Die D800, Nikons 36MP Vollformat Kamera sorgt ja nach wie vor für kontroverse Diskussionen. Die einen lieben sie, die anderen behaupten, mit ihr könne man ohne Stativ keine scharfen Aufnahmen machen.
Ich selbst habe sie mir im Herbst letzten Jahres gekauft und würde mich ganz klar zur ersten Fraktion zählen. Nicht, dass ich behaupten würde, mit ihr würde ich unbedingt immer bessere Bilder machen, als mit meiner D7100 oder D5200 – aber die Kamera ist einfach von der Bedienung her wirklich top, hat einen tollen Sucher und fühlt sich einfach gut an. Mit unscharfen oder verwackelten Bilder habe ich bisher noch keine Probleme gehabt – im Gegenteil – und ich mache die meisten Aufnahmen aus der Hand. Meinen ausführlichen Testbericht und weitere Infos zur D800 findet ihr hier.
Durch die 36 Megapixel ist die D800 natürlich nicht die schnellste Kamera, was Bildwiederholfrequenzen angeht, sie schafft im Vollformat-Modus «nur» 4 Bilder pro Sekunde. Eine D4 schafft im Vergleich 10 Bilder pro Sekunde und selbst eine D7000 schafft 6 Bilder. Damit ist die D800 für die Sportfotografie bei vielen «unten durch» – ich wollte es trotzdem probieren und nahm sie mit nach Sankt Peter Ording zum Kitesurf Worldcup.
Nachdem wunderschönen sonnigen Donnerstag, an dem Contest-mäßig nicht viel lief und wir uns mit Leichtwind-Cruisen und ein bisschen Stand up Paddling die Zeit vertrieben, brachte der Freitag den ersehnten Wind – und somit war ich erstmal bis nachmittags selbst auf dem Wasser, bevor die Kamera zum Einsatz kam. Parallel liefen die Contests und nachmittags kamen wir dann rechtzeitig zum Finale vom Wasser und konnten noch ein paar schöne Impressionen einfangen.
Nun war es also Zeit für die D800. Letztes Jahr hatte ich den Worldcup ja mit der D7000 fotografiert, die damaligen Bilder könnt ihr Euch gerne mal im Vergleich anschauen. Los ging’s also. Das 300er reichte als Legitimation für den abgesperrten Fotografen-Bereich und so waren wir dicht am Geschehen.
Tja was soll ich sagen – das Fotografieren mit der D800 machte großen Spaß wie immer. Die 4 Bilder/Sekunde störten mich persönlich nicht – da ich den Sport recht gut kenne, weiß ich, wann «etwas passiert» – also ein Fahrer zum Sprung ansetzt – ich muss also nicht «blind» draufhalten. Nie war es so, dass der Puffer voll wurde – das lag aber auch daran, dass ich die «bursts» also Bildsequenzen recht kurz gehalten habe (immer unter 20 Bildern, in der Regel zwischen 6 und 10 Bildern) und ein Trick beim Kiten in der Regel nicht länger als 5 Sekunden dauert. Die D800 schafft bei mir ca. 20 Bilder hintereinander mit 4 Bildern pro Sekunde, bevor er Puffer voll ist und sie langsamer wird. Diese 20 Bilder habe ich nie benötigt, um eine Sequenz im Kasten zu haben.
Es dauerte nicht lange und ein Kollege mit einer D3S «klaklaklaklaklaklaklaklak» schaute mich «klack klack klack klack» etwas mitleidig an – «na, wie ist das so, mit einer D800?» – «hey» – sagte ich – «gar nicht schlecht.» – «zumindest muss ich nachher nicht 3.000 Bilder durchgehen, um die 10 richtigen zu finden, sondern nur 500 ;-))» Mit dem Argument traf ich offenbar ins Schwarze, denn er seufzte tief – vermutlich sah er gerade vor seinem inneren Auge die nächsten Tage im dunklen Raum vor dem Rechner vor sich.
Aber Spaß beiseite – das ist natürlich schon auch ein Punkt – das «draufhalten» mag zwar an der ein oder anderen Stelle dem «Zufall» auf die Sprünge helfen, das Bild zu bekommen, aber es entsteht auch unglaublich viel Ausschuss.
Sprechen wir mal über den Autofokus. Wie oft wurde über den Autofokus der D800 diskutiert. Vor allem lag das daran, dass bei der allerersten Charge der D800 wohl einige Exemplare ein dejustiertes AF-Feld hatten – Nikon hat das dann kostenlos behoben. Trotzdem war fortan die D800 mit «Autofokusproblemen behaftet».
Ich persönlich konnte das noch nicht feststellen, für mich ist der Autofokus der D800 einer der besten, den ich je im Einsatz hatte. Beim Fotografieren von Sport kann man während der Aufnahme ja nur vom Gefühl her sagen, ob man den Eindruck hat, der AF trifft. Hier kann ich aus Zeitgründen nicht am Ende einer Serie nachschauen, ob der AF getroffen hat, ich muss mich einfach darauf verlassen. Die Erleuchtung (oder Enttäuschung) kommt dann später zuhause am Rechner. Und hier bestätigte sich mein schon gutes Gefühl: die Ergebnisse haben mich begeistert. Hatte ich mit der D7000 zwischendrin immer nochmal Fotos, wo der AF daneben lag, waren diese hier so gut wie nicht vorhanden. Ich habe absichtlich einige Sequenzen so aufgenommen, dass ich die Kamera, während der Kiter schon in der Luft war, hochgerissen habe, anvisiert und abgedrückt. Bei diesen Aktionen war das allererste Bild dann ggf. noch unscharf und alle weiteren knackscharf.
Ich habe übrigens mit mit AF‑C (also kontinuierlichem AF) und Einzelfeld gearbeitet – also genau in demselben Modus, in dem ich sonst auch arbeite.
Ein weiterer Punkt für die D800 ist natürlich der großartige Sensor. Die 36 Megapixel erlauben zum einen im Nachhinein noch einen ordentlichen Beschnitt und das ist gerade bei solchen «Tele-Aufnahmen» ja sehr wichtig, wenn man «nur» 300mm zur Verfügung hat und nicht näher an das Geschehen heran kommt (schwimmen kann die D800 noch nicht…) – zum anderen sind die Lichtbedingungen gerade bei den Aufnahmen mit bewölktem Himmel schon eher diffizil – das heißt der Kiter ist unter Umständen im Gegenlicht sehr dunkel und der Himmel droht auszulaufen. Das ist ein Problem, mit dem ich zu Beginn meiner Zeit als Kite-Fotograf stark zu kämpfen hatte. Der Sensor der D70 damals, vor 8 Jahren, hatte einfach nicht den Dynamik-Umfang, den heute eine D800 hat und dem entsprechend konnte man bestimmte Lichtsituationen damit nicht so umsetzen.
Kommen wir zum Schluss und somit Fazit meines kleinen Experiments. Es lautet nicht etwa, «hab ich Euch doch gleich gesagt, die D800 ist toll» – nein, das ist nicht der Grund für diesen Artikel. Meine Message lautet eher: hört nicht auf die Stimmen. Wenn ihr mit einer D800 Sport fotografieren wollt – macht das. Ich hätte aber genauso gut die D7100 oder gar die D5200 nehmen können – die Bilder wären sicherlich auch sehr gut geworden. Wäre ich professioneller Sportfotograf und müsste mein Geld damit verdienen, würde ich mir sicherlich auch eine D4 zulegen – ob das im Endeffekt resultierende Foto damit im Einzelfall besser sein würde? Ich bezweifle es.
Viel zu viel wird darüber diskutiert, welches Equipment nun für was ideal ist und warum man mit der und der Kamera dies oder jenes nicht machen kann. Quatsch. Lernt Eure Kameras kennen, lernt ihrer Stärken und Schwächen zu nutzen und arbeitet an Euren Fertigkeiten – sowohl bei der Fotografie als auch in der Nachbearbeitung. Der limitierende Faktor ist fast nie die Kamera – sie ist nur das austauschbare Werkzeug, das Euch dabei hilft, das umzusetzen, was Euch gefällt. Klar hat jede Stärken und Schwächen und die sollte man kennen – denn wenn man sie kennt, kann man mit ihnen umgehen und dafür sorgen, dass sie einem nicht im Weg stehen.
Ich hoffe, ihr hattet ein bisschen Spaß beim Betrachten der Fotos – ich freue mich jetzt schon auf den Kitesurf Worldcup 2014 und werde sicherlich wieder dabei sein. Mal sehen, was ich dann ausprobiere… ;-)
Tipp: Schaut Euch die Bilder in groß an, indem ihr darauf klickt und dann mit den Pfeiltasten blättert!
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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