicht mehr. Ein klei­nes Detail, aber in der Pra­xis unglaub­lich angenehm.

In Punk­to Sta­bi­li­tät, dem wich­tigs­ten Kri­te­ri­um bei Sta­ti­ven, kann ich für ein Sta­tiv die­ser Grö­ße auch nur Posi­ti­ves berich­ten. Wie bei jedem Sta­tiv, wer­den die Bei­ne nach unten hin immer dün­ner. Für die maxi­ma­le Sta­bi­li­tät emp­fiehlt es sich, je nach (Wind-) Bedin­gun­gen, die unte­ren Seg­men­te nicht aus­zu­zie­hen. Für ein Sys­tem, dass ohne Mit­tel­säu­le und zusätz­li­che Sta­bi­li­sie­rung der Bei­ne an die­ser aus­kommt, ist das Novo­flex ver­dammt sta­bil. Vor allem für sei­ne Größe.

Die Gum­mi­fü­ße las­sen sich übri­gens abzie­hen und geben dann spit­ze Spikes frei, so dass man je nach Unter­grund ent­schei­den kann, was geeig­ne­ter ist. Sehr durchdacht.

Der Classic Ball 3‑II Kugelkopf

Wie auch schon bei der Sta­tiv-Basus, merkt man auch dem Kopf an, dass sich hier Ent­wick­ler abseits des Main­streams echt inno­va­ti­ve Gedan­ken gemacht haben.

Was ich ansons­ten bei so gut wie allen «Pan­ora­ma-fähi­gen» Köp­fen seit Jah­ren nicht ver­stan­den habe ist, dass die Pan­ora­ma Dre­hung eigent­lich immer unter­halb des Kugel­kop­fes statt­fin­det. Das ist absurd! Man kann dann den Kugel­kopf und die Kame­ra bei sol­chen Sys­te­men noch so schön per Was­ser­waa­ge in Waa­ge brin­gen – sobald man um die Pan­ora­ma-Ach­se dreht, wer­den die Bil­der schief! Die­se Pan­ora­ma Ach­se dreht sich natür­lich um die Senk­rech­te Ach­se des Sta­tivs, nicht der des aus­ge­rich­te­ten Kugel­kop­fes. Pro­biert das mal aus! Um mit sol­chen her­kömm­li­chen Kugel­köp­fen also ver­nünf­ti­ge Pan­ora­men auf­neh­men zu kön­nen, muss man die Sta­tiv­bei­ne der­ge­stalt ver­län­gern und ver­kür­zen, dass die Sta­tiv­ba­sis in Waa­ge steht. Das geht aber nicht, wenn das Sta­tiv nicht selbst auch eine Was­ser­waa­ge mit­bringt. Der Kugel­kopf muss dann nur noch exakt senk­recht aus­ge­rich­tet wer­den, was ihn wie­der­um ad absur­dum führt.

Lan­ge Rede, kur­zer Sinn: bei «nor­ma­len» Kugel­köp­fen braucht man für Pan­ora­men eigent­lich zwin­gend einen Rota­tor, der über dem Kugel­kopf ange­bracht ist, so wie ich es Euch bei mei­nem Selbst­bau-Nodal­punkt­ad­ap­ter unter «Pimp my Head» gezeigt habe. Die nor­ma­le Pan­ora­ma Funk­ti­on unter dem Kugel­kopf ist so gut wie nutz­los, da völ­lig an der fal­schen Stelle.

Nun aber zu dem Novo­flex. Es hat auch eine Pan­ora­ma plat­te unter dem Kugel­kopf, ihr seht das auf dem Foto wei­ter oben. Ich habe aber in der Kon­fi­gu­ra­ti­on über dem Kugel­kopf noch einen Pan­ora­ma-Rota­tor mich «Klicks» mon­tiert, den ich statt­des­sen ver­wen­det habe. Aber das ist eigent­lich gar nicht erfor­der­lich – denn jetzt kommt der Clou: der Kopf lässt sich auch kopf­ste­hend mon­tie­ren und betrei­ben! Und das sieht dann so aus:

Clas­siv Ball 3‑II – Kopf­ste­hend montiert!

Hier brau­che ich den zusätz­li­chen Rota­tor nicht, son­dern ich habe die Schnell­wech­sel­plat­te für die Kame­ra direkt auf die Boden­plat­te des Kop­fes mon­tiert und die Ober­sei­te des Kop­fes auf das Sta­tiv geschraubt. Alles gar kein Problem!

Wenn ihr also Pan­ora­men auch mal ohne Nodal­punkt­ad­ap­ter und sepa­ra­ten Rota­tor auf­neh­men wollt, dann mon­tiert Euch ein­fach den Kopf «anders­her­um» – so bekommt ihr die Pan­ora­ma funk­ti­on über den Kugelkopf.

Ein­fach aber genial.

Der Blaue Ring ermög­lich Euch übri­gens, die Frik­ti­on ein­zu­stel­len, also, wie leicht- oder schwer­gän­gig der Kopf läuft. Dadurch bleibt dann nur noch eine Schrau­be, um den Kopf zu lösen oder zu arre­tie­ren. Ins­be­son­de­re im Dun­keln ver­hin­dert das lan­ges Gefum­mel. Bei schwe­ren Objek­ti­ven aller­dings (so ab 14–24 f/2.8) reicht die Frik­ti­on lei­der nicht mehr und selbst in der schwer­gän­gigs­ten Stu­fe «hält» der Kopf nicht, wenn die Arre­tie­rung offen ist.

Die wich­tigs­te Funk­ti­on eines Kugel­kop­fes ist natür­lich, die Kame­ra genau in der Posi­ti­on fest­zu­stel­len, in die man sie aus­ge­rich­tet hat. Ohne Nach­sa­cken natür­lich. Hier macht der Kopf einen her­vor­ra­gen­den Job. Alles sitzt bom­ben­fest, ohne dass man beim Arre­tie­ren in irgend­ei­ner Form Kraft aus­ben müss­te. Vorbildlich.

Selbst­ver­ständ­lich sind die Schnell­wech­sel­plat­ten von Novo­flex Arca Swiss kom­pa­ti­bel. Ohne Wenn und Aber. All mein Arca-Zube­hör von diver­sen Her­stel­lern passt wie dafür gemacht. Auch hier ist es eine ein­fa­che Schrau­be, mit der die Kame­ra arre­tiert oder gelöst wird und nix Fummeliges.

Fazit

Mehr Gewicht und Volu­men muss auf Rei­sen nicht sein. Das Novo­flex Sys­tem ist abso­lut durch­dacht und qua­li­ta­tiv abso­lut hoch­wer­tig aus­ge­führt. Man merkt, dass hier viel Ent­wick­lungs­ar­beit hin­ein­ge­flos­sen ist und bewusst nach beson­de­ren, pra­xis­na­hen Lösun­gen gesucht wur­de, abseits vom Sta­tiv-Ein­heits­brei. Sta­tiv und Kopf wer­den in Deutsch­land ent­wi­ckelt und gebaut. Natür­lich ermög­licht das kei­ne «Bil­lig­wa­re», wie sie die Kon­kur­renz aus Chi­na auf den Markt wirft. Aber Hand auf’s Herz – ist es nicht toll, auch mal etwas «Made in Ger­ma­ny» zu besit­zen, dass sich dann in der Pra­xis so gut anfühlt? Ein­zi­ger Wer­muts­trop­fen sind mei­ner Mei­nung nach die Dreh­ver­schlüs­se an den Sta­tiv-Bei­nen. Sie funk­tio­nie­ren, sind aber nicht wirk­lich inno­va­tiv oder bes­ser, als die der Kon­kur­renz. Ich per­sön­lich bevor­zu­ge Klickverschlüsse.

Das gesam­te Sta­tiv könnt ihr Euch nach Euren Wün­schen kon­fi­gu­rie­ren. Ob Alu oder Car­bon, die Anzahl der Aus­zü­ge und die gewünsch­te Wech­sel­plat­te – ihr könnt frei wäh­len. Selbst­ver­ständ­lich kann man den Clas­sic Ball auch auf jedes ande­re vor­han­de­ne Sta­tiv set­zen oder umge­kehrt, nur das Sta­tiv anschaf­fen und einen vor­han­de­nen Kopf drauf­set­zen. Ich per­sön­lich fin­de aber die Kom­bi­na­ti­on der bei­den ideal.

Ein Sta­tiv kauft man ein­mal und hat dann vie­le Jah­re oder gar Jahr­zehn­te Freu­de dar­an. Wäh­rend das teu­re Kame­ra­ge­häu­se längst den Weg alles Irdi­schen gegan­gen ist, weil es nach weni­gen Jah­ren nicht mehr die ent­spre­chen­de ISO-Leis­tung, Auf­lö­sung oder hip­pe, neue Fea­tures bringt, funk­tio­nie­ren Sta­tiv und Kopf idea­ler­wei­se immer noch.

Ich kann mich daher nur wie­der­ho­len: bei Sta­ti­ven und Objek­ti­ven soll­te man nicht spa­ren. Lie­ber beim Kame­ra-Gehäu­se oder dem all­jähr­li­chen Smart­phone. Wenn man das mal in Rela­ti­on setzt, dann ist das Novo­flex sein Geld sicher­lich alle­mal wert. Ein wei­te­rer, oft ver­nach­läs­sig­ter Punkt ist der Ser­vice. Bei Novo­flex bekommt ihr jedes Schräub­chen auch nach Jah­ren noch als Ersatz­teil, wäh­rend ande­re Her­stel­ler auf «Neu-(Ver)Kaufen» set­zen. Meist genügt bei Novo­flex ein kur­zer Anf­ruf und das Ersatz­teil kommt zu Euch.

Mich wird das Sta­tiv nun jeden­falls auch in Thai­land wie­der begleiten.

*) Wenn ihr ohne­hin bei Ama­zon bestel­len soll­tet (egal was), freue ich mich wie immer, wenn ihr mei­ne Links nutzt, dadurch bekom­me ich eine klei­ne Pro­vi­si­on. Für Euch ändert sich natür­lich nichts…

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