Nun ist es also doch passiert, ein Sigma Objektiv hat seinen Weg in meine Fototasche gefunden. Warum? Nun, es soll eines der schärfsten Objektive überhaupt sein. Ob das stimmt, ob ich es behalte, wie es sich ansonsten schlägt und für wen es geeignet ist, erfahrt ihr in diesem Testbericht.
Ich rede natürlich über das Sigma 35mm f/1.4 DG HSM. Ich gebe zu, zum Kauf habe ich mich unter anderem vom DxO-Mark Bericht verführen lassen: «The lens sets a new benchmark for optical performance for a retro-focus lens in this focal length and it’s a feat that’s even more remarkable given the price is well-below that of any of the big name brands.»
Für meine DX-Kameras, die Nikon 7100 und die Nikon D5200 habe ich ja das großartige 35mm f/1.8 DX von Nikon, welches im Vergleich mit einem Preis von ca. 180€ ja ein absolutes Schnäppchen ist. Für meine D800 hatte ich bisher keine 35mm Vollformat-Festbrennweite, und das Nikon AF‑S Nikkor 35 mm 1:1,4G ist vom Preis her mit knapp 1.700€ schon eine echte Ansage…
Nun ist das Sigma, mit ca. 1.000€ VK-Preis auch kein direktes Schnäppchen, aber im Vergleich zum Nikon preislich doch deutlich attraktiver. Ich beschloss also, das Experiment zu wagen und bestellte es.
Das Sigma 35mm f/1.4 DG HSM ist mit Bajonetten für Nikon, Canon, Sony, Pentax und Sigma erhältlich. Es ist das erste Objektiv der neuen «Art»-Serie, die Sigma auf der Photokina 2012 angekündigt hat. Mit komplett neuem Design und Verarbeitung sollen die Objektive dieser Serie den künstlerischen und anspruchsvollen Fotografen ansprechen – und hoffentlich auch zufrieden stellen. Ich war jedenfalls gespannt.
Schon beim Auspacken und in die Hand nehmen fällt auf, dass Sigma es bei diesem Objektiv mit der «Art»-Reihe ernst meint. Von der Haptik und Bauweise her erinnert es mich ganz stark an das Sony Vario Sonnar 24–70 f/2.8 von Carl Zeiss, welches ich zusammen mit der Sony Alpha A99 getestet habe. Und glaubt mir, das ist das größte Kompliment, was ich je einem Fremdhersteller-Objektiv ausgesprochen habe.
Das Objektiv ist aus solidem, matten Metall gefertigt und ist für ein 35mm erstaunlich groß und schwer. Zu dieser Haptik passt, dass es einen wunderbar weich laufenden Fokusring hat. Die Fokussierung erfolgt dabei komplett intern, die Frontlinse dreht selbstverständlich nicht mit, so dass auch Pol-Filter problemlos verwendbar sind. Wie bei den Nikkoren gibt es links einen Schieber, mit dem der Autofokus abgeschaltet werden kann. Einen Blendenring gibt es nicht, die Blende wird – wie bei den Nikkor G Objektiven, komplett elektronisch von der Kamera gesteuert. Eine schicke Gegenlichtblende wird auch mitgeliefert. Sie lässt sich selbstverständlich für den Transport auch umgekehrt aufsetzen.
Wenn dieses Schätzchen von den Bildergebnissen nun noch das hält, was es äußerlich verspricht…
Bei meinem letzten Blaue-Stunde Workshop in Hamburg habe ich es dann als «immerdrauf» verwendet – an meiner D800.
Mir persönlich geht es bei diesem Test hauptsächlich um die visuelle Beurteilung meiner Ergebnisse mit dem Sigma. Und das, was ich bisher von ihm gesehen habe, macht mich auf jeden Fall sehr glücklich.
Das Sigma ist schon bei Offenblende extrem scharf mit nur ganz leichtem Schärfeabfall zu den Rändern. Bei Blende 2.8 erreicht man dann schon eine gleichmäßig extreme Schärfe bis in die Ränder und bei Blende 5.6 wird die Schärfe schon fast brutal. Auch das Bokeh ist sehr schön gezeichnet, sehr gleichmäßig. Lediglich bei kleinen Spitzlichtern kommt es manchmal zu kleinen «Donut»-bildungen, das finde ich aber nicht weiter schlimm.
Der Autofokus arbeitet dank Ultraschallmotor leise und schnell, vergleichbar mit den AF‑S Objektiven von Nikon. Er trifft gut, allerdings ist natürlich das Fokussieren bei Blende 1.4 und der damit einhergehenden geringen Schärfentiefe wie üblich anspruchsvoll, so dass man sehr exakt arbeiten muss und z.T. auch mehrere Bilder machen muss um die Schärfe genau zu treffen – aber das ist auch bei anderen, vergleichbaren Objektiven so.
Mein bisheriges Fazit
Ich habe es mir das Sigma vor allen Dingen als lichtstarke Optik für die Nacht- und Milchstraßen-Fotografie gekauft sowie für Video, werde aber sicherlich auch in anderen Situationen weiterhin viel Spaß damit haben.
Zusammenfassend kann ich bisher sagen, dass das Sigma mir ausgesprochen gut gefällt. Es ist eines der Objektive, das sich vor den 36 MP der D800 nicht fürchten muss.
Mit dem ersten Objektiv der neuen «Art»-Serie liefert Sigma hier ein Objektiv ab, dass auch von der Bauart, Verarbeitung und Optik absolut First-Class ist. Ich bin sehr gespannt, was sie in dem Bereich in der Zukunft noch abliefern werden. Jedenfalls könnte sich bzgl. Haptik und Bauart selbst Nikon hier noch etwas abschauen, gerade was den butterweichen Fokusring angeht, welcher nicht nur beim Filmen eine wahre Wonne ist.
Einen Labortest kann und will ich mit dem Objektiv nicht machen das überlasse ich den anderen Test-Seiten, z.B. DPreview. Auch einen direkten Vergleich mit dem Nikkor 35 f/1.4 kann ich nicht anstellen, sondern verweise auch hier auf andere Tests, da ich das Nikkor selbst nicht besitze. Fazit der Kollegen, die auch die Vergleiche angestellt haben, ist auch jeden Fall, dass das Sigma die anderen 35 f/1.4er im Regen stehen lässt – und das bei einem deutlich günstigeren Preis .
Das Sigma 35 f/1.4 DG HSM ist jedenfalls ein sehr feines Stück Technik. Sigma schafft es, ein vom Design, der Optik und der Haptik her überragendes Objektiv abzuliefern, zu einem Preis, der deutlich unter im gleichen Segment angesiedelten Objektiven der Mitbewerber Nikon (AF‑S Nikkor 35 mm 1:1,4G), Canon (EF 35mm 1:1,4 L USM) und Carl Zeiss (35mm f/1.4 Distragon T*) liegen.
Dieses Objektiv empfehle ich definitiv nur für Vollformat Kameras. An einer Crop Kamera (Nikon D7xxx oder D5xxx) empfehle ich stattdessen das Nikkor 35m f/1.8 DX, welches bei gleicher Bildwirkung zu 1/5 des Preises zu haben ist. Die 5‑fache Mehrausgabe ist an einer Crop-Nikon meines Erachtens nach nicht gerechtfertigt.
An einer Vollformat Nikon allerdings, also einer D800, D600 oder D4, kann ich das Objektiv uneingeschränkt empfehlen. Es ist neben dem Nikkor 35mm f/1.8 DX und dem Nikkor 50mm f/1.8 eine der wenigen Ausnahmen, der «you get what you pay for»-Regel, die sich ansonsten bei Objektiven ja so oft bestätigt.
Zu guter Letzt möchte ich noch anmerken, dass ich wie immer auch dieses «Testobjekt» selbst gekauft habe und in keinster Weise von von Sigma, Nikon oder einer anderen Firma um diesen Test gebeten wurde oder gar irgendetwas für diesen Test bekomme. Ich kaufe und teste nur Equipment, das ich selbst einsetzen möchte.
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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