Nikon hat vor einigen Tagen die neue D810 vorgestellt. Seitdem wurde ich oft nach meiner Einschätzung gefragt. Meine Gedanken dazu erfahrt ihr daher im Folgenden.
Viele, die meinen Blog schon länger kennen, wissen, dass ich nicht unbedingt der bedingungslose «Vollformat-Verfechter» bin – ich finde, Kameras muss man ihrem Einsatzbereich entsprechend bewerten. Daher sieht man mich auch oft mit der kleinen Nikon D5300 durch die Gegend laufen – eine tolle Kamera. Aber natürlich liebe ich auch meine D800. Mit den richtigen Objektiven ausgestattet, ist sie wirklich großartig. Meinen ausführlichen Testbericht und mehr findet ihr hier. Es ist einfach eine ausgewachsene Kamera, mit der man aufgrund ihrer hohen Auflösung und dem gigantischen Dynamik-Umfang großartige Landschafts-Fotos machen kann, 360 Grad Panoramen aus 3–4 Bilder mit immer noch hervorragender Auflösung aufnehmen kann und sie macht auch von der Bedienung her einfach Spaß. Einschränkungen hat sie aufgrund der hohen Auflösung in den Hohen ISO-Bereichen, hier ist sie der Nikon D600/D610 und der Canon 6D etwas unterlegen. Und nun die D810 – ein Upgrade, das natürlich Hoffnungen schürt, dass diese ohnehin schon großartige Kamera noch besser werden könnte. Insbesondere ein internes WLAN hätte mich als Zeitraffer-Fotografen und sicherlich auch viele andere begeistert. Auch ein integriertes GPS wäre eine schöne Sache gewesen, vor allem auf Reisen. Leider war schnell klar, dass uns Nikon zumindest diese beiden Wünsche nicht erfüllen würde. Dafür sollte es aber eine bessere High-ISO Leistung und eine Menge kleinerer Verbesserungen geben. Aber der Reihe nach.
Übrigens, solltet ihr Euch eine D810 gekauft haben, findet ihr hier meine Grundeinstellungen:
Nikon D810 – Grundeinstellungen + Menü Erklärungen
Die D810 soll die D800 ablösen. Sie bringt in der Tat einige neue Funktionen. Hier findet ihr meine kommentierten Grundeinstellungen für die Nikon D810. Analog dazu habe ich auch Grundeinstellungen für viele weitere Kameras veröffentlicht. Ihr findet sie im Bereich Fotografie unter «Kamera Tests». Optionen in Fett sind Änderungen gegenüber der Standard-Konfiguration. Ich hoffe, damit kann […]
D810 vs. D800 – die Neuerungen
Der Sensor
Die D810 hat mit 36.2 MP die gleiche Auflösung, wie ihre Vorgängerin. Ähnlich wie die D800E und auch alle aktuellen Nikon Modelle, wie die D5300 und de D7100 hat sie keinen optischen Tiefpassfilter mehr. Dies kann die Detailschärfe bei der hohen Auflösung des Sensors in Verbindung mit erstklassigen Objektiven erhöhen, ist also eine sinnvolle Änderung. Den Aufpreis von ca. 700€ den Nikon dafür allerdings in der Vergangenheit dafür für die D800E verlangt hat, war von anfang an meiner Meinug nach nicht gerechtfertigt. Diesen Aufpreis hat Nikon nun übrigens auch für die D810 angesetzt. Sie kostet genauso viel wie damals die D800E bei Markteinführung. Ob dieser Mehrpreis nun gerechtfertigt ist, müssten also die weiteren neuen Features zeigen.
sRAW – kleinere RAW-Dateien?
Neu ist auch ein Modus, den man von Canon-Kameras schon lange kennt – nämlich die Möglichkeit, Bilder mit kleineren Abmessungen in RAW aufzunehmen. Insbesondere für Zeitraffer-Fotografen ist das eine sehr gute Sache, da man damit kleinere Dateien bekommen kann, die man trotzdem wie normale RAW-Dateien bearbeiten kann. Die Idee ist super und ich nutze bei meiner Canon 6D den sRAW Modus auch ab und an – denn warum soll ich immer 24 oder im Falle der D810 gar 36 Megapixel Dateien aufnehmen und speichern, wenn ich für einen Zeitraffer doch nur maximal 4K-Video (ca. 12MP) benötige?
Nikon hat dem Modus erstmalig in die D4s eingebaut und nun auch in die D810. Leider scheint Nikon die Umsetzung des sRAW-Modus jedoch gründlich versemmelt zu haben, wenn man den Analysen des neuen Formats glauben darf. Weder ist die Dateigröße trotz deutlich geringerer Pixel-Zahlen signifikant kleiner, noch scheinen tatsächlich die Vorteile einer «echten» RAW datei erhalten zu bleiben. Stattdessen wird das Bild bereits vorbearbeitet und als eine Art eingebettetes JPG gespeichert. Wenig vertrauen-bildend. Dann nehme ich doch lieber weiterhin in voller RAW-Qualität und konvertiere dann beim Import mit LRTimelapse Pro direkt in auf eine beliebige Größe verkleinerte DNG-Dateien. Damit bleibt wenigstens die volle RAW-Qualität erhalten.
Autofokus
Das Autofokus-Modul hat sich grundsätzlich nicht geändert, es gibt allerdings einen neuen Gruppen-AF-Modus für die Sportfotografie. Ich werde ihn in Kürze mal beim Kite-Worldcup in St. Peter Ording testen. Aber der AF der D800 ist auch sehr zuverlässig, ich habe damit noch nie Probleme gehabt, daher im Großen und Ganzen alles gut, wie es war.
Auslöser und Speed
Die Geschwindigkeit wurde bei der D810 auf 5 Bilder pro Sekunde (vorher 4 Bilder pro Sek.) erhöht. Auch in den Crop-Modi, in denen die D800 schneller ist, macht man je 1 Bild pro Sekunde mehr. Man kann bei der D810 den Auslöser einfach blockieren und dann Bilder auslösen lassen, bis die Karte voll ist. Manche machen so Zeitraffer. Ich nutze lieber einen Intervall-Auslöser… :-)
Der Auslöser arbeitet nun insgesamt deutlich leiser, als ich gestern Vergleichsaufnahmen mit meiner D800 Genscher habe, habe ich mich richtig erschrocken, wie brachial und laut ihr Auslöser im Vergleich klingt. Es ist sofort offensichtlich, dass der neue Spiegel und Auslöser deutlich weniger Vibrationen verursacht, nicht nur im Q‑Modus.
Der erste Verschlussvorhang kann in Verbindung mit der MUp Spiegelvorauslösung nun elektronisch geregelt werden, um weitere Vibrationen zu verhindern. Eine gute Sache. Schade nur, dass das nicht in Verbindung mit der zeitgesteuerten Spiegelvorauslösung funktioniert, man also auf einen Fernauslöser angewiesen ist.
Eine wirklich gute Sache ist jedenfalls die insgesamte Geschwindigkeitssteigerung. Nicht nur die Serienbildgeschwindigkeit hat sich erhöht, sondern auch das gesamte Handling. Die Previews werden schnelle angezeigt, man kann schneller Blättern, insgesamt sind die Wartezeiten, die die D800 doch öfter mal beschert hat deutlich weniger spürbar. Das Handling macht dadurch schon entscheidend mehr Spaß.
Video
Die größte Neuerung im Video Bereich dürfte der 60fps Modus in Full HD sein. Weiterhin gibt es nun eine «Lichter» Anzeige (Zebra) im Liveview. Damit kann man überbelichtete Bereiche erkennen.
Ebenfalls gut für Video ist der neue Picture-Style «Flat» – der noch «flachere» bzw. kontrastärmere Aufnahmen liefert, als «Neutral» – und so Videoaufnahmen produziert, die sich noch besser nachbearbeiten lassen.
Das noch nützlichere Fokus-Peaking, welches im Video-Bereich gang und gäbe ist, und bei vielen anderen Kameras eine Selbstverständlichkeit, hat Nikon leider wieder nicht eingebaut.
Zeitraffer/Intervall
Der interne Intervall-Auslöser lässt sich nun bis 9999 Bilder programmieren, nicht nur bis 999, wie bei den meisten anderen Nikons. Ich empfehle trotzdem einen externen Timer zu verwenden, um das lange blockieren der Kamera beim internen Timer zu vermeiden.
Laufzeit
Angeblich wurde die Laufzeit um 30% verlängert. Der Akku ist der EN-EL15, also der gleiche, wie auch bei der D800, D7x00
etc.
Live View
Der Liveview ist ähnlich, wie der Liveview der D800 nach den letzten Firmware updates. Das heißt, standardmäßig ist die Belichtungsvorschau im Liveview nicht aktiviert. Das Bild erscheint also im M‑Modus immer «mittelhell», egal ob die tatsächlichen Bildeinstellungen unter oder überbelichten würden. So ähnlich ist das ja auch bei der D600
, der D7x00
Reihe und der kleineren Nikons und wurde von mir schon oft kritisiert. Bei der D810 bzw. nach dem D800 Firmware-Update kann man aber mit der OK-Taste in den Modus «Belichtungsvorschau» wechseln und bekommt dann ein Bild mit simulierter Helligkeit im Liveview. So sollten dann alle glücklich sein.
Eine große Verbesserung ist, dass das Liveview der D810 ohne Interpolation auskommt. Das Bild ist hereingezoom deutlich schärfer als bei der D800 und ermöglicht ein viel exakteres Fokussieren – klasse!
Weiterhin kann man im Liveview bei der D810 per «Spot-Messung» den Weißabgleich setzen. Auch die Wasserwaage wurde noch einmal verbessert: sie zeigt nun nicht nur die X und Y achse an, sondern auch durch ein 3D-Modell visualisiert, die Z‑Achse.
Bedienung
Im Großen und Ganzen ist das Gehäuse der D810 sehr ähnlich zu dem der D800. Sogar mein geliebter D800-L-Winkel passt. Lediglich der Griff wurde etwas tiefer gestaltet, um noch besser in der Hand zu liegen. Hätte ich es nicht gelesen, hätte ich es aber sicherlich nicht gemerkt.
Leider hat Nikon das Drehrad zur Auswahl der Belichtungs-Mess-Methode (Matrix, Spot etc.) gestrichen und durch einen Knopf auf der Linken oberen Seite der Kamera ersetzt. Der dort vorher untergebrachte Brackting (BKT) Knopf ist nach vorne, neben das Typenschild gewandert. Ansonsten gibt es neu jetzt zusätzlich zur «info» Taste noch die «i» Taste, mit der man dann in die Einstellungen kommt. Ich finde das Konzept mit den zwei «i*»-Tasten nach wie vor etwas verwirrend.
Bildqualität und ‑verarbeitung
Das wichtigste! Die angepriesene Wunderwaffe für bessere Bilder heißt Expeed 4 und ist der neue Prozessor in der D810. Im Gegensatz zum Expeed 3 in der D800 ist er 30% schneller und für das bessere Rauschverhalten verantwortlich. Weiterhin ermöglicht er nun (wie z.B. auch die D5300) Full HD Videos mit 60 Bildern pro Sekunde aufzunehmen. Der reguläre ISO-Bereich geht jetzt von ISO 64 bis 12.800. Erweitert werden kann er von 32 bis 25.600 ‑das alleine sagt natürlich noch gar nichts über die Leistung aus. Allerdings sind insbesondere die niedrigen ISO 32 und 64 insbesondere bei Video- und Landschaftsfotografen eine willkommene Erweiterung, da sie etwas längere Belichtungszeiten erlauben, ohne einen Graufilter zu nutzen.
Übrigens: Die native ISO-Zahl ist bei der D810 die 64 – diese sollte man tagsüber einstellen, um die Maximale Bildqualität zu erhalten.
Meine ersten Tests zeigen folgendes (in Kürze werde ich dies durch Beispiele ergänzen und noch mehr im Detail auf den Vergleich mit anderen Kameras eingehen – das nur vorab!)
Der ISO-Vorteil der D810 gegenüber der D800 beträgt meinen Tests nach keine ganze Blendenstufe. Ich sehe 1/3 bis 1/2 Blendenstufe Vorteil bei der D810. ISO 6400 ist noch einigermaßen brauchbar, darüber würde ich nicht gehen.
Beim Rauschverhalten sind im Vergleich sind die 24 MP Vollformater Canon 6D und Nikon D610 in den hohen ISO Zahlen nach wie vor etwas überlegen.
Beim Dynamikumfang jedoch ist die D810 genau so außergewöhnlich gut, wie die D800. Die Canon 6D z.B., lässt sie in dieser Disziplin weit, weit hinter sich.
Wo die D810 gegenüber der D800 etwas mehr bietet, ist in der Detailzeichnung. Durch den fehlenden Tiefpassfilter und das leicht verbesserte Rauschverhalten werden Details in feinen Strukturen in der 1:1 Ansicht noch besser wiedergegeben. Ich sage es aber hier noch einmal: um diesen Vorteil nutzen zu können, benötigt man auch Objektive, die die Auflösung von 36 MP überhaupt auf den Sensor bringen, dazu gehören z.B. das Nikkor 14–24 und das Sigma 35 f/1.4 ART sowie das Nikkor 300mm f/2.8.
Ich habe den Eindruck, dass der Sensor der D810 der gleiche ist, wie der in der D800/D800E. Ich denke, die Vorteile, die man sieht kommen vor allem durch die interne Signalverarbeitung und den fehlenden Tiefpassfilter.
Wie gesagt, in Kürze mehr und die dazugehörigen Beispiele.
Weiteres
Es gibt weitere kleine Verbesserungen, aber nichts Weltbewegendes.
Mein Fazit
Kann man eine so gute Kamera, wie die D800 noch besser machen?
Man kann. Sicherlich.
Hat Nikon das mit der D810 getan?
Schon. Immerhin bringt hier die «+10» eine Menge kleiner und auch einige größere Verbesserungen und nicht – wie bei der D610 – einfach nur die Behebung eines von Nikon verursachten Fehlers. Der ganz große Wurf in Punkto neue Funktionen ist es allerdings nicht – und das wäre angesichts der «+10» auch grundsätzlich okay so, wenn nicht der hohe Preis wäre. Sicherlich kann man jetzt argumentieren, dass die D810 nun bei Markteinführung den gleichen Preis hat, wie damals die D800E bei Markteinführung. Aber ich persönlich fand schon damals den Aufpreis für den fehlenden Tiefpassfilter ziemlich unverschämt und habe mir daher die «E» nicht gekauft. Die D810 rechtfertigt meiner Meinung nach nun schon deutlich eher den Aufpreis, da sie einige interessante Verbesserungen erhalten hat.
Für mich sind die schnellere Bildverarbeitung und die schnellere Bildfolge neben der leicht verbesserten ISO-Leistung die größten Verbesserungen. Auch der deutlich leisere und somit weniger Vibrationen verursachende Auslöser ist eine sehr willkommene Änderung. Weiterhin ist der fehlende Tiefpass-Filter ist bei einer 36 MP Kamera eine absolut logische Weiterentwicklung, um nicht zu sagen, Selbstverständlichkeit – aber wie gesagt, den gab es auch schon bei der D800E.
Die D810 ist nun jedenfalls konkurrenzlos die schärfste DSLR mit der höchsten Auflösung und einem unglaublichen Dynamikumfang.
Dass aber wieder Features fehlen, die eigentlich heute selbstverständlich sein sollten, ist wirklich mehr als schade. GPS, WLAN, Fokus-Peaking sind einfach heute State-of-the-art und hätten die D810 ganz nach vorne katapultiert und auch den Verkaufspreis absolut gerechtfertigt. Von echten Innovationen, wie einem 4K Videomodus in einer Nikon-DSLR spreche ich ja noch nicht einmal. Leider werden wir weiterhin ohne auskommen müssen. Zum Glück gibt es ja DslrDashboard und die TPLink-Lösung, so dass die klobigen und unpraktischen WLan-Adapter von Nikon auch weiterhin die Lager füllen können. So komfortabel, wie mit dem internen WLan der Canon 6D oder Nikon D5300 ist das natürlich nicht. Am ärgerlichsten finde ich, dass der von der Idee her gute Ansatz, einen sRAW-Modus zu bieten, so schlecht umgesetzt wurde, dass er praktisch unbrauchbar ist.
Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass Nikon derzeit schon etwas auf der Bremse steht, um lieber kurzfristig immer wieder ein Häppchen nachzuschieben und so insgesamt mehr Kameras zu verkaufen. Ob das aufgeht, entscheidet letztendlich der Kunde. Sicher ist jedenfalls, dass die Preise für die D800, in Punkto Bildqualität nach wie vor eine der besten Kameras überhaupt, weiter fallen werden. Derzeit liegen zwischen der D800 und der D810 fast 1.000€ – ob die Neuerungen diesen Aufpreis rechtfertigen, muss letzten Endes jeder für sich selbst entscheiden. Ich werde ich auf jeden Fall auf dem Laufenden halten, und Euch in Kürze detaillierte Erfahrungen zur ISO-Leistung und dem Dynamikumfang im Vergleich zur D800 und anderen Kameras liefern.
Hier geht’s weiter mit dem High-ISO und Dynamik-Vergleich:
Nikon D810, D800, D7100, D5300, Canon 6D – High ISO und Dynamik Vergleich
Ich habe in den letzten Tagen einige Aufnahmen mit der D810 und meinen anderen Kameras gemacht, um sie etwas besser kennenzulernen. Dabei ging es mir vor allem darum, unter «Echtbedingungen» ganz normale, alltägliche Aufnahmen zu machen und festzustellen, wie die Qualität der Fotos ist, die die Kameras im Vergleich liefern. Das Ergebnis ist mal wieder […]
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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