Es ist später Nachmittag, die Sonne steht schon tief am Himmel und zaubert eine fantastische Beleuchtung auf die Landschaft. Wir haben beschlossen, noch einen Versuch zu unternehmen, dem Vulkan Arenal noch näher zu kommen.
An einem Parkplatz am Abzweig zum Cerro Chato haben wir unser Auto abgestellt und machen uns nun auf den Weg. Diesmal nähern wir uns dem Arenal von Südwesten.
Gleich zu Beginn des Weges müssen wir über eine lange Hängebrücke über ein Bachtal. Dann geht der Weg durch dichten Urwald weiter, über uns hören wir das Grollen des Vulkan Arenal. Immer wieder kommen wir zu Aussichtspunkten, von denen aus sich ein toller Blick auf die Flanke des Vulkankegels bietet. Wir sind hier schon deutlich dichter dran, als noch heute morgen im Nationalpark.
Der Weg knickt nun nach Westen ab und macht dann einen Bogen nach Süden. Es handelt sich um einen kleinen Rundweg. Nach einiger Zeit gelangen wir zu einer Lichtung auf der einige Unterstände stehen. Wir treffen auf ein einheimisches Mädchen, die hier selbstgebastelte Souvenirs verkauft und kommen mit ihr ins Gespräch.
Sie erzählt, von den tragischen Unfällen, die der Vulkan mit seinen zahlreichen Ausbrüchen schon verursacht hat. Nicht nur die zwei Dörfer hat er Ende der 1960’er Jahre vernichtet, im Jahr 2000 erst ist ein Flugzeug mit 10 Passagieren 200 Meter unterhalb des Kraters mit dem Vulkan kollidiert, alle 8 Passagiere sowie die 2‑Köpfige Besatzung kamen ums Leben. Das Flugzeugwrack liegt heute noch dort oben.
«Kann man auch bis zum Krater hoch gehen?» will ich wissen.
«Mein Mann ist schon ein paar mal da oben gewesen, aber es ist lebensgefährlich.»
Diana bemerkt wohl so ein Glitzern in meinen Augen und sagt nur: «Hey, das ist nicht der Teide.» Oh ja – damals hat es Tage gedauert, an die entsprechende Sondergenehmigung zu kommen, um den Gipfel des Pico del Teide besteigen zu dürfen. Aber das hier ist ein anderes Kaliber. Der Teide ist so gut wie inaktiv und dieser hier spuckt im Minutentakt tonnenschweres glühendes Gestein.
An dieser Stelle ein Hinweis für alle Vulkanbegeisterte (wie mich): der Arenal ist definitiv ein Vulkan, den man nicht besteigen sollte. Selbst wenn es Euch vor Ort angeboten werden sollte, kommt bitte auf keinen Fall auf die Idee, Euch darauf einzulassen. Es gibt offenbar Einheimische, die sich ein paar schnelle Dollar verdienen wollen und ohne Rücksicht auf das eigene Leben, das der Interessenten und die Gesetze, Führungen zum Krater anbieten. Das ist unverantwortlich und lebensgefährlich: der Arenal ist einer der 10 aktivsten Vulkane weltweit, und er spuckt permanent und unkontrolliert riesige Geröllbrocken aus. Das sieht man von unten. Das Risiko, von einem solchen Brocken getroffen zu werden ist extrem hoch. Wer das nicht glaubt, kann sich bei Youtube folgendes Video ansehen, darin sieht man ganz gut, wie es da oben aussieht und welches Risiko der Filmer eingegangen ist.
Während wir uns mit dem Mädchen unterhalten, spielen sich hier – abseits der gefährlichen Vorgänge da oben – ganz andere, tolle Schauspiele ab. Tucanos fliegen malerisch direkt vor dem Vulkan-Kegel hin und her. Wir beobachten 2 Rostbauchguane, wie sie mit ihren ungelenken Flugbewegungen umherfliegen – herrlich!
Und das Licht wird immer schöner, je tiefer die Sonne sinkt.
Über die ganze Quatscherei und Fotografiererei vergessen wir komplett die Zeit.
Ich sage zu Diana:
«Wir müssen zurück, wenn wir es noch im Hellen schaffen wollen.»
Da sagt das Mädchen: «Bleibt doch noch, von hier aus habt ihr den schönsten Blick auf herabfallende, glühende Steine!»
Da hat sie natürlich genau den richtigen Knopf bei mir gedrückt. Einerseits bin ich natürlich nicht gerade erpicht darauf, den Weg durch den Urwald im dunkeln zurückzugehen (und wie dunkel das werden würde, kann ich mir gerade noch gar nicht so richtig vorstellen) – andererseits versuchen wir schon die ganze Zeit endlich mal etwas Glühendes zu entdecken. Bisher hatten wir viel Grollen, viel Rollen, viel Dampf gesehen – aber eben noch keine roten Steine. Mir fällt es ehrlich gesagt auch etwas schwer, die Postkarten mit den Langzeitbelichtungen herabrollender glühender «Lavaströme» nicht für gefaked zu halten. Zumal der Arenal gar keine Lava ausspuckt sondern nur Geröll. Klar, wenn natürlich das Geröll da glühend herauskommen sollte, dann könnte man ja über eine Langzeitaufnahme…
Also beratschlagen wir kurz und entschließen uns dazu, noch hier zu bleiben. Wenn nicht hier, wo sonst sollen wir das Schauspiel sehen? Näher kommt man auf regulärem Weg nicht an den Vulkan heran.
Jetzt geht es recht schnell die Sonne versinkt…
…und mit ihr sinkt auch eine Wolkenschicht auf den Vulkan herab und mit ihr auch die letzte Hoffnung, das glühende Schauspiel noch beobachten zu können.
Aaaarghh! Das darf doch nicht wahr sein! Je dunkler es wird, um so tiefer sinkt die Wolke. Bald ist die komplette obere Hälfte des Kegels verhüllt. Es dauert nicht lange und es sind zwei Drittel.
Meine Laune wird schlecht. Und als ob diese erneute Ernüchterung nicht ausreichen würde, fällt jetzt auch noch eine Gruppe Touristen mit einem Führer und Taschenlampen hier ein und machen laut schnatternd der wunderbaren Ruhe ein Ende. Kann man nicht einmal in einer solchen Umgebung mal die Klappe halten und die Stimmung genießen?
«Lass uns los» sage ich nach 10 Minuten zu Diana. Wir werden hier heute nichts mehr zu sehen bekommen. Die Wolke verhüllt alles.»
«Falls da überhaupt etwas ist» sagt sie.
«Genau. Außerdem gehen mir die da» – ich deute auf die Reisegruppe – «mächtig auf den Keks.»
«Da sagst Du was. Aber die haben wenigstens Taschenlampen.»
«Ach Blödsinn, dann schaffen wir auch so…»
Wir stapfen los. Auf der Lichtung konnten wir den Weg ja noch erahnen aber sobald wir diese verlassen haben ist es stockduster. Die Stimmen der Touris ist nun auch nicht mehr zu hören, nur die Geräusche des Urwalds sind um uns herum.
Ich taste nach Diana: «gib mir die Hand, man sieht ja gar nichts mehr»
«Wie sollen wir denn so zum Auto kommen?»
«Keine Ahnung, jedenfalls so nicht.»
«Sollen wir zurück gehen und jemanden Fragen, der eine Taschenlampe hat?»
«Auf keinen Fall!»
«Was dann?»
«Lass uns einen Moment warten, bis sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben.»
«okay…»
Ich überlege. Ohne Licht kommen wir hier nicht weiter. Da können wir noch so lange warten. Der Urwald schluckt das letzte bisschen Restlicht. Ich habe keine Ahnung in welche Richtung wir gehen müssen, der Weg zu unseren Füßen ist einfach nicht zu erkennen und noch dazu ist es hier auch nicht eben sondern abschüssig. Die Gefahr ist einfach zu groß, sich zu verlaufen, in Dornen zu geraten, von Spinnen oder Schlangen gebissen zu werden oder zu fallen.
Natürlich gewöhnen sich unsere Augen nicht an diese Schwärze.
Da fällt mir etwas ein.
«Wir nehmen die Kamera»
«Was willst Du denn hier fotografieren? Es ist dunkel!»
«Nichts!» sage ich.
In dem Moment drücke ich auf die Wiedergabe-Taste und das Display leuchtet auf. Ich klicke ein paarmal zurück bis zu einem hellen Bild und halte das Display nach vorne Richtung Weg.
«Hey» sagt Diana. «gute Idee!»
Und in der Tat haben unser Augen ich schon so gut an die Dunkelheit gewöhnt, dass das schwache Licht des Kamera-Displays ausreicht, um den Weg soweit auszuleuchten, dass wir ihn sehen können. Ich gehe mit der Kamera vor, Diana hält sich an mir fest.
Heil erreichen wir die Hängebrücke, wo der Dichte Urwald zurücktritt und ein wenig Resthelligkeit uns den Übergang erleichtert. Bald erreichen wir das Auto. Ich sage zu Diana:
«Sie hatten den Abenteuer-Trip gebucht…»
«:-)»
Trotzdem glücklich, wenn auch etwas enttäuscht, dass wir wieder keine Sichtung Glühender Vulkanauswürfe hatten, fahren wir zurück zu unserer Unterkunft und verbringen den restlichen Abend mit der Planung unserer weiteren Reise.
Zum Abschluss des wunderbaren Aufenthalts hier am Arenal möchten wir Euch noch ein Video mit unseren schönsten Aufnahmen aus dieser Gegend zeigen. Natürlich wie immer in HD :-)
So, wir hoffen Euch hat unser Aufenthalt am Arenal genau so gut gefallen, wie uns und ihr bleibt dran, wenn wir bald nach Westen aufbrechen zu den großartigen Nationalparks Tenório, Rincon de la Vieja und Cano Negro.
Mittlerweile habe ich auch die Übersichtskarte auf den aktuellen Stand gebracht, auf der ihr unseren bisherigen Reiseverlauf verfolgen könnt.
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!