Das Sigma Art 14mm f/1.8 ist das weitwinkligste Objektiv für Vollformat Kameras aus der Sigma Art Serie. Ich habe es nun schon seit einigen Monaten in meiner Fototasche und möchte endlich einmal meine Erfahrungen damit teilen. Ich werde versuchen, eine Empfehlung auszusprechen, für welche Zwecke dieses Objektiv super funktioniert und wo es ggf. Alternativen gibt. Weiterhin stelle ich die Unterschiede zum Sigma Art 20mm f/1.4 heraus.
Meine Einschätzungen kommen wie immer aus der Praxis, ich habe weder die Möglichkeit, noch die Lust, Objektive per Pixelpeeping im Labor zu testen. Also: alles subjektiv! :-)
Ich bin in den letzten Jahren ja zu einem Fan der Sigma-Art Reihe geworden. Im Weitwinkelbereich habe ich alle Festbrennweiten und dazu auch schon ausführliche Testberichte geschrieben (Links dazu am Ende des Artikels). Bisher hat mich eigentlich nur das 24–70 f/2.8 Art und das auch nur hinsichtlich seines Stabilisators enttäuscht, hier bin ich auf das Tamron umgestiegen. Ansonsten sind die Art-Objektive optisch wirklich hervorragend und das zu einem vergleichsweise fairen Preis.
Nun fragt ihr euch vielleicht: warum kauft man sich, wenn man schon ein Nikon 14–24 f/2.8 hat, dazu das 20er Art und das 24er Art dann auch noch das 14er? Gute Frage. +
Ich bin ja ein Fan von Festbrennweiten, weil sie einfach die maximale Qualität abliefern. Insbesondere für Astro-Landschafts-Aufnahmen kann die Optik gar nicht gut genug sein. Außerdem spricht für das 14er f/1.8 natürlich seine Lichtstärke! Meines Wissens nach, gibt es kein anderes Vollformat-Objektiv, welches bei 14mm eine Lichtstärke von f/1.8 hat. Für alle, die im Superweitwinkelbereich also das letzte Quäntchen Lichtstärke suchen, führt an dem 14er Art eigentlich kein Weg vorbei.
Die folgenden Bilder, die mit abgeblendetem Objektiv gemacht wurden, zeigen spannende Perspektiven, lassen sich aber sicherlich auch mit anderen 14mm Objektiven umsetzen.
Bauweise / Haptik
Das 14mm f/1.8 ist ähnlich den anderen Art-Objektiven wirklich sehr wertig gebaut. Metall und Gummi dominieren, das Objektiv sieht schlicht und edel aus. Die einzigen beweglichen Teile sind der Fokusring, der satt und genau richtig läuft sowie der Schieber, um den Autofokus an bzw. abzuschalten.
Das Objektiv ist kein Leichtgewicht: es bringt 1.100 Gramm auf die Waage. Zum Vergleich: das Sigma Art 20mm 1.4 wiegt 957g, das Nikon 14–24 f/2.8 wiegt 996g.
Filter
Schraubfilter können, wie bei dieser Objektivklasse üblich, nicht angebracht werden. Es gibt aber mittlerweile von den Filterhalter-Anbietern spezielle Filterhalter oder Adapter für das Sigma Art 14mm f/1.8.
Ich habe auf La Palma den Filterhalter von Logodeckel eingesetzt und in Norwegen hatte ich den Filterhalter von Haida dabei. Letzterer ist deutlich robuster und schicker, ersterer leichter. Details dazu in meiner Fototasche.
Optisch liefert das Sigma ähnlich zu den anderen Art Objektiven sehr klare, kontrastreiche und farbige Bilder. Hier zeigt sich, dass eine Festbrennweite im Vergleich zu vielen Zooms doch noch ein Quäntchen besser ist. Auch wenn das Nikon 14–24 f/2.8 lange Zeit wirklich eine Referenz in seiner Klasse war, gibt es mittlerweile Alternativen, die moderner sind und sich auch hinsichtlich Schärfe und Abbildungsleistung weiterentwickelt haben.
Flares
So gut wie jedes Objektiv zeigt in gewissen Gegenlichtsituationen mehr oder weniger Spiegelungen an den Linsen – und wie bei den anderen Art Objektiven auch, ist das 14mm hier keine Ausnahme. Allerdings sind die Flares dezent und relativ klein, so dass man sie manchmal sogar z.T. rausstempeln kann.
Bildwinkel
Kommen wir zur Brennweite von 14mm – sie ist natürlich «speziell» – extrem weitwinklig – das bedeutet, man muss mit den Perspektiven arbeiten. Ganz sicher sind 14mm tagsüber keine «Immerdrauf»-Brennweite sondern wollen geschickt gehandhabt werden. Dann allerdings ermöglicht die Brennweite Aufnahmen, die einzigartig und speziell sind. Vordergründe können sehr dominant abgebildet werden, der Hintergrund tritt zurück und wirkt im Vergleich klein. Das heißt, die Perspektive wird extrem «auseinandergezogen».
Lichtstärke
Das Sigma 14mm f/1.8 bietet im Vergleich zum Nikon 14–24 f/2.8 ganze 1,3 Blendenstufen mehr Lichtstärke – das entspricht dem Unterschied zwischen ISO 2.500 und 6.400. Diese Lichtstärke macht das Sigma natürlich zum Favoriten für super weitwinklige Astroaufnahmen. Insbesondere bei der Aufnahme der Nordlichter, war es dann quasi mein «Immerdrauf» Objektiv. Hier spielt es gegenüber dem 20mm seinen Vorteil des größeren Weitwinkels extrem aus. Gerade bei Nordlichtern möchte man so viel wie möglich in den Bildausschnitt bekommen, da die Nordlichter meist über dem Himmel verteilt auftreten.
Weiterhin sind Nordlichter oft so hell, dass es nicht auf die letzten 2/3 Blendenstufen ankommt, die das 20er die Nase vorne hat, der größere Bildwinkel sticht hier also – wobei es auch auf die Bedingungen ankommt. Es gibt sicherlich Situationen, bei denen das 20er seine f/1.4 ausspielen kann, nämlich dann, wenn es sehr dunkel ist, und aufgrund von schnellen Nordlichtern Zeitraffer mit extrem kurzem Intervall (<1 Sek.) aufgenommen werden sollen.
Nordlichter
Milchstraßenaufnahmen und Astro-Landschaften
Bei Aufnahmen der Milchstraße punktet das 14er mit seiner sehr guten Abbildungsleistung. Koma, also Objektivfehler an den Rändern, die Sterne als kleine «Fallschirme» abbilden, sind vorhanden, aber moderat ausgeprägt.
Auch hier bekommt man unheimlich viel aufs Bild – bei tiefstehender Milchstraße für mein Empfinden fast schon ein bisschen zu viel Himmel darüber. Für Milchstraßenaufnahmen gefällt mir der Bildwinkel des 20ers persönlich etwas besser – und klar – solche Aufnahmen profitieren auch von den 2/3 Blendenstufen mehr Licht, die das 20er durchlässt.
Hier mal ein Beispiel der Milchstraße über dem Salar de Uyuni in Bolivien bei Neumond. Das 14mm bildet das Galaktische Zentrum in der Mitte relativ klein ab. 20mm oder gar 24 hätten mir hier ausgereicht.
Im direkten Vergleich wirkt die Milchstraße bei 20mm dominanter:
Aber es gibt sicher auch bei der Milchstraßenfotografie Situationen, bei denen mehr Weitwinkel gewünscht ist, insbesondere wenn man sich sehr weit südlich auf der Südhalbkugel befindet und das Galaktische Zentrum dementsprechend hoch steht. Hier z.B. in Patagonien – zum damaligen Zeitpunkt hatte ich allerdings das 14er noch nicht:
Ihr seht, es kommt auch bei der Astro-Landschaftsfotografie wirklich auf die Bedingungen an und was ihr machen wollt – dementsprechend wählt ihr eure Brennweite.
Bildqualität in den Extrembereichen
Die Bildqualität bei solchen Objektiven vergleichbar zu analysieren ist wirklich extrem schwierig. Ich will hier nur mal einen Aspekt zeigen, der immer wieder im Bereich der Astrofotografie diskutiert wird, und zwar die Koma-Effekte in den Randbereichen. Ich habe dazu mein von zwei Astro-Aufnahmen, je einer mit dem 14mm und einer mit dem 20mm 1:1 Ausschnitte aus den Ecken sowie der Bildmitte gegenübergestellt. Aber seht selbst.
Beide Objektive zeigen Koma Effekte in den Bildrändern bei Offenblende und sind knackscharf in der Bildmitte, wenn man sie exakt fokussiert. Mir ist noch kein Super-Weitwinkel untergekommen, das solche Effekte nicht zeigt, mich persönlich stören sie auch nicht besonders, da man a) solche Bilder nicht in 1:1 anschaut und b) die Effekte nur an den Bildrändern und im Vergleich zur Bildauflösung auch nur schwach ausgeprägt sind. Aber ja – sie sind da.
Chromatische Aberationen hingegen (also Lila/Grüne Farbsäume) zeigen in den allermeisten Situationen weder das 20er noch das 14er, wie man auch an diesen Bildausschnitten erkennen kann. Bei «schwächeren» Objektiven sieht man diese bei solchen 1:1 Aufnahmen von Sternen in den Randbereichen auch. Ich habe in meinem Fundus kein Bild gefunden, auf dem das 14er Chromatische Aberationen gezeigt hätte.
Autofokus
Super-Weitwinkel-Objektive sind ja nicht unbedingt Objektive, bei denen es auf einen schnellen Autofokus ankommt. Meist arbeite ich damit vom Stativ mit Liveview. Für die Situationen, in denen man aus der Hand fotografiert, fokussiert das 14er leise und schnell. Allerdings empfehle ich unbedingt das Sigma-USB-Dock, um das Objektiv auf die eigene Kamera zu kalibrieren – damit lässt sich die Exaktheit des Autofokus beim Fotografieren durch den Sucher i.d.R. deutlich steigern. Lest euch dazu bitte unbedingt meinen Artikel zur Benutzung des Sigma-USB-Docks durch. Das Dock ist übrigens das gleiche für alle Sigma Art und Sports Objektive, falls ihr es also schon habt, könnt ihr es einfach verwenden. Ansonsten lohnt sich die Anschaffung auf jeden Fall. Mehr dazu:
Mit dem Sigma USB Dock den Fokus kalibrieren – Tutorial
Die Sigma Art Objektive bestechen nicht nur durch ihre Bildqualität und Bauweise, sie erlauben dem Nutzer mit einem speziellen USB-Dock auch gewisse Konfigurationen vorzunehmen, die sonst dem Service vorbehalten sind. Dazu gehört die Feineinstellung des Autofokus. Warum das sinnvoll ist und wie das ganz einfach geht, erkläre ich euch in diesem Artikel. Fokus-Ungenauigkeiten kennen Benutzer […]
Fazit
Das 14mm f/1.8 ist ein feines Objektiv. Nicht leicht, nicht wirklich günstig – aber die lichtstärkste Superweitwinkel-Brennweite, die ich kenne. Wer also, wie ich, Super-Weitwinkel und gleichzeitig Lichtstärke braucht, z.B. für Astro-Landschaften und Zeitraffer, der kommt an dem 14mm Sigma Art eigentlich gar nicht vorbei.
Als Ergänzung drängt sich dann aber auch gleich das 20er f/1.4 noch auf – etwas enger vom Winkel her auch mit hervorragender Abbildunsgleistung und nochmal 2/3 Blendenstufen lichtstärker. Hier mein ausführlicher Testbericht:
Sigma 20mm f/1.4 Art – Praxis Test, Review, Erfahrungen
Das Sigma 20 f/1.4 ist das erste und derzeit einzige Objektiv am Markt, dass ein 20mm Superweitwinkel mit einer Lichtstärke von f/1.4 kombiniert. Eine verführerische Kombination, nicht nur für die Astro-Fotografie. Ich habe das Objektiv mit nach Norwegen genommen und es dort unter anderem für die Nordlicht-Fotografie eingesetzt. Hier meine Bewertung. Die meisten von euch […]
Und das ist das Dilemma: wenn man den Weg geht, will man will sie eigentlich beide haben. Bei mir kommt für Nordlichter mit Präferenz das 14er zum Einsatz und für Milchstraße und andere Astro-Landschaften das 20er. Beide zusammen bringen aber schon über 2 KG auf die Waage, das muss man sich überlegen.
Für alle anderen Anwendungszwecke ist das 14er natürlich auch prima geeignet und besticht mit seiner hervorragenden Bildqualität, nicht nur hinsichtlich der Schärfe, sondern auch in Bezug auf Kontrast und Farbwiedergabe.
Wem f/2.8 reichen und wer mit der Hälfte des Gewichts auskommen will, für den ist das Nikon 14–24 f/2.8 sicherlich nach wie vor eine Alternative – allerdings eine, die genauso viel kostet, wie die beiden Sigmas zusammen.
Für Canon-Fotografen gibt es das Canon EF 11–24 f/4, welches zwar extrem weitwinklig ist, aber auch nur eine Lichtstärke f/4 aufweist und somit für den Astro-Bereich eigentlich ausscheidet. Preislich liegt es noch deutlich über dem Nikon, obwohl es nur f/4 hat.
Günstiger, und sowohl für Nikon als auch Canon erhältlich, ist das Tamron SP 15–30 f/2.8 – allerdings auch nicht so weitwinklig. Ich habe es nicht getestet, aber tatsächlich soll es wohl erst bei 16mm losgehen.
Spannender wäre da ggf. noch das neue Sigma 14–24 f/2.8 Art – günstiger als das Nikon 14–24 aber halt auch «nur» f/2.8 und somit in einer anderen Liga, als die hier vorgestellten 14mm f/1.8 und 20mm f/1.4.
Damit sind die 14er und 20er Sigma Art Festbrennweiten eigentlich konkurrenzlos, wenn man Lichtstärke braucht – für welche der beiden man sich dann entscheidet, hängt wirklich nur vom Anwendungsfall ab. Ich selbst freue mich über beide, es sind derzeit meine mit Abstand meistgenutzten Weitwinkel Linsen.
Links
- Lichtriesen
- Sigma 14mm f/1.8 Art für Nikon, für Canon, für Sigma
- Sigma 20mm f/1.4 Art für Nikon, für Canon, für Sigma
- f/2.8 Superweitwinkel
- Nikon 14–24 f/2.8
- Canon 11–24
- Tamron 15–30 für Nikon, für Canon, für Sony
- Sigma 14–24 f/2.8 für Nikon, für Canon
Wie würdet ihr euch entscheiden? Habt ihr schon Erfahrungen mit einem der genannten Objektive gesammelt? Wie immer freue ich mich über eure Kommentare!
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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