«Sir, please follow me – I will take you to security!» höre ich die uniformierte Dame sagen. 1,50 groß und fast ebenso breit erinnert sie ein bisschen an eine Kanonenkugel in Uniform.
Na, das geht ja schon gut los. Wir sind noch nicht mal in Lateinamerika, sondern gerade erst in New York – und schon gibt es Ärger. Dabei wollte ich doch nur…
Aber der Reihe nach…
…10 Stunden vorher:
Um 4:15 Uhr klingelt unser Wecker. Trotzdem ist es für mich ausnahmsweise kein Problem aufzustehen, da ich aufgrund der Vorfreude nicht so richtig tief und fest geschlafen habe. Schnell ziehen wir uns an, schnappen uns die Rucksäcke und laufen zur U‑Bahn.
Endlich starten wir zu unserer lang ersehnten Reise nach Costa Rica!
In der U‑Bahn merke ich allerdings, dass ich noch ziemlich müde bin. Den anderen Menschen hier scheint das wohl auch so zu gehen. Ich wundere ich mich überhaupt, das an einem Samstag morgen (kurz vor fünf) schon so viele Menschen unterwegs sind!
Was bin ich froh, dass ich normalerweise länger schlafen kann… ;-)
Als ich mir die Fahrgäste allerdings genauer anschaue, wird mir klar, dass die meisten nicht gerade erst aufgestanden sind, sondern sich eher auf dem Weg ins Bett befinden! Nur so lassen sich jedenfalls der Alkohlgeruch und die doch zum teil etwas lallenden Gespräche erklären… :-)
Als wir pünktlich am Flughafen eintreffen und einchecken wollen, erblicken wir eine recht lange Schlange vor dem Check-in-Schalter. Schnell reihen wir uns ein, denn sie scheint immer länger zu werden.
Während wir in der Schlange warten, denke ich an unsere Brasilien-Reise zurück und bin gespannt, ob wir auch dieses Mal unsere Rucksäcke beim Sperrgepäck abgeben müssen. Damals hatte ich in meinem Rucksack ein Fläschchen mit der Moskito-Lotion «Deet» dabei – das hatte dem Kontrolleur gar nicht gepasst. Nur nach langem hin und her konnte ich es doch noch behalten. Dabei waren in Gunthers Rucksack ganz andere Gegenstände (Messer, Pfefferspay etc.). Hätte er den Kontrolleur nicht auf Portugiesisch in ein Gespräch verwickelt, wären wir die mit ziemlicher Sicherheit alles los gewesen…
Werden wir heute ohne Probleme durchkommen?
Kurz bevor wir beim Check-in an der Reihe sind, sehen wir, dass jeder Passagier persönlich von einem Mitarbeiter der Fluggesellschaft Continental in Empfang genommen wird.
Sind wir etwa aus Versehen beim 1. Klasse Check-in gelandet? Gunther sagt zu mir:
«…das ist ja mal wirklich ein Service».
Dann bekommen wir allerdings das Gespräch zwischen dem Mitarbeiter der Fluggesellschaft und einem anderen Passagier mit…
Auch wir kommen wenig später in den Genuss dieses Services, der neben der Entgegennahme unserer Flugtickets unter anderem folgende Fragen beinhaltet:
- Wo kommen Sie her?
- Wo wollen Sie hin?
- Was haben Sie dort vor?
- Was machen Sie beruflich?
- Wer hat Ihre Koffer gepackt?
- Wo standen Ihre Koffer während Sie schliefen?
- Hatte eine fremde Person in der Zeit Zugriff auf Ihre Koffer?
- Hatten Sie am Flughafen Kontakt mit einer fremden Person oder haben Sie etwas von einer anderen Person angenommen?
- Welche Gegenstände haben Sie mit, die als Waffe benutzt werden könnten?
Wir schauen den Mann ratlos an…
«Na, z.B. einen Kugelschreiber?» sagt er.
Aha…
Da ich morgens eher zu den muffeligen Personen zähle, kommt diese Fragestunde für mich eindeutig zu früh. Ich habe schon passende, und wie ich finde amüsante, Antworten parat, aber wahrscheinlich ist es besser, dass ich sie nicht laut ausspreche und Gunther das reden überlasse…
Aber mal unter uns, erwartet die Fluggesellschaft allen Ernstes, dass jemand, der etwas im Schilde führt, darauf ehrlich antwortet?
Klar! Wir fliegen in die USA um dort einen Anschlag mit einem Kugelschreiber zu verüben. Das Ganze haben wir gemeinsam mit der Person geplant die unsere Koffer gepackt hat. Sollte das mit dem Kugelschreiber doch nicht klappen, haben wir zur Sicherheit noch ein Feuerzeug von einem Fremden angenommen…
Ach so, gerade erfahren wir, dass bei der Einreise in die USA Feuerzeuge unbedingt ins Handgepäck müssen, während bei der Ausreise aus den USA Feuerzeuge nur ins aufgegebene Gepäck und keinesfalls ins Handgepäck dürfen. Alles klar?
Zum Schluss hat der Mitarbeiter noch eine ganz besonders interessante Frage für uns:
«Reisen sie mit einem Baby?»
Lass mich kurz überlegen… Er hat unsere Flugtickets auf denen steht, dass wir nur zu zweit reisen, wir stehen auch nur zu zweit vor ihm. Zudem haben wir nur zwei Gepäckstücke und das sind Rucksäcke. Also ist die Antwort ja vollkommen logisch:
«Ja klar, dass Baby ist im Rucksack, da nimmt es nicht soviel Platz weg und stört uns während des Fluges nicht mit seinem Geschrei.»
Aber auch diese Antwort verkneife ich mir sicherheitshalber, denn der Mitarbeiter kommt natürlich nur seiner Pflicht nach und stellt die Fragen ja auch sehr höflich. Aber ich bin immer noch davon überzeugt, dass sie jemanden, der vorsätzlich etwas plant, mit diesen Befragungen nicht enttarnen werden.
Allerdings erhöht das natürlich unsere Spannung auf das, was uns bei unserem Zwischenstopp in Newark erwartet. Wahrscheinlich werden wir dort komplett verhört und gescannt. Der Vorteil dabei wäre allenfalls, dass wir dann wenigsten die 6 Stunden Wartezeit, die wir dort haben werden, schneller rumkriegen würden… ;)
Alles Weitere verläuft nun ohne weitere Vorkommnisse – sogar unsere Rucksäcke werden ohne Beanstandung eingecheckt.
Wir starten pünktlich in Hamburg und fliegen 9 Stunden bis Newark. Der Flug verläuft zum Glück ohne großartige Turbulenzen und ich vertreibe mir die Zeit in dem ich fast alle Filme gucke, die der kleine Monitor am Sitz meines Vordermannes so hergibt…
New York – Flughafen Newark
Wir befinden uns in einer Schlange vor den Kontrollen am Flughafen Newark. Von den berüchtigten Sicherheitsvorgehrungen hatten wir ja schon zur Genüge gehört. Aber dass ich hier in der Schlange kein Foto von Diana machen darf??
«Sorry Mam – I didn’t know…»
«Didn’t you see the signs?»
«No, actually…»
«No photos – no movies!»
Sie fasst mich am Arm und will mich mitziehen. Das ist natürlich jetzt eine unangenehme Situation. Unvermittelt fällt mir Jan Weiler’s Antonio im Wunderland ein – ihr wisst, was ich meine… Nein, ich will nicht mit ihr mitgehen und mich verhören lassen, wirklich nicht.
Da kommt mir eine Idee…
«Just a moment – I’m deleting the picture right now – look»
Mit der freien Hand drücke ich an der Kamera auf ‘Play’ und dann zweimal – während ich ihr das Display vor die Nase halte – auf den ‘Delete’-Knopf.
Weg ist es.
Schade eigentlich, das Bild war recht gut gelungen!
Sie blitzt mich böse an.
Aber jetzt, wo die Beweismittel vernichtet sind, merkt sie wohl auch, dass sie mit mir nur ihre Zeit verschwendet.
«One more photo and I will definitely arrest you!»
«Okay, okay – no more photos – I promise…»
Jetzt dreht sie sich um und lässt mich stehen.
Puhh… nochmal gut gegangen…
Ich gehe wieder zu Diana: «Hast Du irgendwelche Schilder gesehen, wo ‘Fotografieren verboten’ draufstand?»
«Nö» sagt sie. «Aber mach hier keine Sachen, wir wollen nach Costa Rica, wer weiß, was man hier noch alles nicht darf!»
An der nun folgenden Kontrolle bekommen wir dann das komplette Programm der amerikanischen Sicherheitsparanoia zu spüren.
«Thumb of your left hand.» wir legen den Daumen der linken Hand brav auf einen Scanner. Brzz. «4 fingers of you left hand.» Die restlichen 4 Finger kommen auf den Scanner. Brzz. Jetzt das gleiche spielchen mit der rechten Hand. Brzz. Brzz.
«Bitte hier hineinsehen» – Klick. Foto.
«Was wollen Sie in Costa Rica?»
…jetzt geht das wieder los…
«Urlaub machen»
«Teuer da, oder?»
«?!» – «Keine Ahnung – hoffentlich nicht…»
«Soll schön sein!»
Warum ist der so nett??
«Haben wir auch gehört, wir berichten dann mal, wenn wir zurück sind!»
«Klar, macht das!» der Beamte ist jetzt wirklich total freundlich. Damit hatten wir nun gar nicht gerechnet…
Jetzt kommen wir zur Gepäckausgabe. Ja, richtig gelesen. Durchrouten ist nicht. Wir bekommen unsere Rucksäcke wieder und müssen sie nach einer Durchleuchtung wieder aufgeben.
Danach ist die Personenkontrolle dran. Auch das volle Programm. Meine Kamera-Tasche muss ich komplett auspacken. Dann wischt eine Beamtin sie mit einem Tuch aus. Schön, sie musste sowieso mal wieder gereinigt werden… :-) Das Tuch kommt dann in ein riesiges Gerät. Nachdem sie auf einen Knopf gedrückt hat, rattert es wie in einem Zeichentrickfilm los und ich stelle mir vor, wie das Tuch wie bei Daniel Düsentrieb das Gerät durchwandert und dabei alle möglichen Untersuchungen durchfährt. Vermutlich Tests auf Sprengstoff, Drogen, eingeschmuggelte Elefanten und was weiß ich noch alles. Jedenfalls kommt das Ergebnis nach zwei Minuten. «Sie können gehen» sagt die Beamtin. Ich packe also alles wieder zusammen und schaue nach Diana.
Auch sie musste ihre Schuhe ausziehen und wurde penibel gefilzt. Aber jetzt haben wir es endlich geschafft. Diese Schuhkontrollen sind ja etwas Feines. Jetzt, so frisch aus dem Schrank mag das ja noch gehen, aber wenn man erstmal wochenlang im Dschungel unterwegs war… Das Thema sollte uns jedenfalls noch einholen… ;-)
Trotz der ganzen Kontrollen müssen wir nun immer noch 5 1/2 Stunden warten. Eine verdammt lange Zeit. Nun gut, wir haben ja heute nichts mehr vor, fahren muss auch keiner mehr – gehen wir doch einfach mal entspannt irgendwo etwas trinken!
Schnell finden wir eine nette Bar mit Aussicht auf die Rollbahn und bestellen ein Bier und ein Shandy (Alster) bei einer Bedienung die aussieht, als ob Sie gerade direkt aus einer amerikanischen Fernsehserie entsprungen sein. Schwarz, klein, untersetzt und mit einer herzlichen rauhen Lache, die unglaublich klingt. Sie ist uns gleich sympathisch. Als sie allerdings die Getränke bringt und gleich dazu die Rechnung auf den Tisch legt, gefriert uns das Grinsen im Gesicht.
15 US$ für 2 kleine Bier??
Damit verabschieden wir uns erstmal von dem Plan, uns hier den noch ausstehenden Flug schönzutrinken. Wir bleiben trotzdem sitzen. Wo sollen wir auch hin?
Ich habe noch nie so lange für ein Bier gebraucht…
Irgendwie gehen dann auch diese Stunden vorbei und wir besteigen den Flieger nach Costa Rica.
Endlich in Costa Rica
4 1/2 Stunden und weitere 2 Stunden Zeitverschiebung später, erreichen wir den Flughafen von San José. Es ist 21 Uhr Ortszeit – das entspricht 5 Uhr morgens Deutscher Zeit. Das heißt, wir sind jetzt genau seit 24 Stunden unterwegs.
Wir entschließen uns, zu dieser abendlichen Zeit lieber ein Taxi zu unserer Pousada zu nehmen. Wir hatten sie als erste Anlaufstation schon via Internet reserviert.
Der erste und der letzte Tag einer Reise sind diejenigen, an denen – allen Statistiken zufolge – Reisenden am meisten passiert. Man braucht ein bisschen Zeit, um seine Denkweise, sein Handeln in den Modus «Reisen / Ziel-Land» zu schalten. Man ist als Reisender angreifbar, weil man alles bei sich hat. Man landet ohne Orientierung an einem Ort und in einem Land, an dem man in der Regel noch nie war. Es ist sehr wichtig, erstmal «Erdung» zu bekommen, sich zu akklimatisieren. Aus diesem Grund buchen wir gerne die erste Übernachtung im Voraus und nehmen dorthin ein Taxi, wenn wir nachts ankommen. Am nächsten Morgen kann das Abenteuer dann bei Tageslicht richtig und mit der nötigen Entspannung beginnen.
Noch ein wichtiger Tipp: Beim Einsteigen in ein Taxi vor dem Flughafen bitte immer darauf achten, dass es ein offizielles Taxi mit Taxameter ist. Zu oft sind Reisende aus Unkenntnis schon mit dem Erstbesten mitgegangen der sich vor sie gestellt hat und «Taxi, taxi» gerufen hat.
Unsere Posada ist das Coconut House in Alajuela. Die Besitzerin, Heike, ist eine Deutsche, die den Schritt nach Costa Rica schon vor über 10 Jahren gewagt hat. Schon bei der Fahrt vom Flughafen nach Alajuela fallen uns die vergitterten Häuser und Grundstücke auf, die man hier überall sieht. Auch Heikes Pousada ist von einem Gitter umgeben.
Der Nachwächter empfängt uns sehr freundlich, zeigt uns unser Zimmer und drückt uns einen Schlüsselbund mit 3 verschiedenen Schlüsseln in die Hand. Eingangstür, Zimmertür, Tür zum Aufenthaltsraum und der Küche. Er schärft uns ein, dass wir ja alles immer abschließen sollen. «Okay», sagen wir. Dann zeigt er uns die Küche. Auf dem Weg dorthin wieder drei Schlösser. Aber sicher ist sicher. Wir sind zwar todmüde, aber bevor wir Schlafen gehen, wollen wir uns doch wenigstens noch ein Schlummer-Bier genehmigen, zumal das hier nur 1$ pro Flasche kostet und nicht wie am New Yorker Airport 7,50$ !
Hinter unserem Zimmer haben wir einen kleinen Innenhof, auf den wir uns nun setzen und genüsslich unser Bierchen trinken. Na, über die Sicherheit hier im Land müssen wir uns nochmal schlau machen, aber zumindest das eiskalte Imperial schmeckt schon mal köstlich nach der langen Reise!
Viel mehr ist dann aber auch nicht drin und so fallen wir jetzt endlich in unseren wohlverdienten Schlaf – der morgen früh um 6 schon wieder beendet sein wird, weil wir eine Verabredung haben…
Alle Folgen:
Costa Rica Individuell – Reisebericht – Diana und Gunther Wegner
Vulkane, Heiße Quellen, die Karibik, der Pazifik, tropische Nebelwälder und ein unglaublicher Tierreichtum: Costa Rica ist sicherlich eines der abwechslungsreichsten Länder Lateinamerikas. «Costa Rica – individuell» ist die spannende Erzählung der Individualreise, die Diana und ich quer durch Costa Rica unternommen haben. Eine fantastische Natur, die Begegnung mit netten Menschen und viele Abenteuer erwarten uns – […]
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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