Selten hat eine Software-Firma sich so ungeschickt verhalten wie Adobe bei der Einführung der «Creative Cloud» und danach bei der sinnlosen Umbenennung von Lightroom in Lightroom Classic. Viele stören sich auch an dem Zwang zum Mietmodell. Der Unmut der Benutzer ist groß, die Unsicherheit auch. Heute möchte ich das ganze mal etwas sortieren und ein paar persönliche Gedanken zu dem Thema loswerden.
Bevor wir zum Thema «Software-Abo» vs. «Kaufversion» kommen, möchte ich noch einmal verdeutlichen, was Adobe da eigentlich angerichtet hat.
Das große Missverständnis
Erst gestern schrieb ein Leser auf meinen Artikel zur Performance-Verbesserung bei Lightroom in den Kommentaren:
Alles gut und schön doch muss ich dann auf CC wechseln und meine Bilder in dem Irgendwo in der Cloud ablegen. Das aber will ich nicht, und somit ist aller Fortschritt Makulatur für mich.
Diese und ähnliche Aussagen höre ich immer wieder, und sie fußen auf einem Missverständnis, das Adobe fahrlässig in die Welt gesetzt hat, als sie ihre Produkt-Reihe «Creative Cloud» genannt haben. Viele User denken, sie müssten ihre Bilder dafür in die «Cloud» hochladen und verlören dadurch die Hoheit darüber.
Den wirtschaftlichen Schaden, den ihr Marketing durch diese Aneinanderreihung von groben Fehlern verursacht hat, muss Adobe selbst ausbaden, da fehlt mir auch jedes Mitleid. Dass aber die langjährigen und meist auch treuen Nutzer dadurch verärgert und verunsichert werden finde ich schon mehr als ärgerlich.
Hier meine Antwort auf den Kommentar oben, noch einmal für alle:
Es ist so bitter, dass Adobe die Kommunikation hier derart vergeigt hat und sich diese Meinung doch so hartnäckig bei Vielen festgesetzt hat. Da kann man mal sehen, was schlechtes Marketing bewirken kann.
Zum Glück ist das aber ein Irrglaube – das aktuelle Lightroom Classic hat mit der Cloud erstmal gar nichts zu tun. Es ist einfach der Nachfolger von Lightroom 6. Das einzige, was sich geändert hat ist, dass man monatlich (oder jährlich zahlt), also das Kaufmodell auf ein Abo-Modell umgestellt wurde. Die Bilder bleiben weiterhin lokal auf Deinem Rechner, der Katalog bleibt lokal, Lightroom sieht aus wie vorher – an alldem ändert sich nichts.
Auch Photoshop CC, Premiere Pro CC, Indesign CC usw., also alle anderen Applikationen, die in dem «CC»-Programm enthalten sind, laufen lokal und haben mit «Cloud» erstmal gar nichts am Hut. Es ist einfach eine ungeschickte Benennung seitens Adobe. CC ist einfach der neue Name für die alte «Creative Suite» (CS) von der man sich offenbar mit dem ach so hippen Cloud Begriff absetzen wollte.
Um die Verwirrung komplett zu machen: ein ganz neues Produkt, welches wirklich in der Cloud läuft, hat man dann zunächst auch noch Lightroom CC genannt – und damit dem alten Lightroom den Namen geklaut und ihm diesem neuen tatsächlichen Cloud Produkt angeheftet.
Update: Mittlerweile hat Adobe dieses Produkt in Adobe Photoshop Lightroom umbenannt, was es auch nicht besser macht.
Nur dieses neue Adobe Photoshop Lightroom (CC) erfordert, dass Du Deine Bilder in die Cloud hochlädst. Deswegen lassen wir am besten die Finger davon. Es funktioniert so ähnlich, wie die Mobile- oder Web-Version von Lightroom. Hat aber (außer dem geklauten Namen) nichts mit dem Desktop-Lightroom, wie wir es kennen, nutzen und mögen, zu tun – dieses heißt jetzt halt Lightroom Classic und hat eben weiterhin nix mit Cloud zu tun.
Ich hoffe, ich konnte da mal etwas Licht ins Dunkel bringen, wenn Adobe das schon nicht hinbekommt.
Update: Mittlerweile gibt es eine Seite, auf der Adobe die einzelnen Produktvarianten und Abomodelle in der Übersicht darstellt.
Ja, es ist ärgerlich und am Anfang habe ich mich auch sehr über diese ganze Sache geärgert. Wenn man sich aber mal klar gemacht hat, was wirklich dahinter steckt – nämlich letzten Endes nur eine ungeschickte Umbenennung und die Platzierung eines neuen Cloud-Produktes (welches meiner Meinung für ambitionierte Fotografen nach wie vor keine attraktive Lösung ist) dann bleibt eigentlich alles beim Alten. Außer, dass man Lightroom nicht mehr kaufen kann, sondern mieten bzw. abonnieren muss.
Abo vs. Kauf
Und hier kommt dann der nächste Aufreger – die Allermeisten sträuben sich beim Thema Software-Abo und wollen das lieber nicht. Ich kann nachvollziehen, das der Gedanke, sich hier in eine Abhängigkeit zu begeben, unangenehm ist. Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einige weitere Gedanken zu dem Thema Software-Abo loswerden und vielleicht mal ein paar Argumente einbringen, die oft vernachlässigt werden.
Ich selbst bin ja Software-Entwickler und biete bei meinem LRTimelapse kein Abo Modell an, sondern ein Modell, bei dem ca. alle 2 Jahre ein kostenpflichtiges Upgrade erscheint. So ähnlich war es vor «CC» bei Adobe ja auch.
Aus der Erfahrung heraus kann ich euch sagen: egal wie man es als Software-Anbieter macht, es gibt immer User, denen das eine oder das andere Modell lieber ist.
Interessanterweise bin ich aber sowohl als User als auch als Entwickler der Meinung, dass ein Abo-Modell durchaus auch einige Vorteile hat.
Warum ich es dann bei meiner Software nicht so handhabe? Das hat zum einen den Grund, dass der Verwaltungsaufwand für mich bei einem Abo-Modell deutlich höher wäre und der zweite, dass viele User es interessanterweise eben nicht möchten, obwohl sie dadurch eigentlich Vorteile hätten.
Lasst mich das mal erklären. Bei dem Kauf-Modell muss man als Entwickler permanent tolle neue Funktionen zurückhalten und sammeln, um nach 2 Jahren wieder genug «Stoff» für ein kostenpflichtiges Update zu haben (irgendwann muss man als Software-Anbieter auch Geld verdienen, ich glaube das steht außer Frage). Bei einem Abo-Modell hingegen, könnten die User also schon viel früher von diesen Funktionen profitieren, die Veröffentlichung von Neuerungen verteilt sich viel regelmäßiger – sie kommen dann, wenn sie entwickelt wurden.
Ein weiterer Aspekt: bei einem Kauf-Modell profitieren die User, die zum Anfang des Zyklus kaufen, länger von kostenlosen Updates, als die, die gegen Ende kaufen. Da kann man noch so großzügige Übergangsszenarien anbieten, es wird immer User geben, die kurz vorher gekauft haben und sich dadurch dann ungerecht behandelt fühlen. Bei einem Abo-Modell zahlt jeder für die gleiche Nutzungsdauer das gleiche – eigentlich das fairere Modell.
Ich habe oft den Eindruck, dass eines der wichtigsten Argumente gegen ein Abo-Modell ist, dass die User Versionen auslassen wollen – im Endeffekt geht es dann einfach darum Geld zu sparen und dem Anbieter ein Schnippchen zu schlagen. Liegt glaube ich in der Natur des Menschen und ist auch okay – allerdings muss man auch die andere Seite sehen – denn es wird ja trotzdem erwartet, dass die Software in der Zwischenzeit weiterentwickelt wird, neue Kameras und Funktionen unterstützt werden und so weiter. Und warum sollte das seitens des Anbieters umsonst erfolgen?
Software und der Verfall
Viele sitzen auch dem Trugschluss auf, dass eine Software die sie heute kaufen, unendlich lang funktionieren würde. Die Praxis sieht aber leider anders aus: neue Betriebssystem-Versionen erfordern Anpassungen, neue Kameras erfordern Anpassungen. Ein Computer ist heute alles andere als ein statisches Gebilde – ohne Updates wird er in einigen Jahren nicht mehr laufen.
Betriebssysteme müssen schon allein aus Sicherheitsgründen aktualisiert werden. Ich finde es nicht fair, von einem Softwarehersteller zu erwarten, dass er über Jahre hinweg umsonst Updates liefern soll, um eine Software aktuell zu halten, nur weil man vor Jahren mal dafür gezahlt hat.
Lightroom Classic
Aber zurück zu Adobe: mit den letzten Lightroom Classic Updates hat Adobe aus meiner Sicht gezeigt, dass sie die Weiterentwicklung von Lightroom Classic und das Feedback der User zum Thema Performance ernst nehmen. Sie haben in zwei Iterationen signifikante Performance Verbesserungen realisiert, ohne, dass wir als User darauf weitere 2 Jahre warten mussten.
Weiterhin gab es bei jedem Lightroom-Update seit der Einführung des Abo-Modells auch neue Funktionen, das war bei keiner vorherigen Versionen bis Lightroom 6 der Fall. Für die Kauf-Software gab es in der Vergangenheit ausschließlich alle 2 Jahre bei der Einführung einer neuen «großen» Version neue Funktionen.
Was kommt danach?
Kommen wir zum letzten Trugschluss:
Viele argumentieren, dass sie, wenn sie das Abo kündigen würden, alle ihre Bearbeitungen verlieren würden und nicht mehr auf ihre Bilder zugreifen könnten. Auch das ist falsch.
Bei der Lightroom-Abo-Version könnt ihr, wenn ihr sie gekündigt habt, weiterhin im Bibliotheksmodul der Software eure entwickelten Bilder ansehen und auch exportieren (z.B. als TIFF oder JPG). Was dann nicht mehr geht, ist das Entwickeln-Modul – und zwar solange, bis ihr das Abo fortführt. Das heißt im Umkehrschluss: selbst, wenn ihr nicht zahlt, habt ihr nach wie vor die leistungsfähige Bildverwaltung von Lightroom, könnt exportieren und sogar die sog. «Ad-hoc» Entwicklung in der Bibliothek nutzen. Das sind rudimentäre Bearbeitungsfunktionen, die manchen Nutzern sogar ausreichen mögen. Hier gibt es einen ausführlichen Artikel zum Thema «Lightroom ganz legal kostenlos nutzen» (Danke AndyF_HH für den Tipp zu diesem Artikel in den Kommentaren).
Bei einer veralteten, nicht mehr supporteten Kaufversion kann es euch hingegen von heute auf morgen passieren, dass ihr sie plötzlich, z.B. aufgrund eines Betriebssystem-Updates, gar nicht mehr nutzen könnt.
Fazit
Ich finde das Abo-Modell von Adobe – insbesondere im sog. Fotografie-Abo, welches Adobe Lightroom Classic und Adobe Photoshop einschließt, eigentlich ein ziemlich faires Modell: immerhin setzt es Kosten und Nutzen in Relation zueinander.
Und auch im Vergleich zu Konkurrenzprodukten wie Capture One (29 € pro Monat Miete oder 349 € Kauf) ist das das Foto-CC Abo verhältnismäßig günstig mit 11,89 € pro Monat, zumal es eben nicht nur Lightroom sondern auch Photoshop enthält.
Wenn ihr heute noch auf Version 6 oder älter seid, überlegt euch, ob das Abo wirklich so schlimm ist, wie viele immer sagen. Ihr bezahlt dabei für einen Zeitraum, in dem ihr die Software nutzen könnt und währenddessen ihr regelmäßig mit relevanten Updates versorgt werdet, die echte Verbesserungen bringen. Neue Kameras werden unterstützt, de Performance signifikant verbessert, Fehler behoben, Sicherheitslücken geschlossen, die Performance verbessert und neue Funktionen implementiert.
Bilder zu organisieren und zu bearbeiten ist für mich im kreativen Prozess genauso wichtig, wie das Fotografieren. Wenn man bedenkt, wie viel Geld für Kameras und Objektive ausgeben wird, verwundert mich doch die Heftigkeit der Diskussionen über Software Preise immer wieder. 140€ im Jahr, um alle Bedürfnisse bezüglich Bildorganisation und ‑bearbeitungen abgedeckt zu haben ist im Vergleich zu anderen Ausgaben, die das Hobby Fotografie mit sich bringt, nicht zu viel.
Und um eines ganz deutlich zu sagen: ich habe keinerlei wirtschaftliche Verbindung zu Adobe – finde vieles was sie tun einfach nur ungeschickt und ärgerlich. Kämpfe gegen Windmühlen, wenn ich Wünsche bezüglich LRTimelapse habe. Noch nicht eine einzige meiner Anforderungen diesbezüglich wurde erfüllt. Ich bin also ein ganz normaler User der monatlich sein Abo zahlt – aber ich versuche bei meiner Beurteilung der Dinge auch immer etwas hinter die Kulissen zu schauen und hoffe, ich konnte euch mit diesem Artikel auch etwas dazu anregen.
Bezug
Da die richtige Option auf der Adobe Seite recht schwer zu finden ist in dem ganzen Kuddelmuddel der Nomenklaturen, hier noch einmal der Hinweis, wo es das richtige Lightroom Classic / Photoshop Abo gibt.
Und zwar auf dieser Seite direkt bei Adobe. Dort müsst ihr das Foto-Abo (20 GB) auswählen.
Hier sind dann Lightroom Classic, Photoshop enthalten. Dazu noch das neue, eigentlich unnötige Photoshop Lightroom und 20 GB Cloud Speicher, die ihr auch nicht braucht.
Alternativ gibt’s das gleiche auch bei Amazon zu kaufen.
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!