In der Wildlife-Fotografie ist das schnelle Wechseln zwischen kurzen und langen Belichtungszeiten entscheidend, um dynamische Szenen und ruhige Momente gleichermaßen in hoher Qualität einzufangen. Trotz fortschrittlicher Technologien in Kameras wie der Nikon Z 8 und Z 9 bleibt dieser Wechsel eine Herausforderung für Fotografen. Kleine Änderungen an der Kamera-Firmware könnten hier extrem viel bewirken.
Mit diesem Artikel möchte ich dieses Thema hier zunächst zur Diskussion stellen und euch um eure Meinung in den Kommentaren bitten.
Falls euch keine andere Lösung einfällt und ich genügend Unterstützung durch eure Bestätigung bekomme, leite ich das Ganze an Nikon weiter. Übrigens betrifft das nicht nur die Nikon Z 8 und Z 9, sondern auch viele «kleinere» Nikons und vermutlich auch neu auf den Markt kommende Kameras wie eine potenzielle Nikon Z 6 III.
Ausgangssituation
Während sich die Autofokus-Fähigkeiten der Kameras von Generation zu Generation beeindruckend weiterentwickeln, hat sich im Bereich der Belichtungssteuerung seit der Vorstellung der Nikon D750 vor nun bald 10 Jahren kaum etwas getan. Dabei gäbe es gerade hier, insbesondere für Wildlife-Fotografen, große Verbesserungspotenziale.
Im Bereich Wildlife stehen Fotografen vor besonderen Herausforderungen: Die Notwendigkeit, extrem kurze Belichtungszeiten zu verwenden, um die Bewegung von Vögeln im Flug oder Tieren im Sprung einzufrieren, wird oft durch Umgebungen mit wenig Licht erschwert (dichter Regenwald, Dämmerung, Fotografieren vom Boot). Extrem kurze Belichtungszeiten zum Einfrieren der Bewegung zwingen Fotografen, in solchen Situationen hohe ISO-Werte zu verwenden, was prinzipiell zulasten der Bildqualität geht. Für Situationen mit schneller Bewegung muss man das in Kauf nehmen.
Andererseits böten zwischendrin ruhige Momente wie das Beobachten eines sitzenden Vogels die Möglichkeit, mit längeren Belichtungszeiten und somit niedrigeren ISO-Werten (also weniger Rauschen und einem höheren Dynamikumfang) zu arbeiten und somit eine bessere Bildqualität zu erzielen.
Ein schneller, fließender Wechsel zwischen diesen beiden Belichtungsvarianten ist für das Einfangen spontaner Bewegungen ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor. Leider jedoch ist selbst bei hochmodernen Kameras wie der Nikon Z 8 und Z 9 dieses Umschalten derzeit nur verhältnismäßig ineffizient realisierbar.
Wege zur Umsetzung mit heutigen Mitteln
Im folgenden zeige ich auf, welche Strategien heute bei Nikon zur Verfügung stehen, warum diese nicht besonders effizient sind und welche Änderungen an der Firmware notwendig wären, um diese und andere Arbeitsweisen deutlich effizienter zu gestalten.
A) ISO Automatik mit Strategie Längere/Kürzere Zeiten
Eine der meiner Meinung nach besten Vorgehensweisen bei der Wildlife-Fotografie mit modernen Nikon Kameras ist es, die Kamera im A-Modus zu betreiben und die ISO-Automatik mit der Strategie Kürzeste Zeiten zu nutzen. Die wirklich großartige Funktion, die Ausprägung der ISO-Automatik zwischen Kürzeren und Längeren Zeiten einzustellen, steht bereits seit der Nikon D750 zur Verfügung. Leider ist sie auch seit damals ziemlich tief im Menü versteckt.
Der große Vorteil des A‑Modus mit ISO Automatik gegenüber dem S- oder dem M‑Modus ist, dass die Kamera im A-Modus mit ISO-Automatik die Brennweite bei der Bestimmung der Belichtungszeiten berücksichtigt.
Beim 100–400 Objektiv z.B. werden bei der ISO-Automatik Strategie Kürzere Zeit +2 in Abhängigkeit der Brennweite folgende längste Belichtungszeiten gewählt (sind diese erreicht, erhöht die Kamera die ISO):
- 400 mm: 1/1.600
- 200 mm: 1/800
- 100 mm: 1/400.
Gerade bei lichtschwächeren Objektiven sind diese Zeiten sehr schnell erreicht und es können sich dann sehr hohe ISO Werte ergeben.
Möchte man zwischendrin ein ruhendes Tier aufnehmen, ist die Strategie Kürzeste Zeiten allerdings nicht ideal. In diesem Moment könnte man ja aufgrund der fortschrittlichen Stabilisatoren in modernen Nikon Kameras mit deutlich längeren Zeiten arbeiten. Dazu kann man die ISO-Automatik-Strategie auf Längere Zeiten umstellen, dann realisiert die Kamera längere Belichtungszeiten und eben auch niedrigere ISO-Zahlen.
Um nun aber die ISO-Automatik-Strategie umzustellen, muss man heute leider sehr tief in das Kamera-Menü: ISO-Empfindlichkeitseinstellungen / Längste Belichtungszeit / Automatisch / Längere Zeit.
Diese Einstellung lässt sich derzeit leider nicht abkürzen bzw. auf eine Funktionstaste legen und das Umstellen in den Tiefen des Menüs ist während des Fotografierens nicht praktikabel. Nach den Aufnahmen des sitzenden Vogels müsste man das ganze dann ja auch wieder zurückstellen, bevor der Vogel wieder losfliegt.
Es wäre daher ideal, wenn die Kameras eine Möglichkeit böten, in einer solchen Situation temporär auf längere Belichtungszeiten umzuschalten, und zwar ohne die Griffposition an der Kamera zu ändern. Leider habe ich eine solche Möglichkeit bisher nicht gefunden.
Am elegantesten wäre es, die ISO-Automatik-Strategie mit einer Funktionstaste temporär auf eine spezielle Ausprägung der ISO-Automatik, z.B. Längere Zeiten, einstellen zu können. Das würde diesen Use-Case perfekt abdecken.
Zusätzlich wäre es wünschenswert, die Funktionstaste so belegen zu können, dass per Druck auf fn + Rad zwischen längsten und kürzesten Zeiten gewechselt werden kann.
B) Nutzen der Aufnahmebänke (Update!)
Eine gute Idee, auf die ich selbst gar nicht gekommen bin, wurde von einigen Lesern in den Kommentaren aufgezeigt: man könnte die Speicherbänke (A/B/C/D) nutzen, um unterschiedliche Konfigurationen zu hinterlegen. Ich selbst nutze die Speicherbänke eigentlich nie und daher hatte ich sie auch gar nicht im Kopf, als ich nach einer Lösung für das hier geschilderte Problem gesucht habe. Diese Lösung funktioniert dem entsprechend auch nur, wenn ihr die Aufnahmekonfigurationen A‑C nicht anderweitig verdendet.
Um die genannte Anforderung über die Speicherbänke umzusetzen, stelle ich in der Aufnahmekonfiguration A (Bank A), die ich standardmäßig nutze, die Längste Belichtungszeit bei der ISO-Automatik auf «0», also Standard ein. Dann kopiere ich die Bank A auf Bank B (eine entsprechende Funktion findet man im Menü: Individualfunktionen / Individualkonfiguration / A / Verwalten / Kopieren auf B).
Nun könnt ihr auf Bank B die ISO-Auto-Strategie auf Kürzeste Zeiten stellen: ISO-Empfindlichkeitseinstellungen / Längste Belichtungszeit / Automatisch / Kürzeste Zeit (+2). Alle Einstellungsänderungen wirken sich direkt auf die gewählte Bank aus.
Als letztes kopiere ich nun Bank A noch auf C und stelle hier die ISO-Auto-Strategie auf Längste Zeiten ein: ISO-Empfindlichkeitseinstellungen / Längste Belichtungszeit / Automatisch / Längste Zeit (-2) ein.
Das Umschalten der Bänke lege ich mir dann auf eine Funktionstaste, bei der Z‑8 nutze ich hier die Mitteltaste des Subwählers, das funktioniert dann per Druck+Rad.
Um nun zwischen kurzen und langen Belichtungszeiten wechseln zu können drücke ich den Subwähler und wechsle mit dem vorderen Rad zwischen Bank B und C. Für «Normale» Motive, wechsle ich dann zurück auf Bank A.
Dieses Vorgehen funktioniert natürlich nur, wenn ihr die Bänke nicht anderweitig belegt habt. Bei meiner Arbeitsweise, bei der ich versuche, die Kameraeinstellungen so stringent und konstant wie möglich zu halten, funktioniert das ganz gut. Ich ändere meine Kameraeinstellungen grundsätzlich nur, wenn ich von Freihand auf Stativ wechsle. Den Stativ-Modus (M‑Modus, ISO-Auto: aus, AF: aus, Stabi: aus, Delay: ein) könnte ich mir dann sogar noch auf Bank D legen.
Auf jeden Fall ist diese Vorgehensweise aber der bessere „Plan B“ gegenüber meiner im folgenden beschriebenen Methode, die ich bisher benutzt habe.
C) Kurzfristiges Umschalten in den M‑Modus
Als Alternative könnte man die Kamera kurzzeitig in den M-Modus versetzen. Sie wählt dann die zuletzt im M-Modus eingestellte Belichtungszeit. Die ISO-Automatik bleibt bei dieser Methode an und man wählt einmal eine ausreichend lange Belichtungszeit im M-Modus vor, auf die man dann immer wieder zurückgreifen kann, wenn man umschaltet. Allerdings ist diese Zeit dann auch beim Zoomen statisch und nicht wie bei Alternative 1 von der Brennweite abhängig. Somit ist dieser Ansatz lange nicht so gut wie die Alternativen A oder B.
Außerdem muss man für die Umschaltung des Modus heute die linke Hand, die i.d.R. das Teleobjektiv hält, an die Kamera nehmen, um die Mode Taste zu drücken und dann mit der rechten Hand über das Rad den Modus auf M umstellen. Dies ist bei schweren Objektiven so gut wie unmöglich, ohne das Motiv aus dem Sichtfeld zu verlieren, da man i.d.R. alleine mit der rechten Hand Kamera und Objektiv nicht halten kann.
Das Belegen einer Funktionstaste mit einer direkten Anwahl des M-Modus ist meines Wissens nach heute bei der Z 8 und Z 9 (und anderen Nikons) nicht möglich. Die einzige Methode, die ich kenne, um temporär mit einem Klick den M-Modus umzuschalten, ist über die Sammeleinstellung Aufnahmefunktionen abrufen. Darüber könnte man den M-Modus per Druck auf eine Funktionstaste temporär aktivieren.
Leider lässt sich Aufnahmefunktionen Abrufen aber derzeit nur einmalig belegen und steht daher bei vielen Fotografen nicht zur Verfügung, weil diese die Taste bereits anderweitig belegt haben. Ich selbst benötige diese Funktion zum Beispiel, um den Tracker ohne Motivverfolgung über einen einfachen Tastendruck aktivieren zu können (siehe meine Grundeinstellungsartikel zur Z 8 und Z 9).
Die für mich praktikable Möglichkeit war, die ganze Modus-Auswahl (P/A/S/M) auf eine der rechten Funktionstasten an der Kamera zu legen, sodass man zumindest beim Umschalten auf den M-Modus die Hand nicht mehr vom Objektiv nehmen muss. Allerdings ist auch das beim Fotografieren recht umständlich, da man eben nicht nur die Taste drücken, sondern auch das Rad drehen muss.
Dies ist der Weg, den ich bisher genutzt habe, werde ihn aber ab sofort durch Methode B ersetzen.
Danke an alle, die das in den Kommentaren vorgeschlagen haben!
Lösungsmöglichkeiten (TL;DR)
Folgende Änderungen an der Nikon-Firmware würden ein schnelles Umstellen von Belichtungsstrategien ermöglichen und die hier aufgezeigten (und sicher auch weitere) Herausforderungen lösen. Diese Verbesserungen würden vielen Fotografen ein erheblich effizienteres Arbeiten ermöglichen:
- Die ISO-Automatik-Strategie (Längere/Kürzere Zeiten) auf eine Funktionstaste legen können. Am liebsten mit einer konkreten Ausprägung während des Haltens der Taste. Zusätzlich auch als flexible Variante, die über das Rad schnell von Längste Zeiten bis hin zu Kürzeste Zeiten verstellt werden kann.
- Mehrfachverwendung von Aufnahmefunktionen abrufen und Aufnahmefunktionen abrufen und halten zulassen. Wenn das nicht möglich ist, dann wenigstens diese beiden unterschiedlichen Funktionen (Abrufen und Abrufen und Halten) individuell belegen lassen, dann hätte man wenigstens zwei Einstellgruppen zur Verfügung.
- Behelfsweise wäre es auch gut, einen Aufnahmemodus (z.B. M) direkt auf eine Funktionstaste legen zu können, sodass dieser auch während des Haltens der Taste aktiv wäre und man nicht extra das Rad zum Wechseln und Zurückwechseln drehen müsste.
- Und, für alle, die mit Aufnahmebänken arbeiten, wäre es gut, die Auswahl einer speziellen Aufnahmebank auf eine Funktionstaste legen zu können (derzeit kann man sie nur in Verbindung mit dem Rad auswählen).
Zum Thema Aufnahmebänke könnte man einen separaten Artikel schreiben, leider sind diese historisch gewachsen und nach heutigen Usability Ansprüchen nicht wirklich stringent umgesetzt. Hier nur zwei Stichpunkte, zu denen sich die Community weitgehend einig ist und die dringend geändert werden sollten:
- Die Trennung zwischen Shooting- und Settings-Bänken sollte aufgehoben werden. Alle Kameraeinstellungen sollten global in der jeweiligen Aufnahmebank gespeichert werden. Dazu gehören z.B. auch Drive Mode (S / Einzel, CL, CH (Serienbild), etc) und Belichtungsverzögerung (Delay), die sich heute gar nicht ablegen lassen. Es ist für den Fotografen heute völlig intransparent, welche Einstellungen in den Bänken abgelegt werden und welche nicht.
- Es ist OK, dass die Bank-Einstellungen «leben», sich also verändern, wenn man Einstellungen ändert. Es sollte aber eine Möglichkeit geben, die Bänke im Speicher der Kamera «festzuschreiben». Heute gibt es zwar die Möglichkeit, die gesamten Kameraeinstellungen auf die Speicherkarte zu schreiben und wiederherzustellen, allerdings gehen diese beim Formatieren der Speicherkarte verloren.
Diese reinen Software-Änderungen würden sicherlich vielen Fotografen helfen, ihre Aufnahmesituationen effizienter zu meistern, auch abseits der Wildlife-Fotografie.
Schreibt mir doch bitte, ob ihr beim Fotografieren auch schon über dieses Thema gestolpert seid. Vielleicht habt ihr ja auch eine Lösung dafür gefunden, die ich übersehen habe?
Ansonsten freue ich mich auf euer unterstützendes Feedback in den Kommentaren und hoffe, dass wir gemeinsam bei Nikon etwas erreichen!
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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