Gleich nachdem Sony die neuen Systemkameras A7 und A7R vorgestellt hat, gab es im Netz einen riesen Hype um sie. Systemkameras mit Vollformat Sensor in 24 (A7) oder gar 36 Megapixeln (A7R) – das war und ist neu. Kritische Stimmen monierten hauptsächlich die wenig vorhandenen Objektive. Ich bin immer etwas vorsichtig mit den Superlativen und so wollte ich sie gerne selbst testen, denn für mich zählen eben nicht nur die technischen Daten, sondern vor allem, wie sich eine Kamera in der Paxis schlägt. Daher nahm ich sie mit auf unsere Thailand Reise, wo sie sich beweisen musste. Hier also mein ganz subjektiver Testbericht.
Nachdem mich auch einige Leser gebeten hatten, die neuen Sonys mal zu testen, schrieb ich also Sony spontan und (sehr) kurz vor unserer Thailand-Reise an und fragte nach einem Testgerät. Sie ermöglichten es ganz kurzfristig (Danke!!) und am Tag unserer Abreise kam vormittags der Kurier und brachte die A7 nebst dem – äh – Kit-Objektiv FE 3.5–5.6 28–70. Schade, wo war das versprochene Zeiss 35mm f/2.8? Oder gar das 55mm f1.8? Eine kurze Email brachte Klarheit: offenbar hatten Sony in der kürze der Zeit leider keine Festbrennweite mehr auftreiben können. Aber nun gut. Würde ich mich stärker auf die Kamera konzentrieren müssen…
Warum nicht die A7R?
Los ging es also Richtung Thailand mit der Nikon D800, der D5300 und der Sony A7 im Gepäck. Manch einer von Euch mag sich nun fragen, warum ich nicht die A7R mit dem 36 Megapixel Sensor genommen habe. Nun, die Entscheidung dafür, war eine ganz bewusste. Soweit ich weiß, sind die einzigen Unterschiede zwischen den beiden Modellen, die Sensoren sowie, dass die A7R keinen Phasen-Autofokus zur Unterstützung hat und somit ausschließlich auf den langsameren Kontrast-Autofokus angewiesen ist. Die teurere Kamera hat also den schlechteren Autofokus. Soll man mal verstehen. Auf Seite der Sensoren hat die A7R den von der D800E bekannten 36MP Sensor und die A7 hat einen ähnlichen (oder gar gleichen?) Sensor wie die Nikon D600/D610. In Punkto Rauschverhalten hat der 24 MP Sensor die Nase vorne, das Quäntchen Mehr an Auflösung ist meines Erachten nach nicht entscheidend – wichtiger erschien mir persönlich da der bessere Autofokus der A7.
Mein Anspruch an diesen Test
In diesem Testbericht vergleiche ich die A7 mit einer DSLR im gleichen Preisbereich. Hier muss sie sich also zumindest mit einer Nikon D610 und der Canon 6D messen lassen. Das heißt, ich werde natürlich recht hohe Maßstäbe ansetzen und die Kamera ganz subjektiv danach beurteilen, wie ich sie persönlich empfunden habe. Im Hinterkopf immer die Überlegung, die Sony A7 als gleichwertigen Ersatz für meine D610 oder 6D zu verwenden.
Undifferenzierte Lobhudeleien zu neuen Kameras gibt es im Netz zuhauf – bei mir gibt es dagegen keinen Welpenschutz ;-) – sondern meine persönlichen Eindrücke und ggf. Anregungen, was Sony in Zukunft noch besser machen könnte…
Los geht’s
Zunächst spielte ich natürlich schon im Flieger etwas mit der neuen Kamera. Haptisch ist sie wirklich sehr schön und sie ist verdammt klein, dafür, dass sie einen Vollformat-Sensor hat. Hut ab, Sony. Das Aluminium-Gehäuse ist wirklich wertig und wirkt bis auf eine Ausnahme, zu der ich gleich komme, gut durchdacht. Es ist schlicht, elegant und ein bisschen Retro und das von vorne und hinten – und nicht wie bei der Df (sorry Nikon) nur von vorne. Optisch gefällt mir die Kamera sehr gut, durchaus ein Hingucker!
In Bangkok machten wir später dann eine Tour durch die berühmten Wasserstraßen der Klongs. Dort konnte ich die A7 dann richtig testen. Das fotografieren aus dem Boot heraus stellt hohe Anforderungen an eine Kamera. Zum einen wackelt das Boot permanent, dann haben wir ständig unterschiedliche Lichtbedingungen und sehr hohe Kontraste. Eine weitere Herausforderung ist die Geschwindigkeit, mit der wir uns bewegen – wir müssen Motive antizipieren und schnell umsetzen, wenn das Boot in Position ist.
Die eben erwähnte Ausnahme ist die meist-benutzte Taste an der Kamera, nämlich der Auslöser. Dieser ist leider so ungünstig weit hinten platziert, dass man den Zeigefinger schon etwas verrenken muss, um ihn zu erreichen.
Menüs und Software
Als nächstes arbeitete ich mich durch die Menüs. Wer schon einmal mit Sony Kameras gearbeitet hat, findet sich sicherlich ganz gut zurecht, aber richtig übersichtlich finde ich die Einstellungen nicht. Die praktische Hilfe-Funktion, die Nikon bietet, sucht man z.B. vergebens, so dass manche Menüpunkte einfach ein Rätsel bleiben, bis man sie (möglicherweise, irgendwann) mal im Handbuch nachschlägt. Das geht eindeutig besser. Sehr schön ist auf jeden Fall, dass man drei Tasten am Gehäuse frei belegen kann.
Viele Fehlermeldungen, die die Kamera bringt, wenn man z.B. Funktionen auf die benutzerdefinierten Tasten legt und diese dann in einem Kontext ausführt, in dem sie nicht erlaubt sind, sind allerdings schlicht unverständlich und verwirrend. Beispiel gefällig?
«Folgende/r Vorgang bzw. Einstellung ist nicht verfügbar. Aufn.-Modus Intelligente Auto.»
Alles klar? Und wo wir schon bei der Software sind wollte (nein musste!) ich natürlich wissen, ob der von mir bei der A99 monierte «NTSC-Bug» auch hier wieder drin ist. Also: Kamera auf NTSC gestellt, um die 30fps bzw. 60fps Bildwiederholfrequenzen bei Video nutzen zu können (im standardmäßigen PAL Modus gibt es nur 25fps oder 50fps). Auch hier mal eine Stilblüte aus dem darauf folgenden Menü:
«Wechseln zu NTSC? Nach d. Wechsel erfolgt ein Neustart. Um auf das in PAL benutzte Medium aufzuneh., ist es nötig zu formatieren. Bild vorher speichern.»
Alle Klarheiten beseitigt? Was soll ich machen, ein Bild speichern? Wie geht das? Wird dann nach dem «Speichern» meine Karte formatiert? Ich weiß es bis heute nicht. Da nichts Wichtiges auf der Karte ist, klicke ich also Okay, dann wird der Bildschirm schwarz, die Kamera bootet offenbar durch und präsentiert dann folgende Meldung:
«Aufnahme ist bei diesem Film nicht möglich, da das Format auf NTSC eingestellt ist. Formatieren?»
Also muss nun die Karte doch formatiert werden, nur um einen Film in einer anderen Bildwiederholfrequenz aufzunehmen. Nicht wirklich nachvollziehbar und ehrlich gesagt dem Fotografen eigentlich auch nicht zumutbar.
Aber worauf ich ja eigentlich hinaus wollte ist, dass mein «Lieblings-Anti-Feature» der A99 auch hier präsent ist. Nach jedem Einschalten der Kamera werde ich nun mit der Meldung «Läuft in NTSC» auf dem Bildschirm und im Sucher begrüßt. Diese bleibt 3 Sekunden lang stehen (das bedeutet, der Sucher ist in der Zeit schwarz) – und zwar nicht nur im Video-Betrieb, sondern auch, wenn einer der Foto-Modi eingestellt ist.
De Facto bedeutet das: ich kann die höheren Bildraten des NTSC Modus in der Praxis nicht verwenden, da diese Meldung einfach so unglaublich nervig und aufdringlich ist. Dass sie nach 3 Sekunden weggeht macht es nicht wirklich besser (bei der A99 musste man noch eine Taste drücken). Okay, zähneknirschend habe ich also den PAL Modus wieder eingestellt. Ein Wechsel zwischen PAL für nicht-nervigen Normalbetrieb und NTSC zum Filmen funktioniert in der Praxis natürlich auch nicht, da die Kamera einen ja beim Wechsel immer zwingt, die Speicherkarte zu formatieren. Argh.
Kommen wir nun zu einem Punkt, der für meine persönliche Arbeitsweise etwas umständlich gelöst ist.
Und zwar verschiebe ich gerne den Fokuspunkt, um auf Motive außerhalb der Bildmitte fokussieren zu können. Das geht natürlich auch bei der Sony. Und zwar nennt es sich bei Sony «Flexible Spot: S». S steht für «Small». Man kann die Fokusfelder in unterschiedlichen Größen nutzen. Eigentlich super. Also stelle ich diesen Modus ein und kann dann – anders als bei den DSLR Kameras, den Fokuspunkt in einem 19x17 Raster über den gesamten Bildbereich verschieben. Großartig! Beschwere ich mich doch bei den DSLRs meist über zu enge Fokusfelder in der Mitte.
Das Problem ist nur, wie die Verschiebung des Autofokuspunktes in der Sony-Software realisiert wurde! Bei meinen Nikons geht das einfach durch betätigen des 4‑Wege-Schalters hinten, ohne vorher irgendetwas zu klicken und auch bei Canon kann man das auch so konfigurieren, dass es ohne zusätzlichen Tastendruck funktioniert.
Leider nicht bei der A7. Hier muss man in der Grundeinstellung zunächst auf die Fn Taste Klicken, dann zu der Auswahl des Fokusfeldes navigieren, klicken und dann Flexible-Spot einstellen.
Nun erst kann man erst das Feld einstellen. Leider ist das kein einmaliger Vorgang, sondern muss jedesmal wiederholt werden, wenn man den Fokuspunkt verschieben möchte. Bis dahin ist das Motiv ganz sicher weg.
Aber zum Glück kann man die Benutzer-Tasten belegen. Es bitet sich auf jeden Fall an, die Funktion zur Verschiebung des Autofokuspunktes auf eine der Benutzer-Tasten zu legen. Wenn man das tut, ist es wichtig, die Funktion „Fokus-Einstellung“ auf die Taste zu legen. Ich hatte zunächst, weil es mir logisch erschien, die Funktion «Fokusfeld» belegt. Letztere bringt dann aber erstmal ein weiteres Auswahlmenü, das man mit Ok bestätigen muss, bevor das Fokusfeld gewählt werden kann.
Legt man die Funktion «Fokus-Einstellung» auf die Taste, dann erscheint zwar sofort die Auswahl des Fokusfeldes. Trotzdem muss man dann aber immer noch einmal das Steuerkreuz in eine Richtung klicken, ohne das sich das Feld bewegt, nur um die folgende Bewegung zu aktivieren. Erst beim zweiten Klick bewegt sich etwas.
Ich finde, das sind zwei Klicks, die Sony dem Fotografen ersparen könnte. Vielleicht hört sich das jetzt für den einen oder anderen von Euch nach Erbsenzählerei an, aber wenn ich fotografiere stelle ich vor so gut wie jedem Motiv das Fokusfeld ein. Da sind 2 überflüssige Klicks ein Ärgernis.
Natürlich kann man auch in einem der anderen Autofokus Modi arbeiten, und die Kamera den Fokuspunkt automatisch suchen lassen. Aber hey – die Sony möchte doch in einer Liga mit den professionellen DSLR Kameras spielen – und Profis arbeiten in der Regel nicht mit einer der Fokusautomatiken, weil sie damit eben keine Kontrolle über die Ergebnisse haben. Aber wie gesagt – das ist eigentlich ein simples Software-Problem, das sich ohne weiteres auch mit einem Firmware-Update lösen ließe.
Der Autofokus
Ein weiteres Sorgenkind ist der Autofokus als solches. Es tut mir wirklich leid, das so sagen zu müssen – aber er ist einfach langsam, braucht eine Menge Licht und trifft nicht immer. Und das bei der A7, die ja eigentlich den «besseren» Autofokus, mit Phasen-Unterstützung, gegenüber der A7R hat. Aber wohlgemerkt – ich vergleiche hier wieder mit einer DSLR im gleichen Preisbereich. Mir ist es im normal beleuchteten ICE-Abteil jedenfalls selbst nach etlichen Versuchen nicht gelungen, ein richtig fokussiertes Foto von der mir gegenüber sitzenden Diana zu machen. Ich habe dann mein Smartphone genommen, damit ging es sofort. Inklusive Autofokus. Die Sony hat einfach unter den Lichtbedingungen nicht fokussiert. Das mag mit einem lichtstärkerem Objektiv als dem 28–70 Kit besser sein, aber ich finde, das ist einfach zuwenig. Aber auch im helleren Alltag hat der doch eher langsame Autofokus, immer wieder auch falsch oder gar nicht fokussiert, so dass ich im Endeffekt dazu übergegangen bin, ihn komplett abzuschalten und mit der Fokus-Peaking-Funktion zu arbeiten.
Das Fokus-Peaking hebt die Kanten der Bereiche, die im Fokus sind farbig hervor. Eine klasse Sache, die natürlich dadurch an Charme gewinnt, dass die Sony einen elektronischen Sucher hat, in dem man diese Fokushilfe dann natürlich auch sieht, wenn man die Kamera am Auge hat.
Allerdings sollte man dann die Funktion «MF-Unterstützung» im Menü abschalten. Sie dient dazu, während des manuellen Fokussierens automatisch den Bildausschnitt auf 1:1 zu schalten. Nett gemeint, aber in Verbindung mit dem Fokus-Peaking und den Blick durch den Sucher ist das sehr verwirrend, da man plötzlich nur noch einen (sehr kleinen) Ausschnitt des Bildes sieht, und komplett den Überblick über das Framing des eigentlichen Motivs verliert. Weiterhin zoomt die Kamera auch nicht dorthin, wo man vorher ggf. seinen Fokuspunkt hingesetzt hat, sondern immer in die Mitte, so dass man den Ausschnitt dann auch noch verschieben müsste – mit der Kamera am Auge fast unmöglich. Aber wie gesagt, das kann man abschalten und kann dann prima manuell fokussieren. Mir hat das deutlich mehr Spaß gemacht. Allerdings muss ich dafür natürlich komplett manuell fokussieren. Ein weiteres Software-Ärgernis ist, dass die Kamera sich die Einstellung «Manueller-Fokus» nur genau bis zum nächsten Aus- und wieder Einschalten merkt. Beim Hochfahren wird immer wieder der Autofokus aktiviert. Leider gibt es auch an dem Objektiv keinen mechanischen Schalter, um diesen Abzuschalten.
Der elektronische Sucher
Beim elektronischen Sucher scheiden sich ja nach wie vor die Geister. Die einen sehen die unbestrittenen Vorteile, z.B. die Einblendung von wichtigen Hilfen wie einem Live-Histogramm und dem eben erwähnten Fokus-Peaking – die anderen schwören nach wie vor auf einen optischen Sucher.
Ich stehe da etwas zwischen den Stühlen. Einerseits finde ich die Möglichkeiten klasse, die ein elektronischer Sucher bieten könnte, andererseits habe ich bisher noch keine Kamera mit elektronischem Sucher in der Hand gehabt, bei der mich der Sucher überzeugt hätte (nein, auch nicht bei der OM‑D :-)). Jetzt war ich aber auf jeden Fall gespannt, wie das bei der A7 sein würde.
Nun, von Anfang an fiel mir auf, dass der Sucher flimmert. Vielleicht sind meine Augen da zu empfindlich – allerdings haben mir andere Fotografen, die auch durch den Sucher gesehen haben, das bestätigt. Insbesondere bei der schnellen Bootsfahrt durch die Klongs wurde der elektronische Suche auf eine harte Probe gestellt. Positiv ist auf jeden Fall zu vermerken, dass er schnell ist. Ein Nachziehen, Schlieren oder ähnliches konnte ich nicht beobachten. Nicht so gut fand ich jedoch die Bildwiedergabe in der Helligkeit. Es sah einfach nicht aus, wie durch einen optischen Sucher, sondern teilweise zu hell, verwaschen, ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll – aber das ist sicherlich kein Show-Stopper sondern einfach ein prinzipbedingter Unterschied zwischen elektronischem und optischem Sucher. Diese Nachteile werden natürlich durch die eingeblendeten Anzeigen, wie dem schon erwähnten super-praktischen Fokus-Peaking, der Zebra-Funktion, die überbelichtete Bildbereiche kennzeichnet, und dem Live-Histogramm wettgemacht.
Ein weiterer Punkt ist mir jedoch aufgefallen. Und zwar hat die Sony A7 (nicht die A7R) einen halb mechanischen und halb elektronischen Verschluss – wenn ich das richtig verstanden habe. Das heißt der mechanische Verschluss hat immer eine Mindestverschlusszeit von relativ langen 1/15 Sekunden (ca.). Bei kürzeren Verschlusszeiten, regelt der elektronische Verschluss dann eben früher ab. Wenn man also mit 1/150 Sek. belichtet, dann geht zunächst der mechanische Verschluss auf, das Bild wird belichtet, dann nach 1/150 Sek. macht der elektronische Verschluss dicht und dann nach weiteren 9/150 Sekunden geht erst der mechanische Verschluss zu. Das hat zwei Folgen:
- Erstens: der Verschluss hört sich immer an, als ob man mit 1/20 Sekunde fotografiert. Mich hat das total irritiert, da ich ständig dachte ich belichte zu lange und muss die ISO hochstellen. Immerhin ist es das, was ich in meinen Workshops immer erkläre – wenn ihr «klack-klack» hört, sind die Belichtungszeiten für «aus der Hand» meist zu lang.
- Und zweitens: solange der mechanische Verschluss offen ist, ist auch das Bild im Sucher schwarz. Das bedeutet, dass ihr bei jeder Auslösung mindestens 1/15 Sekunde ein Schwarzbild seht. Bei längeren Belichtungszeiten natürlich noch länger – das ist ja auch bei einer DSLR so – aber bei kürzeren Belichtungunszeiten von 1/100 oder gar 1/1000 wie auf dem Boot, trotzdem die verhältnismäßig langen 1/15 Sekunden schwarz sind. Ich habe den Vergleich auf dem Boot gemacht. Die Schwarzzeit war einfach unangenehm lang, im Vergleich zu meiner D5300, die nun auch nicht gerade den schnellsten Verschluss hat. Bei solch schnellen Bewegungen möchte man einfach sofort wieder sehen, was passiert und nicht in einen schwarzen Sucher schauen. Die DSLR im direkten Vergleich flimmert bei solch kurzen Belichtungszeiten einmal kurz schwarz, das nimmt man kaum wahr – man hat gefühlt sofort wieder ein Bild.
Auch das ist nicht kriegsentscheidend, aber ich wollte mal darauf hinweisen. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum die Spiegellosen Kameras überhaupt noch einen mechanischen Verschluss mit Schwarzzeit brauchen – viel angenehmer wäre doch dann ein vollelektronischer Verschluss – aber vermutlich wird das schon irgendwelche technischen Gründe haben.
Ich habe dann herausgefunden, dass man über das Menü «Elekt. 1. Verschl.Vorhang = Ein» offenbar den ersten mechanischen Verschlussvorgang ausschalten kann. Soweit so gut. Dann wird die Schwarzzeit bei kurzen Belichtungszeiten etwas kürzer, aber immer noch nicht so «1:1» wie bei der DSLR. Nun passiert aber ein anderer gewöhnungsbedürftiger Effekt: wenn man nun mit langen Belichtungszeiten arbeitet, z.B. 1/2 oder 1 Sekunde, hört man beim Drücken des Auslösers (Öffnen des Verschlusses) gar nichts, sondern nur ein einzelnes Klack beim Schließen des Verschlusses. Das ist sehr irritierend, da die Kamera dann belichtet, ohne jegliches akustisches Feedback gegeben zu haben. Das heißt, in diesem Modus, kann man die Belichtungszeit akustisch gar nicht einschätzen. Hier wäre dann wenigstens ein kurzes elektronisches Signal nett gewesen.
Ich habe den Eindruck, dass dieser elektronische Verschluss derzeit in der A7 recht experimentell umgesetzt ist. Immerhin hat er in die A7R ja gar nicht erst Einzug gehalten – ob diese auch die lange Schwarzzeit hat, kann ich nicht sagen, da ich sie nicht getestet habe.
Sicherlich besteht eine Menge Potenzial, den elektronischen Verschluss zum Vorteil des Fotografen zu verwenden, um kürzere Schwarzzeiten im Sucher zu ermöglichen. Bei der jetzigen Implementierung ist das aber leider noch nicht der Fall.
Filmen und der Bildstabilisator
Leider ist der Bildstabilisator bei der A7/A7R im Gegensatz zu den Sony-DSLRs nicht Sensor-Basiert, sondern erfordert Objektive, die einen eingebauten Stabi haben. Damit sind Fremdobjektiven und Objektive, die keinen eingebauten Stabilisator haben, natürlich außen vor und können nicht stabilisiert werden.
Ich kann daher hier nur die Funktion des Stabilisators des Kit-Objektives bewerten – dieser machte einen sehr guten Job. Ich konnte locker aus der Hand einen ganz ruhigen Schwenk filmen und die resultierende Bildqualität des Movies hat mich auch überzeugt. Einen detaillierten Test oder Vergleich mit anderen Kameras habe ich aber nicht gemacht, habe aber der Eindruck, dass die Filmqualität hier auf gleich hohem Niveau ist.
Die Bildqualität
Jetzt habe ich viel zur Bedienung geschrieben aber noch nichts zum eigentlich wichtigsten Kriterium, nämlich dem, was im Endeffekt aus der Kamera herauskommt.
Nun, die Bildqualität der RAW-Dateien ist meiner Meinung nach absolut auf Augenhöhe mit der von Spiegelreflex Kameras in der Preisklasse, namentlich der Nikon D610 und der Canon 6D. Möglicherweise gibt es marginale Unterschiede in welche Richtung auch immer – aber ehrlich gesagt, interessieren mich die nicht, weil sie sich in der Praxis nicht bemerkbar machen. Das was ich an RAW Material aus der Sony A7 in Lightroom bearbeitet habe, fühlt sich exakt so an und sieht auch so aus wie das aus den «großen» Mitbewerberinnen. Das heißt, um das hier nochmal ganz klar herauszustellen:
Die Bildqualität der Sony A7 ist für eine Kamera dieser Größe einfach absolut erste Sahne ohne Kompromisse und absolut en par mit den Vollformat-Schwestern aus der DSLR Liga!
Die Objektive
Erwartungsgemäß ist der Sony Vollformat-Objektivpark noch recht überschaubar, da Sony das Bajonett geändert hat. Das Neue nennt sich E‑Mount (im Gegensatz zum alten A‑Mount) und wurde auch schon bei den NEX Kameras verwendet – allerdings haben die NEX eben keine Vollformat-Objektive gebraucht. Das bedeutet, dass Sony erst mit der Einführung der A7 und A7R angefangen hat, z.T. in Kooperation mit Zeiss, Vollformat-Objektive für das E‑Mount zu entwickeln.
Das von mir eingesetzte Kit-Objektiv ist – ähem – sagen wir mal, den Erwartungen entsprechend. Die 300€ Unterschied zwischen dem nackten Body und der Variante mit Kit-Objektiv kann man deutlich besser anlegen. Das 28–70 verzeichnet nicht nur wie verrückt (das wird allerdings schon in der Kamera herausgerechnet, alternativ später in Lightroom) – leider ist das Bokeh auch unter aller Kanone, die unscharfen Bereiche in den Bildern sehen einfach gruselig aus und die Lichtstärke ist halt auch recht schwach.
Aber man kauft sich eine A7 ja auch nicht, um sie mit dem Kit-Objektiv zu betreiben. Nein. Hier greift man dann bitte entweder zu dem 35mm f/2.8 von Zeiss oder zu dem Zeiss 55mm f/1.8, beide mit Sony E‑Mount.
Wer sich nun fragt, warum das 35’er Zeiss nur eine Lichtstärke von 2.8 hat, wo doch für weniger Geld z.B. das Sigma 35 mit f/1.4 auf dem Markt ist – und das ja auch mit Sony Anschluss – allerdings soweit ich weiß für den A‑Mount, nicht für den neuen E‑Mount der A7. Ich kann nur vermuten, dass das mit der Baugröße zu tun hat. Sony hat nun ja leider das Problem, dass sie zwar eine sehr kompakte Kamera mit Vollformat Sensor gebaut haben, aber physikalische Tatsache bleibt, dass Vollformat-Objektive – erst recht welche mit hoher Lichtstärke, groß und schwer sind.
Ich habe mal das Sigma 35 f/1.4 neben die Sony gestellt – irgendwie passen die Verhältnisse da nicht so ganz…
Man führt hier einen großen Vorteil des großen Sensors (=Freistellen) etwas dadurch ad absurdum, dass man wegen der Größe lichtschwächere Objektive bauen muss.
Aber immerhin müsste man an einer Kamera mit APS‑C Sensor, wie der Nikon D5xxx schon das Sigma 18–35 f/1.8 einsetzen, um die gleiche Bildwirkung wie beim Zeiss 35 f/2.8 an der Sony zu erhalten, und das wäre dann auch schon um einiges größer.
Etwas ähnliches macht Canon mit dem 40mm f/2.8 Pancake. Ein f/1.4 Objektiv lässt sich einfach nicht so klein bauen.
Insgesamt schafft Sony so mit dem 35 f/2.8 einen guten Spagat zwischen Größe und Abbildungsleistung bzw. Freistellpotenzial.
Der Anschluss von manuellen Objektiven sind ihre Stärke
Ihre Stärke spielt die Sony jedoch in meinen Augen ganz klar dann aus, wenn man sie mit Adaptern ausstattet, um Objektive anderer Hersteller anzuschließen. Dann geht nämlich einiges.
Hier mal ein Link zum Novoflex – Adapter Finder, dort könnt ihr links das Sony-E-Mount auswählen (ganz unten) und rechts dann z.B. Nikon (oder ein anderes System) – und schon bekommt ihr einen Novoflex-Adapter angeboten, der es Euch dann ermöglicht, Eure schönen Nikon Objektive (oder andere) anzuschließen.
Fokussieren müsst ihr dann zwar manuell, aber das klappt dank Fokus-Peaking ja ganz hervorragend.
Sony und die Zeitraffer
Auch die A7 hat, leider Sony-Typisch, wieder keinen Anschluss für einen standardisierten Fern- oder Intervallauslöser. Man kann sie zwar angeblich über einen Sony-eigenen Auslöser oder per Infrarot ansteuern, aber das nützt alles nichts, da die Timelapse-Controller alle einen Micro-Klinken-Ausgang haben, der analog über ein Kabel, dass es für alle anderen Kameratypen mit entsprechendem Anschluss für 1–2 Euro gibt, angeschlossen werden kann. Nur Sony bietet auch bei der A7 diese Möglichkeit nicht. Um es klar zu sagen, eine Timelapse-App auf der Kamera oder ein proprietärer USB-Auslöser und auch eine Infrarot-Steuerung können die fehlende Schnittstelle zu einem Auslöser nicht ersetzen!
Update: es gibt mittlerweile Kabel, um die Sonys auch mit standard Zeitraffer-Equipment zu verbinden.
Mein Fazit
Auf dem Papier bietet die Sony A7 eigentlich alles, was das Herz eines erfahrenen Fotografen höher schlagen lässt. Einen 35mm CMOS Sensor, Wechselobjektive, einen elektronischen Sucher mit OLED Display, ein hochauflösendes Klapp-Display, eine Vielzahl von manuellen Einstellmöglichkeiten an der Kamera selbst, ein schickes, leichtes und kompakte Gehäuse und nicht zuletzt 14-bit Raw-Dateien aus einem Top-Sensor.
In der Praxis gibt es jedoch einige Nickligkeiten, denen sich ein potenzieller Käufer bewusst sein sollte. Jeder Einzelne wird diese Punkte in Abhängigkeit seiner Erwartungen und Arbeitsweise natürlich völlig unterschiedlich bewerten. Was für mich ein Ärgernis ist, wie die überflüssigen Klicks beim Verschieben des Fokuspunktes, der schwache Autofokus oder der fehlende Fernauslöser-Eingang für Zeitraffer, interessiert einen anderen Fotografen vielleicht gar nicht, weil er ganz anders und mit anderen Schwerpunkten arbeitet. Die Defizite beim Autofokus kann man sehr gut durch manuelles Fokussieren kompensieren – aber hey – einen vernünftigen Autofokus zu bauen sollte doch eigentlich heute kein Hexenwerk mehr sein…
Was ich richtig gut finde
- Die Bildqualität und der Sensor.
- Die Haptik (bis auf den Auslöser), das Aussehen und die Größe.
- Das manuelle Fokussieren mit Fokus-Peaking.
- Den standardisierten Blitzschuh, wie bei bei der A99 (bei Sony nicht unbedingt selbstverständlich).
- Die Möglichkeit über Adapter fast beliebige Objektive anschließen zu können und diese per Fokus-Peaking zu fokussieren.
Was ich nicht so gut finde
- Das Kit Objektiv.
- Den langsamen und lichtschwachen Autofokus.
- Dass der Bildstabilisator nicht, wie bei den Sony-DSLRs im Gehäuse integriert ist, sondern nur bei Objektiven mit eingebautem Stabilisator verfügbar ist.
- Die Selektion des Fokuspunktes, die direkter gelöst sein könnte.
- Die zum Teil verwirrende Menüführung und die kryptischen Fehlermeldungen.
- Das NTSC-Ärgernis.
- Die Umsetzung des elektronischen Verschlusses.
- Die kurze Batterielaufzeit. Weiterhin wird kein Ladegerät mitgeliefert, nur ein USB Kabel, bei einer Kamera in der Preisklasse eigentlich ein No-Go.
Insgesamt finde ich klasse, dass Sony mal wieder die Vorreiterrolle spielt bei der Umsetzung neuer Ideen. Einen 35mm Sensor in einem solch kompakten Gehäuse, das hat es noch nicht gegeben. Zurecht haben sie damit eine Menge Staub aufgewirbelt und die Messlatte im Bereich der Spiegellosen wieder etwas höher gelegt.
Natürlich ist bei einem solchen ersten Wurf noch nicht alles rund. Schade nur, dass Ärgerlichkeiten, die schon bei der A99 von vielen moniert wurden, nach wie vor nicht ausgemerzt sind. Viele der Kritikpunkte, die ich hier geäußert habe, ließen sich relativ einfach durch Softwareanpassungen beheben. Das ist keine Frage des Könnens – sondern des Produktmanagements.
Dass die «großen» – Canon und Nikon – kaum auf Feedback aus der Anwenderschaft hören ist bekannt. Sony hätte hier als aufstrebender, hipper Newcomer die Möglichkeit, vieles besser zu machen. Ich freue mich jedenfalls jetzt schon auf die A8 – und bin gespannt, wohin Sony bis dahin die Entwicklung treibt!
Und nun seid ihr dran. Würden Euch meine Kritikpunkte stören? Wäre die A7 oder A7R eine Kamera für Euch? Ich freue mich auf Eure Kommentare!
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