Am Freitag ist es soweit, dann werden wir in Deutschland eine partielle Sonnenfinsternis erleben können – sofern das Wetter mitspielt. Heute möchte ich Euch einige Tipps geben, wie ihr dieses Ereignis fotografisch festhalten könnt!
Die Sonnenfinsternis am 20.03.2015 zeichnet sich dadurch aus, dass der Kernschatten der Sonne deutlich weiter nördlich an uns vorbeiziehen wird, irgendwo in der Gegend um Island. Das heißt, dass wir die Sonnenfinsternis partiell erleben werden – je nördlicher euer Standort in Deutschland, um so besser. In Hamburg werden wir eine ca. 80% Abdeckung erreichen – das heißt, es wird schon ordentlich dunkel.
Solche Sonnenfinsternisse sind selten und so am 12.08.2026 und dann erst wieder im Jahr 2081 zu sehen – ob wir das noch erleben?
Also, macht die Kamera schon mal fertig, damit ihr das Ereignis festhalten könnt! :-)
Die wichtigsten Regeln!
- Nie die Kamera ohne Schutzfilter direkt auf die Sonne richten!
- Auch mit Schutzfilter am Besten nicht durch den Sucher schauen, sondern immer Live-View verwenden, wenn möglich!
Filter
Also braucht ihr einen Filter. Wenn ihr den Freitag am Start haben wollt, müsst ihr euch jetzt beeilen und schnell einen bestellen oder schauen, ob der Fotohändler eures Vertrauens noch einen auf Lager hat.
Ich empfehle euch aus kostengründen, den Filter selbst zu bauen. Dazu braucht ihr nur ein bisschen Sonnenschutzfolie und könnt Euch dann mit etwas Pappe und Testfilm einen einfachen Filterhalter für euer Objektiv bauen. Legt dazu einfach einen Streifen Pappe vorne um das Objektiv, klebt ihn stramm zusammen und legt dann die Folie darüber. Von gegenüberliegenden Ecken aus könnt ihr sie dann festkleben. Fügt einfach so lange Tesa-Streifen hinzu, bis die Folie rundherum befestigt ist. Achtet darauf, dass sie sich möglichst nicht wellt. Bei der Baader Folie ist auch eine ausführliche Anleitung dabei, die allerdings einen etwas komplizierteren Aufbau vorschlägt. So wie ich es gemacht habe funktioniert es jedenfalls und das Ganze ist in weniger als 5 Minuten fertig.
Hier seht ihr mich in einem kurzen Beitrag zum bau des Filters, den der Fernsehsender Hamburg 1 mit mir zu dem Thema gemacht hat!
Das ist die günstigste Variante. Stellt aber bitte sicher, dass alles dicht ist! Aus der Folie könnt ihr euch sogar mehrere Filter bauen, wenn ihr mit Freunden loszieht – dann spart ihr noch einmal. Die Schutzfolie entspricht einem ND5.0 Filter, lässt also nur ein Hunderttausendstel des Lichts durch.
Die andere Alternative ist ein starker ND-Filter. Leider ist ein ND3.0 also (1.000 fach) Filter eigentlich nicht stark genug. Ich habe zwar beim Venus Transit damit gearbeitet, hier stand die Sonne aber sehr tief und wurde dadurch schon von der Atmosphäre stark gefiltert. Bei einer hochstehenden Sonne besteht die Gefahr, dass euer Sensor zu viel Strahlung abbekommt und Schaden nimmt. Solltet ihr mehrere Graufilter haben, z.B. das von mir empfohlene Haida-Set, und nicht mehr an eine Sonnenschutzfolie kommen, wäre Plan B, den 1000x und den 64x Filter voreinander zu schrauben. Aber wie gesagt – das ist Plan B.
DVDs, Rettungsdecken oder andere zum Teil im Netz kursierende «Hilfsmittel», sind definitiv nicht geeignet – ihr risikiert Euren Sensor und – noch schlimmer – Euer Augenlicht! Auch ein Schweißerglas würde ich aufgrund der zu erwartenden Farbverschiebungen nur als Plan B sehen. Und noch einmal: arbeitet immer mit Live-View – ein Sensor ist leichter zu ersetzen, als die eigenen Augen!
Timing
Die Sonnenfinsternis geht so gegen 9:38 los (abhängig vom Ort), ich würde also schon gegen 9 Uhr am gewünschten Ort sein und mit dem Aufbau und ersten Probeaufnahmen beginnen.
Kamera Setup
Trotz Filter ist die Sonne immer noch sehr hell, so dass ihr mit kurzen Belichtungszeiten arbeiten könnt. Welche das genau sind, müsst ihr experimentieren. Ein Stativ braucht ihr daher nicht unbedingt, aber empfehlen würde ich es euch doch, da es das Handling mit der Kamera und dem Tele-Objektiv erleichtert und euch insgesamt deutlich entspannter arbeiten lässt.
Apropos Objektiv: 200mm sollten es schon sein, damit ihr die Sonne groß genug draufbekommt, mehr ist besser, wenn ihr die Sonne in Großaufnahme wollt! Wenn ihr längere Brennweiten nehmt, wird die Sonne größer, allerdings läuft sie auch schneller aus dem Bild heraus, siehe unten.
Also – montiert die Kamera auf das Stativ, dann fokussiert auf einen entfernten Punkt (Nähe Horizont, nicht die Sonne!) und schaltet den Autofokus ab. Macht das natürlich, wie bei der Graufilter-Fotografie, bevor ihr den Filter aufsetzt. Schaltet nun den Autofokus und den VR (Bildstabilisator) aus.
Die Kamera sollte im RAW aufnehmen, den Weißabgleich würde ich fix auf «Bewölkt» stellen (darum kümmert ihr euch später in der RAW-Bearbeitung).
Als Modus solltet ihr an der Kamera «M» einstellen.
Zusätzlich würde ich mit einem Fernauslöser arbeiten und die Spiegelvorauslösung an der Kamera auf 1 Sekunde einstellen.
Als Blende würde ich f/8 einstellen, die Belichtungszeit könnt ihr zunächst einmal auf 1/1000 stellen, ISO 100.
Setzt nun den Filter auf, schaltet Live View ein und richtet die Kamera auf die Sonne. Macht eine Probeaufnahme und checkt, ob das Bild zu hell oder zu dunkel ist. Passt dann die Belichtungszeit entsprechend an. Das sind dann die Einstellungen, solange die Sonne noch in voller Helligkeit zu sehen ist. Während sie dann vom Mond verdeckt wird, bleibt der sichtbare Bereich der Sonne natürlich gleich hell, solltet ihr aber noch Landschaft mit aufnehmen, könnt ihr ggf. die Belichtungszeit dann etwas anpassen, dazu aber gleich mehr.
Wenn ihr die richtige Belichtungszeit gefunden habt, dann checkt auch noch einmal den Fokus, in dem ihr im Liveview hereinzoomt und ggf. die Fokussierung noch verbessern könnt, richtet euch dabei an dem Rand der Sonne.
Wenn es soweit ist
Während der Mond sich dann vor die Sonne schiebt, wird natürlich die Umgebung dunkler. Das heißt, wenn ihr noch Umgebung mit aufnehmt, könntet ihr die Belichtungszeiten verlängern. Achtet darauf, dass sie nicht zu lang werden, damit ihr a) die Sonne nicht völlig überbelichtet, ihr Euch b) keine Wackler einhandelt und c) die Sonne nicht durch die Erdrotation verwischt. Sicherheitshalber würde ich mit maximal 1/100 Sekunde arbeiten. Wenn das dann zu dunkel wird, könnt ihr die Blende noch etwas öffnen und dann ggf. sogar die ISO erhöhen – je nach dem, wie dunkel es wird.
Bei einer solchen partiellen Sonnenfinsternis gibt es natürlich das Problem, dass der sichtbare Teil der Sonne immer gleich hell ist, die Landschaft allerdings in der Helligkeit stark variiert. Das bedeutet, der Dynamikumfang der aufgenommenen Bilder ist erheblich und um so größer, je stärker die Sonne abgedeckt wird. Die richtige Belichtung zu finden ist daher nicht einfach. Wollt ihr die Landschaft sichtbar haben, dann wird die Sonne ziemlich sicher ausfressen, hier solltet ihr darauf achten, dass die Abdeckung, als Charakteristikum auf jeden Fall sichtbar bleibt. Also lieber etwas kürzer belichten, die Landschaft dunkel werden lassen und sie später in der RAW-Bearbeitung mit Lightroom aufhellen. Besser noch ist es, Belichtungsreihen zu fotografieren, die ihr später zu einem Bild zusammensetzen könnt.
Wenn ihr eine Zeitlang nicht fotografiert, dann deckt das Objektiv zwischendurch ab, damit die Sonne nicht permanent auf den Sensor fällt, und diesen erhitzt. Hierfür könnt ihr einfach einen Pullover über die Kamera legen, wenn ihr wegen des Selbstbau-Filters die Kappe nicht aufsetzen könnt. Schaltet in der Zeit dann auch das Liveview ab.
Übrigens: da die Sonne «wandert» – sprich, die Erde sich während der Sonnenfinsternis dreht, müsst ihr manuell das Stativ öfter nachführen, um die Sonne im Bildbereich zu halten.
Die SoFi im Zeitraffer
Ich selbst werde versuchen, einen oder zwei Zeitraffer der Sonnenfinsternis aufzunehmen. Dazu werde ich versuchen, die Kamera auf einer Astro-Montierung wie der Vixen Polarie oder dem MDK V4 Astro automatisch nachzuführen. Die Schwierigkeit hierbei wird darin bestehen, die Montierungen anhand der Erdachse auszurichten, da tagsüber ja der Polarstern nicht sichtbar ist. Je nachdem, wo ich die Aufnahmen machen werde, werde ich das Stativ und die Montierung also schon am Abend vorher aufbauen müssen.
Durch die automatische Nachführung bleibt dann die Sonne automatisch im Bildbereich. Für die automatische Belichtungssteuerung der Kamera (also das Kompensieren, wenn es dunkler wird) werde vermutlich nicht die Auto-Holy-Grail-Funktion von qDslrDashboard einsetzen, sondern die Anpassungen manuell machen, damit die Sonne nicht versehentlich zu sehr ausfrisst, wenn die Umgebung dunkler wird.
Mit «Auto-Holy-Grail» würde das Tablet, das ich per WLAN mit meiner D750 verbinde, automatisch die Histogramme der aufgenommenen Bilder analysieren und stellt die Kamera-Einstellungen (ISO/Belichtungszeit) automatisch nachstellen, falls erforderlich. Mit der «Auto Direction» Einstellungen ginge das auch in beide Richtungen, so dass nach dem Erreichen der maximalen Dunkelheit die Belichtungszeiten wieder kürzer werden.
Da die Sonnenfinsternis relativ schnell wieder vorbei ist und der genaue Helligkeits- und Dynamikverlauf schwer zu prognostizieren ist, ist hier vermutlich der manuelle Ansatz der Bessere.
Das Glätten der Anpassungen – ob manuell oder automatisch – übernimmt dann in der Nachbearbeitung LRTimelapse.
Weiterhin werde ich versuchen, mit einer zweiten Kamera die Umgebung aufzunehmen. Solche Astro-Ereignisse sind natürlich für sich genommen, als Tele-Aufnahme spannend – allerdings kann es fast noch reizvoller sein, auch das drumherum aufzunehmen. Daher auch mein Tipp an euch: wenn ihr eine zweite Kamera habt, macht auf jeden Fall noch ein paar Bilder der Totalen mit einem Weitwinkel oder einer Normalbrennweite während des Events – es könnte sich lohnen!
Los geht’s!
Besorgt Euch am besten noch heute die Folie, damit sie noch rechtzeitig geliefert wird.
Und nun wünsche ich euch viel Spaß beim Experimentieren! Bereitet euch gut vor, checkt das Equipment 2x bevor ihr losfahrt – die nächste (und dann für die meisten von uns wohl letzte) Gelegenheit ist erst wieder in 11 Jahren! :-)
Eure Ergebnisse würde ich übrigens gerne sehen! Postet sie doch gerne hier in die Kommentare, ich würde mich sehr darüber freuen!
Hat Dir der Artikel gefallen?
Dann melde Dich doch bitte zu meinem kostenlosen Newsletter an. Dann bekommst Du eine Nachricht bei neuen Artikeln und Du wirst auch exklusiv als erstes über neue Workshops und Reisen informiert! Außerdem gibt es dort auch immer wieder Hintergrund-Infos, die so nicht im Blog stehen.
Natürlich freue ich mich auch sehr, wenn Du mir bei YouTube, Instagram und Facebook folgst.
Alle Inhalte © Gunther Wegner
*) Mit einem Stern gekennzeichnete Links sind externe Partner-Links. Ihr unterstützt mich, wenn ihr darüber bestellt. Alternativ könnt ihr auch über folgende Direktlinks in die Shops wechseln:
Amazon.de, Amazon.at, Amazon.com, Foto Koch, Augenblicke-Eingefangen, camforpro.com.
Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!