Mit ihren selbstgebauten Booten, den Jangadas, die gerade so groß sind, dass sie eine Person aufnehmen können, fahren die Fischer im Nordosten Brasiliens bei Wind und Wetter mehrere Tage am Stück auf den rauhen Atlantik hinaus.
Das hat uns nachhaltig beeindruckt, genau so, wie viele andere Erlebnisse auf dieser Reise.
Zum Beispiel Carlos, der am Ufer des Amazonas, so gut es noch irgendwie geht, autark mit seinem indianischen Stamm lebt und versucht, ein möglichst selbstbestimmtes Leben im Einklang mit seiner Familie und der Natur zu führen. Die Großstadt Manaus besucht er nur, wenn es sich gar nicht vermeiden lässt.
Oder Enrico, der Indianer, der vor vielen Jahren von seinem Stamm vertrieben wurde und heute als Regenwaldführer seinen Lebensunterhalt zwar mit Touristen verdient, aber seine innere Überzeugung dergestalt in seine Pädagogik einfließen lässt, dass er auch kleinste von den Touristen nieder getretene Pflanzen aufhebt und wieder einpflanzt inmitten dieses Urwaldes, der auf den ersten Blick so unendlich erscheint…
Dass dieser Urwald als Natur in ihrer Reinstform viel endlicher ist, als wir uns das alle vorstellen können, haben wir nur ansatzweise begreifen können, als wir die Zerstörungen gesehen haben, die hier Tag für Tag im Auftrag des Wohlstandes passieren – beim Überflug über die unzähligen Rauchsäulen, die aus dem Grün unter uns aufsteigen oder bei der Bootsfahrt vorbei an Manaus, verrosteten Öltankern und Müllbergen.
Die Jangadeiros, Carlos und Enrico passen deshalb so wenig in die heutige Zeit, in der alles immer leichter und bequemer werden muss, weil sie eben nicht den breiten, ausgetretenen Weg gehen auf dem wir Menschen uns allen Hilfsmitteln bedienen können, die wir uns nur vorstellen können.
Bei all den Bequemlichkeiten und Erleichterungen, die wir uns heute erkaufen können, müssen wir Bewohner der sogenannten modernen Welt ziemlich aufpassen, dass unser Leben nicht irgendwann so leicht (light) und oberflächlich wird, dass wir es gar nicht mehr selbst (er)leben – sondern nur noch das konsumieren, was andere vor[g/l]eben.
In ihrer Konsequenz gehen leider fast alle Entwicklungen, die diese Spirale unseres Fortschritts mit sich zieht, auf Kosten der Natur oder anderer Menschen.
- Wer macht sich denn Gedanken darüber, ob der Biosprit, den er etwas günstiger tanken kann, tausende Quadratkilometer Urwald vernichtet – wer weiß es denn überhaupt? Selbst Politiker propagieren ihn. Kann das falsch sein? Wer macht sich denn noch die Mühe, selbst zu denken, wo es doch so bequem ist, nach dem Hören des Stichwortes Bio mit gutem Gewissen abzuschalten?
- Wer macht sich denn Gedanken darüber, wo die Futtermittel angebaut werden, die tagtäglich benötigt werden, um den immensen Fleischkonsum der Industrienationen zu stillen? Wer denkt darüber nach, wenn er vor dem säuberlich eingeschweißten Grillfleisch in Aldimarinade steht oder in den fertigen Hamburger beißt?
- Wer überlegt sich denn, wenn er Goldschmuck oder Edelsteine kauft, wo dieses Gold her kommt? Wer es unter welchen Bedingungen es mit Quecksilber und anderen Chemikalien aus dem Urwaldboden schlämmt und welche Todeszonen für Mensch und Tier hier zurückbleiben?
- Wer denkt denn über die Konsequenzen tagtäglicher trivialer Entscheidungen nach, z.B. ob man Äpfel, Birnen oder Zwiebeln aus Heimatland oder aus Übersee kaufen soll? Teilweise sind die aus Übersee sogar billiger. Warum sollen wir die dann nicht kaufen?
- Warum kaufen Menschen heute immer noch Möbel aus Tropenholz oder Pelze trotz der mittlerweile jahrzehntelangen Aufkärung seitens Umwelt- und Naturschutzorganisationen? Ein scheinheilig von der Industrie eingeführtes Gütesiegel und schon sind 20 Jahre Aufklärungsarbeit umsonst gewesen. Der Mensch glaubt, was er glauben will.
Die Liste ließe sich noch endlos fortsetzen.
Vielleicht können wir mit unseren Reiseerzählungen ein Stückweit dazu beitragen, dass ihr als unsere Leser kurz inne haltet, und darüber nachdenkt, in welcher wahnsinnigen Spirale wir uns heute eigentlich befinden, in der wir uns über die Konsequenzen und Folgen unserer Handlungen immer weniger Gedanken machen, weil alles so Global ist und damit vor allem eins: schön weit weg.
Und nennt mich einen Optimisten, aber in dieser Globalität sehe ich auch eine Chance: Wir müssen uns alle wieder mehr Gedanken über die Nachhaltigkeit unseres Handelns machen. Die heutige Zeit gibt uns Möglichkeiten, die keine Generation vor uns auch nur ansatzweise hatte: die Informationsfreiheit. Wir können uns, auch wenn es nicht immer leicht ist, fast alle Informationen beschaffen. Sie sind da. Wir müssen sie nur suchen. Und wir können mit Hilfe der modernen Kommunikationsmedien auch unsere eigenen Informationen in die Welt tragen. Unseren Protest kundtun. Nicht nur lokal. Sondern global!
Wir können etwas tun, und erscheine es noch so klein und unbedeutend um die Welt ein bisschen besser zu machen. Die Menschheit ist die Summe ihrer Einzelteile. Und dazu gehört auch jeder einzelne von uns.
Als einen kleinen Beitrag, Aufschrei und Appell haben wir das Video «Amazonas – Traurige Entwicklungen» aus den Bildern dieser Reise zusammengestellt und präsentieren dieses hier neben all den schönen Impressionen, die wir in Brasilien erleben durften als ermahnenden Aufruf, nicht zu vergessen, dass wir nicht ohne die Natur leben können, umgekehrt die Natur ohne uns aber schon.
Mit diesen nachdenklichen Worten möchten wir «Brasilien – Highlights des Nordens» an dieser Stelle beenden. Wir danken allen Lesern für ihre Treue und hoffen, ihr hattet beim Lesen genau so viel Freude wie wir beim Erleben und Schreiben!
Wenn Ihr Lust auf dieses fantastische Land bekommen habt, stehen wir natürlich gerne jederzeit für Fragen zur Verfügung! Schreibt einfach in die Kommentare, oder sendet uns eine Email!
Wie geht es nun weiter?
Bevor wir natürlich irgendwann die Fortsetzung «Brasilien – Highlights des Südens» angehen, ist für das Frühjahr 2009 erstmal eine Reise mit dem Rucksack durch Costa Rica geplant. Von dort erhoffen wir uns nicht nur tolle Fotos und Erlebnisse mitzubringen, sondern auch einen Eindruck darüber zu gewinnen, was es mit dem dort so hoch angepriesenen Öko Tourismus auf sich hat – und ob dieses Modell wirklich das Allheilmittel ist?
In der Zwischenzeit werdet ihr natürlich nicht alleine gelassen. Vielmehr möchte ich Euch an einer unheimlich spannenden Reise teilhaben lassen, die ich mit einem Freund auf eigene Faust mit dem Rucksack durch Venezuela unternommen habe. Eine Reise in ein Land, in dem die politische Situation alles andere als stabil ist.
Stationen dieser Reise durch Venezuela sind unter anderem- Der Moloch Caracas,
- Mérida und die Anden,
- das einsame Tierparadies „Los Llanos“,
- eine wirklich abenteuerliche Tour mit öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch das mit Militärkontrollen gespickte Landesinnere,
- eine Nacht auf einer Polizeistation,
- der Flug mit einer einmotorigen Cessna über die Gran Sabana mit den urzeitlichen Tafelbergen,
- der atemberaubende Trek auf den erst vor 100 Jahren erschlossenen Tafelberg Mount Roraima,
- die karibische Küste und das Kitesurf-Paradies Coche Island
Freut Euch auf fantastische Fotos von ganz besonderen Landschaften, spannende Begegnungen mit Menschen und Tieren und die Schilderung der Faszination aber auch der politischen und gesellschaftlichen Schwierigkeiten dieses wunderbaren Landes.
Wir freuen uns sehr, wenn ihr gwegner.de auch Euren Freunden weiterempfehlt und euch auf dem Email-Verteiler anmeldet, dann verpasst ihr garantiert keine Folge!
In den nächsten Tagen geht es auch gleich schon los – bis dahin herzliche Grüße
Euer Gunther
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!